E-Book, Deutsch, Band Band 095, 218 Seiten
Reihe: Novum Testamentum et Orbis Antiquus /Studien zur Umwelt des Neuen Testaments (NTOA/StUNT)
Festschrift zum 65. Geburtstag von Gerd Lüdemann
E-Book, Deutsch, Band Band 095, 218 Seiten
Reihe: Novum Testamentum et Orbis Antiquus /Studien zur Umwelt des Neuen Testaments (NTOA/StUNT)
ISBN: 978-3-647-53977-5
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Autoren/Hrsg.
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Weitere Infos & Material
1;Front Cover
;1
2;Title Page
;4
3;Copyright
;5
4;Inhalt;8
5;Florian Wilk 2Kor 1,12–14 als propositio des ganzen zweiten Korintherbriefs;12
6;Rainer Reuter Traveling between Europe and Asia. Paul's Journeys according to His Own Epistles;25
7;Reinhard von Bendemann Die Latinismen im Markusevangelium;38
8;F. Stanley Jones An Early Aramaic Account of Jesus’ Crucifixion;54
9;Reinhard Feldmeier Henoch, Herakles und die Himmelfahrt Jesu;64
10;Niels Hyldahl Über Abfassungszeit und -ort der Apostelgeschichte;76
11;Frank Schleritt Der Jüngling im Grab als Epigone des Auferstandenen. Zum Verhältnis der Geschichte vom Grabbesuch der Frauen zur Überlieferung von der Erscheinung Jesu vor Maria Magdalena;84
12;Martina Janßen „Wider die Antithesen der fälschlich sogenannten Gnosis“. 1Tim 6,20 und Markions Antithesen;97
13; Frank Kleinschmidt „Einer Frau Mann“/„eines Mannes Frau“. Gemeinderegeln der Pastoralbriefe im Lichte religionsgeschichtlicher Forschung;111
14;Jürgen Wehnert „Falschbrüder, Schauspieler, Superapostel“. Zur Geschichte der judenchristlichen Heidenmission im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr;125
15;Matthias Günther Die lebendige Stimme. Papias von Hierapolis und der Presbyter Johannes;138
16;Jacob Neusner The Rabbis and the Prophets: The Case of Amos;148
17;Forschungsgeschichtliche Studien Gudrun Beyer „Die Historie [;2
18;Bemerkungen zu Wilhelm Boussets Jesusvorlesung aus dem Wintersemester 1918/1919;160
19;Alf Özen Wilhelm Bousset und Paul Wernle. Eine Freundschaft im Spannungsfeld von Glaube und Wissenschaft;175
20;Horst Renz Ernst Troeltschs lebenslange Bezugnahme auf die Poesie und die grundlegende Geltung einer poetischen „Glaubenslehre“;193
21;Toshimasa Yasukata Ernst Troeltsch und die Konsequenz des historischen Denkens;206
22;Die Autoren der Festschrift;218
23;Back Cover
;222
"Ernst Troeltsch und die Konsequenz des historischen Denkens (S.205-206)
Toshimasa Yasukata
1. Der Systematiker der „Religionsgeschichtlichen Schule“
Ernst Troeltsch gilt als der Systematiker und Dogmatiker der „Religionsgeschichtlichen Schule“. Die Frage ist noch offen, ob sie eine Schule im strikten Sinn war, und wer zu dieser Schule gehörte. Die Religionsgeschichtliche Schule entstand angeblich aus einer Gruppe junger Göttinger Promovenden, die, in Freundschaft verbunden, sich oft in Mensen oder Kneipen versammelten, um über theologische Themen zu diskutieren.
Nach Troeltschs Erzählung fürchtete einer der alten Professoren den Elan der jungen Gruppe und sprach von einer drohenden ‚kleinen Fakultät‘. Johannes Weiß, Wilhelm Bousset, William Wrede, Alfred Rahlfs, Heinrich Hackmann und er bildeten den Kern dieser „kleinen Göttinger Fakultät“ von 1890.1 Während andere Mitglieder das Alte Testament, das Neue Testament oder die urchristliche Literatur als Hauptfach vertraten, war Troeltsch der einzige Systematiker unter ihnen. Es ist daher verständlich, wenn die Redaktion des „American Journal of Theology“ 1913 an ihn die Bitte richtete, einen Aufsatz über „Die Dogmatik der ‚religionsgeschichtlichen Schule‘“ zu schreiben.2 Aber der Systematiker der Religionsgeschichtlichen Schule gewesen zu sein ist nur ein Aspekt des vielseitigen Denkers Troeltsch – er war ein Mann mit vielen Gesichtern.
Wer Troeltsch im theologischen Bezugssystem einordnen möchte, muss unvermeidlich den Berufswechsel vom Heidelberger Theologen zum Berliner Philosophen im Jahr 1914/15 als einen gründlichen Bruch mit der Theologie berücksichtigen. Darauf bezieht sich die Rede vom „gescheiterten Theologen“ (Walter Bodenstein) und von der „Selbstauflösung der Dogmatik bei Ernst Troeltsch“ (Gotthold Müller) bzw. „the collapse of Troeltsch’s theology“ (Benjamin A. Reist).
Die neuere Troeltsch-Forschung hat diese negativen Urteile jedoch für befangen und unberechtigt erklärt. Die Symbiose von Theologie und Philosophie ist ein Merkmal von Troeltschs Denken von Anfang an. Er selbst weist auf eine Konstante in seinem Denken hin, wenn es in seiner Selbstdarstellung heißt, dass es „einen systematischen Einheitsgedanken“4 in seinem Lebenswerk gebe. Tatsächlich hat Troeltsch ein wissenschaftliches Programm verfolgt, aufgrund dessen seine äußerst verschiedenen wissenschaftlichen Tätigkeiten als zusammenhängendes Ganzes systematisch dargestellt werden können.
Theologie, Religionsphilosophie, Ethik und Geschichtsphilosophie stehen innerhalb dieses enzyklopädischen Gesamtplans in enger Beziehung zueinander.5 Diese Untersuchung wird zeigen, dass ein Leitthema all seiner wissenschaftlichen Arbeit die Frage nach der Möglichkeit der Festigung normativer Werte auf der Basis der grundsätzlichen Anerkennung der Historisierung alles menschlichen Denkens und Wissens ist. Troeltsch hat mit der Spannung zwischen seiner Überzeugung von der höchsten religiösen Wahrheit des Christentums und seiner Anerkennung des modernen kritisch-historischen Denkens gerungen."