E-Book, Deutsch, 122 Seiten
Kaiser Übers Wasser gehen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-0517-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wunder(n) - Staunen - Glauben
E-Book, Deutsch, 122 Seiten
ISBN: 978-3-7557-0517-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wahrheit, Wunschdenken oder Fantasie? Über die Wundererzählungen der Bibel gehen die Meinungen auseinander. Wieso sollte Gott seine eigenen Naturgesetze aushebeln? Warum hat er Wunder immer nur sehr gezielt eingesetzt, während viele andere Male einzelne Menschen und ganze Völker vergeblich darauf warteten und auch heute noch warten? Oder steckt eine tiefere Absicht hinter den Berichten über göttliche Wunder? Es lohnt sich, immer wieder zwischen den Zeilen der Heiligen Schrift zu lesen und dabei ganz neue, unerwartete Antworten zu entdecken.
Günter Kaiser, Ständiger Diakon, ist Jahrgang 1959 und lebt im Südschwarzwald. Seit Langem beschäftigt er sich mit der christlichen Mystik und dem engen Zusammenhang zwischen irdischem und ewigen Leben. Sein drittes Buch ist der Spurensuche in den biblischen Wundererzählungen gewidmet.
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WIE SCHWER FÄLLT GLAUBEN?
Du Kleingläubiger – warum hast Du gezweifelt? ((Matthäus 14, 31) Wissen – Voraussetzung für unser Handeln?
Es klingt ganz einfach: Wir stützen unser Entscheiden und Tun auf Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir entweder selbst bereits gemacht haben, von denen uns andere überzeugt haben oder die gültiger Standard wissenschaftlicher Erkenntnisse sind. Damit begeben wir uns in eine zwingende Logik aus Wissen, Ursache und Wirkung. Indem wir unser oder das allgemeine Wissen auf einen quasi absoluten Stand setzen, grenzen wir uns gegenüber Halbwahrheiten, Fiktionen und unbewiesenen Aussagen ab. Doch gibt es denn wirklich absolutes Wissen? Die antike Welt sah die Erde als Scheibe, die ringsum von einem großen Ozean umgeben war, an dessen Rand man in die ewige Dunkelheit hinabstürzen konnte. Diese Ansicht galt als derartig fundamental, dass sich die großen Gelehrten der Astronomie wie Galilei oder Kopernikus mit der Erkenntnis einer kugelförmigen Erde erst einmal dem Vorwurf der Ketzerei ausgeliefert sahen. Nicht anders erging es der Evolutionstheorie und ihrem Begründer Charles Darwin, stellte sie doch die wortgemäße Auslegung der Heiligen Schrift, speziell der biblischen Schöpfungsgeschichte massiv in Frage. Allein diese wenigen Beispiele lassen unser „Wissen“ als absolutes Kriterium recht schnell brüchig erscheinen, und manche Theorie, die wir heute noch als unumstößlich ansehen, kann bereits morgen durch neue Erkenntnisse widerlegt werden. Das soll und darf jetzt kein Plädoyer gegen unseren Wissensschatz und ein darauf begründetes Handeln sein, doch weichen sich die vermeintlich absoluten Grenzen zwischen „bewiesenem“ Wissen und unbewiesenen Hypothesen immer wieder auf. Unser menschlicher Genius und das gebündelte weltweite Forschen auf vielen Gebieten verschieben die Grenze zwischen Theorien und Beweisen immer weiter weg, und was heute noch als absolut unmöglich erscheint, kann wenige Generationen später bereits zum Lebensalltag gehören. „Glauben heißt, nicht wissen“ – Falsch! Diese immer wieder zu hörende Floskel verwechselt Glauben mit Vermuten oder Spekulieren, und legt so schnell eine falsche Fährte. Denn Glauben bedeutet nicht das Gegenteil von Wissen, und ist auch nicht eine Art von Annehmen, Erraten oder Vermuten. Glauben hat vielmehr mit Vertrauen zu tun. „Ich glaube dir“ meint, dass ich das, was du mir sagst, als Wahrheit anerkenne. Vollkommener Glaube verzichtet auf eigenes Überprüfen von Beweisen. An die Stelle eigener Nachprüfung tritt das Wort des Gegenübers, das ich als Wahrheit anerkenne. „Ich glaube an dich“ geht noch sehr viel tiefer. Ich vertraue dir so sehr, dass ich dir mein gesamtes Leben blind in die Hände legen kann. Dabei hebe ich meinen vertrauenden Glauben auf eine so hohe Ebene, dass es mit dem Wissen gleichzieht oder es sogar übersteigt. Vollkommener Glaube überwindet die Skepsis, befreit von der Angst enttäuscht zu werden und ersetzt diese Furcht durch ein inniges Vertrauen. Stellen wir uns doch nur blinde Menschen vor, die noch nicht gelernt haben, mit Hilfe eines Blindenstocks ihren Weg eigenständig und selbstsicher zu finden. Sie müssen, ob sie wollen oder nicht, auf fremde Hilfe vertrauen, sei es eine andere Person oder ein ausgebildeter Blindenhund. Wahrscheinlich werden sie erst eine Phase der Unsicherheit oder Angst erleben, bis sie an den anderen Menschen oder den Hund an der Seite „glauben“ können. Doch dieses grenzenlose Vertrauen fällt uns nicht wie ein reifer Apfel in den Schoß; es muss teilweise mühsam erlernt und herausgebildet werden. Und es ist immer in der Gefahr, enttäuscht, missbraucht und ausgenutzt zu werden. Deswegen tun sich Menschen mit dem Glauben nicht immer leicht, und einmal in diesem Zusammenhang erlittene Verletzungen machen erneutes Glauben schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Das hat sicherlich mit der menschlichen Evolution; mit den ersten Menschen als urzeitliche Savannenbewohner zu tun, bei denen ein gesundes Misstrauen gegenüber der scheinbaren Ruhe bei Gefahren über Leben und Tod entscheiden konnte. Angst als gesunde Emotion und als Part eines umsichtigen Handelns ist erst einmal etwas Positives, hält sie doch die menschlichen Sinne wach und bewahrt vor unliebsamen Überraschungen. Angst und Misstrauen können aber leicht zum beherrschenden inneren Gefühl werden, und sich zu einem Teufelskreis aufbauen, aus dem es ohne fremde Hilfe oft kein Entrinnen mehr gibt. Der skeptische Mensch
Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Sorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können. (Albert Einstein)2 Es gab in der Kirchengeschichte schwarze Zeiten, da waren die Menschen zu einem Glaubenszwang verurteilt, und jede Abweichung davon konnte auf dem Scheiterhaufen der Inquisition enden. Das kirchliche Lehramt gab vor, was zu glauben war; Hinterfragen wurde nicht geduldet und führte zur Exkommunikation aus der Gemeinschaft der Kirche. Die Reformation im Deutschland des 16. Jahrunderts öffnete die Tür ein Stück weit in Richtung Glaubensbildung zugunsten der einfachen Menschen. Der dreißigjährige Krieg drohte diese aufgekeimte Freizügigkeit wieder zunichte zu machen und offenbarte das erbarmungslose Gegeneinander der christlichen Glaubensrichtungen. Die Zeit der Aufklärung emanzipierte die Denker und Forscher langsam, aber stetig von den festzementierten Lehrmeinungen des Mittelalters und förderte die Freiheit des Denkens. Wahrscheinlich ist auch in dieser Zeit die zitierte Floskel „Glauben heißt nicht wissen“ entstanden, denn dem Gottesglauben auf der einen Seite standen jetzt wissenschaftliche oder philosophische Aussagen gegenüber, die teilweise ohne den Glauben an (einen) Gott auszukommen meinten. Der Mensch ist aus seinem innersten Wesen heraus skeptisch. Er hinterfragt und verneint, er forscht und entdeckt, er probiert neue Wege und Methoden und entwickelt sich, nicht zuletzt nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“, stetig weiter. Viele der großen Erfindungen und Entdeckungen wurden erst möglich, weil Menschen vorgegebene Wege und Traditionen verlassen haben, um Neues auszuprobieren. Skepsis ist also nicht etwas von vornherein Schlechtes, denn sie lässt über Alternativen nachdenken. Schädlich wird sie erst, wenn sie jedes Vertrauen unmöglich macht und den ungläubigen und zum Vertrauen unfähigen Menschen ängstlich und verunsichert zurücklässt. Fehlendes Vertrauen aber ist oftmals mit einem Liebesdefizit, aktiv und passiv, verbunden. Wenn wir uns aus dieser Ansicht heraus den Titel dieses Buches ansehen, der sich mit einem an und für sich unmöglichen physikalischen Fakt befasst, dann wird nicht nur ein skeptischer Mensch antworten: „Nein, übers Wasser gehen, das kann nicht funktionieren“. Deswegen habe ich den Buchtitel auch mit einem Fragezeichen versehen, denn ich möchte gerne aufzeigen, dass Glauben nicht primär von der Überwindung naturgegebener Gesetze abhängt. Natürlich wird sich ein von Haus aus skeptisch veranlagter Mensch mit solch einer banalen Frage nicht lange beschäftigen und sie konsequent verneinen. Ein theoretischer Physiker wird vielleicht unter Einbeziehung von Raum- und Zeitverzerrung zum Ergebnis kommen, dass der Gang über das Wasser zumindest theoretisch möglich ein könnte, wenn …. Ein Philosoph wird vielleicht die ganze Geschichte so umdeuten, dass mit dem Wasser etwas anders gemeint sein könnte als H2O, und für den Verfasser von Superman-Geschichten ist der Spaziergang übers Meer sowieso kein Problem. Doch auch ein religiöser, gläubiger Mensch wird mit dieser Fragestellung seine liebe Mühe haben, will er doch einerseits alles, was die Wunder Jesu betreffen, nicht in Frage stellen, auf der anderen Seite aber auch nicht als Phantast gelten. Was also tun? Schauen wir uns zunächst den besagten Text aus dem Matthäusevangelium an: Gleich darauf drängte er die Jünger, ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Inzwischen wollte er die Leute nach Hause schicken. Nachdem er sie weggeschickt hatte, stieg er auf einen Berg, um für sich allein zu beten. Als es Abend wurde, war er allein dort. Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind. In der vierten Nachtwache kam er zu ihnen; er ging auf dem See. Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst, und sie schrien vor Angst. Doch sogleich sprach Jesus zu ihnen und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht! Petrus erwiderte ihm und sagte: Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme! Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und kam über das Wasser zu Jesus. Als er aber den heftigen Wind bemerkte, bekam er Angst. Und als er begann unterzugehen, schrie er: Herr, rette mich! Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? Und als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. Die Jünger im...