E-Book, Deutsch, Band 1, 512 Seiten
Reihe: Darkthorn Archives
Juniper Bite the Bride (Darkthorn Archives 1)
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-646-61183-0
Verlag: Carlsen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Spicy Fantasy RomCom im Schottland der 1920er Jahre
E-Book, Deutsch, Band 1, 512 Seiten
Reihe: Darkthorn Archives
ISBN: 978-3-646-61183-0
Verlag: Carlsen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Penny Juniper schreibt Geschichten, seit sie einen Stift halten kann. Als sie tippen lernte, war es endgültig zu spät für einen anständigen Beruf. Seitdem taucht sie ab in fantastische Welten und kommt nur ab und zu raus, um nach ihrer Familie zu sehen oder ihre Katzen zu kraulen. Ihre Storys handeln von mürrischen Vampiren, chaotischen Hexen, scharfen Dämonen, sarkastischen Fae und unwiderstehlich hotten Werwölfen, die für ihr Happy End kämpfen müssen. Dabei fliegen nicht nur magische Funken, es wird auch heiß. Penny liebt Fantasy mit Humor und dem gewissen Etwas.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
KAPITEL 1
Das erste Arkane Gesetz: Bei jeder magischen Transaktion muss stets ein gleichwertiger Austausch stattfinden.
MAGNUS DARKTHORN, GESETZE DER MAGIE, SEITE 13
ZWEI MONATE VORHER
KAT
Die Corvus Bibliothek erstrahlt im Schein des Blutmondes wie ein antiker griechischer Tempel. Im Erdgeschoss zeichnen sich die Fenster mit den gotischen Bögen scharf von der Schwärze der altehrwürdigen Mauern ab. Sie sind noch hell erleuchtet. Dabei ist es schon zehn Minuten nach zehn.
Sieht so aus, als würde mein Erzfeind heute Überstunden machen.
»Wie lange noch?«, wispert Jo ungeduldig, die sich neben mir in das Gebüsch duckt und fröstelnd ihren Kaschmirmantel enger um sich zieht.
»Er muss jeden Moment rauskommen«, flüstere ich zurück und spähe angestrengt auf das massive Eingangsportal der Bibliothek.
Jo wirft mir einen skeptischen Blick zu, und ich unterdrücke nur mit Mühe den Drang, die Augen zu verdrehen. Dabei rechne ich es ihr eigentlich hoch an, dass sie überhaupt mitgekommen ist, um Schmiere zu stehen. Auch wenn sie mir seit Tagen damit in den Ohren liegt, dass mein Plan überhaupt keine gute Idee ist.
»Gehen wir noch mal alles durch.«
Sie schnaubt. »Echt jetzt? Noch mal? Das haben wir doch schon zehn Mal gemacht.«
Ich werfe ihr einen stummen Seitenblick zu. Jo verzieht das Gesicht.
»Okay, von mir aus. Hawthorne schließt ab. Wir warten, bis er weg ist, und du brichst in die gruseligste Bibliothek der ganzen Uni ein, während ich hier draußen sitzen bleibe, mitten im gruseligsten Teil des gesamten verdammten Campus, und aufpasse, dass dich niemand überrascht.«
Ich grinse zufrieden. »War das so schwierig?«
»Das kostet dich was, Campbell.« Jo verschränkt schmollend die Arme vor der Brust. »Ich könnte meinen Abend mit angenehmeren Dingen verbringen.«
Es steht ihr auf der Stirn geschrieben, dass sie jetzt lieber bei ihrem Verlobten wäre, der sie verbotenerweise bis zum Morgengrauen durchvögelt, anstatt mit mir in einem Jasmingebüsch zu hocken und sich eine Blasenentzündung zu holen.
»Vielen Dank für deine große Opferbereitschaft«, säusele ich.
»Kein Ding. Du kommst einfach mit auf die ›Shadows & Swing‹-Soirée und wir sind quitt«, entgegnet sie, ohne mit der Wimper zu zucken.
Diesmal verdrehe ich wirklich die Augen.
Josephine Rosewood und ich sind nicht wirklich befreundet, zumindest wenn man mich fragt. Genau genommen wohnen wir zufällig im selben Wohnheim, und sie schleppt mich drei Mal die Woche in ihre Lerngruppe, die im Grunde eine Selbsthilfegruppe für menschliche Studentinnen ist. Aber da es in meinem Leben nicht unbedingt von Leuten wimmelt, die ich um Hilfe bitten kann – genauer gesagt, musste ich Jo damit bestechen, sie auf die angesagteste Tanzveranstaltung der Uni zu begleiten – , konnte ich nicht wählerisch sein.
Immerhin ist heute die einzige Gelegenheit, meinen Plan in die Tat umzusetzen. Der Blutmond zeigt sich nur alle siebenundfünfzig Jahre so klar und rot am Himmel wie heute Nacht, und sämtliche Vampire der nördlichen Hemisphäre sind die ganze Nacht damit beschäftigt, ihm zu huldigen.
Alle außer einem, wie es aussieht.
Jo holt gerade Luft, zweifellos für eine weitere kritische Nachfrage, als sich am Eingang der Bibliothek etwas bewegt.
»Da ist er ja«, flüstere ich, und ein zufriedenes Lächeln zupft an meinen Mundwinkeln.
Eine große, dunkle Gestalt schiebt sich aus dem Eingangsportal. Mein Körper spannt sich an, während ich den finstersten Vampir der Darkthorn University dabei beobachte, wie er einen mürrischen Blick in Richtung Vollmond wirft.
Ethan Hawthorne, Master des Corvus Vampir College und arroganter Schnösel par excellence.
Selbst auf zwanzig Meter Entfernung von einem Gebüsch aus betrachtet wirkt er gigantisch, wie er mit seinen fast schon lächerlichen ein Meter siebenundneunzig auf der Treppe stehen bleibt und in den Himmel starrt. Grundsätzlich könnte man ihn für gutaussehend halten, wenn man auf große, breitschultrige Typen mit dunklen Locken und noch dunklerem Blick steht. Allerdings weiß ich aus praktischer Erfahrung, dass Hawthorne ein aufgeblasener Wichtigtuer ist und er das, was ich heute Nacht vorhabe, mehr als verdient.
Natürlich trägt er auch heute seinen prätentiösen knielangen Mantel. Gerade klappt er seinen Kragen hoch, wie ich es schon so oft an ihm beobachtet habe. Als hätte er etwas zu verbergen. Und das hat er wahrscheinlich auch. Vampire haben immer etwas zu verbergen. Im Hüten ihrer Geheimnisse sind sie Weltmeister.
Doch zumindest heute Abend werde ich ihm eines seiner Geheimnisse entreißen. Ich beiße mir aufgeregt auf die Unterlippe, und meine Hand gleitet in die Tasche meiner Jacke, umfasst das warme Metall des schmiedeeisernen Schlüssels, den ich schon seit ein paar Tagen mit mir herumschleppe wie einen Sprengsatz, der nur darauf wartet, hochzugehen.
»Willst du das wirklich durchziehen?«, flüstert Jo und bringt es fertig, noch aufgeregter zu klingen.
Ich antworte nicht. Mein Blick klebt an Hawthorne, der gerade einen Schlüsselbund aus seiner Manteltasche zieht, an dem mehrere Schlüssel ähnlicher Machart baumeln. Alt und handgeschmiedet, mit langen Bärten und schnörkeligen Griffen. Routiniert schließt er die Tür zur Bibliothek ab. Man hört den metallenen Mechanismus bis zu unserem Versteck im Gebüsch einrasten.
Hawthorne steckt den Schlüssel wieder ein, zieht anschließend eine goldene Taschenuhr an einer Kette aus seinem Mantel und wirft einen Blick darauf. Dann steckt er sie hastig wieder ein und setzt sich in Bewegung.
Jo und ich schauen ihm nach, wie er mit langen Schritten über die kopfsteingepflasterten Straßen der Shadow Lanes davoneilt, die nahezu verlassen im roten Mondlicht liegen. Lediglich ein paar weitere verspätete Vampire hasten wie Hawthorne in Richtung des steinernen Torbogens, der auf den Campus und damit zum Rest der Universität führt.
»Ob er auf dem Ball tanzen wird? Was meinst du?«, fragt Jo.
Ich schnaube und schüttele den Kopf.
Der Blutmondball in Dunagle Castle in der Nähe des Unistädtchens St. Bellbook ist das wichtigste Ereignis für sämtliche Hives im Vereinigten Königreich. Wahrscheinlich bekommt Hawthorne allein für seine Verspätung von seiner Vampirkönigin einen gigantischen Anschiss. Ein Gedanke, der mir sehr gefällt.
»Der hat zu viele Stöcke zu tief in seinem Arsch stecken, um zu tanzen«, brumme ich und richte mich langsam aus meiner hockenden Position auf.
Mir völlig egal, was Hawthorne und seine Blutsaugerkumpane bei ihrer Blutmondparty veranstalten. Der springende Punkt ist, während sie ihre albernen Menuette tanzen, sich mit Blut in Kristallgläsern zuprosten und artig ihren Hofknicks zu Ehren ihres jeweiligen Vampirmonarchen vollführen, sind sie nicht im Noir.
Und genau da muss ich hin. Hinab ins Noir – das Labyrinth, das sich unter unseren Füßen erstreckt wie ein weit verzweigtes Spinnennetz. Eine geheime Welt unter der Universität mit ihren eigenen Regeln; eine Welt, die streng verboten ist für Menschen.
»Falls er zurückkommt, oder sonst jemand, kontaktiere mich umgehend«, zische ich und hole zur Erinnerung ein leeres kleines Pergament aus meiner anderen Jackentasche.
Jo hält stirnrunzelnd ein ebenso leeres Stückchen Pergament hoch, das sie aus der Tasche ihres Kaschmirmantels hervorgezogen hat.
Kein Zweifel, als Tochter eines schwerreichen Industriellen hat Jo im Gegensatz zu mir kein Stipendium gebraucht, um an der Darkthorn University, Schottlands angesehenster magischen Hochschule, angenommen zu werden. Allerdings sind menschliche Studentinnen wie sie und ich bis vor ein paar Jahren überhaupt nicht zugelassen worden, daher nehme ich ihr ihren Reichtum nicht übel.
»Wie funktioniert das noch mal?«, fragt sie skeptisch und wedelt mit dem Pergament.
Ich seufze. »Wenn Hawthorne zurückkommt oder irgendjemand die Bibliothek betritt, schreibst du in großen Buchstaben MAYDAY auf das Pergament«, sage ich. »Dann weiß ich, dass ich abhauen muss.«
»Und das taucht dann wirklich auf deinem Pergament auf?«, fragt Jo.
»Ja, das taucht da wirklich auf. Das ist ein total simpler Runenzauber«, erkläre ich ungeduldig.
Das müsste Jo eigentlich wissen, schließlich sitzen wir beide im selben Hexologie-Seminar und das kam im ersten Semester Runenkunde dran. Genau genommen handelt es sich bei diesem Pergament um die allerniedrigste Form der Magie, die nicht einmal einen gleichwertigen Austausch erfordert. Das bedeutet, selbst Nichtmagische wie Jo und ich können diesen Zauber problemlos verwenden. Der einzige Knackpunkt ist das Pergament, das heutzutage kaum zu bekommen ist. Es war pures Glück, dass der Magieshop südlich der Witchywood Alley, in der zwielichtigen Ecke von St. Bellbook, wo ich mich für diese Mission ausgerüstet habe, noch zwei Exemplare vorrätig hatte.
»Okay«, murmelt Jo.
Ich nicke einmal knapp, stecke das Pergament ein und setze mich in Bewegung.
»Überleg’s dir lieber noch mal«, zischt mir Jo hinterher, doch ich ignoriere sie und überquere hastig den Platz vor der Bibliothek.
Dabei beglückwünsche ich mich selbst, dass ich meine übliche Garderobe heute Abend durch bequeme Hosen und Schuhe ausgetauscht habe. Ein kurzer Rock oder eines meiner geliebten Kleider wäre bei dieser Aktion absolut fehl am Platz.
Dabei trage ich gerne Kleider. Auch wenn es gewisse Leute zu stören scheint, dass...




