E-Book, Deutsch, 320 Seiten
Janz Nordseefunkeln
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7499-0833-2
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein St.-Peter-Ording-Roman | Eine romantische Wohlfühlgeschichte | Der neue Sommerroman von der SPIEGEL-Bestsellerautorin
E-Book, Deutsch, 320 Seiten
ISBN: 978-3-7499-0833-2
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Lesen, genießen, abschalten - dieser Roman ist ein Kurzurlaub für die Seele
Die Berliner Journalistin Lucia braucht eine Auszeit. Über ein Wohnungstauschportal lernt sie Felke Truels aus St. Peter-Ording kennen und tauscht mit ihr das Zuhause. Sie erhofft sich, in dem Küstenort ein nordfriesisches Paradies der Ruhe und Erholung zu finden. Dass sie es hier aber nicht nur den Macken von Oma Truels, sondern auch mit dem attraktiven Nachbarn Wilko und seinen zwei abenteuerlustigen Rotbunten Husumer Schweinen zu tun bekommt, hat Lucia nicht im Traum erwartet. Und trotzdem weiß sie nach vier turbulenten Wochen an der Küste, dass sie genau hier bleiben will. Denn nirgends kann es schöner sein als am nordfriesischen Sandstrand, wo der Meerwind braust und die Nordsee funkelt.
Tanja Janz wollte schon als Kind Bücher schreiben und malte ihre ersten Geschichten auf ein Blatt Papier. Heute ist sie Schriftstellerin und lebt mit ihrer Familie und zwei Katzen im Ruhrgebiet. Neben der Schreiberei und der Liebe zum heimischen Fußballverein schwärmt sie für St. Peter-Ording, den einzigartigen Ort an der Nordseeküste.
Autoren/Hrsg.
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Prolog
Die Sonne stand bereits tief am Himmel und tauchte den weiten Strand von St. Peter-Ording in ein warmes, goldenes Licht. Möwen schaukelten auf seichten Nordseewellen, wie kleine Papierschiffchen wirkten sie von Weitem, während zwei Stand-up-Paddler mit roten Schwimmwesten auf ihren Boards sanft über die Meeresoberfläche glitten.
Felke überblickte die Szenerie von der Veranda des Pfahlbaus der DLRG, das Fernglas fest in ihren Händen. Den rechten Fuß bequem auf einer Holzlatte des Geländers, stand sie mit dem anderen fest auf dem Boden. Der Wind spielte mit ihren blonden Haaren, strich über ihre gebräunte Haut und trug den Duft von Meer und Sommer zu ihr.
Vor ihren Augen erstreckte sich der scheinbar endlose Ordinger Strand. Die Sandbank war hier so breit und weit, dass fast der Eindruck entstand, man befände sich in der Wüste. Fröhliches Lachen und Rufen der Badegäste schallte Felke immer wieder entgegen, untermalt von der rauschenden Brandung der Wellen, die an den Hitzsand rollten. Felke blinzelte gegen die Helligkeit des Sonnenlichts und ließ den Blick weiter über bunte Strandkörbe und spielende Kinder gleiten. Ein etwa neunjähriger Junge mit leuchtend weizenblondem Schopf baute mit vollem Eifer eine Sandburg. Mit einer großen Schaufel türmte er ohne Unterlass Sand auf einen Haufen, der bereits eine beachtliche Höhe angenommen hatte, während ein ungefähr gleichaltriges Mädchen mit langen braunen Zöpfen und einem bunten Ball in Händen zwischen den zahlreichen bunten Strandmuscheln umherrannte. Felke lächelte.
Es war ein herrlich idyllischer Strandtag, der ihr Herz weit öffnete und sie mit einem unvergleichlichen Wohlgefühl erfüllte. Dieses Gefühl hatte sie erst vor Kurzem wiedergefunden. Und auch heute weckte dieser Ort noch andere Erinnerungen in ihr. Erinnerungen an jenen anfangs ebenso herrlichen Badetag, dessen weiteren Verlauf sie lange in dunkle Schatten gedrängt hatte.
Vor noch gar nicht allzu langer Zeit war dieser Strand für sie ein anderer gewesen. Ein Ort, der sie mit Schrecken erfüllt und für eine unermesslich schmerzhafte Erfahrung und unerträgliche Trauer gestanden hatte.
Der Sommer, der alles in ihrem Leben verändert hatte, kam ihr schlagartig wieder in den Sinn. Niemand hatte damals das entsetzliche Unglück voraussagen können. Die Erinnerung daran, wie sie die kleine Paula aus den Wellen gezogen hatte, leblos und mit blauen Lippen, beschwerten ihr trotz der sommerlichen Temperaturen auch heute noch eine Gänsehaut. Ihre verzweifelten Versuche, das Mädchen am Strand wiederzubeleben, das Gefühl von völliger Hilflosigkeit, das sie überkommen hatte, nachdem die Reanimation gescheitert war. Die herzzerreißenden Schreie der Eltern, die wenig später am Strand eingetroffen waren und nicht hatten glauben können, dass ihr Kind nicht mehr lebte, hatten sich für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt.
Seitdem hatten sie sie verfolgt, wie Schatten, die sie nicht mehr losließen. Aus Tagen waren Monate geworden und schließlich Jahre. Für Felke war jeder einzelne Moment ein Kampf geworden. Panikattacken hatten sie in die Enge ihrer eigenen vier Wände getrieben und letztendlich eingeschlossen. Die Welt vor ihren Fensterscheiben schien damals für sie in unerreichbarer Ferne zu liegen. Agoraphobie mit Panikstörung hatte die Diagnose gelautet, die sie schließlich erhalten hatte. Damit hatte ihr Zustand zwar einen Namen bekommen, jedoch war eine Besserung lange Zeit nicht in Sicht gewesen.
Tiefe Dankbarkeit durchströmte sie, als sie an die unermüdliche Unterstützung ihrer Eltern, ihrer Oma Ilsegret und ihres Bruders Ayk zurückdachte, die in jener schweren Zeit zu jeder Tages- und Nachtzeit für sie da gewesen waren und ohne die sie wahrscheinlich irgendwann aufgegeben hätte. Und jetzt, nach Jahren des Kämpfens und einer erfolgreichen Therapie, war sie endlich genesen, war sie endlich wieder hier. Zurück an dem Ort, den sie, seit sie denken konnte, so sehr liebte und der sie sich lebendig fühlen ließ. Auch wenn sie hier nicht mehr genauso unbeschwert und glücklich sein konnte wie vor dem Unglück, blieb es doch der besondere Ort, an dem sie sie selbst sein konnte.
Felke atmete geräuschvoll ein und wieder aus. Dabei spürte sie ein leichtes Kitzeln in den Lungen, das die frische Meeresbrise verursachte. Das Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit, das sie so lange vermisst hatte, es war endlich wieder da. Sie war wieder da!
Als Rettungsschwimmerin war sie wieder bereit, Leben zu retten und zu schützen, und wenn es sein musste, dabei auch ihr eigenes zu riskieren. Sie hatte keine Angst vor dem eigenen Tod, umso mehr fürchtete sie den von anderen. Felke hatte akzeptieren gelernt, dass Paulas Tod ein schreckliches Unglück gewesen war, an dem sie keine Schuld traf. Es hatte lange gedauert, bis sie sich von ihren Schuldgefühlen befreit hatte und endlich an den Ordinger Strand hatte zurückkehren können. Aber ihre Arbeit bei der DLRG war für sie viel mehr als bloß ein Arbeitsplatz. Es war ihre Berufung und ihr Zuhause, ihre Heimat und auch ein Ort der Heilung.
Konzentriert blickte sie durch ihr Fernglas auf das Meer hinaus. Ein paar bunte Surfsegel kreuzten ihr Blickfeld, und dahinter zog ein Kutter Richtung Büsum. Sie drehte ihren Kopf nach links, schon tauchten in der Ferne die Pfahlbauten und einige Hotelkomplexe des Ortsteils Bad vor ihr auf. Die Seebrücke führte über die mit Prielen durchzogenen Salzwiesen und mündete auf dem weiten Strand. Im Gegensatz zum quirligen Zentrum des Küstenortes ging es in Ording beschaulicher zu.
Felke war so in Gedanken versunken, dass sie die Schritte auf der Treppe hinter sich nicht wahrnahm. Erst als die Stimme ihres Kollegen Krischan sie zusammenzucken ließ, senkte sie das Fernglas.
»Moin!« Er lehnte sich lässig neben sie ans Geländer. Ein gestreiftes Handtuch lag über seiner rechten Schulter, die Sonnenbrille hatte er sich ins Haar geschoben.
»Moin!« Sie nahm den Fuß von der Holzlatte.
»Und? Bist du schon in Urlaubsstimmung?«, fragte er sie mit einem breiten Grinsen.
Felke erwiderte sein Grinsen. »Ein bisschen vielleicht.«
»Ich kann immer noch kaum glauben, dass du mitten in der Hochsaison verduften darfst. Was hast du denn Schönes geplant?«
»Och!« Felke lächelte. »Ehrlich gesagt habe ich noch nichts Konkretes im Kopf. Ich denke, ich werde es einfach auf mich zukommen lassen. Vielleicht setze ich mich ins Auto, fahre einfach drauflos und schaue, wohin es mich verschlägt. Mal eine Weile raus aus St. Peter-Ording und was anderes sehen, das würde mir für den Anfang schon reichen.«
Krischan nickte verständnisvoll. »Das klingt nach einer guten Idee. Du hast dir natürlich Urlaub verdient. Nach allem, was du durchgemacht hast, ist es an der Zeit, dass du dir die Welt zurückeroberst.«
»Ja, genauso empfinde ich es auch«, antwortete Felke und schaute dann wieder Richtung Meer, wo ein Kitesurfer einen waghalsigen Sprung riskierte. »Ich brauche einfach Abstand.« Sie zuckte mit den Schultern. »Eine Art Tapetenwechsel. Es ist zwar wunderschön hier, aber ich habe das Gefühl, dass ich mal etwas anderes sehen muss. Irgendwo sein, wo ich nicht ständig an die Vergangenheit erinnert werde.«
»Verstehe ich vollkommen«, sagte Krischan und lehnte sich nun seitlich ans Geländer. »Manchmal ist es wichtig, die gewohnten Pfade zu verlassen. Wo würdest du denn am liebsten hin, wenn du frei wählen könntest?«
»Gute Frage, nächste Frage.« Felke legte das Fernglas auf den einzig verfügbaren Stuhl auf dem Hochstand. »Vielleicht zur Abwechslung in die Berge oder zumindest an einen anderen Strand. Bis zur Ostsee ist es von hier aus ja keine Weltreise. Aber mich würde auch eine Großstadt reizen, das wäre ja mal was ganz anderes. Berlin zum Beispiel. Dort war ich noch nie, und es wäre wohl das größte Kontrastprogramm zu St. Peter-Ording. Es ist bestimmt spannend, sich von der Energie der Hauptstadt einfach mitziehen zu lassen.« Sie lehnte sich seitlich an das Holzgeländer. »Hauptsache, ich kann mich dort frei bewegen und mal durchatmen. Ich möchte gerne wieder das Gefühl haben, dass ich alles tun kann, was ich will – ohne von einer Panikattacke überrascht zu werden. Das wäre vielleicht der endgültige Befreiungsschlag, der mir noch fehlt, um neu in die Zukunft zu blicken.«
Krischan nickte ihr aufmunternd zu und klopfte ihr dann auf die Schulter. »Das wird dir sicherlich guttun, Felke.«
»Bestimmt.« Sie nickte und sah ihn dann ernst an. »Allerdings habe ich auch ein bisschen ein schlechtes Gewissen.«
Skeptisch zog er die Augenbrauen zusammen. »Wegen unseres Teams etwa? Mach dir darüber mal keine Gedanken. Wir werden auch ohne dich zurechtkommen. Das mussten wir schließlich auch, als du krank warst. Außerdem bekommen wir doch ab morgen Verstärkung von den beiden Saisonkräften. Und so wie ich von der DLRG-Leitung gehört habe, stehen noch weitere Bewerber auf der Warteliste.«
»Das weiß ich doch. Ein Glück, dass es jedes Jahr genügend Sportstudenten gibt, die uns in den Semesterferien unterstützen.« Wieder lächelte Felke.
»Na, siehst du. Um uns brauchst du dir keine Gedanken zu machen.«
»Ich weiß. Mein schlechtes Gewissen hat eher was mit meiner Oma und ihrer Hündin Tiffi zu tun. Wir teilen uns doch das kleine Häuschen am Deich. Oma wohnt unten und ich oben.« Sie seufzte schwer. »Die Jüngste ist sie schon lange nicht mehr und insgeheim...