E-Book, Deutsch, 137 Seiten
Reihe: Digital Edition
Jacobs Mein blonder Latin Lover
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7337-8806-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Digital Edition
E-Book, Deutsch, 137 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-8806-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ben ist hellblond und blauäugig – und absolut nicht Estellas Typ. Sie hat eine Vorliebe für Männer Marke Antonio Banderas. Bis sie Bens charmante und zupackende Art entdeckt. Und als sie ihm bei einem romantischen Picknick auf Mallorca etwas zu tief in die Augen blickt, ist ihr deren Farbe plötzlich egal ...
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
2. KAPITEL
Der Wind pfeift eisig um die Häuser, und wie ich mich kenne, dauert es keine fünf Minuten und ich bin erkältet. Doch die Gefahr einer Grippe ist momentan mein geringstes Problem.
Zuallererst muss ich meine Sachen holen und meinen Hund finden.
Und dann natürlich darüber nachdenken, was da soeben passiert ist …
Ich kann nicht fassen, dass ich im Eifer des Gefechts das vergessen habe, was mir das liebste auf der Welt ist – meinen Hund. Das ist ja fast, als hätte ich mein Baby beim Einkaufen vergessen. Was bin ich nur für eine Raben-Hundemutter!
Neidisch beobachte ich einen Penner, wie er heißen Kaffee schlürft. Mir ist kalt, ich würde jetzt auch gern etwas Warmes trinken! Wenn ich nicht gleich an meinen Mantel komme, werde ich fragen, ob ich mal kurz in den Schlafsack schlüpfen darf, der neben ihm auf dem Boden liegt.
Wo kann Perro nur sein?, frage ich mich und überlege, wann ich ihn zum letzten Mal gesehen habe. Das war … natürlich! Bei Andromeda. Dort hat er sich verzogen, als er sah, wie wütend ich wegen des Geschirrs auf ihn war.
„Mein lieber, süßer Perro, ich bin gleich bei dir!“, murmele ich, während es plötzlich beginnt zu schneien. Das glaube ich jetzt nicht. Da warte ich den ganzen Dezember, die Weihnachtszeit und Silvester über auf Schnee, aber nichts passiert. Und ausgerechnet jetzt, wo ich quasi mittel-, partner-, aber vor allem hundelos bin, meint Frau Holle, plötzlich Alarm machen zu müssen. Ich wische mir die dicken Flocken von der Nase, die ich zu einem anderen Zeitpunkt irre romantisch gefunden hätte. Zum Beispiel anlässlich eines Spaziergangs mit Juan …
Ich darf diesen Gedanken gar nicht weiter denken, denn das mit Juan hat sich offensichtlich gerade erledigt. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass er verheiratet ist. Wo zum Teufel hat seine Frau eigentlich in den vergangenen Wochen gesteckt? Und wieso hat dieser Typ es nicht für nötig gehalten, mir zu sagen, dass er alles andere als frei ist?
„Möchten Sie einen Schluck? Sie sehen so aus, als könnten Sie ihn vertragen“, fragt der Penner, hält mir aber anstelle des Kaffees einen Flachmann entgegen. Oh nein, so weit ist es noch nicht!
„Nein, danke“, lehne ich mit dem schönsten Lächeln, zu dem ich in diesem Moment fähig bin ab und beschließe dann zu handeln. Wenn Juan meint, mir die Tatsache unterschlagen zu müssen, dass er gebunden ist – bitte sehr! Ich bin ja nicht die erste Frau in der Geschichte, der so etwas passiert. Aber zuzulassen, dass seine Gattin auf mich losgeht und mich auch noch aussperrt, das ist eine Spur zu hart! Außerdem muss ich wissen, wie es jetzt beruflich für mich weitergeht. Schließlich brauche ich den Job in der Bar und habe seit heute auch noch Schulden bei Juan!
Also klopfe ich energisch gegen die Eingangstür – schließlich hätte das Felipe seit zehn Minuten geöffnet sein müssen, selbst wenn momentan weit und breit kein Gast in Sicht ist. An einem Tag wie diesem würde ich auch lieber zu Hause bleiben und es mir dort gemütlich machen oder zumindest an meinem Arbeitsplatz verharren und mir eine Pizza bestellen. Doch ich klopfe vergeblich – die Tür öffnet sich keinen Millimeter. Wo steckt Juan, dieser Lügner? Und seine Frau? Bedroht sie ihn gerade mit einem von Carmens Küchenmessern, Sorte extrascharf, oder hat sie ihn bereits mit der Paella-Pfanne zu Boden gestreckt? Für eine Nanosekunde tut Juan mir sogar leid. Ich weiß, wie es ist, mit einer temperamentvollen Spanierin zu tun zu haben – schließlich bin ich selbst zur Hälfte eine. Doch in dem Moment, als ich überlege, ob er es eventuell wert sein könnte, ihn aus den Klauen einer zur Gewalttätigkeit neigenden Ehefrau zu retten, parkt ein Wagen vor der Tür, und ihm entsteigen – wie die Orgelpfeifen – drei Kinder in Obhut einer älteren Dame.
Wie durch Zauberhand öffnet sich nun plötzlich die Tür, an die ich bis eben vergeblich getrommelt habe, und ein charmant lächelnder Juan öffnet. Er ignoriert mich, so gut er kann, nimmt nacheinander jedes der Mädchen in die Arme, küsst sie überschwänglich und bedankt sich dann bei der Dame (Mutter? Schwiegermutter?) für deren Hilfe.
Soso, denke ich und fühle das Blut in meinen Adern pochen. Juan hat nicht nur vergessen, mir von seiner Frau zu erzählen, sondern hat auch noch seine entzückende Brut unter den Tisch fallen lassen.
Wollte ich denn nicht Kinder mit ihm in die Welt setzen? Oder hatte mir zumindest fälschlicherweise eingebildet, dass er derjenige welche sein könnte? Hat Juan mir nicht in unseren schönsten Momenten ins Ohr geflüstert, er können sich alles, aber auch wirklich alles mit mir zusammen vorstellen?
Allmählich dämmert es mir, dass unsere Vorstellungen des Wörtchens alles ebenso voneinander abweichen wie unser Geschmack in Sachen Geschirr.
„Entschuldigung“, sage ich laut und vernehmlich, drängle mich am Familienglück vorbei und gehe so energisch wie möglich in Richtung Küche, um meine Sachen zu holen. Was wohl Carmen darüber denkt, dass ich mich plötzlich in Luft aufgelöst habe, anstatt ihr beim Backen der Tortillas zur Hand zu gehen?
Doch die Köchin ist sensibler als gedacht und streckt mir bereits Mantel und Tasche entgegen „Tut mir leid“, flüstert sie und streichelt mir kurz übers Haar. „Ich hätte dir sagen müssen, dass Juan verheiratet ist und Familie hat. Und nebenbei einen Faible für hübsche Aushilfen.“
„Ja, das wäre nett gewesen“, murmle ich und gehe dann hocherhobenen Hauptes durch die Bar. Aha, ich bin also scheinbar nicht die Einzige, die Juans Charme zum Opfer gefallen ist. Na, der kann was erleben! Ich werde ihm keinesfalls die Genugtuung verschaffen, mich womöglich leiden zu sehen. Dummerweise übersehe ich in dem Bemühen, eine möglichst gute Figur bei meinem Abgang zu machen, einen attraktiven, blonden Mann und renne direkt in ihn hinein. Zum zweiten Mal an diesem Tag gehe ich zu Boden und verfluche die Stiefeletten, die ich in einem Anfall von Wahnsinn im Schlussverkauf erstanden habe, um Juan damit zu beeindrucken.
„Geht es Ihnen gut?“, fragt der Blonde und zieht mich sanft vom Boden in die Senkrechte. Unsere Augen kreuzen sich für einen kurzen Moment, und mich durchfährt ein kleiner Schauer. Allerdings weiß ich nicht, ob der von meinen schmerzenden Knöchel herrührt oder den hellgrauen Augen des Fremden. Die Haarfarbe kann auf keinen Fall die Ursache sein, denn ich bin, seit ich mich für das andere Geschlecht interessiere, eindeutig auf dunkelhaarig abonniert.
„Danke“, hauche ich und nicke dem Mann huldvoll zu. Nun ist es wirklich Zeit, dieses unglückbringende Etablissement zu verlassen!
„War nett, Sie kennenzulernen“, ist das Letzte, das ich höre, als sich die Tür hinter mir schließt.
Eine Stunde später bin ich endlich in meiner warmen, kuscheligen Wohnung. Perro sitzt hechelnd zu meinen Füßen und scheint überglücklich, wieder in meiner Nähe zu sein. Auch ich bin froh, ihn endlich wiederzuhaben, und stecke meine Nase in sein weiches Fell. Wie ein Häufchen Elend, die Ohren bis zum Boden hängend, hatte er an der Kasse von Andromeda gesessen und auf mich gewartet. Bei seinem Anblick waren Kummer und Ärger sofort vergessen, und ich war heilfroh, meinen Liebling mit nach Hause nehmen zu können.
Während ich Tee trinke und meine Füße unter seinen Bauch stecke, um mich an seinem warmen Hundekörper zu wärmen, öffne ich die Post. In den letzten Tagen hat sich einiges angesammelt, das ich bislang habe achtlos liegen lassen, so sehr schwebte ich wegen Juan im Liebeshimmel. Sollte die Welt doch sonst etwas von mir wollen, sie würde warten müssen, bis ich Lust hatte, von Wolke sieben herabzusteigen und mich den Realitäten zu stellen.
Ein Fehler – wie ich jetzt erkenne.
Mein Verlag teilt mir mit, dass er Insolvenz anmelden muss, deshalb auch meine Übersetzung nicht mehr benötigt, und die Hausverwaltung schreibt, das meine Wohnung demnächst luxussaniert und zu Eigentum umgewandelt werden soll.
Wenn ich Interesse am Erwerb meines Heims haben sollte, kann ich mich jederzeit melden. Schon klar, ich schwimme ja momentan nur so in Geld …
Schockiert lasse ich beide Briefe auf den wurmstichigen Holzfußboden fallen, der alsbald vermutlich herausgerissen wird, um einem Granitboden oder Ähnlichem zu weichen. Perro betrachtet das raschelnde Papier als Spielzeug und kaut schwanzwedelnd darauf herum. Ich halte ihn nicht davon ab, denn diese Briefe will ich bestimmt kein zweites Mal lesen.
Ratlos starre ich aus dem Fenster. Die Schneeflocken haben sich mittlerweile zu einem wahren Schneegestöber verdichtet. Und das Anfang Februar! Was mache ich denn jetzt?, frage ich mich und ziehe meine Jacke fester um die Schultern. Der alte Kachelofen ist zwar wunderschön, dient jedoch eher zu Dekorationszwecken denn als Heizquelle.
Ob sie den wohl stehen lassen werden?, sinniere ich melancholisch. Dann wandern meine Blicke in die Ecke des Raums, die ich als Atelier eingerichtet habe. Auf der Staffelei trocknet gerade ein Ölbild, das ich von Perro gemalt habe, auf dem Fußboden stapeln sich Bilder, für die ich trotz aller Bemühungen immer noch keinen Galeristen gefunden habe. Offensichtlich meint es das Schicksal derzeit nicht sonderlich gut mit mir!
In dem Moment, als sich erste Tränen des Selbstmitleids in meine Augen schleichen, klingelt das Telefon. Eigentlich habe ich jetzt keine Lust, mit irgendjemandem zu sprechen, denn es gibt zu vieles, worüber es jetzt nachzudenken gilt. Und ich muss eine Entscheidung darüber treffen,...