E-Book, Deutsch, 400 Seiten
Reihe: The Chosen
Jenkins The Chosen: Bei mir findest du Ruhe
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-96122-601-6
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman.
E-Book, Deutsch, 400 Seiten
Reihe: The Chosen
ISBN: 978-3-96122-601-6
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
"The Chosen" hat sich in kürzester Zeit zu der Jesus-Serie schlechthin entwickelt. Das größte Crowdfunding-Projekt aller Zeiten bewegt Herzen und hat weltweit bereits über 500 Millionen Zuschauer begeistert. Auch in Band 3 der Roman-Reihe zur Serie beschreibt Bestsellerautor Jerry B. Jenkins das Leben und Wirken von Jesus in enger Anlehnung an die biblischen Berichte, gleichzeitig aber auch auf eine so lebendige Art und Weise, dass man das Gefühl hat, selbst Teil der Geschichte zu sein. Der neue Roman nimmt mitten hinein in die Geschehnisse rund um Jesus und die Menschen, die ihm nachfolgen. Hautnah erlebt man die Bergpredigt, die Speisung der Fünftausend, die Auferweckung der Tochter des Jairus und die Aussendung der Jünger. Zudem kommen etliche Gleichnisse Jesu zur Sprache.
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Kapitel 1
„NENN MICH NICHT ABBA“
Kapernaum, 24 n. Chr.
Matthäus fürchtet sich vor dem Tag, der vor ihm liegt. Als aufsteigender Stern innerhalb der römischen Behörde unter Prätor Quintus hat er seinen Wirkungsbereich erweitert. Obwohl er der jüngste Steuereintreiber in seiner Heimatstadt war, ist er jetzt für die Vollstreckung von Strafen für alle jüdischen Bürger zuständig, die ihren Tribut an Rom nicht entrichten. Er ist bekannt für seinen Geschäftssinn und seine Fähigkeit, den Menschen in seinem Bezirk noch den letzten Schekel abzuknöpfen. Matthäus hat schnell alle Tricks seines Handwerks gelernt. Um sein ohnehin großzügiges Gehalt noch weiter aufzubessern, steckt er alles ein, was er den Menschen über ihre eigentliche Steuerschuld hinaus abpressen kann. Wenn jemand es bemerkt und sich beschwert, deutet er an, dass er ihm gewisse Vergünstigungen ermöglichen kann, wenn er das Verlangte zahlt – nicht in der Form, das weniger zu zahlen wäre, aber in Form von mehr Zeit, bis die Steuer fällig wird. Er geht sorgfältig vor, um Rom zufriedenzustellen und gleichzeitig sein Einkommen auf lange Sicht beträchtlich zu steigern. Diese Praktiken haben Matthäus seine Villa im exklusivsten Viertel der Stadt eingebracht, ganz zu schweigen von den feinsten importierten Kleidern, Schuhen, Parfüms und Schmuckstücken. Die Ironie des Ganzen ist, dass er den Neid seiner Mitbürger auf sich zieht, während er sich eigentlich nach Unsichtbarkeit sehnt. Er weiß, dass ihm die Feinheiten von Sarkasmus und bissigem Humor entgehen, aber er versteht die Verachtung, die ihm überall entgegenschlägt, wo er erkannt wird – sie äußert sich in Flüchen und Spucken. Matthäus kann sich nicht erinnern, wann ihm das letzte Mal ein Lächeln geschenkt wurde. Er lebt für die flüchtige Bewunderung, die ihm von den Römern entgegengebracht wird, die den Kopf schütteln über die Summen, die er seinen eigenen Leuten entlocken kann. Meine eigenen Leute, denkt er. Er hat keine jüdischen Freunde, abgesehen von dem einen oder anderen aus dem Kreis der Steuereintreiber. Alle anderen betrachten ihn eindeutig als den ultimativen Verräter, Blutsauger, Überläufer. Nicht genug, dass sie unter der eisernen Faust Roms leiden. Nein, diese Faust wird von dem merkwürdigen, milchgesichtigen Sohn von Alphäus und Elisheba geführt – Juden, die so gläubig sind, dass sie Matthäus jahrelang Levi nannten, weil sie überzeugt waren, dass er eines Tages dem einen wahren Gott als Priester seines Volkes dienen würde. Doch von dieser irrigen Annahme befreite der Junge sie sehr bald. Matthäus war klug, aber auch sehr eigenartig. Er wurde in der Schule von den gleichaltrigen Jungen beschimpft und gehänselt. Er war schmächtiger als die meisten und hatte einen stockenden, unbeholfenen Gang. Er sah nur zu, wie sich die anderen prügelten, denn er achtete sehr darauf, seine Tunika nicht schmutzig zu machen. Und er hielt sich von allen fern, die sich über seine Eigenheiten lustig machten. Er verstand seine Besessenheit von Präzision und Ordnung selbst nicht. Seine Schriftrollen, Papiere, Schreibgeräte und dergleichen mussten auf eine ganz bestimmte Art vor ihm auf dem Tisch angeordnet sein. Seine Begabung für Zahlen und Berechnungen machte Matthäus noch mehr zu einem Sonderling. Und während seine Mitschüler mühsam die Thora auswendig lernten, wurde er mit älteren Schülern in den Mathematikunterricht geschickt. Er nahm an, dass die anderen ihn beneideten, auch wenn sie es nicht zugaben und auch wenn sie ihn nicht akzeptierten. Nun, er würde es ihnen zeigen und sie alle in den Schatten stellen. Und als seine Begabung dafür, die Verachtung seiner Landsleute auf sich zu ziehen, ihn auch in seiner steilen Karriere als Steuereintreiber nicht verließ, sagte er sich, dass er Reichtum und Status jederzeit ihrer Akzeptanz vorziehen würde. Selbst seine am Boden zerstörten Eltern mussten doch seine einzigartigen Leistungen anerkennen, nicht wahr? Heute, während er seine komplizierte Morgenroutine absolviert, geht ihm mehr durch den Kopf als nur die Frage, wie er die Blicke und Flüche seiner jüdischen Mitbürger vermeiden kann. Bei der Auswahl seiner Kleidung, seines Schmucks und seines Parfums muss er jedes Stück anfassen, bevor er sich dann doch wieder für das entscheidet, was er jeden Tag anzieht. Und die ganze Zeit spielt er im Kopf durch, wie er seine bisher heikelste Aufgabe bewältigen wird. Heute ist der Tag, an dem er sein Steuerhäuschen geschlossen lässt und diejenigen zu Hause aufsucht, die mit ihren Zahlungen im Rückstand sind. Mit dabei hat er den Zenturio Lucius, einen der bedrohlichsten Schergen seiner eigenen Garde. Lucius’ bloße Anwesenheit schüchtert die meisten schon so ein, dass sie sofort zahlen. Selbst die, die Matthäus normalerweise dafür anprangern würden, dass er den Römern als Kettenhund dient, halten in der Regel den Mund, wenn sie Lucius sehen. Der Tag der Abrechnung ist zwar immer unangenehm und anstrengend, aber auch lukrativ. Doch am heutigen Tag ist für Matthäus nichts Verlockendes in Aussicht, denn er hat seinen schwierigsten Fall zuerst angesetzt. Er hat Lucius die Aufgabe zugewiesen, den Steuerschuldner herauszurufen und die Forderung zu stellen. Matthäus wird in Hörweite, aber außer Sichtweite bleiben. „Ich regle das“, sagt Lucius zu Matthäus. „Ich liebe Arbeit dieser Art.“ „Sieh einfach zu, dass er bezahlt – heute noch.“ „Oh, er wird bezahlen, so oder so.“ Matthäus zeigt dem Soldaten den Namen auf seiner Schreibtafel und deutet auf das Haus. Lucius schreitet in seinem roten Umhang zur Tür; mit seinem klirrenden Metall-Brustpanzer und dem knarrenden Leder zieht er die Blicke der anderen auf der Straße auf sich. Er stellt sich breitbeinig hin und klopft viermal laut. „Ich komme!“ Als die Tür aufschwingt, löst sich der neugierige Blick des Bewohners in Erschrecken auf. Bevor der Mann etwas sagen kann, brüllt Lucius: „Alphäus bar Joram?“ „Ja …“, antwortet der Mann in zögerlichem Ton. „Du hast die Frist für die Zahlung des Quartalsbeitrags um zwanzig Tage überschritten. Dein Eintreiber hat deinen Fall an die römische Behörde weitergeleitet. Bist du in der Lage, die Strafe jetzt zu bezahlen?“ Alphäus ist aschfahl geworden. „Ich habe eine Fristverlängerung beantragt …“ „Das verstehe ich als ein Nein. Auf Anordnung von Quintus, dem ehrenwerten Prätor von Kapernaum, muss ich dich in Gewahrsam nehmen.“ Matthäus wird blass. Er hatte nicht erwartet, dass Lucius so schnell zu solchen Mitteln übergehen würde. Sicherlich wird Alphäus schnell einen Weg finden zu bezahlen. „Es tut mir sehr leid“, sagt Alphäus. „Ich habe nicht gewusst …“ Lucius nimmt einen Lederriemen von seinem Gürtel ab. „Dreh dich um!“ Das reicht, beschließt Matthäus. „Herr“, jammert Alphäus, „ich wusste das nicht. Darf ich um eine Verlängerung von nur fünf Tagen bitten?“ Jetzt hofft Matthäus inständig, dass Lucius der Bitte nachkommt. Fünf Tage sind nichts. Es ist ja nicht so, dass der Mann ein Verbrecher ist. Aber Lucius packt Alphäus am Arm. Und von drinnen kommt der klagende Ruf einer Frau. „Alphäus, wer ist da?“ Oh, nein!, denkt Matthäus. Die Sache gerät außer Kontrolle. „Es ist alles gut, Elisheba!“, ruft Alphäus, der deutlich zuversichtlicher klingt, als er aussieht. An Lucius gewandt, flüstert er: „Bitte, ich flehe dich an …“ Lucius reißt Alphäus zurück und stößt ihn gegen den Türrahmen. „Adonai im Himmel!“, schreit Alphäus. „Der ist nicht hier“, bellt Lucius und beginnt, Alphäus die Hände auf dem Rücken zu fesseln. Das ist mehr, als Matthäus ertragen kann. Rasch kommt er näher. „Ich werde das klären, Lucius. Es liegt ein Irrtum vor.“ Lucius schaut schockiert. „Was meinst du? Du hast mir gesagt …“ „Ich bin mir dessen bewusst, aber es ist deutlich geworden, dass die Abgabetermine falsch berechnet wurden. Ich werde das aufklären. Danke dir.“ „Du hast dich verrechnet? Das ist noch nie passiert!“ „Mir lagen falsche Informationen vor, aber das wird jetzt korrigiert. Ich werde mich darum kümmern. Am besten gehst du schon zum nächsten Haus, und wir treffen uns in einer Stunde am Steuerhäuschen.“ Lucius blickt Alphäus an, schüttelt den Kopf und stapft davon. Alphäus starrt Matthäus mit zusammengekniffenen Augen an. „Bist du jetzt mein …“ „Es ist nicht ratsam, das jetzt zu besprechen, Abba. Wir haben nicht viel Zeit.“ „Erst die Schande deiner Berufswahl und jetzt bist du tatsächlich mein Steuereintreiber?“ „Matthäus?“, ruft Elisheba von der Tür aus. „Was machst du denn hier?“ „Dein Sohn ist unser Steuereintreiber!“, sagt Alphäus verächtlich. „Matthäus, nein“, sagt sie und schlägt entsetzt die Hand vor den Mund. „Er hat einen Soldaten in unser Haus geschickt!“, fügt Alphäus hinzu. „Es tut mir leid“, sagt Matthäus schnell. „Ich wollte nicht, dass du es weißt. Ich habe mir diesen Bezirk nicht ausgesucht.“ „Du hast dir diese Arbeit ausgesucht!“, schreit Alphäus. „Die Römer haben dich nicht dazu gezwungen. Du hast dich dazu entschieden. Du hast dich entschieden, dein Volk zu verraten …“ „Im Gegensatz zu dir, Abba, habe ich mich für eine sichere...