E-Book, Deutsch, 246 Seiten
Kappl Herzstillstand
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-947171-65-1
Verlag: Edition Lichtland
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein Krankenhaus stirbt
E-Book, Deutsch, 246 Seiten
ISBN: 978-3-947171-65-1
Verlag: Edition Lichtland
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Claus Kappl, geboren 1954 in Bamberg, studierte an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen Geschichte, Germanistik und Geographie. Er promovierte 1984 an der Universität Konstanz mit einer Arbeit über 'Die Not der kleinen Leute', einer Alltagsgeschichte aus dem 18. Jahrhundert. 1986 wurde er Gymnasiallehrer und hat bis zu seinem Ruhestand am Johannes-Gutenberg-Gymnasium in Waldkirchen/Niederbayern unterrichtet. Als Schulbuchautor hat er für den Westermann-Verlag gearbeitet. Er engagiert sich als 1. Vorsitzender im Kulturkreis Freyung-Grafenau e. V. , leitet seit 1992 das 'Literarische Café' in Waldkirchen und gilt als großer Freund des deutschsprachigen Kriminalromans. Mit Kommissar Kleintaler hat er einen liebenswerten niederbayerischen Polizisten erschaffen, den auch eine gewisse Liebe zu Weißbier und gutem Essen begleitet.
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Waldkirchen, Freitag, 3. Januar 2014
„Schos, was hältst du davon, wenn ich wieder berufstätig werde?“ Marianne Kleintaler sah ihren Ehemann erwartungsvoll an. „Seit dem Tod von Tante Martha im vergangenen Frühjahr habe ich nur noch dich, um den ich mich kümmern muss, und du bist ja fast nur am Wochenende zuhause, und das auch nicht immer. Die einzige Entscheidung, die ich noch zu treffen habe, ist die Frage nach dem Mittagessen: Schweinebraten oder Pizza Hawaii. Sehr abwechslungsreich ist mein Leben nicht mehr. Ich bin jetzt schon fast sechsundvierzig, mit fünfzig brauche ich nicht mehr anfangen, da gehöre ich dann schon zum alten Eisen.“
Georg Kleintaler legte die Wochenendausgabe seiner Heimatzeitung zur Seite und unterbrach den Monolog seiner Gattin. „Marianne, du hast ja Recht, und ich gebe auch zu, dass unser Alltag ein wenig langweilig geworden ist. Mir geht es ja ähnlich. Seit zweieinhalb Jahren bin ich jetzt Dienststellenleiter, und was tut sich? Nichts! Meine zwei besten Leute sind nach Freyung versetzt worden, Tina ist in Elternzeit, und außer ein paar Einbrüchen habe ich nichts mehr aufzuklären. Aber jetzt mal Nägel mit Köpfen oder Butter bei die Fische: Was möchtest du denn beruflich tun?“
„Bevor wir geheiratet haben – und du weißt schon, Schos, dass wir im nächsten Jahr Silberhochzeit haben – war ich eine Zeit lang als Verwaltungsfachangestellte am Krankenhaus in Wegscheid tätig, bis mir die Fahrerei zu viel wurde. Ich habe im letzten Jahr meine Computerkenntnisse aufgefrischt. Du erinnerst dich doch noch an meine Volkshochschulkurse in Word und Excel. Ich dachte mir, vielleicht fragst du mal den Franz Stein, ob nicht im Waldkirchner Krankenhaus eine Stelle frei wäre. Vielleicht habe ich Glück und mit Krankenhausverwaltung kenne ich mich ja aus.“
„Das ist eine wirklich gute Idee. Ich ruf ihn gleich an, ich muss ihm sowieso noch ein gutes neues Jahr wünschen. Vielleicht hat er tatsächlich einen Job für dich. Ich hoffe nur, dass er keinen Wochenenddienst hat.“ Georg Kleintaler nahm sein Smartphone vom Küchentisch und wählte die Nummer des Chefarztes am Waldkirchner Krankenhaus. Während es klingelte, erinnerte sich der Kommissar daran, wie lange er und Franz Stein sich schon kannten. Sie hatten sich vor vielen Jahren bei der Skigymnastik in der Turnhalle des Johannes-Gutenberg-Gymnasiums kennengelernt. Kleintaler konnte Dr. Stein überreden, Mitglied in der Bergwacht zu werden. Als dann das Golf spielen in Mode kam, hatten sie sich auf dem Green in Dorn regelmäßig getroffen und festgestellt, dass sie beide am ersten Mai Geburtstag hatten und außerdem noch gleich alt waren. Der Arzt hatte Kleintaler bei vielen seiner Fälle erfolgreich beraten. Franz Stein lebte allein in einem großen Haus am höchsten Punkt der Frischecker Straße, fast schon mitten im Wald. Er betonte immer wieder, dass er nur mit seinem Beruf verheiratet sei und daneben kein Platz für eine Frau wäre, die er sowieso nur vernachlässigen würde.
„Schos, guten Morgen, was verschafft mir die Ehre deines frühen Anrufs?“ Der Kommissar wurde jäh aus seinen Erinnerungen gerissen. „Guten Morgen und vor allem dir ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr. Ich hoffe es gilt noch, denn ich habe noch kein Sauerkraut gegessen.“ Hätte man Kleintaler gefragt, worin der Zusammenhang zwischen einem noch geltenden Neujahrsgruß und dem Sauerkraut bestand, er hätte es nicht gewusst. Aber dieser Spruch war in Waldkirchen halt so üblich.
„Danke, das wünsche ich dir und Marianne auch. Viel Gesundheit und dass alle eure Wünsche in Erfüllung gehen mögen. Aber was hast du denn sonst noch auf dem Herzen, denn zum Schneegolfen wolltest du dich doch sicher nicht mit mir verabreden.“
„Weißt du, Marianne hatte gleich zu Beginn des neuen Jahres eine tolle Idee: Sie will wieder berufstätig werden, weil es ihr zuhause so langweilig sei. Das bisschen Haushalt fülle sie nicht mehr aus, sagt meine Marianne-Maus.“ Kleintaler musste plötzlich an einen alten Schlager aus den 70er Jahren denken, in dem dieses Problem aber ganz anders dargestellt worden war. „Aber vielleicht hat sie Recht, vielleicht bringt Büroarbeit sie auf andere Gedanken und führt zu etwas mehr Abwechslung in unserem etwas eingefahrenen Ehe-Alltag.“
„Du sollst den Franz fragen, ob er eine Stelle für mich hat und ihn nicht mit einem Psychogramm unserer Ehe langweilen.“ Marianne Kleintaler hatte sich aus dem Hintergrund in das Gespräch eingemischt.
„Sag mal“, unterbrach nun Franz Stein Kleintalers Abschweifungen, „was für eine Ausbildung hat denn Marianne? Vielleicht habe ich wirklich was für sie.“
„Sie hat eine komplette Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte. Vor unserer Ehe war sie am Krankenhaus in Wegscheid angestellt.“
„Das ist ja super! Eine meiner Mitarbeiterinnen ist zum ersten Januar in Mutterschutz gegangen und wird nach der Entbindung erst einmal ein paar Jahre in Elternzeit gehen. Ich brauche Ersatz. Aber gib mir bitte mal deine Gattin, dann kann ich alles Wesentliche gleich mit ihr besprechen, aber dich brauche ich dann auch noch einmal.“
Der Kommissar reichte das Smartphone seiner Frau. „Hallo, Franz, dir noch ein gutes neues Jahr. Hast du wirklich eine Stelle für mich?“
„Neujahrsgrüße zurück! Ich brauche eine Kraft mit sicheren Computerkenntnissen, die sich mit Qualitätsmanagement und Hygienesicherung auskennt. Wenn du dir das zutraust, kannst du schon am Montag anfangen. Allerdings kann ich dir nur vierundzwanzig Wochenstunden anbieten, du weißt ja, der Landkreis muss sparen. Aber vielleicht ist das mehr als du erwartest.“
„Meine Computerkenntnisse sind auf dem neuesten Stand, mit Hygienesicherung war ich in Wegscheid betraut, aber das ist schon eine Zeitlang her. QM ist neu für mich, aber wenn du mir ein paar Wochen Zeit zur Einarbeitung gibst, tue ich mein Bestes. Und drei Tage in der Woche passen genau, du weißt doch, mein geliebter Ehegatte will ja auch noch etwas zu essen bekommen.“
„Dann, Frau Kleintaler, willkommen im Team!“, beglückwünschte sie Franz Stein, und er erinnerte sie dabei an den Chefarzt in der einst so berühmten „Schwarzwaldklinik“. „Marianne, komm am Montag um zehn Uhr in mein Büro, ich lasse bis dahin den Vertrag fertigmachen.“
„Danke, Franz, ich freue mich riesig, tschüs bis Montag“, jubelte Marianne und gab das Smartphone ihrem Ehemann zurück.
„Du hast meine Frau sehr glücklich gemacht, Franz, danke, aber was gibt es denn noch?“
„Ich wollte nur deine Meinung zu der kommenden Kommunalwahl hören. Bleibt Fritz Keppler Bürgermeister oder hat der junge Banker aus dem Gäuboden eine realistische Chance?“ Franz Stein spielte auf den jungen Herausforderer Heinrich Herzog an, der als Überraschungsgegenkandidat zu dem Amtsinhaber von einer Wählergemeinschaft aus dem Hut gezaubert worden war.
„Normalerweise, Franz, müsste es Fritz Keppler noch einmal schaffen, immerhin gehört er so zu sagen der bayerischen Staatspartei an, aber er hat sich halt in den vergangenen sechs Jahren schon einiges geleistet. Schau dir nur meine Dreisesselstraße an. Wir wohnen hier schon seit Jahrzehnten, aber das einzige, was sich ändert, sind die Schlaglöcher. Die werden von Jahr zu Jahr größer und tiefer. Sparen und nur sparen kann nicht das Allheilmittel sein. Er ist in der vergangenen Legislaturperiode nicht nur immer grauer geworden, sondern auch dünnhäutiger. Frag mal seine Mitarbeiter, was da im Rathaus für ein Ton herrscht. Also für frischen Wind würde der junge Herzog schon sorgen. Aber ich glaube, dass die Waldkirchner ihr Kreuzchen dorthin setzen, wo sie es schon immer hingesetzt haben. Gemäß dem Wahlspruch: „Der Herrgott wird´s schon richten“. Aber, Franz, du bekommst ja auch einen neuen Chef. Der stets mallorcabraune Matthes Mandl tritt ja nicht mehr an. Stattdessen soll‘s ein junger Schullehrer, der Vinzenz Lochner richten, auch von der bayerischen Staatspartei. Der soll ja mit dem Freyunger Bürgermeister dick befreundet sein. Ich fürchte, dass aus der Stadt mit dem Ypsilon noch einiges auf uns zukommen wird.“
„Ich glaube, dass du Recht haben könntest, und mir ist nicht sehr wohl dabei. Du weißt ja, drei Krankenhäuser sind in unserm Landkreis effektiv zwei zu viel. Das ist so, und das Kostendämpfungsgesetz hat schon 2008 und erst im letzten Jahr die Schließung kleiner Krankenhäuser gefordert. Allerdings schreibt das meine – im Gegensatz zu den beiden anderen – noch immer schwarze Zahlen. Aber blicken wir positiv in die Zukunft: Der Stadtrat hat gerade beschlossen, in diesem Jahr die Gebühren für Strom, Wasser und Abwasser nicht zu erhöhen. Ob das was mit der Kommunalwahl zu tun hat?“, kicherte Franz Stein. „Ich wünsche euch noch ein schönes...




