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E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Jäger Das Vermächtnis der Gräfin
19001. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95819-249-2
Verlag: Ullstein Midnight
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zwei Freundinnen ermitteln
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-95819-249-2
Verlag: Ullstein Midnight
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Cindy Jäger wurde 1980 geboren und schreibt sich die Welt, wie sie ihr gefällt. Dafür plündert sie die Detektivgeschichten ihrer Kindheit, Popsongs und ihre Zeitgenossen. Sie lebt derzeit in der Nähe von Stuttgart, dort überprüft sie die Qualität von Schleim, Schaltkreisen und Spielfiguren und beschert möglichst vielen Katzen ein sorgloses Leben.
Autoren/Hrsg.
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Prolog
1970
»Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben uns aus dem traurigen Grund des Ablebens der Gräfin Sybille Louise von Barthow hier zusammengefunden und als ihr Testamentsverwalter habe ich nun die ehrenvolle Aufgabe, ihren letzten Willen auszuführen.«
Er legte pietätvoll eine Pause ein, so wie er es nach diesem salbungsvollen ersten Satz immer tat, und blickte in die Runde der Hinterbliebenen. Die verstorbene Gräfin hatte es so gewollt, dass sich alle im Kaminzimmer des Ostflügels versammelten, welches von den insgesamt sechsunddreißig Zimmern des Schlosses ihr liebstes gewesen war.
dachte er sich
Seitens der Gräfin gab es nur zwei Cousinen, die bereits zu gebrechlich waren, um den weiten Weg auf sich zu nehmen, und die außerdem ihre Katzen nicht alleine lassen wollten. Die Zwei- und Vierbeiner würden bis an ihr Lebensende versorgt sein.
Alle Anwesenden entstammten ausschließlich der Familie von Barthow selbst und hatten bereits nach dem Tod des letzten Grafen auf einen Teil vom Familienvermögen gehofft. Dieser hatte jedoch alles seiner Frau hinterlassen, was dazu geführt hatte, dass in den vergangenen sieben Jahren jeder Einzelne um die Gunst der Gräfin gebuhlt hatte.
Da waren Carl Konstantin, der jüngere Bruder des verstorbenen Grafen, und seine Frau Ingrid sowie deren bereits erwachsene Kinder. Carl Alexander, der Älteste, seine Schwester Theresa und Philipp, der Jüngste. Sie hatten es sich auf den Clubsofas gleich neben dem Kamin, nun, vielleicht nicht gerade gemütlich gemacht, aber sie saßen da, als wüssten sie, dass sie dort hingehörten.
Anders ihre weitläufige Verwandtschaft. Eine Cousine des verstorbenen Grafen hatte sich bereits vor Jahrzehnten von der Familie abgewandt und den klangvollen und geschichtsträchtigen Namen von Barthow bei ihrer Heirat eingetauscht. Ihr Sohn hieß jetzt schlicht und einfach Michael Frank und er hätte alles dafür gegeben, die Entscheidung seiner Mutter rückgängig zu machen. Was ihm jedoch an standesgemäßer Erziehung fehlte, machte er durch seine Anpassungsfähigkeit wett und es war ihm gelungen, dass der verstorbene Graf ihn samt Frau und Kindern dazu einlud, auf Schloss Barthow zu wohnen. Jetzt kauerte er jedenfalls mit seiner Frau auf dem Sofa, das am weitesten vom Kamin entfernt stand.
Schließlich gab es noch Magdalena von Barthow. Sie war die jüngere Schwester des Grafen und blickte, an eine Fensterbank gelehnt, in die Ferne, als würde sie das alles nichts angehen.
Trauer konnte der Testamentsverwalter bei keiner einzigen Person entdecken. Einige rutschten nervös auf ihren gepolsterten Sitzmöbeln herum, andere blickten betont gleichgültig in die Runde.
Er seufzte leise. Seine Erfahrung ließ ihn bereits erahnen, welche der Hinterbliebenen das Testament verärgert aufnehmen und versuchen würden, ihm das Leben schwerzumachen.
Er räusperte sich vernehmlich, blickte den Anwesenden fest in die Augen und begann laut vorzulesen:
Keiner der Anwesenden hörte mehr zu.
»Das ist eine bodenlose Unverschämtheit«, empörte sich Carl Constantin von Barthow, ein distinguierter Herr in seinen Sechzigern.
»Sie hat die Schmuckstücke versteckt und uns versprochen, der Finder darf sie behalten«, brauste Ingrid von Barthow, seine Ehefrau, auf. »Und wir haben ihre Spielchen mitgespielt, über ihren Wortspielen gegrübelt und wie Idioten das Haus und den Garten abgesucht, und jetzt ist alles gar nichts wert? Das alles war umsonst?«
Sie befingerte ungläubig den enormen tropfenförmigen grünen Stein, der an einer Goldkette um ihren gut gepflegten Hals hing.
Jutta Frank nahm ihre Ohrringe ab und ihr Ehemann betrachtete kritisch seine Manschettenknöpfe.
»Es lässt sich ganz einfach herausfinden, ob die Steine echt sind«, ließ sich Magdalena vernehmen. Sie trug gar keinen Schmuck und war auf eine schlichte, zweckmäßige Art gekleidet, die darauf schließen ließ, dass sie sich regelmäßig die Finger schmutzig machte.
»Ach ja?«, erwiderte Carl Constantin. »Interessierst du dich auf einmal doch für etwas anderes als die Gäule, die uns nur die Haare vom Kopf fressen?«
»Die equine Tradition gibt es in unserer Familie seit 1681 …«
»Was Tante Magdalena meint«, fuhr Philipp dazwischen, »ist sicher, dass wir versuchen könnten, einen der Steine zu zerstören. Wenn er bricht, ist es eindeutig Glas und Tantchen hat uns alle an der Nase herumgeführt.« Der Gedanke schien ihn zu amüsieren – im Gegensatz zu seinen Verwandten.
»Nimm deine Kette ab, Ingrid«, befahl ihr Mann.
»Warum denn ich?«, erwiderte diese und krallte ihre Faust um das tropfenförmige Schmuckstück.
»Dieses ganze Theater ist unserer Familie unwürdig«, fuhr eine junge Frau dazwischen. Sie löste ihr Armband, an dem sich vermeintlich Saphire aneinanderreihten, und gab es ihrem Vater.
»Vielen Dank, Theresa. Sehr vernünftig von dir.«
Ihr Bruder sah sich derweil im Raum um, bis sein Blick auf einen marmornen Briefbeschwerer fiel, der auf dem kleinen Schreibkabinett ruhte. Er brachte ihn seinem Vater.
»Nun denn, Zeit der Wahrheit ins Gesicht zu blicken.« Er hob bereits an, als seine Frau seinen Arm umklammerte.
»Nicht auf dem Tisch, Carl, das ist ein echter Georges Jacob! Wenn uns schon der Schmuck nicht bleibt, dann wenigstens das Mobiliar. Aber vielleicht hat sie ja auch das nachmachen lassen«, schloss sie grimmig.
Also trug Carl Constantin alles zu einem der massiven Fenstergesimse, breitete das Armband darauf aus und ließ den Briefbeschwerer beherzt niedersausen.
Seine Fassungslosigkeit musste wohl im gesamten Raum spürbar gewesen sein, denn plötzlich sprangen alle auf und drängten sich vor dem Fenster zusammen. Niemand sagte etwas und wer weiß, wie lange die Stille angehalten hätte, wenn nicht zwei Dinge zugleich geschehen wären.
Seine Frau Ingrid brach in Tränen und sein Sohn Philipp in Gelächter aus.
Theresa sah ihren jüngeren Bruder scharf an und führte ihre Mutter zurück zum Sofa.
»Sie wird uns auf die Straße setzen«, jammerte diese matt.
»Vielleicht hören wir uns erst einmal an, was sie uns sonst noch zu sagen hat.« Carl Alexander, der Älteste der Kinder, war auf dem Sofa sitzen geblieben und schaute drein, als würde er über allem stehen.
Nachdem sich auch die entfernten Verwandten wieder gesetzt hatten, fuhr der Testamentsverwalter fort. »Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, hier …«
»Sie wagt es«, brauste Carl Constantin auf, »mein Bruder hat sie aus der Gosse in unsere Familie geholt und sie wagt es …«
»Darf sie das denn so einfach?«, ereiferte sich nun auch Michael Frank. »Unsere Familie wohnt seit...