Janz | Mit dir auf Düne sieben | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Janz Mit dir auf Düne sieben


1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7499-0522-5
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-7499-0522-5
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Jette ist die Hochzeitsplanerin in St. Peter-Ording. Mit Begeisterung organisiert sie den perfekten schönsten Tag im Leben - für andere. Nachdem sie kurz vor ihrem eigenen Ja-Wort sitzengelassen wurde, hat sie für sich den Traum von einer Hochzeit in Weiß an den Nagel gehängt. Bis ihr Ex-Verlobter Klaas bei ihr auftaucht und Jette sich erneut Hoffnung auf ein Happy End auf Düne sieben macht. Doch er will ausgerechnet sie engagieren, um seine Trauung mit einer anderen zu planen.



Tanja Janz wollte schon als Kind Bücher schreiben und malte ihre ersten Geschichten auf ein Blatt Papier. Heute ist sie Schriftstellerin und lebt mit ihrer Familie und zwei Katzen im Ruhrgebiet. Neben der Schreiberei und der Liebe zum heimischen Fußballverein schwärmt sie für St. Peter-Ording, den einzigartigen Ort an der Nordseeküste.

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Zwei Jahre zuvor

»Du siehst wirklich wunderhübsch aus«, sagte Gabi begeistert, trat einen Schritt zurück, um mich besser betrachten zu können. Sie lächelte mich an, und ich glaubte, es trotz meiner Kurzsichtigkeit in ihren Augenwinkeln verdächtig schimmern zu sehen. Dann blinzelte sie schnell ein paarmal hintereinander, pustete sich eine Ponyfranse aus dem Gesicht, seufzte kurz auf und fuhr fort, mein Haar mit einem Glätteisen zu bearbeiten.

Ich setzte meine Brille auf, blickte in den Spiegel und versuchte zum einen, den Grund ihrer Begeisterung, und zum anderen, den für ihr Seufzen zu entdecken, was mich ehrlich gesagt mehr beunruhigte. Vor allem heute, am schönsten Tag meines Lebens – das sollte er zumindest werden. Selbst das Datum hatten Gabi und ich nicht dem Zufall überlassen, wenngleich es für Klaas nicht so wichtig war, wann das Fest stattfand, er beschäftigte sich eher mit den Kosten, die für mich wiederum nicht im Vordergrund standen. Für mich war von Anfang an klar gewesen, es musste ein Tag im Wonnemonat Mai sein. Ein Tag, an dem es möglichst wenig oder noch besser gar keinen Regen in den letzten Jahren gegeben hatte. Immerhin wollten wir draußen feiern und nicht im Friesennerz und gelben Gummistiefeln durch Regenpfützen waten. Doch es erwies sich als gar nicht so leicht, herauszubekommen, wie es um die Niederschläge der letzten Jahre bestellt gewesen war. So kam es, dass Gabi und ich schließlich ein eigens kreiertes Wetterorakel entscheiden ließen und ich einen der Zettel zog, auf denen sich die Zahlen von 1 bis 31 befanden. Ich zog die 14, und somit stand fest, dass die große Sause am 14. Mai steigen würde. Wir hatten Glück, dass wir für den Tag einen Termin beim Standesamt in Eiderstedt bekommen hatten. Wir ließen unsere Beziehungen spielen. Otto Normalverbraucher musste nämlich standesamtliche Hochzeiten mindestens ein Jahr im Voraus terminlich reservieren. Was das Wetter anbelangte, war dieser Tag bis jetzt ein Volltreffer gewesen. Angenehme Temperaturen, ein laues Lüftchen und ein nahezu blauer Himmel gaben unserem selbst erfundenen Wetterorakel recht und versprachen, dass es tatsächlich der schönste Tag meines Lebens werden würde.

Den Auslöser von Gabis Seufzer hatte ich binnen Sekunden ausgemacht. Ich griff zu einer Puderdose und überdeckte mit einer Quaste notdürftig die rötlichen Hektikflecken, die auf meinem Gesicht großflächig erschienen waren. Vorsichtshalber puderte ich auch gleich meinen Hals und das Dekolleté ab. Schließlich konnte man nie wissen, bis wohin sich die unliebsamen Flatschen noch ausbreiten würden. Besonders dann, wenn sich mein Lampenfieber noch weiter steigern sollte. Dabei musste ich nur ein einziges Wort sagen. Ja. Mehr nicht. Ich stellte die Puderdose wieder auf den Tisch zurück und blickte erneut in den Spiegel. Sah schon besser aus, fand ich. Mein Blick blieb an der geöffneten Terrassentür im Spiegel hängen, durch die warme Sonnenstrahlen fielen. Eine Brise Seeluft wehte herein, die die hellen Vorhänge wie Segel eines Schiffs aufbauschte. Ich merkte, wie ich mich allmählich etwas entspannte und schaute wieder durch die offene Tür hinaus, die den Blick auf den idyllischen Garten meiner Eltern freigab, in dem Blumen und Sträucher in voller Blüte standen und sich leicht im Nordseewind hin und her wiegten. Meine Mutter war nicht nur eine passionierte Gärtnerin, sondern eine ebenso leidenschaftliche Anhängerin von Rosamunde Pilcher und hatte das Areal mit allerhand Magnolien und Rhododendren sowie einem kleinen Gartenhäuschen mit großen gläsernen Türen und Sprossenfenstern in ihr persönliches Stück Cornwall verwandelt. Der einzige Unterschied bestand lediglich darin, dass wir uns nicht auf der Halbinsel Cornwall in England befanden, sondern auf der Halbinsel Eiderstedt. Mitten in Schleswig-Holstein, an der nordfriesischen Küste von Deutschland. Doch das konnte man fast vergessen, wenn man nicht genauer hinschaute und hinter dem Gartenzaun nicht auf den mit Gras bedeckten Deich achtete, auf dem einige Schafe seelenruhig Grashalme ausrupften und verspeisten. Hinter dem Wall verborgen erstreckten sich Salzwiesen, an denen ich mich wohl nie sattsehen werden würde, obwohl ich keine Touristin war, die ihren Jahresurlaub in St. Peter-Ording verbrachte oder extra zum Heiraten hierherkam. Ich verbrachte schon mein ganzes Leben in St. Peter-Ording und konnte deswegen diesen Anblick jeden Tag aufs Neue genießen. Salzwiesen gab es meines Wissens in Cornwall nicht. Und falls doch, dann hatte Rosamunde Pilcher bisher vergessen, sie zu erwähnen.

»Wusstest du eigentlich, dass die durchschnittliche deutsche Ehe ungefähr 15 Jahre dauert, Henrijette?«, erklang Tante Gertruds Reibeisenstimme, die von einem übermäßigen Zigarettenkonsum herrührte, und riss mich aus meinen Gedanken. Mein Blick glitt zur linken Spiegelhälfte. Die entfernte Cousine meiner Mutter saß leicht gekrümmt auf einem Hocker, der an der Wand stand, und nippte missmutig an einer Kaffeetasse mit Blümchen-Dekor. Auf dem Kopf trug sie einen blauen Hut, den blau-grüne Federn zierten. Das sollte vermutlich festlich aussehen, doch mich erinnerte es unwillkürlich an eine Vogelscheuche. Kupferrote Locken umrahmten ihr Gesicht, und auf der Nasenspitze saß eine in Gold eingefasste Brille mit schmalen Gläsern. Sie starrte wie immer sauertöpfisch drein und ließ dabei ihre Mundwinkel derartig hängen, als gelte es, dafür einen Wettbewerb zu gewinnen.

Gabi bekam, ob Tante Gertruds Frage, spontan einen nervösen Hustenanfall. »Entschuldigung, ich muss mal dringend einen Schluck Wasser trinken«, krächzte sie, legte das Glätteisen auf den Tisch ab und verschwand in Richtung Küche.

Ich beobachtete meine Tante weiterhin durch den Spiegel. Sie zupfte sich seelenruhig eine Fluse von ihrem knielangen marineblauen Rock, der vermutlich vor 30 Jahren topmodisch gewesen war. Abgesehen davon, dass mich niemand Henrijette nannte, außer Tante Gertrud natürlich, fand sie wie immer in jeder Lebenslage die passenden Worte, um entweder zuverlässig eine Familienfeier zu ruinieren oder einen Eklat in der Nachbarschaft anzuzetteln. Darauf war stets Verlass. Und so war es – wie sollte es auch anders sein – leider auch heute. Denn welche Braut wünschte es sich nicht, knapp zwei Stunden vor der eigenen standesamtlichen Trauung mit der aktuellen Scheidungsstatistik in Deutschland konfrontiert zu werden?

»Ist das so?«, fragte ich betont unbeeindruckt zurück und versuchte mir unter keinen Umständen anmerken zu lassen, dass Tante Gertruds Bemerkung wie ein Stachel in meiner Brust steckte.

»Ja«, bestätigte sie mit weiterhin hängenden Mundwinkeln und nickte dabei wichtig. Dann richtete sie eine mit bunten Strasssteinen verzierte Brosche, die sie am Revers ihrer Jacke befestigt hatte, und stellte die Kaffeetasse neben dem Stuhl auf dem Boden ab.

Dazu muss angemerkt werden, dass Tante Gertrud bisher fünfmal verheiratet gewesen war. Wen wunderte es also, dass sie genau wusste, wie lange eine Ehe dauerte. Doch meine Tante war bislang nie in die Verlegenheit gekommen, sich von einem ihrer Ehemänner tatsächlich scheiden zu lassen. Tante Gertrud hatte sich strikt an den Leitspruch »Bis dass der Tod uns scheidet« gehalten und alle ihre Ehemänner unter die Erde gebracht – noch bevor einer von ihnen überhaupt an eine Scheidung denken konnte. Ein bisschen merkwürdig war es schon, dass sie so viele Ehemänner überlebt hatte. Und Glück hatte sie auch gehabt, denn sie war bei jedem Todesfall als Haupterbin des jeweiligen Mannes eingesetzt worden. Und da alle gut betucht gewesen waren, hatte sie enorm profitiert. Tante Gertrud war durch deren Ableben ein sorgenfreies Leben beschert worden. Abgesehen von der beeindruckenden Krimisammlung in ihrer heimischen Bibliothek und der auffallend engen Freundschaft mit Petter Grube, dem Inhaber des Bestattungsunternehmens Grube, war sie jedoch stets völlig unverdächtig geblieben.

Wie dem auch sei, für sie schien der Gedanke an eine Hochzeit unweigerlich mit dem einer Trennung oder dem baldigen Ableben des Angetrauten verbunden zu sein. Je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr Mitleid empfand ich für Tante Gertrud. Wie schade war es doch, dass eines der schönsten Feste im Leben solch traurige Gedanken bei ihr auslösten. Für mich hingegen war die eigene Eheschließung ein Ereignis, auf das ich mich schon als kleines Mädchen gefreut und das bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt hatte. Im Gegenteil. Im Laufe der Zeit war ich zu einem richtigen Hochzeitsjunkie geworden. Ich liebte Hochzeiten und ließ kein Ja-Wort im Freundes- und Bekanntenkreis aus, zu dem ich eingeladen wurde. Schließlich organisierte ich den Junggesellinnenabschied und die Vermählung meiner Schwester, die nicht nur ein voller Erfolg wurden, sondern mich auch dazu brachten, aus meinem Hobby einen Beruf zu machen und meine eigene Hochzeitsagentur in St. Peter-Ording zu eröffnen. Praktischerweise hatte sich mein Heimatort in den letzten Jahren zu einem richtigen Mekka für Heiratswillige entwickelt, sodass mich gleich von Anfang an genügend Paare als Hochzeitsplanerin beauftragten. Irgendwann war dann Gabi in St. Peter-Ording aufgetaucht und hatte ebenfalls eine Hochzeitsagentur eröffnet. Was anfänglich nach einer unliebsamen Konkurrenzsituation ausgesehen hatte, entwickelte sich letztendlich zu einem puren Glücksfall. Gabi und ich waren von Anfang an auf einer Wellenlänge gewesen. Sie liebte Hochzeiten ebenso sehr wie ich, war hoffnungslos romantisch und glaubte trotz drei Scheidungen weiterhin an die große Liebe – und hatte vermutlich keinen blassen Schimmer von der aktuellen...



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