E-Book, Deutsch, Band 496, 224 Seiten
Reihe: Historical MyLady
James Liebe ist der größte Schatz
1. Auflage 2007
ISBN: 978-3-86349-936-5
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 496, 224 Seiten
Reihe: Historical MyLady
ISBN: 978-3-86349-936-5
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine junge Dame, die Nacht für Nacht mutig das Schloss ihres Gastgebers durchsucht - Ein Herzog, der ihr auf die Schliche kommt und ihr Geheimnis ergründen will -Eine Begegnung zweier Menschen, die ihr Herz vor der Liebe verschlossen haben - Und eine lange verschollene Schatzkarte, die zum Trumpf im Spiel um das Lebensglück des Duke of Carisbrook und Miss Emma Seaton wird - In ihrem Roman voller Geheimnisse, spannender Ereignisse und romantischer Begegnungen beweist Sophia James: 'Liebe ist der größte Schatz'.
Romane von Georgette Heyer prägten Sophias Lesegewohnheiten. Als Teenager lag sie schmökernd in der Sonne auf der Veranda ihrer Großmutter mit Ausblick auf die stürmische Küste. Ihre Karriere als Autorin nahm jedoch in Bilbao, Spanien, ihren Anfang. Nachdem ihr drei Weißheitszähne gezogen wurden, lag sie aufgrund starker Schmerzmittel tagelang flach. Die Zeit vertrieb sie sich mit einem Stoß Mills & Boons-Romane. Unter dem Einfluss der Medikamente dachte sie, so etwas kann ich auch schreiben. Nach mehreren Romanen, die in der Reihe Harlequin Historical erschienen sind, ist sie der Meinung, endlich ihren Traumberuf gefunden zu haben. Aber genauso wie das Schreiben genießt sie die Besichtigung von europäischen Kunstschätzen mit ihrem Ehemann, einem Maler. Ihre drei fast erwachsenen Kinder, zahlreiche Haustiere und Hausrenovierungen, die nie vollständig abgeschlossen sind, verschaffen ihr den nötigen Ausgleich zu ihrer Autorentätigkeit.
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1. KAPITEL
London, Mai 1822
Asher Wellingham, neunter Duke of Carisbrook, stand neben seinem Gastgeber Lord Henshaw am Rand der Tanzfläche. Unauffällig betrachtete er die junge Dame, die soeben ohne Chaperone neben dem Orchesterpodest Platz genommen hatte.
„Wer ist das, Jack?“, fragte der Duke betont gleichgültig. In Wahrheit war ihm die Unbekannte bereits aufgefallen, kaum dass sie den Salon betreten hatte – eine so schöne Frau in solch schlichter Aufmachung sah man nicht oft auf einer Gesellschaft. Ungewöhnlich war auch, dass sie offensichtlich Vergnügen daran fand, still für sich dazusitzen und die Gäste zu beobachten.
„Lady Emma Seaton, die Nichte der Countess of Haversham“, beantwortete Lord Henshaw die Frage seines Freundes und fügte hinzu: „Sie kam vor ungefähr sechs Wochen nach London, und seither bemühen sich die Gentlemen scharenweise darum, ihr vorgestellt zu werden.“
„Wo lebt sie?“
„Auf dem Land, würde ich denken. Wie es aussieht, hat sie noch keine des Frisierens kundige Zofe hier in London angestellt – ihre Haartracht ist, sagen wir, etwas außergewöhnlich.“
Asher ließ nun den Blick über das üppige Durcheinander nachlässig hochgesteckter blonder Locken schweifen, und im Stillen pflichtete er Lord Henshaw bei, denn gekonnt war die Frisur in der Tat nicht arrangiert. Erstaunlicherweise betörte ihn der Anblick ihrer sonnengebleichten goldenen Locken im gleichen Maße, wie er ihn beunruhigte.
Es geschah selten, dass Menschen ihn zu überraschen vermochten, geschweige denn, dass sie ihn faszinierten. Dieses bemerkenswert unbefangene Mädchen indes, das völlig unpassend gekleidet war, stimmte ihn neugierig. Bislang war ihm keine Frau begegnet, die während der Mahlzeit ihre Handschuhe anbehielt und sogar den verhüllten Finger ableckte, nachdem die Marmeladenfüllung eines Kekses darauf getropft war.
Sie hatte nicht vornehm auf dem Teller herumgestochert wie jede andere ihrer Geschlechtsgenossinnen in diesem Raum, sondern sich von sämtlichen Speisen, die serviert worden waren, reichlich genommen, um sich anschließend dem Menü zu widmen, als ginge es um Leben und Tod. Womöglich hatte es in ihrem Leben Zeiten gegeben, in denen nicht genug zu essen vorhanden war. Dies würde ihren gesunden Appetit und den Eifer, mit dem sie alles verzehrt hatte, erklären.
Leicht gereizt stellte Asher fest, dass die junge Dame nicht nur seine Blicke auf sich lenkte, sondern die zahlreicher Ballgäste, und kaum dass sie sich erhob, wurde das Wispern aufgeregter. Ihre hohe schlanke Gestalt betonte den viel zu kurzen Saum ihres Kleides, über dessen unschickliche und unmodische Länge die Umstehenden, wie er hören konnte, spitze Bemerkungen machten. Lady Emma Seaton ist sich ihrer Erscheinung offenbar nicht gewahr, dachte er und fluchte unhörbar. Was kümmerte ihn diese Frau? Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er ihr irgendwo schon einmal begegnet war, denn sie kam ihm auf irritierende Weise vertraut vor. Woher mochte er sie kennen? Er versuchte, ihre Augenfarbe auszumachen, doch aus dieser Entfernung war es ihm unmöglich.
Als die Musik einsetzte, wandte Asher sich ab und überließ Lady Emma dem Wolfsrudel der anwesenden Gentlemen, das sich allmählich anschickte, sie einzukreisen. Die Countess of Haversham soll verdammt sein, dass sie ihre Nichte so vernachlässigt, dachte er noch, bevor er sich von einem Lakaien ein Glas Wein reichen ließ.
Trauben von Menschen drängten sich lachend und redend durch den Saal, sodass die Musiker des Streichquartetts kaum gegen den Lärm ankamen.
Die Stirn in Falten gelegt, nahm Emerald Platz und schloss die Augen, um den schönen Klängen aufmerksam zu lauschen. Die Gäste auf dieser Gesellschaft schienen Musik nicht sehr zu schätzen und nicht zu verstehen, dass, wenn Stille herrschte, die leisen Töne viel besser zur Geltung kämen. Wenn sie nicht zu hören war, verarmte die Melodie und wurde so oberflächlich wie all die Leute hier.
Das Stück klang fremd in Emeralds Ohren, war sie doch karibische Instrumente und Lieder gewohnt. Gleichwohl stimmte der beschwingte Rhythmus sie heiter. Sie glaubte fast, ihre Mundharmonika an den Lippen zu spüren und die Töne sanft über dem wogenden Meer ausklingen zu hören. Bei der Erinnerung an Jamaika verspürte sie einen leisen ziehenden Schmerz in der Herzgegend.
Nein, ich darf nicht an zu Hause denken, mahnte sie sich insgeheim und straffte sich, um lustlos die vielen Ballbesucher um sich her zu beobachten.
Auf Gesellschaften und Soireen wie dieser würde sie in der nächsten Zeit des Öfteren weilen.
England.
Gedankenverloren befühlte Emerald den Seidenstoff ihres Kleides, während sie in wenigen Zügen das dritte Champagnerglas leerte. Das prickelnde Getränk minderte ihre Angst und schärfte unerwartet ihre Sinne. Alles hier kam ihr fremd vor, die Klänge, die Gerüche, selbst die Gefühle, die die Menschen zu haben schienen. Wie sehr sehnte sie sich nach der Sonne, nach dem Wind oder dem warmen Regen und den süßen schweren Blütendüften Jamaikas. Und wie gern würde sie sich endlich wieder von dem hochgeschnürten Korsett befreien und den warmen Sand der Bucht von Montego auf ihrer Haut spüren. Am liebsten wäre sie jetzt, auf der Stelle, in die Fluten des azurblauen Ozeans getaucht und hinausgeschwommen, bis sie die Welt an Land weit hinter sich gelassen hätte.
Seufzend mahnte sie sich, ihre Gedanken zu sammeln. „Keine Erinnerungen mehr“, wisperte sie und nahm dankbar zur Kenntnis, dass in diesem Augenblick ihre Tante sich ihr gegenüber auf den einzigen leeren Stuhl setzte. Lady Haversham wirkte ungewöhnlich bleich.
„Geht es dir gut, Miriam?“
„Er ist hier, Emmie …“ Miriam vermochte den Satz kaum zu Ende zu führen.
„Wer?“, fragte Emerald überflüssigerweise, denn sie kannte die Antwort, bevor die Tante gesprochen hatte.
„Asher Wellingham.“
Emerald spürte, wie Angst sich ihrer bemächtigte – und Wut. Am Ende war er also doch aufgetaucht, und die vielen abendlichen Veranstaltungen, die sie so wenig schätzte, würde sie bald nicht mehr besuchen müssen.
Das wochenlange Warten hatte an ihr zu zehren begonnen, und gegen die Avancen der Gentlemen konnte sie sich inzwischen nur noch schwer verwahren. Hatte Wellingham sie gesehen und wiedererkannt? Sie stellte ihr Glas auf dem Tisch neben sich ab und verbannte eine lose Locke hinter ihr Ohr. Sie hoffte inständig, dass er sich nicht an sie erinnerte, wenn sie einander gegenüberstanden, denn andernfalls war ihre Reise vergebens gewesen, und im schlimmsten Fall drohte ihr die Verfolgung durch das Gesetz.
„Wo ist er?“, fragte sie und ärgerte sich über ihre plötzliche Unruhe.
„Dort drüben in der Ecke bei der Tür. Er hat dich vorhin eine ganze Weile beobachtet.“
Emerald widerstand dem Drang, sich nach ihm umzudrehen. „Denkst du, er ahnt etwas?“
„Nein. Hätte er dich erkannt, wären die Konstabler längst hier, um dich zu arretieren. Wellingham würde nicht mit der Wimper zucken, wenn es darum ginge, dich als Tochter und Komplizin eines Freibeuters an den Galgen bringen zu lassen.“
„Könnte er das tatsächlich bewirken?“
„Oh, du wärest erstaunt, über wie viel Macht und Einfluss Wellingham verfügt, Emmie – und dabei würde er sich moralisch absolut im Recht fühlen.“
„Dann müssen wir uns mit unserem Vorhaben beeilen. Dreh dich langsam um“, forderte Emerald die Tante auf, die prompt viel zu auffallend den Kopf zur Seite wandte. „Stützt er sich auf einen Stock?“
Emerald hielt den Atem an. Konnte es so einfach sein?
„Nein. Er hält lediglich ein Glas in der Hand. Ich glaube, er trinkt Weißwein.“
Emerald ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. „Dann wird wenigstens meine Abendrobe nicht ruiniert sein.“ Sie besaß genau drei Kleider, die sie gebraucht in einem Laden in der Monmouth Street gekauft hatte. Ein viertes würde sie sich nicht leisten können.
„Oh, meine Liebe, du wirst doch nicht etwa vorhaben, unter irgendeinem Vorwand mit ihm zusammenzustoßen? Er merkt bestimmt, dass du ihm etwas vorspielst, dessen bin ich mir sicher.“
„Keine Sorge, Tante Miriam. Ich beherrsche diesen Trick. In Kingston und Port Antonio ließ Beau mich oft genug irgendwelche Frauen anrempeln, wenn er einen Grund brauchte, sie anzusprechen. Hier wird es einfacher werden. Ein leichter Stoß genügt, und ich habe Gelegenheit, eine Konversation mit ihm zu beginnen und eine Weile in seiner Gesellschaft verkehren zu können.“
„Du hast es mit dem Duke of Carisbrook zu tun. Unterschätze ihn nicht wie dein Vater damals.“
Emerald stockte für einen Augenblick der Atem. Beau war in der Tat unvorsichtig geworden, doch sie würde nicht den gleichen Fehler wie er begehen. Sie neigte sich vor und löste die silberne Schnalle an ihrem linken Schuh, denn die Details mussten stimmen. Der Vater hatte ihr das ein ums andere Mal eingebläut. Dann erhob sie sich.
Asher Wellingham unterhielt sich noch immer mit dem Gastgeber, als sie unmittelbar vor ihm ins Straucheln geriet und geschickt in seinen Armen landete. Zum Glück hatte sie rechtzeitig einen schrillen Ton von sich gegeben, denn der Duke reagierte schnell, und es wäre ihm beinahe gelungen, sie zu stützen, als sie vermeintlich die Balance verlor. Hätte der Saum des Kleides sich nicht an einem ihrer Absätze verhakt, wäre ihr kleines Schauspiel zügig und ohne weiteres Aufhebens über die Bühne gegangen. So jedoch touchierte sie einen kleinen...