Jacob | Alles nur Theater | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Jacob Alles nur Theater

Mein abgefahrenes Leben auf Tournee
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-86415-955-8
Verlag: mvg
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Mein abgefahrenes Leben auf Tournee

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-86415-955-8
Verlag: mvg
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Katerina Jacob hat mehr als 33 Jahre ihres Lebens auf der Straße verbracht. Von Quakenbrück bis Waldkraiburg, von Lennestadt bis Vöcklabruck tourte sie mit verschiedenen Theateraufführungen durch die Provinz. Ein interessanter, aber auch ein harter Job, in dem man oft an seine Grenzen stößt - sowohl mental als auch körperlich. Katerina Jacob erzählt in ihrer unverwechselbaren humorvollen Art von all den absurden, komischen, schockierenden und außergewöhnlichen Dingen, die sie auf ihren Tourneen erlebt hat. Ob es ein Schwert ist, das sich während eines Duells auf der Bühne selbstständig macht und als gefährliches Geschoss ins Publikum fliegt, oder ihr ausgeklügeltes System, um mit der Hand gewaschene Unterwäsche über Nacht auf dem Hotelheizkörper wieder trocken zu bekommen. Ganz zu schweigen von Pannen, Hängern und Sex auf roten Pumps. Nach ihrem erfolgreichen Erstlingswerk Oh (weia) Kanada hat Katerina Jacob erneut ein unterhaltsames und einzigartiges Buch geschrieben, das nicht nur für ihre Fans eine Pflichtlektüre ist, sondern für alle, die schon immer einmal wissen wollten, wie es hinter den Kulissen eines Theaters wirklich zugeht.

Katerina Jacob, geboren 1958 in München, stammt aus einer Schauspielerdynastie. Vom Großvater, über Onkel, Tanten und Nichten bis hin zu ihrer berühmten Mutter Ellen Schwiers, die 1980 das Tourneeunternehmen 'Das Ensemble' gründete. Katerina Jacob wurde dem breiten Publikum vor allem durch TV-Serien wie Alle meine Töchter, Samt und Seide, Polizeiruf 110 und Der Bulle von Tölz bekannt. 2015 erschien ihr erstes Buch Oh(weia) Kanada, das den Sprung auf die Spiegel-Bestellerliste schaffte. Katerina Jacob ist verheiratet, hat eine Tochter und zwei Enkelkinder. Sie lebt und schreibt abwechselnd in Kanada, auf Antigua und den Rest der Zeit verbringt sie am Starnberger See mit ihren fünf Hunden.
Jacob Alles nur Theater jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Das Theater ist das schönste und älteste Lügengewerbe der Welt. Ein wunderbarer Zauberkasten: Es zeigt wirklich, was in Wirklichkeit nicht ist. Hamlet stirbt und geht anschließend Spaghetti essen.

Gustav Seibt (geb. 1959), deutscher Historiker, Literaturkritiker und Journalist

Johnny Belinda (Schweigende Lippen)


Elmer Harris (1878–1966)

Das Stück spielt Ende des 19. Jahrhunderts in Neuschottland an Kanadas Ostküste. Hauptpersonen sind: ein junges Mädchen namens Belinda, taub wie eine Nuss, ihr Vater Black, ihre Tante Aggie, sie leben alle zusammen auf einer Farm. Dazu stößt ein Arzt namens Richardson, der es, aus der Großstadt kommend, ganz toll findet, eine Stumme auf der einsamen und langweiligen Insel gefunden zu haben, und Belinda, die so schlecht nicht aussieht, die Taubstummensprache beibringt (offenbar wird dort niemand krank und der Arzt hat Zeit). Dann gibt es noch den bösen Nachbarsburschen namens Locky, der eines Tages Belinda vergewaltigt, und schwups ist die schwanger. Jetzt denken alle, der Arzt war es, weil der ja ständig mit ihr zusammengluckt. Und weil er ein guter Mensch ist, nimmt er sich ein Herz und heiratet sie, muss aber danach zurück in die Stadt und dort praktizieren, weil die Dorfbewohner ihn nicht mehr mögen. Belinda lässt er auf der Farm zurück. Der Böse hat inzwischen ein anderes Mädel namens Stella geheiratet, aber irgendwie argwöhnt er, dass das Kind doch von ihm sein könnte. Also besucht er Belinda, aber der Papa schmeißt ihn raus. Da droht Locky, sich das Kind gewaltsam unter den Nagel zu reißen. Das will der Papa Black verhindern und rennt Locky nach. Es kommt zum Kampf und Locky schmeißt Belindas Vater über eine Klippe – Exitus (diese Stelle wird nur erzählt). Nun ist Belinda mit ihrer Tante Aggie allein, und Locky kommt vorbei, um das Kind zu entführen. Stella steht da auch irgendwo im Hintergrund rum und beobachtet alles. Da kommt es zum Kampf und Belinda erschießt Locky. Sie wird des Mordes angeklagt, aber aufgrund der Aussage von Stella, die inzwischen wohl kapiert hat, dass sie den letzten Arsch geheiratet hat, auf freien Fuß gesetzt. Belinda schließt überglücklich ihr Söhnchen Johnny in die Arme, schaut verliebt Dr. Richardson in die Augen, der zum Finale wieder aufgetaucht ist, und presst das Wort »JOHHNNNYY« über die Lippen. Die Leute sind begeistert, der Vorhang fällt. Der Sinn des Ganzen? Gute Unterhaltung!

Von diesem Stück war ich restlos begeistert. Erstens musste ich keinen Text büffeln, zweitens durfte ich die Taubstummensprache erlernen und drittens war es ein tolles Ensemble. Rolf Schimpf (Ladenbesitzer Paquet) und seine Frau Ilse Zielstorff (Tante Aggie), Franz Mosthav (Vater Black), Hartmut Solinger (Locky), mit der Darstellerin der Stella hatte ich schon bei den Wunsiedler Festspielen auf der Bühne gestanden (leider komm ich nicht ums Verrecken auf ihren Namen), ein junger Kollege namens David und last not least Dr. Richardson, gespielt von … nennen wir ihn einfach Peter.

Meine Tochter Josephine war inzwischen drei Monate alt und ich nahm sie zu den Proben mit, die in München stattfanden. Den Vater des Kindes hielt ich geheim, da Oswald verheiratet war und ich mich entschieden hatte, das Kind allein großzuziehen. Sehen eigentlich alle unehelichen Kinder ihren Vätern wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich? Bei meiner Tochter war es jedenfalls so. Jeder, der Oswald kannte und meine Tochter sah, schnappte erst mal nach Luft. Auf die Tour – wir hatten an die 90 Vorstellungen vor uns – würde ich sie nicht mitnehmen, aber ich hoffte, sie regelmäßig besuchen zu können.

Zunächst einmal musste ich meinen Text in Taubstummensprache lernen. Dazu wurde ein Lehrer an einer Münchner Taubstummenschule engagiert. Zeitgleich sollte Peter, der aus Hamburg stammte, das gleiche Programm wie ich in seiner Heimatstadt absolvieren. Der Unterricht machte Spaß. Ich lernte fantastische Menschen kennen, von Geburt an taub, die fast normal gesprochen haben und grandios von den Lippen ablesen konnten.

Als Peter und ich unsere erste gemeinsame Probe hatten, stellten wir mit Entsetzen fest, dass wir jeweils völlig andere Zeichen gelernt hatten. Ob es das Zeichen für Vater oder Mutter war, für Kind, Frau oder Mann, es hätte unterschiedlicher nicht sein können. Wir riefen also bei meinem Lehrer an.

»Wo hat er denn die Zeichen gelernt?«, erkundigte er sich.

»In Hamburg.«

»Das kann wohl möglich sein, jeder spricht anders.«

Das konnte nicht wahr sein! Es gab Unterschiede in der Zeichensprache? Ich erinnerte mich an einen Vorfall in der Schule, als ein marokkanischer Taubstummer um Hilfe angefragt hatte, man ihm aber nicht helfen konnte, weil kein Mensch ihn verstand. Nun mussten wir uns einigen. Oswald ließ sich von Peter und mir alle Zeichen zeigen und entschied sich dann für die bühnenwirksamsten.

Wir würden wieder mit dem Bus unterwegs sein und hatten wieder denselben Busfahrer, der die Kollegin aus dem letzten Stück (Der Richter von Zalamea) inzwischen geehelicht hatte. Als ich den Bus das erste Mal bestieg, glaubte ich meinen Augen kaum zu trauen. Peter, als Star, hatte sich ein Bett in den Bus stellen lassen und so fehlten mindestens sechs Reihen. Da wir ein ziemlich großes Ensemble waren, musste der Rest zusammenrücken. Während der ganzen Tour hat er es nicht einmal benutzt, verbot es aber allen anderen. So etwas macht Freunde! Er und Franz Mosthav saßen in der ersten Reihe (wo sonst?) und hatten, da beide Weintrinker waren, einen 10-Liter-Plastikcontainer, gefüllt mit Rotwein, neben dem Busfahrer installiert. Dauerte die Fahrt mal wieder länger, zapften sie sich genüsslich das ein oder andere Gläschen ab.

Peter war auch ein bekennender Schnäppchenjäger und unglaublich geizig. Wenn er mal wieder etwas entdeckt hatte, was er günstig erwerben konnte, war er glücklich. Nur dass – bei 90 Vorstellungen – der Bus immer mehr zugemüllt wurde von seinem Zeug. Als er plötzlich mit Rattanmöbeln erschien, nachdem sich schon Ölgemälde und Geschirr im Bus stapelten, flippte unser Busfahrer aus. Wir, im hinteren Ende des Busses, sollten eben noch ein Stückchen zusammenrücken, war seine lapidare Antwort.

Vor jeder Vorstellung kam er zu mir, um sich meinen Kajalstift auszuborgen, denn zum Geiz gesellte sich noch Eitelkeit. Er bekam bestimmt das Dreifache an Gage und ich traute mich nicht, ihm den Gefallen abzuschlagen, da er älter, erfahrener und bekannter war, und vor allem konnte er so richtig fies werden. Von ihm stammt auch der Satz: »Ich bin nicht abhängig von der Qualität eines Partners, ich kann mit einem Heizkörper spielen.« Das nenn ich Hybris, denn je besser der Partner, desto besser ist man selbst, man beflügelt sich gegenseitig. Doch irgendwann schlägt das Imperium zurück.

Wir hatten eine lange Fahrt von 550 Kilometern vor uns und wurden in Freudenstadt erwartet. Uns war klar, dass wir nicht vor 18 Uhr ankommen würden, da der Bus nur 100 Kilometer in der Stunde fahren durfte und alle vier Stunden eine Pause von 30 Minuten einlegen musste. Wir starteten daher sehr früh am Morgen. Der Weg würde an Bruchsal (hat ein sehr gutes festes Ensemble) vorbeiführen, und Peter fing an, von einem Lokal zu schwärmen, in dem er während seiner Spielzeit in Bruchsal Dauergast gewesen war. Er wollte unbedingt einen Halt einlegen und dort zu Mittag essen. Er belaberte Franz so lange, bis der damit einverstanden war. Unsere Meinung war ihm egal.

Der Rest der Truppe war allerdings dagegen, erstens, weil es ein ziemlicher Umweg war, zweitens, weil wir inzwischen mitbekommen hatten, dass es sich um eine Restauration der gehobenen Art handelte und weit über unserem Budget lag. Was der Star befiehlt, wird gemacht! Geschlagene zwei Stunden dinierten die Herren, während wir in der Kälte herumspazierten und uns einen Döner gönnten. Endlich konnten wir weiterfahren und das Unglück nahm in Form eines Staus seinen weiteren Verlauf. Nun wurde es allmählich knapp. Im vorderen Teil des Busses machte sich eine gewisse Nervosität breit, denn es dämmerte den beiden wohl, was sie für einen Mist gebaut hatten. Im hinteren Teil konnten wir eine gewisse Häme nicht unterdrücken.

Selbst wenn Peter der Star unseres Stückes war, mit unserem Prinzipal Herrn Kugelgruber war nicht gut Kirschen essen, und wenn wir die Vorstellung verpassen würden, würde Peter dafür aufkommen müssen. Als es 19.30 Uhr war und unser Trupp immer noch gute 40 Minuten vom Spielort entfernt war, brach auch uns der Schweiß aus. Unser Busfahrer pfiff auf Geschwindigkeitsbegrenzungen und so hielten wir exakt um 20 Uhr mit quietschenden Bremsen vor dem Haupteingang.

Normalerweise betritt der Schauspieler das Theater durch den Künstlereingang, der sich fast immer auf der Rückseite befindet. In diesem Fall darauf gepfiffen! Wie stürmten durchs Foyer und mussten wohl oder übel durch den Zuschauerraum, als einer der Kartenabreißer uns an der Tür stoppte: »Ihre Karten...


Katerina Jacob, geboren 1958 in München, stammt aus einer Schauspielerdynastie. Vom Großvater, über Onkel, Tanten und Nichten bis hin zu ihrer berühmten Mutter Ellen Schwiers, die 1980 das Tourneeunternehmen "Das Ensemble" gründete. Katerina Jacob wurde dem breiten Publikum vor allem durch TV-Serien wie Alle meine Töchter, Samt und Seide, Polizeiruf 110 und Der Bulle von Tölz bekannt. 2015 erschien ihr erstes Buch Oh(weia) Kanada, das den Sprung auf die Spiegel-Bestellerliste schaffte. Katerina Jacob ist verheiratet, hat eine Tochter und zwei Enkelkinder. Sie lebt und schreibt abwechselnd in Kanada, auf Antigua und den Rest der Zeit verbringt sie am Starnberger See mit ihren fünf Hunden.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.