E-Book, Deutsch, Band 1
Reihe: Poison Bakery-Reihe
Kassner Honigsüßer Tod
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-98637-775-5
Verlag: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein britischer Cosy Crime
E-Book, Deutsch, Band 1
Reihe: Poison Bakery-Reihe
ISBN: 978-3-98637-775-5
Verlag: dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Verrückte Backkreationen und ein Mord – Der erste Fall für die Konditorinnen Linn und Terry
Die kurzweilige Cosy Crime-Reihe aus der wohl charmantesten Bakery Londons beginnt
Linn und Terry sind Konditorinnen und haben sich im Londoner Stadtteil Soho ihren Traum von einer eigenen Bakery erfüllt. Leider läuft das Café nur schleppend, und während sich Terry an eigenwilligen Backkreationen versucht, fürchtet Linn, dass sie bald die Miete nicht mehr zahlen können. Ihre Sorgen sind allerdings schnell vergessen, als der attraktive Detective Chief Inspector Bruce Manville für Ermittlungen in ihrer Bakery auftaucht. Die Frau einer ihrer wenigen Stammkunden ist unter mysteriösen Umständen gestorben. Linn und Terry sind erschüttert und fortan bemüht, an der Aufklärung des Falls mitzuwirken – was nicht nur an dem gutaussehenden Inspector Manville liegt …
Erste Leser:innenstimmen
„Gelungener Start in diese neue charmante Cosy Crime-Reihe. Ich freue mich auf weitere Bände!“
„Für Fans von gemütlichen Kriminalromanen mit bezauberndem englischen Setting ein absolutes Must-Read!“
„chaotisch, humorvoll, mitreißend“
„Die sympathischen Charaktere, der spannende Fall und die verrückten Backkreationen sind die perfekte Kombination für einen fesselnden und unterhaltsamen whodunit Krimi.“
Der Schriftsteller Stefan Sebastian Kassner lebt mit seinem Hund, dem Boston Terrier Goliath, auf Mallorca. Die Ideen für die genreübergreifenden Projekte kommen oft aus Träumen und werden auf langen Hundespaziergängen weiter ausgearbeitet. Weitere Informationen zum Autor und seinen Projekten unter www.stefan-kassner.de
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1
Spätestens, als der ältere Mann ebenfalls seine Hand vor den Augen hin und her bewegt und darauf stiert, als wäre sie das Faszinierendste, was er jemals sah, weiß ich, dass etwas faul ist. Mit all unseren Gästen. Zwei in der Gesamtzahl. Was für uns schon ein Grund zum Feiern ist. Meistens sitze ich vormittags ohne Gäste in unserem leeren Café.
Ich bin Linn. Vor vier Monaten habe ich mich von meiner Freundin Terry dazu überreden lassen, dieses Café zu mieten, das an der Beak Street im angesagten Londoner Stadtteil Soho liegt und damit weit über unserer Preisklasse.
Aber Terry hat eine Begeisterungsfähigkeit, die ansteckt. Wie ein loderndes Feuer, das auf einen trockenen Busch übergreift. Übrigens ein Ausdruck, der jüngst aus Terrys Mund kam, als sie meine Unausgeglichenheit auf eben jenen zurückführte und mir empfahl, ihn hin und wieder wässern zu lassen. Falls Sie wie ich jetzt erst mal auf dem Schlauch stehen, hilft es, sich klarzumachen, dass es bei Terry meist um Genitalien und das, was Mann oder Frau damit anstellen kann, geht. Und um Mittelchen, die den Sinneseindruck entsprechend anfeuern, um beim ursprünglichen Bild zu bleiben.
Die junge Frau und der ältere Mann sind inzwischen von ihren Stühlen aufgestanden und zu dem großen Spiegel herüber gegangen, der die obere Hälfte der linken Wand einnimmt und der Terry als Präsentationstafel für ihre neuesten Kreationen dient. Ähnlich wie bei einem Cover-up-Tattoo macht Terry sich nicht die Mühe, den Text, der die vorherige Kreation beschreibt, wegzuwischen, sondern kleistert den Neuen einfach drüber. Der Spiegel erinnert an einen Picasso mit eingestreuten Worten, deren Buchstaben so groß sind, dass sie wahrscheinlich noch vom Mann im Mond gelesen werden können.
Unsere Gäste haben tatsächlich in der Farb- und Schriftexplosion noch freie, spiegelnde Stellen entdeckt und betrachten nun ähnlich fasziniert ihre Gesichter wie zuvor ihre Hände. So langsam sickert zu mir durch, was passiert ist. Was wieder passiert ist!
Terry und ich sind exzellente Konditorinnen, was der Hauptbeweggrund zur Eröffnung dieses Cafés war. Nur, während ich eher die klassischen Rezepte backe und nur gelegentlich modifiziere, hat Terry sich die Revolution des Backwerks auf die Fahnen geschrieben. Ob Leberwursttorte oder ein Backstuhl – ein Kuchen in Form eines Stuhls, auf dem man tatsächlich sitzen kann – Terry ist stets auf der Suche nach einer neuen Rezeptur.
Der ältere Herr steht starrend vor seinem Spiegelausschnitt, während die Dame mit seltsam zackigen Bewegungen durch den Raum zurück zu ihrem Tisch stakst. Sie erinnert mich an ein Chamäleon.
„Terry?“, rufe ich und bin überrascht über den schneidenden Ton in meiner Stimme. Ich klinge wie meine Mutter, wenn sie wieder einmal nicht zufrieden ist mit ihrer unfähigen Tochter. Und irgendwie ist es auch so, dass ich häufig das Gefühl habe, die Rolle der Erziehungsberechtigten in Bezug auf Terry übernehmen zu müssen.
Terry drückt die Schwingtür zur Backstube mit dem Rücken auf. In den Händen hält sie einen Teigklumpen, der aussieht, als wäre er radioaktiv verstrahlt. Alle Farben des Regenbogens in einer Wurst, die irgendwie aussieht wie ein …
„Was ist denn, Chefin?“ Terry weiß, dass sie mich mit dieser Anrede zur Weißglut bringt, aber ich atme tief durch und lasse mir nichts anmerken, deute stattdessen auf unsere Gäste. Die Frau scheint ihre Offenbarung am Boden ihrer Kaffeetasse gefunden zu haben – hält sie vor ein Auge, als wäre die Tasse ein Fernrohr und sie Captain Cook, der gerade Tahiti erspäht. Der Mann mit dem Zauselbart betastet inzwischen sein Gesicht, als würde er eine Maske davon herunterziehen wollen, die außer ihm niemand sieht. „Na, das nenne ich mal eine gelungene Show! Soll ich uns Popcorn machen?“
Terry ist schon halb durch die Tür zur Backstube, als ich sie an ihrer Schürze zurückzerre. „Was zur Hölle ist in dem Kuchen?“ Ich deute in Richtung der Teller auf den Tischen, die bis auf wenige Krümel leer gegessen sind.
„China Explosion?“ Terry zuckt mit den Achseln. „Das einzig Verwegene darin ist das Bittermandelaroma …“ Sie stockt, reißt dann die Augen auf. „Oh Mann!“ Sie stürmt in die Backstube, und ich folge ihr. Was hat sie nur jetzt wieder angestellt?
Die Arbeitsfläche gleicht einem Kriegsschauplatz: Nudelholz, verschiedene Backformen, Schüsseln, und alles ist gleichmäßig bedeckt von einer pudrig leichten Mehlschicht.
Terrys Finger suchen und finden schließlich ein Fläschchen, eine Ampulle, die sie mir entgegenstreckt.
„Was ist das?“ Mit gerunzelter Stirn versuche ich, das Etikett zu entziffern, aber Terry kommt mir zuvor: „Ketamin.“
Ihr Tonfall suggeriert, dass ich jetzt etwas sagen sollte, wie: „Ah, natürlich!“ Stattdessen starre ich sie weiter konsterniert an, denn ich habe keine Ahnung, was das ist.
„Special K?“, versucht sie mir erfolglos auf die Sprünge zu helfen.
Ich verdrehe die Augen. „Terry, was zur Hölle ist das für ein Zeug?“
Je mehr Terry mir erzählt, desto größer werden meine Augen. Ketamin ist ein Narkosemittel, das auch in der Tiermedizin für Pferde eingesetzt wird. Na prima! In den letzten Jahren erfreut es sich auch in der Partyszene einer immer größeren Beliebtheit, sorgt es doch für ein verändertes Empfinden von Musik und Umgebung.
So langsam wird mir klar, warum sich unsere Gäste so seltsam verhalten. „Woher hast du das Zeug?“, frage ich entgeistert und ahne bereits die Antwort.
„Hatte gestern eine Lieferung in eine schmerztherapeutische Praxis und habe das wohl in meiner Tasche vergessen.“ Terry schlägt die Augen nieder.
Das ist die Antwort, die ich erwartet habe. Terry fährt neben ihrer Haupttätigkeit in unserem Café Medikamente für die nahegelegen Apotheke aus. Warum sie die auszuliefernden Präparate in ihre Tasche packt und sie dann darin vergisst, sind selbstverständlich Fragen, die ermüdend erörtert werden oder schlicht damit beantwortet werden können, dass Terry Terry ist. Schusselig, aber liebenswert und nie mit böser Absicht.
Also spare ich mir diese Fragen und zerre Terry zurück in den Gastraum und deute auf unsere Gäste. „Was machen wir denn jetzt?“, zische ich.
„Das tut mir wirklich unglaublich leid. Die Ampulle muss nach dem Medikamentenausliefern noch in meiner Tasche gewesen sein. Du weißt ja, dass ich manchmal in Gedanken Dinge an die falsche Stelle räume. Sorry.“ Terry schaut mich an wie ein geprügelter Hund.
„Versprich mir, dass du in Zukunft darauf achtest, dass so etwas nie wieder vorkommt.“
„Auf jeden Fall.“
„Wie geht es jetzt mit den beiden weiter?“ Ich sehe zu, wie Zauselbart wieder seine, die Luft langsam durchschneidenden, Hände betrachtet. Kapitänin Cook scheint ihm durch ihr Tassenfernrohr dabei zuzusehen.
„Keine Sorge. In maximal einer Stunde sollte die Wirkung vorbei sein.“ Terry will wieder in der Backstube verschwinden und wird erneut von mir zurückgehalten.
„Was machen wir jetzt mit denen? Was ist, wenn ein Gast …“ Weiter komme ich nicht, denn mit einem fröhlichen Klingeln des Glöckchens, das ich an der Eingangstür befestigt habe, wird die Tür aufgestoßen, und in ihr steht der Pinguin. Natürlich heißt er nicht so. Diesen Spitznamen hat Terry ihm gegeben, weil er mit seiner Aktentasche, den stets dunklen Anzügen und seinem Watschelgang an einen Pinguin erinnert.
Von der Tür aus wandert sein Blick zu Zauselbart und Kapitänin Cook, dann sieht er mich stirnrunzelnd an. Während ich noch überlege, wie ich die Situation retten kann, drängt Terry an mir vorbei. „Schön, dass Sie da sind. Sie sind der erste Gast unserer neuen Vormittagsveranstaltung!“
Der Pinguin sieht Terry an, als käme sie von einem anderen Stern, was nichts Neues ist, so starrt er sie immer an. Ich glaube, es ist für ihn schwer begreiflich, welche Farben menschliches Haar annehmen kann. Terry trägt seit gestern grün, was ihren Angaben nach eher ein Kompromiss ist, da das Blondieren der vormals blauen Haare knapp am Ziel vorbeigeschossen ist. Ich glaube, ich habe tatsächlich vergessen, was ihre ursprüngliche Haarfarbe ist. Seit Jahren scheint sie die fast täglich zu ändern. Für Pinguin, der dem Erscheinen nach mit Farben nicht allzu viel am Hut hat, muss sie wie ein exotisches Tier sein, bei dem man schon Angst hat, sich allein durch Berührung zu vergiften.
Terry nutzt sein Schweigen, um unbeirrt fortzufahren: „Ab sofort hält die ‚Royal Academy of Dramatic Art‘ jeden Donnerstag einen Kurs für Improvisationstheater in unserem Café ab.“
Der Blick, der sie durch die dicken Gläser von Pinguins Nickelbrille trifft, ist der eines Karpfens auf dem Trockenen, und ich muss zugeben, dass ich ihr fast applaudieren möchte zu diesem Einfall.
„Dann komme ich ab sofort immer sonntags“, murmelt Pinguin und stürmt zur Tür hinaus.
„Ich mach mal Kaffee“, sagt Terry, als sie hinter Pinguin die Tür abschließt und das Schild in der Tür von „geöffnet“ auf „geschlossen“ umdreht.
Sie gehört zu den Menschen, die durch ihre unbedachten Taten nicht nur allerhand Unruhe stiften, sondern auch noch stets damit durchkommen. Tatsächlich klärt sich das Bewusstsein von Zauselbart und Kapitänin Cook, nachdem beide von uns in die bequemsten Sessel im hinteren Teil des Cafés verfrachtet wurden, um dort einen Power Nap zu halten. Darüber hinaus versichert Terry ihnen dann noch derart glaubhaft, dass die wechselnde Witterung schon bei sehr vielen Gästen zu Müdigkeit und Verwirrung geführt habe, dass beide ihr glauben und sich sogar für unsere liebevolle Betreuung bedanken.
„Schade um das gute K“,...




