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Junk / Kahl | Wie Deutschland mit Islamismus umgeht | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 414 Seiten

Junk / Kahl Wie Deutschland mit Islamismus umgeht

Bestandsaufnahme und Trends seit 2001
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-593-45772-7
Verlag: Campus Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Bestandsaufnahme und Trends seit 2001

E-Book, Deutsch, 414 Seiten

ISBN: 978-3-593-45772-7
Verlag: Campus Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Islamistisch motivierter Terrorismus ist seit Jahren im Fokus der Betrachtung von Medien, Politik und Gesellschaft. Staatliche und zivilgesellschaftliche Maßnahmen gegen den Islamismus reichen von der Prävention über gesetzgeberische und institutionelle Änderungen bis hin zu staatlichen Zwangsmaßnahmen. Doch obwohl beim Umgang mit dem Islamismus immer auch Grundfragen liberaler und pluraler Gesellschaften angesprochen sind, mangelt es an Studien, die untersuchen, wann welche Maßnahmen ergriffen und wie sie begründet wurden. Dieser Band nimmt sich dieser Forschungslücken an und bietet die erste umfassende Zusammenschau zum Umgang mit Islamismus in Deutschland und dessen Legitimationsgrundlagen.

Julian Junk ist Professor für Extremismus und Extremismusresilienz an der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit. Martin Kahl ist Stellvertretender Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH).
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


IIslamismus und islamistischer Terrorismus in Deutschland seit 2001: Aktivitäten – Strukturen – Merkmale5


1.Einleitung


Zu vielen Aspekten des Islamismus6 und islamistischen Terrorismus in Deutschland liegen bereits Einzeldaten und -analysen vor, so etwa zu seiner historischen Entwicklung und seinen unterschiedlichen Strömungen, strafbaren und legalen islamistischen Aktivitäten oder repressiven und präventiven Gegenmaßnahmen.7 Es gibt jedoch noch keine Untersuchung, die die Aktivitäten von Islamist:innen in Deutschland in ihrer Gesamtheit, seien es Gewalthandlungen und deren Vorbereitung, sonstige strafbare Handlungen wie Propagandadelikte oder legale politische Aktivitäten, von 2001 bis heute umfassend darstellt.

Dieses Kapitel arbeitet den Modus Operandi islamistischer Akteur:innen in Deutschland heraus und zeichnet Trends und Merkmale ihrer Aktivitäten nach. Eine solche Analyse macht zum einen empirisch gesicherte Bewertungen darüber möglich, inwieweit die Befürchtungen hinsichtlich der Entwicklung des Islamismus, die unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 artikuliert und dann fortgeschrieben worden sind (siehe Kapitel III in diesem Band), sich tatsächlich bewahrheitet haben, zum anderen können sie zu einer besseren Beurteilung der Maßnahmen herangezogen werden, die in Deutschland seit 2001 gegen unterschiedliche Ausprägungen islamistischer Aktivitäten ergriffen worden sind (siehe Kapitel VI in diesem Band).

Islamist:innen haben sich in Deutschland auf vielfältige Weise betätigt. Mit Blick auf ihre anschlagsbezogenen Aktivitäten in Deutschland seit 2001 ergibt sich in der Gesamtschau das Bild einer zwar zumeist hoch motivierten, operativ-technisch jedoch wenig versierten Täterschaft. Anschlagsversuche, denen größere Vorbereitungshandlungen hinsichtlich der Tatplanung oder der Beschaffung von Anschlagsmitteln vorausgingen, scheiterten in überwiegender Zahl aus technischen Gründen oder konnten von den Sicherheitsbehörden aufgedeckt werden. Eine der wenigen Ausnahmen bildet der Anschlag auf dem Breitscheidplatz im Dezember 2016.

Die legalen politischen Aktivitäten von Islamist:innen zur Erhöhung ihres Einflusses in Deutschland waren vielfältig und lassen sich kaum auf einen Nenner bringen. Sie durchliefen ebenso wie die anschlagsbezogenen Aktivitäten verschiedene Phasen, die für eine angemessene Bewertung einer genauen Betrachtung bedürfen.

Die Untersuchung verwendet zahlreiche Datenquellen, viele von ihnen sind jedoch mit jeweils eigenen Problemen behaftet. Informationen über Täter:innen, Tatmerkmale und -häufigkeiten in Bezug auf terroristische Anschläge sind bis zum Jahr 2020 über die Global Terrorism Database (GTD) an der University of Maryland zugänglich,8 spezifischere, auf den islamistischen Terrorismus bezogene Daten liefert bis 2021 die Fondation pour LInnovation Politique.9 Daten zu islamistischen Anschlägen in Europa sind zusätzlich im jährlich erscheinenden (TE-SAT) von Europol enthalten. Die GTD bietet die umfassendsten Daten zu Anschlagshäufigkeiten sowie Täter- und Tatmerkmalen weltweit. Die globale Ausrichtung der Datei hat jedoch zur Folge, dass terroristische Aktivitäten in einzelnen Staaten bisweilen lückenhaft erfasst werden und es bei kategorialen Zuordnungen an nationaler beziehungsweise regionaler Expertise mangelt. An der Verlässlichkeit und Kategorisierungen der GTD ist deshalb immer wieder Kritik geübt worden.10 Die Daten des TE-SAT beruhen auf Mitteilungen der EU-Mitgliedstaaten. Sie sind unvollständig, da nicht alle Mitgliedsstaaten die entsprechenden Informationen liefern. Eine aktuelle Aufstellung islamistischer Anschläge und Anschlagsvorbereitungen in Europa findet sich in Petter Nessers (2023) am Norwegian Defence Research Establishment erstellten (JPED).11 Für die detaillierte Erfassung islamistischer anschlagsbezogener Handlungen in Deutschland mussten aus den dargestellten Gründen weitere Quellen herangezogen werden.

Viele der in dem Beitrag verwendeten Informationen, insbesondere solche zu den politischen Aktivitäten von Islamist:innen in Deutschland, beruhen auf Daten und Darstellungen der Verfassungsschutzämter, der Landeskriminalämter (LKA) und des Bundeskriminalamts (BKA). Die Datenerhebungen, Kategorisierungen und Einschätzungen dieser Institutionen sind eng mit ihrem gesetzlichen Auftrag verbunden und sie können in den meisten Fällen nicht unabhängig überprüft werden.12 Oftmals sind sie jedoch die einzig verfügbaren Informationen zu bestimmten Themenfeldern im Bereich des Islamismus. Dies betrifft insbesondere die Daten zum islamistischen Personenpotenzial und die Darstellung der legalen Aktivitäten der Islamist:innen in Deutschland seit 2001. Auch in den Antworten der jeweiligen Bundesregierungen auf Anfragen aus dem Bundestag finden sich in der Regel die Daten des Verfassungsschutzes, der LKA sowie des BKA. Wann immer möglich wurden die sicherheitsbehördlichen Daten durch weitere Quellen und die Medienberichterstattung ergänzt. Forschungsprogrammatisch besteht insgesamt jedoch ein erheblicher Bedarf an unabhängigen und überprüfbaren Daten zum Islamismus.

Der erste Teil des Kapitels befasst sich mit islamistisch motivierten Straftaten in Deutschland seit 2001. Um eine vergleichende Einordnung des Anschlagsgeschehens seit 2001 in Deutschland mit anderen Weltregionen und Staaten zu ermöglichen, wird zunächst ihr globaler Kontext skizziert. Es folgt ein Überblick über das islamistische Personenpotenzial sowie die größten islamistischen Gruppen in Deutschland. In einem weiteren Abschnitt werden die islamistischen anschlagsbezogenen Aktivitäten im Untersuchungszeitraum dargestellt. Im Anschluss daran werden Täter- und Tatmerkmale systematisiert. Neben anschlagsbezogenen Aktivitäten haben Islamist:innen in Deutschland eine Reihe anderer politisch motivierter Straftaten begangen, auf die ein weiterer Abschnitt eingeht. Der zweite Teil befasst sich mit legalen politischen Aktivitäten von Islamist:innen in Deutschland. Er stellt die unterschiedlichen Aktionsformen sowie die regionalen Schwerpunkte der Aktivitäten dar. Den Abschluss bildet eine zusammenfassende Analyse der Merkmale und Trends islamistischer Aktivitäten in Deutschland.

2.Der globale Kontext islamistischer Aktivitäten in Deutschland nach 2001


Anschläge, Anschlagsversuche und -vorbereitungen, sonstige Gewalttaten, aber auch legale politische Aktivitäten von Islamist:innen in Deutschland (und Europa) können ohne ihre Bezüge zu regional und global agierenden islamistischen Gruppen sowie dem weltweiten Anschlagsgeschehen nicht vollständig verstanden werden.13 Bei den in Deutschland zwischen 2001 und 2023 verübten 15 islamistisch motivierten Anschlägen mit insgesamt 21 Toten (einschließlich der Täter14) lässt sich zwar selten von eindeutigen Gruppenzugehörigkeiten sprechen, die Täter:innen rechtfertigten ihre Taten jedoch in der Regel durch den Rückgriff auf weltweit kursierende islamistische Ideologeme und waren seit 2016 zunehmend vom sogenannten »Islamischen Staat« (IS) inspiriert.15

Nach dem 11. September 2001 kam es weltweit zu einer Vielzahl weiterer opferreicher islamistisch motivierter Anschläge, so in Bali 2002, Madrid 2004, London 2005, Mumbai 2008, Peschawar 2014, Paris 2015, Brüssel 2016, Nizza 2016, Bagdad 2016 und Mogadischu 2017. Die Gesamtzahl der Opfer durch islamistisch motivierten Terrorismus ist bis heute ungleich höher als bei Anschlägen mit anderer ideologischer Ausrichtung. Allerdings erwies sich in den Folgejahren des 11. September 2001 nicht al-Qaida, die islamistische Terrorgruppe, der aufgrund ihrer Planungskapazitäten, ihrer finanziellen Möglichkeiten, ihrer netzwerkartigen Organisation und ihrer...



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