E-Book, Deutsch, 106 Seiten
Reihe: Digital Edition
Kaye Weihnachtswunderland der Liebe
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7337-4316-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Digital Edition
E-Book, Deutsch, 106 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-4316-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als der Duke of Blairmore seine Jugendfreundin Regan zu Weihnachten einlädt, will er nur, dass sie ihm eine Ehefrau sucht. Doch plötzlich findet er sie begehrenswerter als alle adligen Kandidatinnen ...
Marguerite Kaye ist in Schottland geboren und zur Schule gegangen. Ursprünglich hat sie einen Abschluss in Recht aber sie entschied sich für eine Karriere in der Informationstechnologie. In ihrer Freizeit machte sie nebenbei einen Master - Abschluss in Geschichte. Sie hat schon davon geträumt Autorin zu sein, als sie mit neun Jahren einen Wettbewerb in Poesie gewann. 30 Jahre später hatte sie mit einem Historical Roman den Durchbruch.
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1. KAPITEL
Das gemietete Gig, mit dem sie die letzte Strecke ihrer langen, anstrengenden Reise von Yorkshire zurückgelegt hatten, überquerte ratternd die steinerne Bogenbrücke über den Blairmore River. Regan Stuart schob ihre Kapuze ein Stückchen zurück und schmiegte sich tiefer in die wärmenden Falten ihres roten wollenen Umhangs, denn es war bitterkalt. Eifrig lugte sie nach vorn, um, nach mehr als zwölf Jahren, endlich den ersten Blick auf Blairmore Hall werfen zu können.
Während sie ein Wäldchen durchquerten, dessen kahle Zweige schwarz gegen den trüben Winterhimmel abstachen, erzählte sie den drei Kindern in dem Wagen: „Schaut, auf diese Bäume sind Gabriel und ich früher geklettert.“
Ihre zwei kleinen Halbbrüder schauten skeptisch drein, doch Portia, Regans neunjährige Halbschwester, sah ehrfürchtig zu den mächtigen Eichen auf. „Die sind so hoch!“, meinte sie. „Hattest du keine Angst?“
Regan lachte. „Ein wenig. Aber ich wusste, Gabriel würde aufpassen, dass mir nichts passiert.“ Wenn auch, wie sie sich eingestand, der wahre Grund, aus dem sie sich gewöhnlich zu solchen Mutproben herausfordern ließ, der war, dass ihre Angst, seinen Respekt zu verlieren, größer war als ihre Angst, sich zu verletzen. Wie abgöttisch sie ihn in jenen fernen Kindertagen verehrt hatte!
„Dürfen wir auch auf Bäume klettern, Regan? Ja? Ja?“, rief Jack, das jüngste der Kinder.
„Zuerst müssen wir Seine Gnaden um Erlaubnis fragen“, antwortete sie, wobei sie sich zum hundertsten Male fragte, warum der Duke of Blairmore sie alle so unverhofft eingeladen hatte, die Weihnachtstage in seinem Haus zu verbringen. Nicht dass es kein höchst willkommenes und großzügiges Angebot wäre, dachte sie und betrachtete lächelnd die drei strahlenden, aufgeregten Kinder, die sich den Hals verrenkten, um einen Blick auf das riesige schlossartige Herrenhaus zu erhaschen, von dem sie ihnen so viel erzählt hatte.
Die kurvenreiche Auffahrt, über die sie fuhren, kam ihr länger vor als früher. Auch der Zierbrunnen mit der extravaganten Fontäne in Gestalt des Poseidons, die jetzt, im Winter, natürlich abgestellt war, erschien ihr viel größer. Und als das Gig die letzte scharfe Biegung nahm und das Gebäude in Sicht kam, schnappten alle drei Kinder nach Luft. „Nun, was haltet ihr davon?“, fragte sie. „Habt ihr es euch so vorgestellt?“
„Es ist ein Schloss“, stieß Jack hervor.
„Ein Märchenschloss!“, rief Portia.
„Es ist riesig!“, verkündete Lando.
Und alle hatten sie recht. Blairmore Hall bestand aus einem riesigen Mittelbau mit zwei großen Flügeln, an deren Ecken mit Brustwehren untereinander verbundene Türme aufragten. Der zentrale Vorbau, komplett mit echtem Fallgatter, führte direkt in den großen Bankettsaal. Wie auch die Parkanlagen war es in der elisabethanischen Zeit gegründet worden, doch hatte jeder neue Duke einreißen lassen, neu erbaut, angebaut, erneuert und verändert, sodass der daraus entstandene Bau nicht nur mit Unmengen von Zimmern prunkte, sondern auch mit einem Wirrwarr an Stilelementen. Trotzdem, oder gerade deswegen, besaß es einen ganz eigenen Charme, wie es dalag, von weichen Hügeln und kahlen, zerklüfteten Anhöhen der nahen Derbyshire-Gipfel gesäumt.
„Wirst du mir die schönen alten Kleider zeigen, wie du es versprochen hast?“, fragte Portia begierig.
Regan lächelte, als sie an das düstere Gelass im Ostturm dachte, in dem sie viele glückliche Stunde damit zugebracht hatte, sich mit den prachtvollen Gewändern aus vergangenen Zeiten zu schmücken, die dort in dickwandigen hölzernen Truhen lagerten. „Vielleicht, wenn es sie noch gibt. Es ist lange her.“ Obwohl doch bestimmt niemand solch exquisite Kleidungsstücke fortwerfen würde.
Als der Wagen schwankend das Tor des Pförtnerhauses durchquerte, wurde es Regan ganz flau im Magen. Zwanzig Jahre lang hatte ihr Vater hier als Verwalter gedient, bis er starb. Und nun kehrte sie zum ersten Mal zurück – als Gast. Bestimmten Umständen war es geschuldet, dass sie jetzt eine sehr andere Person war als damals das linkische Kind, das mit seiner verwitweten Mutter von Blairmore Hall fortging in eine ungewisse Zukunft. Was noch mochte sich während der verstrichenen Jahre alles geändert haben?
Ein Lakai in der vertrauten weinroten Livree hielt die schweren, mit riesigen Ziernägeln beschlagenen Türflügel auf, ein anderer half ihnen vom Wagen, und ein Dritter überwachte das Ausladen ihres spärlichen Gepäcks. Als sie einem weiteren Lakaien in die gepflasterte Halle folgten, wo man ihnen ihre Mäntel abnahm, verstummten selbst die redelustigen Knaben angesichts der puren überwältigenden Größe der „Langen Galerie“, die sich getreu ihres Namens gut einhundert Fuß hinstreckte.
„Seine Gnaden wünscht, Sie allein zu empfangen. Die Kinder sollen solange hierbleiben“, teilte der Lakai Regan mit.
Hastig ermahnte sie Portia, Lando und Jack, sich nur aufs Beste zu betragen, dann folgte sie dem Mann durch den breiten, mit Ahnenporträts geschmückten Korridor in den hinteren Teil des Schlosses, in dem die moderneren Räume lagen.
In dem Labyrinth der Flure glaubte sie, die rennenden, hüpfenden Schritte des Phantoms ihrer Kindheit widerhallen zu hören. Von den dunklen, eichengetäfelten Wände echote ihr und Gabriels Lachen. Über allem hing der Duft bittersüßer Erinnerungen. Wie sorglos sie gewesen war. Und wie jung. Vor zwölf Jahren. Ein Leben lang, schien ihr.
Der Lakai öffnete die Tür zu dem sogenannten Kleinen Salon, und Regan trat über die Schwelle. Mit seinen goldenen Damastvorhängen, den cremefarbenen Wänden und blassgelben Sofas, alles offensichtlich neu, war er groß genug, dass zehn Paare sich zum Tanz aufstellen konnten.
„Miss Stuart, Euer Gnaden.“
Die Tür wurde hinter ihr geschlossen, und der Duke of Blairmore wandte sich vom Fenster ab und ihr zu. „Regan.“
„Guten Tag, Gabriel.“ Regan schluckte schwer. Der Mann, der sie quer durch den Raum anschaute, war ein Muster an Eleganz in seinem exzellent geschnittenen Gehrock aus feinstem dunkelblauem Tuch. Der hohe Kragen entsprach der neuesten Mode, ebenso wie die Pantalons an seinen langen, wohlgeformten Beinen. Er war viel größer, als sie in Erinnerung hatte. Und breiter. Und unendlich viel attraktiver.
Als er auf sie zuschritt, verstärkte sich das Flattern in ihrem Magen, und ihr Pulsschlag beschleunigte sich. Blauschwarzes Haar, aus der Stirn zurückgekämmt, ausgeprägte Nase, energisches Kinn und ein Mund, den man nur sinnlich nennen konnte. Sie wusste, sie gaffte ihn an, aber sie konnte nicht anders. Diesen umwerfenden Mann in Einklang zu bringen mit dem Jüngling von früher, wie sie ihn gekannt hatte, fiel ihr nicht nur schwer, nein, es war ihr unmöglich. Verspätet versank sie in einem Knicks, sich schaudernd ihres grauwollenen Reisekleides bewusst, an dem kein noch so modischer Aufputz den Verschleiß verbergen konnte.
Gabriel nahm sie bei der Hand und half ihr auf. „Die kleine Regan. Bist du es wirklich?“
Seine Stimme war angenehm tief. Seine Augen, aus denen er sie mit distanzierter Erheiterung anschaute, schimmerten noch genauso graublau wie früher. Unter seiner Berührung rieselte ein Kribbeln in ihre Finger, und sie spürte, wie ihr das Blut in die bleichen Wangen stieg. „Ja, wirklich, ich bin es.“ Regan lächelte ein wenig. „Aber dich erkenne ich kaum wieder.“
„Es ist in der Tat lange her“, sagte Gabriel und musterte seine Besucherin ein wenig überrascht. Er schob sie auf Armeslänge zurück. „Lass dich anschauen.“ Wer hätte gedacht, dass der kleine Wildfang, der ihm damals treu wie ein Schatten gefolgt war, sich einmal zu einer solch attraktiven Frau mausern würde? Das rote Haar, das ihr natürlich den Spitznamen Rotschopf eingebracht hatte, schimmerte nun in prachtvollem Kastanienbraun. Das schlaksige Kind mit der Unbeholfenheit eines Fohlens war jetzt von schlanker, biegsamer Gestalt. Obwohl ihre hohe Stirn und das etwas längliche Gesicht sie eher klug als schön wirken ließ, hatte Regan Stuart etwas an sich, das jeden Mann zweimal hinsehen ließ. War es ihr Mund mit seinem sinnlichen Schwung, der so im Gegensatz zu ihrem ernsten Gesichtsausdruck stand? Oder waren es ihre großen haselnussbraunen Augen? Er erinnerte sich, wie sie flehend zu ihm aufgeschaut, gebettelt hatte, ihn auf eins seiner kindlichen Abenteuer mitzunehmen.
Unter neugierigem Schweigen musterten sie einander, versuchten, ihre Erinnerungen mit der so ganz anderen Realität zu versöhnen. Das Bewusstsein, nun erwachsen zu sein, schwelte zwischen ihnen. Im gleichen Moment, in dem Gabriel ihre Hand freigab, ließ Regan ihn verwirrt los.
„Du hast dich wirklich sehr verändert“, stellte er fest.
„Du aber auch.“
„Komm, warum stehen wir überhaupt noch?“, sagte Gabriel munter. „Komm zum Feuer, mach es dir bequem. Der Tee wartet.“
Dankbar nahm sie Platz, widmete sich dem Ritual, löffelte sorgfältig den Tee aus der silbernen Dose, goss das heiße Wasser in die Kanne und schob die hauchfeinen Porzellantassen zurecht. Nach und nach gewann sie ihre Haltung wenigstens teilweise zurück. Sie war sich der Gegenwart Gabriels intensiv bewusst, wie er da lässig in seinem Sessel saß, die langen Beine von sich gestreckt. Wirklich ansehnliche Beine, an denen seine Pantalons hafteten wie eine zweite Haut. Sie fragte sich, ob er dem Fechtsport huldigte. Oder vielleicht dem Boxsport. Gewaltsam wandte sie den Blick ab. „Sahne?“
„Wie du willst; ich hasse Tee.“
„Nun, ehrlich gesagt bin ich gerade...