Jünger / Pschera | Geheime Feste | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 280 Seiten

Jünger / Pschera Geheime Feste

Naturbetrachtungen
Die Auflage entspricht der aktuellen Auflage der Print-Ausgabe zum Zeitpunkt des E-Book-Kaufes.
ISBN: 978-3-608-11633-5
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Naturbetrachtungen

E-Book, Deutsch, 280 Seiten

ISBN: 978-3-608-11633-5
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Am meisten beeindruckten mich seine präzisen Schilderungen der Natur. Mit wenigen Blicken konnte er Bilder oder Geschehnisse erfassen und das Geschaute mit einzigartiger Sprachgewalt schildern.« Josef Reichholf Im Leben Ernst Jüngers gab es keinen Tag, den der Autor nicht der Betrachtung der Natur und ihrer Phänomene widmete - er studierte das Wetter, die Pflanzen, die Tiere, die Gesteinsformationen, den Mikrokosmos. Ob auf den Fluren des heimischen Wilflingen, auf einer seiner ausgedehnten Exkursionen in die Macchia des Mittelmeers, in die undurchdringlichen Regenwälder der Tropen oder in die kargen Stein- und Gletschergefilde des hohen Nordens: Jüngers Auge erfasste Naturereignisse mit großer Präzision und beschrieb sie mit hypnotischer Anschaulichkeit.   Diese Anthologie, die die schönsten Stücke aus dem Gesamtwerk in thematischer Ordnung präsentiert, lädt ein zu einer Weltreise an der Seite Ernst Jüngers. Seine Texte sind eine Schule der Kontemplation. Sie öffnen unsere Augen und lehren uns etwas, was im digitalen Zeitalter zunehmend verloren zu gehen scheint - vor der Natur zu verweilen, wahrhaft zu sehen und zu träumen.

Ernst Jünger, am 29. März 1895 in Heidelberg geboren. 1901-1912 Schüler in Hannover, Schwarzenberg, Braunschweig u. a. 1913 Flucht in die Fremdenlegion, nach sechs Wochen auf Intervention des Vaters entlassen 1914-1918 Kriegsfreiwilliger 1918 Verleihung des Ordens »Pour le Mérite«. 1919-1923 Dienst in der Reichswehr. Veröffentlichung seines Erstlings »In Stahlgewittern«. Studium in Leipzig, 1927 Übersiedlung nach Berlin. Mitarbeit an politischen und literarischen Zeitschriften. 1936-1938 Reisen nach Brasilien und Marokko. »Afrikanische Spiele« und »Das Abenteuerliche Herz«. Übersiedlung nach Überlingen. 1939-1941 im Stab des Militärbefehlshabers Frankreich. 1944 Rückkehr Jüngers aus Paris nach Kirchhorst. 1946-1947 »Der Friede«. 1950 Übersiedlung nach Wilflingen. 1965 Abschluß der zehnbändigen »Werke«. 1966-1981 Reisen. Schiller-Gedächtnispreis. 1982 Goethe-Preis der Stadt Frankfurt/Main.1988 Mit Bundeskanzler Kohl bei den Feierlichkeiten des 25. Jahrestags des Deutsch-Französischen Vertrags. 1993 Mitterrand und Kohl in Wilflingen. 1998 Ernst Jünger stirbt in Riedlingen.
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Ernst Jünger gilt gemeinhin als »Kriegsschriftsteller«. Doch sein Lebenselement war nicht der Krieg, sondern die Natur. Die beiden Kriege, an denen er teilnahm, waren Ereignisse, denen er nicht ausweichen konnte, die Natur hingegen war ein Raum, den er von früher Jugend an sehnsüchtig aufsuchte. Es gibt kaum eine Seite in Jüngers Werk, in der nicht von Pflanzen, Tieren, Steinen, Fossilien und Landschaften die Rede ist. So war Jüngers Leben ein kontinuierlicher Dialog mit der Schöpfung. Sein Werk ist in großen Teilen ein Niederschlag dieses Zwiegesprächs. Das macht Jünger zu einem der wichtigsten modernen deutschsprachigen Vertreter dessen, was heute als »nature writing« bezeichnet wird. Darüber hinaus übertreibt man nicht, wenn man in Jünger – und auch in seinem Bruder Friedrich Georg – einen Vorreiter ökologischen Denkens sieht. Sehr früh haben beide vor dem Artenrückgang, den negativen Auswirkungen der Technisierung und Globalisierung und vor dem schwindenden Bewusstsein des Menschen für den Wert der Natur gewarnt. Nicht nur, aber auch deswegen ist Ernst Jünger einer der Lieblingsautoren des Grünen-Politikers Joschka Fischer.[1] So führt die Auseinandersetzung mit dem grünen Jünger ins Innere seines Werks und verdeutlicht die Vielschichtigkeit seines Schreibens und Lebens. Jünger wird auf diese Weise als ein Autor ins Spiel gebracht, der nicht nur eine literarische Tradition fortsetzte, die bis auf Goethe und Humboldt zurückgeht, sondern auch seismographisch jene Veränderungen der Umwelt und der Natur registrierte, die heute in aller Munde sind und die das Schicksal des Planeten bestimmen.

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Ernst Jüngers Schriftsteller-Bruder Friedrich Georg – im Unterschied zu Ernst, der sich der Entomologie verschrieb, ein leidenschaftlicher Ornithologe – begleitete ihn häufig bei seinen Naturerkundungen. In Grüne Zweige berichtet Friedrich Georg von den wilden Exkursionen, die die beiden im Steinhuder Meer unternahmen und die keinem Kind heute so mehr erlaubt wären. Zum einen, weil die rechtlichen Bestimmungen ein freies Schweifen durch die Natur schwierig machen, zum anderen, weil heute vielen Eltern die Haare zu Berge stünden, würden ihre Kinder tagaus, tagein nackt und mit selbst gebastelten Flößen gefährliche Gewässer befahren und dabei Schlangen ködern. Später kamen dann die ausgiebigen Fahrten mit dem »Wandervogel« dazu. Ausgedehnte Urlaube an den verschiedenen Mittelmeerküsten von Dalmatien bis in die Türkei, Aufenthalte auf zahlreichen Inseln, Expeditionen in den südamerikanischen Urwald, in den indonesischen Archipel, nach Japan und ins Innere Afrikas, aber auch in den hohen Norden bildeten den Rahmen für Jüngers »subtile Jagden«, ebendie Exkursionen, bei denen er Käfer der Paläarktis sammelte. Ergebnis dieser Reisen ist eine große Privatsammlung, die viele Forschungsimpulse gab und sogar dazu führte, dass mehrere Insekten nach Jünger benannt wurden. Die Sammlung kann heute im ersten Stock des Jünger-Hauses im oberschwäbischen Wilflingen bestaunt werden. Jünger war neugierig auf alles, was die Natur ihm darbrachte. Auf ausgedehnten Spaziergängen in der oberschwäbischen Feld- und Waldflur, die zu seinen Alltagsritualen gehörten, verhielt er sich nicht anders als im brasilianischen Dschungel. Er beobachtete mit großer Hingabe, ja Zärtlichkeit, das Verhalten der Tiere, studierte den Wechsel der Jahreszeiten und war sich sicher, jeden Tag eine neue Überraschung zu erleben. Er war ein Mensch, dem das Staunen angesichts der Vielfalt der Schöpfung und ihrer geheimen Zusammenhänge zur zweiten Natur geworden war. Jünger war ein staunend Liebender. Der Natur – und auch den Menschen, wenn man genau liest – nähert er sich mit großer Behutsamkeit. Es ist ein liebender Blick, mit dem er die Geschöpfe erfasst. Das äußert sich in leidenschaftlicher Gartenarbeit ebenso wie im sinnlichen Kontakt mit seinen vielen Haustieren: Katzen, Schildkröten, Chamäleons, Wandelnden Blättern, Gottesanbeterinnen, von denen er eine fürsorglich »Klein-Zaches« nannte. Allen gibt er Kosenamen, alle bezieht er in seinen Lebensalltag ein. Selbst die Ameisenkolonien im Garten, denen so mancher Gärtner mit Insektenvertilgungsmittel zu Leibe rücken würde, werden eingemeindet. Liebevoll spricht der Autor von »seinen Ameisen«. Die Liebe zum Konkreten und Lebendigen ist allenthalben zu beobachten: im Dialog mit den Vögeln vor dem winterlichen Fenster, mit dem Meisenpaar, das in seinem Briefkasten nistet, den Jünger daraufhin mit einem Zettel als Warnung für den Briefträger versieht, mit seinen Pflanzen, ja selbst mit den winzigen Staubmilben, die über den Teppich kriechen. Nichts ist unwesentlich. Alles steht miteinander in Verbindung. Jünger ist eine schöne Bestätigung für die »Biophilie«-These von Edward O. Wilson,[2] der zufolge sich der Mensch seiner Natur nach zu allem Lebendigen hingezogen fühlt.

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Jünger war ausgebildeter Entomologe. Doch seine Perspektive war nicht auf den Mikrokosmos beschränkt. Es waren nicht nur die Insekten, die Jünger interessierten. Reptilien, Fische, Säugetiere, die Flora des jeweiligen Standorts, Wetterphänomene und Gesteinsformationen – sein Blick erfasste die Mannigfaltigkeit der Natur. Selbst im Chaos des Ersten Weltkriegs setzte dieser Blick nicht aus, wenn Jünger beispielsweise mitten in der Schlacht die fossilen Aufschlüsse der Stollenwand betrachtet. Von Anfang an verband sich bei Jünger die Natur mit dem Moment des Abenteuers, das ihm als Kind in den Schriften Stanleys und anderer Expeditionsreisender eingeimpft worden war. Naturkundliches Reiseschrifttum gehörte immer zu seinen bevorzugten Lektüren. Die Wilflinger Bibliothek gibt davon Zeugnis. Der reine Abenteurer erobert die Natur, er nimmt sie in Besitz, danach lässt er sie hinter sich zurück. Das war nicht Jüngers Stil. Der abenteuerliche Impuls kam nie zum Erliegen, darin blieb er immer ein »großes Kind«, doch einmal eingetaucht in die Natur, wurde er sich schnell der Grenzen des Menschen, ja der Grenzen der Individuation bewusst. Ob in der grünen Hölle des Urwalds, in der flirrenden Hitze der Macchia Sardiniens oder Griechenlands oder in den abweisenden Gletscherwelten Islands: Stets war Jünger auf der Suche nach den Säumen, die das menschliche Leben von der Natur trennen, dem geheimen Ursprung der Schöpfung, dem Punkt, an dem das Individuum und die Natur, die es umgibt, konvergieren. Jünger war eben auch immer ein Natur-Mystiker. In diesem Zusammenhang sind auch seine Drogen-Experimente zu betrachten.

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Zudem war Jünger auch ein ernsthafter Naturwissenschaftler. Sein genauer Blick wurde durch das Studium der Zoologie in Leipzig und Neapel zu einem wissenschaftlichen Betrachten geschärft. Fundierte botanische Kenntnisse eignete sich Jünger im Selbststudium an. Er verfügte über das wissenschaftliche Kategoriensystem, um die Flora, Fauna und Geographie eines konkreten Ortes einordnen zu können. Dazu kam ein profundes Wissen über die Geschichte der Naturphilosophie. Diese intellektuelle Disziplin bildet das Gerüst, das Tragwerk, das Jüngers Naturbetrachtungen selbst dann, wenn sie naturphilosophisch werden, nicht ins Esoterische abgleiten lassen. Ernst Jüngers Verhältnis zur Natur muss also unter einem dreifachen Blickwinkel gesehen werden: In seinen Texten überlagern sich subjektive Wahrnehmung, historische Einordnung und wissenschaftliche Beschreibung der beobachteten Naturphänomene. Sein Vorbild waren die Naturbeschreibungen Goethes, deren Spuren sich in seinem Werk allenthalben finden. Dieser Einfluss verdichtet sich ganz besonders in den Passagen über Natur und Naturphänomene und lässt sich hier mitunter bis in stilistische Eigenheiten nachweisen. Das verbindende Element dieser beiden Autoren ist die Suche nach dem Ausgleich, nach einer Mitte der Existenz, die radikalen Perspektiven nicht zugänglich ist. Mit Goethe, zumal dem späten, verbindet Jünger auch die Einsicht in die Begrenztheit der menschlichen Sprache, die niemals in der Lage ist, das Gesehene so zum Ausdruck zu bringen, wie es im Bewusstsein des Betrachters ankommt. Sprache ist Annäherung, aber in dieser hat es Jünger, wie Goethe vor ihm, weit gebracht.

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Gott in der Schöpfung zu sehen – diese Idee taucht deutlich erst in den Alterstagebüchern »Siebzig verweht« auf, obwohl es Spuren christlichen Gedankenguts im gesamten Œuvre Jüngers gibt. Aber auch die antike und nordische Mythologie, in denen Jünger bewandert war, liefern ihm Deutungsmuster für das Woher und Wohin des Menschen in der Schöpfung. Letztlich ist es das erlebende Ich des Hier und Jetzt, dem Jüngers Vertrauen gilt, obwohl er metaphysische Zusammenhänge ahnt, die das Ich mit Zeit und Raum verbinden. Allerdings mischen sich im Wandel der Jahreszeiten immer wieder stark melancholische ...


Pschera, Alexander
Alexander Pschera, geboren 1964. Promotion in Germanistik, Heidelberg. Zahlreiche journalistische Arbeiten sowie Veröffentlichungen und Übersetzungen zu Léon Bloy, Charles Péguy und Ernst Jünger. Erster Vorsitzender der Ernst und Friedrich Georg Jünger-Gesellschaft e.V. und Mitherausgeber des Jahrbuchs 'Jünger-Debatte'.

Jünger, Ernst
Ernst Jünger, am 29. März 1895 in Heidelberg geboren. 1901–1912 Schüler in Hannover, Schwarzenberg, Braunschweig u. a. 1913 Flucht in die Fremdenlegion, nach sechs Wochen auf Intervention des Vaters entlassen 1914–1918 Kriegsfreiwilliger 1918 Verleihung des Ordens 'Pour le Mérite'. 1919–1923 Dienst in der Reichswehr. Veröffentlichung seines Erstlings 'In Stahlgewittern'. Studium in Leipzig, 1927 Übersiedlung nach Berlin. Mitarbeit an politischen und literarischen Zeitschriften. 1936–1938 Reisen nach Brasilien und Marokko. 'Afrikanische Spiele' und 'Das Abenteuerliche Herz'. Übersiedlung nach Überlingen. 1939–1941 im Stab des Militärbefehlshabers Frankreich. 1944 Rückkehr Jüngers aus Paris nach Kirchhorst. 1946–1947 'Der Friede'. 1950 Übersiedlung nach Wilflingen. 1965 Abschluß der zehnbändigen 'Werke'. 1966–1981 Reisen. Schiller-Gedächtnispreis. 1982 Goethe-Preis der Stadt Frankfurt/Main.1988 Mit Bundeskanzler Kohl bei den Feierlichkeiten des 25. Jahrestags des Deutsch-Französischen Vertrags. 1993 Mitterrand und Kohl in Wilflingen. 1998 Ernst Jünger stirbt in Riedlingen.

Ernst Jünger, am 29. März 1895 in Heidelberg geboren. 1901–1912 Schüler in Hannover, Schwarzenberg, Braunschweig u. a. 1913 Flucht in die Fremdenlegion, nach sechs Wochen auf Intervention des Vaters entlassen 1914–1918 Kriegsfreiwilliger 1918 Verleihung des Ordens 'Pour le Mérite'. 1919–1923 Dienst in der Reichswehr. Veröffentlichung seines Erstlings 'In Stahlgewittern'. Studium in Leipzig, 1927 Übersiedlung nach Berlin. Mitarbeit an politischen und literarischen Zeitschriften. 1936–1938 Reisen nach Brasilien und Marokko. 'Afrikanische Spiele' und 'Das Abenteuerliche Herz'. Übersiedlung nach Überlingen. 1939–1941 im Stab des Militärbefehlshabers Frankreich. 1944 Rückkehr Jüngers aus Paris nach Kirchhorst. 1946–1947 'Der Friede'. 1950 Übersiedlung nach Wilflingen. 1965 Abschluß der zehnbändigen 'Werke'. 1966–1981 Reisen. Schiller-Gedächtnispreis. 1982 Goethe-Preis der Stadt Frankfurt/Main.1988 Mit Bundeskanzler Kohl bei den Feierlichkeiten des 25. Jahrestags des Deutsch-Französischen Vertrags. 1993 Mitterrand und Kohl in Wilflingen. 1998 Ernst Jünger stirbt in Riedlingen.

Alexander Pschera, geboren 1964. Promotion in Germanistik, Heidelberg. Zahlreiche journalistische Arbeiten sowie Veröffentlichungen und Übersetzungen zu Léon Bloy, Charles Péguy und Ernst Jünger. Erster Vorsitzender der Ernst und Friedrich Georg Jünger-Gesellschaft e.V. und Mitherausgeber des Jahrbuchs 'Jünger-Debatte'.



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