E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
Jarrett DIE LADY IN WEISS
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95446-771-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-95446-771-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Sie müssen mir helfen, Sir!', flüstert Caroline, Countess of Byfield. Doch statt ihr zu versprechen, nach ihrem entführten Mann zu suchen, macht Kapitän Jeremiah Sparhawk etwas anderes: Voller Leidenschaft zieht er Caroline an sich. Als trüge sie kein Ballkleid, sondern das weiße Kleid einer Braut - seiner Braut ...
Hinter dem Pseudonym Miranda Jarrett verbirgt sich die Autorin Susan Holloway Scott. Ihr erstes Buch als Miranda Jarret war ein historischer Liebesroman, der in der Zeit der amerikanischen Revolution angesiedelt war und 1992 unter dem Titel "Steal the Stars" veröffentlicht wurde. Seither hat Miranda Jarrett mehr als dreißig Liebesroman-Bestseller geschrieben, die in 11 Sprachen übersetzt wurden.
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PROLOG
Portsmouth, England
Mai 1787
Mit aufsteigender Panik blickte sich Caroline Harris im Spiegel an, als das Dienstmädchen ihrer Mutter die Schärpe um ihre Taille festzog. Gleich musste sie zu den Gentlemen in den Salon hinaus, und dann war es zu spät.
Warum, warum nur hatten sie niemals genügend Geld?
„Ich kann das nicht tun, Mama“, flüsterte sie heiser. „Ich weiß, du meinst, wir hätten keine andere Wahl, aber ich kann es nicht. Ich kann es nicht.“
„Du kannst es, und du wirst es auch tun“, entgegnete ihre Mutter in dem gereizten Ton, den Caroline in den vergangenen zwei Wochen nur allzu gut kennengelernt hatte. „Du bist das Einzige, was mir noch geblieben ist, Mädchen, und ich möchte nicht als Bettlerin enden.“
Caroline nickte stumm. Wenn sie jetzt weinte, bekäme sie eine Ohrfeige. Diese Lektion hatte sie schnell gelernt. Und kein Gentleman würde sie haben wollen mit geröteten und tränenverquollenen Augen.
Aber welcher Gentleman würde sie überhaupt haben wollen, angezogen und herausgeputzt, wie sie war? Ihr geblümtes Seidenkleid war aus einem alten Kleid ihrer Mutter angefertigt worden. Es war so tief ausgeschnitten, dass ihre kleinen Brüste beinahe zur Gänze sichtbar waren; das zarte Rosa ihrer Brustwarzen schimmerte schamlos durch das gazeartige Fichu hindurch. Ihr Korsett war so fest geschnürt, dass sie kaum atmen konnte, und ihre Füße waren schmerzvoll in enge hochhackige Schuhe gezwängt, die ihr einen verführerisch wiegenden Gang verleihen sollten.
Ihr Haar, normalerweise so glatt und weich wie Seide, war mit Zuckerwasser zu steifen, modischen Locken geformt worden, die sie nicht berühren durfte. Die Juwelen, die auf ihrer blassen Haut funkelten, waren so offensichtlich falsch wie ihre ganze übrige Erscheinung, und wenn sie ihr Gesicht betrachtete, das man mit hellem Puder und Rouge auf ihren Wangen in eine Maske verwandelt hatte, hätte sie am liebsten wieder geweint. Sie sah aus wie eine billige Puppe aus Wachs. Niemals würde irgendjemand so Gefallen an ihr finden.
Und nicht einmal ihre eigene Mutter hatte daran gedacht, dass heute ihr vierzehnter Geburtstag war …
Miriam Harris packte ihre Tochter besitzergreifend am Arm, als sie ebenfalls in den Spiegel blickte. Die Ähnlichkeit der beiden zeigte sich in den hohen Wangenknochen und den weit auseinanderstehenden Augen. Aber das war auch alles. Die Schwindsucht, die bald schon Miriams Leben fordern würde, hatte ihr Gesicht unter dem gefärbten schwarzen Haar schmal und hager werden lassen, ihren Körper gebeugt und verbraucht. Und das ausschweifende Leben, das sie führte, hatte schon vor langer Zeit den unschuldigen Zauber und den Charme zerstört, der vom Antlitz ihrer Tochter ausging.
„Du bist viel zu mager, Caroline“, erklärte sie keuchend und hustete in das spitzenbesetzte Taschentuch, das sie immer bei sich trug. Schnell stopfte sie es in ihre Handtasche, aber Caroline hatte dennoch das leuchtend rote Blut auf dem weißen Stoff erkennen können. „Schau dich nur an, du bist einen halben Kopf größer als ich! Wenn dies das Ergebnis deines Lebens auf dem Lande ist, hätte ich mir all die Jahre das Geld für deine Erziehung dort sparen können!“
Heimweh überkam Caroline wie ein stechender Schmerz. Sie dachte zurück an Hampshire, an das Haus mit dem Strohdach, in dem sie bis letzten Monat noch gewohnt hatte, an die rotbackige Mrs Thompson, die sie wie eines ihrer eigenen Kinder umsorgt hatte, an Sonnenlicht und frische Milch, Äpfel und weite Felder und an die Kätzchen in der Scheune, mit denen man spielen konnte. Und sie erinnerte sich auch an die wunderbaren Träume, in denen sie sich immer wieder ihre Eltern vorgestellt hatte: ihren Vater als gut aussehenden Offizier in einer prächtigen Uniform, der bei der Verteidigung des Vaterlandes tragischerweise getötet worden war, noch bevor er ihre Mutter hatte heiraten können – ihre Mutter, die vornehme und wunderschöne Dame in London, die jeden Monat Geld für ihren Unterhalt schickte und, sobald es ihr die Umstände erlaubten, selbst kommen würde, um ihre Tochter abzuholen.
Es war ein wunderbarer Traum gewesen, der Caroline jede Nacht in den Schlaf begleitet hatte, aber meilenweit von der Realität entfernt war. Zwar hatte Miriam ihre Tochter tatsächlich abgeholt, doch erwartete Caroline keineswegs das behagliche und vornehme Familienleben, das sie sich immer vorgestellt hatte. Nein, keine Spur davon. Stattdessen lebte sie mit ihrer Mutter in schäbigen Unterkünften, aus denen alles Wertvolle entfernt worden war, um es gegen Lebensmittel und Medizin einzutauschen. Und schon wieder fühlte Caroline die zurückgehaltenen Tränen in ihren Augen brennen.
„Nicht weinen, Tochter“, mahnte ihre Mutter und senkte die Stimme, sodass die anderen Frauen um sie herum, die meisten von ihnen ebenso offenherzig gekleidet, sie nicht hören konnten. „Wenn Sir Harry dich ansieht, dann um seine Sorgen zu vergessen, und nicht, um sich auch noch mit deinen zu belasten.“
In einem letzten, verzweifelten Aufbegehren schüttelte Caroline den Kopf. „Wir müssen nicht so leben, Mama. Ich könnte nähen oder bei einer Hutmacherin arbeiten. Es muss doch eine andere Möglichkeit geben als das hier!“
„Was, und das einzige Geschenk, das Gott uns beiden gab, sollen wir einfach so verschwenden?“ Das Lachen ihrer Mutter war kurz und bitter. „Dein Gesicht ist dein Kapital, Mädchen, und damit wirst du in einer Woche mehr verdienen als jede kleine schmutzige Näherin in zwanzig Jahren.“
„Aber, Mama …“
„Widersprich mir nicht, du dummes Ding!“, zischte ihre Mutter. Ihre dünnen Finger gruben sich in Carolines Arm, als sie sie hinausführte. „Du bist alles, was ich habe, und mehr interessiert mich nicht. Ich möchte, dass du es zu etwas bringst, solange ich mich noch dafür einsetzen kann. Falls du Sir Harry Wrightsman heute Nacht gefällst, wird er dich zuvorkommender behandeln, als du es dir überhaupt erträumen kannst, und vermutlich besser, als du es verdient hast.“
Am Durchgang zum Salon hielt Caroline erschrocken inne. Vor ihnen erstreckte sich ein unglaublich großer Raum mit Gold schimmernden Wänden, mit Spiegeln und Hunderten von Kerzen. Die schönen Frauen und die Männer, die in Grüppchen beieinanderstanden, verunsicherten sie. Ihre Gesten waren so ungezwungen und ihre Gespräche und ihr Lachen so laut, dass sie beinahe die Musik aus dem Alkoven übertönten. Ganz egal, was ihre Mutter sagte, Caroline wusste, dass sie nicht hierher gehörte.
„Oh, Mama“, flüsterte sie, und ihr Gesicht wurde ganz bleich unter dem Rouge. „Ich flehe dich an, bitte, können wir nicht gehen, bitte, bitte?“
„Pst, blamier mich nicht!“, entgegnete ihre Mutter scharf und zog Caroline weiter. Sie hatte bereits das besondere Lächeln aufgesetzt, das nur für die Öffentlichkeit bestimmt war, und sah an ihrer Tochter vorbei, um die Menschenmenge zu begutachten. „Es ist zu spät. Die Würfel sind gefallen. Du musst dich jetzt auf deine Schönheit und deine Jugend verlassen, Caroline, und hoffen, dass sich Sir Harry damit zufriedengibt.“
Obwohl sie den Kopf gesenkt hielt, spürte Caroline die neugierigen und aufdringlichen Blicke der anderen auf sich ruhen. Hätte ihre Mutter sie nicht so erbarmungslos am Arm festgehalten, sie hätte sich umgedreht und wäre davongelaufen. Aber nun gab es kein Entkommen mehr. Sie war jung, jedoch nicht einfältig. In dem Augenblick, in dem sie diesen Salon betreten hatte, waren ihre Unschuld und ihr guter Name unwiederbringlich verloren. Wie ihre Mutter bereits gesagt hatte, waren die Würfel schon gefallen. Ihr stand die schlimmste Nacht ihres Lebens bevor.
An ihrer Seite begrüßte Miriam fröhlich und voller Zuneigung ihre Bekannten. Ihre Stimme war weitaus freundlicher als jemals zuvor, wenn sie zu ihrer Tochter gesprochen hatte.
Oh, Mama, wenn du diese Herzlichkeit nur einmal mir gezeigt hättest …
„Das ist also dein kleines Mädchen?“, hörte sie einen Mann voll gespannter Ungeduld sagen. Carolines Herz blieb beinahe stehen. „Alle Achtung, Miriam, sie ist ein hübsches Ding, viel bezaubernder, als du behauptet hast! Komm schon, Kleine, sei nicht so schüchtern. Lass dich mal richtig ansehen.“
Er fasste Caroline grob am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Er war alt, viel älter, als sie erwartet hatte. Seine Augen verschwanden fast unter den Fettpolstern in seinem fleischigen Gesicht, und wenn er lächelte, schimmerten die wenigen Zähne, die er noch hatte, gelblich vom Tabak. Sein Atem ließ Caroline fast ohnmächtig werden. Aus seiner altmodischen Perücke rieselte Puder auf seine gebeugten Schultern, und obwohl seine Garderobe sichtlich teuer war, konnte sie nicht die Körperfülle verbergen, über die sich seine Weste spannte. Dies war der Mann, an den man sie verkauft hatte. Dies war der Mann, mit dem sie das Bett teilen sollte, der Mann, dem sie sich hingeben musste.
Sie konnte es nicht tun, nicht mit ihm. Sie konnte es nicht tun. Leise seufzend riss sie sich los und trat einen Schritt zurück.
Sir Harry wirkte verärgert, genau wie ihre Mutter. „Die Scheu und die Furcht eines unerfahrenen Mädchens, mein Herr, das ist alles“, sagte Miriam schnell und legte die Hände auf die Schultern ihrer Tochter. Eine Demonstration mütterlicher Sorge, die darüber hinaus Caroline davon abhielt, sich noch weiter zu entfernen. „Ich sagte Ihnen ja, dass sie erst seit zwei Wochen in der Stadt ist.“
„Seit zwei Wochen erst?“ Sein gieriger, lüsterner Blick verursachte Caroline Übelkeit. „Dann schwörst du also,...




