Janßen | Rebellion | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 228 Seiten

Janßen Rebellion

Chronik eines Untergangs
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-5252-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Chronik eines Untergangs

E-Book, Deutsch, 228 Seiten

ISBN: 978-3-7534-5252-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Bronzezeit im Süden der Iberischen Halbinsel, um 1.550 v. Chr.: Das Leben ist hart für die Bauern, die im Herrschaftsbereich von Iltir ihre Fronarbeit verrichten müssen. In der streng hierarchisch geregelten Gesellschaft hat jeder seinen festen Platz; Widerspruch ist nicht vorgesehen und wird streng bestraft. Der Priesterkönig und sein General sind weit entfernt von den Nöten des Volkes. Doch einige Angehörige der Bauern- und Handwerkerklassen beginnen, ihre Lebensumstände zu hinterfragen, begehren auf, und werden in eine Situation getrieben, in der es kein Zurück mehr gibt. REBELLION beruht auf den archäologischen Befunden der El Argar Kultur in Südspanien und ihrem jähen Ende. Von den Frauen und Männern, die zu diesem Ende beigetragen haben könnten, erzählt dieser Roman.

Ursula Janßen ist Archäologin und freie Autorin. Sie lebt mit ihrer Familie in Süditalien, nachdem sie mehrere Jahre in verschiedenen Ländern Afrikas und des Nahen Ostens gelebt und gearbeitet hat. Sie schreibt hauptsächlich historische Romane, aber auch Kochbücher mit antiken Rezepten.

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1
Im Süden der Iberischen Halbinsel, um 1.550 vor
unserer Zeitrechnung
Die Sonne brannte von einem tiefblauen, wolkenlosen Himmel auf die staubige Straße hinab, die durch die Stadt hinauf zur Zitadelle führte. Es hatte schon seit Monaten so gut wie nicht mehr geregnet. Der aufgerissene Lehmboden war glühend heiß, aber Tumaran spürte die Hitze unter seinen nackten, ledrigen Fußsohlen kaum. Den schweren Sack mit Linsen, den er auf seinen knochigen Schultern die Anhöhe hinauf schleppte, spürte er dafür umso mehr; er lastete schließlich schon seit Stunden auf ihm. Um den Kopf hatte er sich ein Tuch geschlungen, das ihn ein wenig vor der Sonne schützte. Durstig war er auch; bald jedoch hatte er sein Ziel erreicht, dann würde er endlich etwas Wasser aus dem großen Wasserreservoir, das auf halbem Weg in die Oberstadt lag, schöpfen und trinken können, vorausgesetzt die Wachen dort fanden keinen Grund, ihn davonzujagen. Die Wächter am unteren Stadttor waren schon nicht allzu freundlich gewesen, obwohl er, Tumaran, ja nur seine Pflicht tat und seine Linsenernte ablieferte. Viel war es nicht gewesen in diesem Jahr. Linsen brauchten schließlich nicht viel Wasser, aber etwas mehr Regen wäre doch nötig gewesen. Dennoch hatte die ganze Familie die letzten Tage damit zugebracht, die geernteten Linsenbüsche mit Holzschlegeln zu dreschen und die Linsen anschließend im heißen Wind von der Spreu zu trennen, denn jede einzelne der Hülsenfrüchte war von ihrer eigenen kleinen Schote umgeben. Den jüngeren Kindern fiel die Aufgabe zu, die Spreu nach vereinzelt übrig gebliebenen Linsen zu durchforsten – die Hülsenfrucht war kostbar und die Wächter würden die Spreu womöglich untersuchen, um sicherzustellen, dass Tumaran und seine Familie auch sorgfältig gearbeitet hatten. Leider durften sie die kostbaren Linsen nicht behalten, sondern mussten sie in der Stadt vor dem Tor zum Palast, der sich ganz oben auf dem steilen Hügel befand, abliefern. Der Palastbezirk von Wilusipami – so nannten die Adeligen ihre Residenzstadt, obwohl sie von den Bauern einfach nur als Iltir, „die Stadt“, bezeichnet wurde – war für die Angehörigen von Tumarans Klasse tabu, ihn als Bauer zu betreten unter Androhung der Todesstrafe verboten. Die einzige Ausnahme war ein jährlich vom Herrscher bestimmter Vertreter der Bauernkaste, der an einigen wenigen offiziellen Versammlungen im Palast teilzunehmen hatte. Ihre gesamte Ernte, seien es Hülsenfrüchte oder Gerste, mussten die Bauern in der Stadt abgeben, dafür bekamen sie im Gegenzug die von der Palastverwaltung festgelegten Rationen für ihre Familien zugeteilt. Linsen oder Kichererbsen waren seit geraumer Zeit nur noch selten darunter, zu Festtagen vielleicht, normalerweise gab es für die Bauern nur Gerstenmehl, das ausschließlich von Müllern in der Stadt gemahlen werden durfte und das sie zu Brei verkochten oder zu Fladenbroten buken. Nur die Eicheln, die sie in den wenigen verbliebenen Wäldern sammelten, durften sie behalten. Auch heute würde Tumaran im Gegenzug für seinen großen Sack Linsen nichts als eine magere Ration Gerstenmehl erhalten, vielleicht sogar gemahlen aus seiner eigenen Ernte, die er und seine Familie erst vor zwei Monaten mühsam in Iltir abgeliefert hatten. Der Weg von Tumarans Dorf und den ihm zugeteilten Feldern in die Stadt war weit und mühselig; schon mit geringer Last dauerte er mehrere Stunden, mit den schweren Gerstensäcken war es mindestens eine halbe Tagesreise, und sie mussten mehrfach hin- und herreisen, um die gesamte Ernte in die Stadt zu schaffen. Tumarans Bruder Beles, der nicht nur der Ältere, sondern auch der Wagemutigere der beiden war, hatte in diesem Jahr heimlich einen Teil seiner Linsenernte einbehalten und unter dem Fußboden seiner Lehmhütte versteckt, aber er, Tumaran, traute sich das nicht. Er hatte gesehen, was mit Bauern geschah, die dabei ertappt worden waren, dass sie einen Teil ihrer Ernte unterschlagen hatten. Die Strafen dienten der Abschreckung und nach Tumarans Dafürhalten erfüllten sie diesen Zweck gut. In Gedanken daran schauderte er leicht, blieb einen Augenblick stehen, um den Sack mit den Linsen auf seinen Schultern zurecht zu rücken und ein paar lästige Fliegen, die sich an den Schweißperlen auf seiner Stirn zu laben versuchten, zu verscheuchen, und setzte dann seinen Aufstieg fort. Die eng aneinander geschmiegten, schmucklosen Häuser mit ihren steinernen Fundamenten und hellbraunen Aufbauten aus Lehm unter ihren zu allerlei Tätigkeiten genutzten Flachdächern wurden stetig größer, je mehr er sich der über der Stadt thronenden Zitadelle näherte. Hier lebten die Menschen der Handwerkerklassen: je angesehener ihr Handwerk, desto näher standen ihre Häuser am Palastbezirk. Dementsprechend lebten die Waffen- und Silberschmiede der Zitadelle am nächsten. „Die Linsen zu verstecken ist ganz einfach“, hatte Beles ihm erklärt. „Ich hebe einfach eine weitere kleine Grube in der Hütte aus und sage, dass es ein Grab ist, dass uns wieder ein Kind verstorben ist. Die Wächter werden schon nicht mitzählen!“ Verstorbene Kinder wurden traditionell im Haus der Familie unter dem Fussboden bestattet. Auch im Haus von Tumaran und seiner Frau Lortikis befanden sich schon mehrere wieder mit Lehm verputzte Gruben im Fußboden. Jetzt war sie wieder schwanger. „Besser ein falsches Grab im Haus als noch ein echtes, denn das wird es geben, wenn wir das ganze Jahr wieder nichts als Gerste und Eicheln haben“, hatte Beles hinzugefügt. „Pass du nur auf, dass wir stattdessen nicht bald dich im Feld begraben müssen!“, hatte Tumaran erwidert und den Kopf über so viel verwegenen Ungehorsam geschüttelt. Mittlerweile musste er schon im Bezirk der Silberschmiede angelangt sein; höher lebten nur noch die Wächter – die wahrscheinlich unbeliebteste Klasse, sowohl nach Meinung der Bauern als auch die der Handwerker – und natürlich, ganz zuoberst, die adelige Herrschaftsschicht selber. Den Priesterkönig, Tattis war sein Name, hatte Tumaran nur ein einziges Mal aus weiter Entfernung gesehen und er hatte sich schnell aus dem Staub gemacht, um den vielen Wachen mit ihren in der Sonne glitzernden bronzenen Waffen nicht in die Quere zu kommen. Die Wächter trugen Stabdolche, eine Art Hellebarde mit jeweils einer scharfen, doppelseitigen Klinge, die quer am Ende einer langen Stange befestigt war, sowie spitze Bronzedolche und Kurzschwerter. Es wurde gemunkelt, dass ein Angehöriger der untersten Klassen die Waffen nur berühren musste, um sofort daran zu sterben; auf jeden Fall waren ihre Waffen sehr mächtig. Metall war nämlich noch so eine Sache, die Bauern nicht besitzen durften. Ihre Werkzeuge bestanden aus Stein, Knochen und Holz. Die Sicheln und Sensen zum Beispiel, mit denen sie die Gerste abernteten, bestanden aus einer Reihe kleiner Steinklingen, die in einen halbmondförmigen Rahmen aus gebranntem Ton eingelassen waren, der wiederum an einem Holzschaft befestigt war. Da der zur Herstellung von Klingen erforderliche Stein – Flint – von weit her kam und schwer zu beschaffen war, die kleinen Klingen bei der Ernte zudem schnell abstumpften, mussten die Bauer dieselben Flintsplitter immer und immer wieder neu in Form schlagen, bis ihre Sicheln Reihen aus kleinen scharfen Zähnchen glichen. Metallwerkzeuge waren den Handwerkern vorenthalten, Waffen gar dem Adel und den Wächtern. Schon während seines Aufstiegs konnte Tumaran die glänzenden Hellebarden der Palastwache ausmachen. Das von ihnen bewachte Tor des Palastbezirks war sein Ziel. Endlich stand Tumaran vor dem streng bewachten Zugang; die Zunge klebte ihm am Gaumen. Er versuchte zu schlucken und wandte sich dann an einen der Wächter: „Ich bringe meinen Tribut für diesen Sommer, Herr, Linsen, von den Feldern im Osten.“ „Das ist alles?“ „Ja, Herr, das Jahr war schlecht, es hat nicht geregnet, die Dürre, ihr wisst...“ „Wo ist der Rest?“ „Es gibt keinen Rest; das ist alles, was meine Familie und ich geerntet haben.“ „Name und Ort?“ „Tumaran, Sohn des Lakobor, meine Felder liegen an der Biegung des alten Flussbetts im Osten, unterhalb des Eichenhügels.“ Er scharrte mit seinen bloßen Füßen im staubigen Boden und hielt dabei den Blick gesenkt. Dabei sah er die neu wirkenden Bastsandalen des Wächters. Bauern gingen barfuß. „Gut“, sagte der Wächter endlich. „Wir werden dein Haus und deine Felder überprüfen.“ „Der Boden ist karg und wir haben gerade erst mehr Wald gerodet, um demnächst mehr anbauen zu können. Aber die andauernde Trockenheit...“ „Genug, Bauer! Es wird sich alles zum Besten wenden, dank unseres geliebten Herrschers Tattis, der täglich zum Wettergott betet und mit Sicherheit sein Gehör findet. Stell den Sack in die Nische dort drüben, geh zu dem Palastverwalter dort in der hellen Tunika, nenne ihm deinen Namen und Ort, lass dir den dir zustehenden Sack Mehl geben und mach, dass du davonkommst!“ Tumaran gehorchte nur allzu gern und begab sich...



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