E-Book, Deutsch, 319 Seiten
Imhof Die Krise der Öffentlichkeit
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-593-41212-2
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Kommunikation und Medien als Faktoren des sozialen Wandels
E-Book, Deutsch, 319 Seiten
ISBN: 978-3-593-41212-2
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
In den aktuellen Krisen und Umbrüchen tritt die Macht der Medien und der öffentlichen Kommunikation deutlich zutage. Kurt Imhof zeigt, dass Umbruchperioden, wie etwa die jüngste Weltwirtschaftskrise, wiederkehrende Phänomene darstellen und theoriefähig sind. Aus der gesellschaftstheoretischen Auseinandersetzung mit 'Öffentlichkeit' und 'Privatheit' von den Klassikern bis in die Gegenwart entwickelt Kurt Imhof eine Theorie des neuen Strukturwandels der Öffentlichkeit und begründet die Kommunikation als wichtigsten Faktor des sozialen Wandels.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;6
2;Vorwort;8
3;Einleitung: Öffentlichkeit und sozialer Wandel;11
4;1 Öffentlichkeit und Deliberation;37
4.1;1.1 Aporien der Freiheit;39
4.2;1.2 Basisnormen der Moderne;46
4.3;1.3 Öffentlichkeit und Deliberation in der Sozialtheorie;52
5;2 Krise der Öffentlichkeit (Theorie der Öffentlichkeit);86
5.1;2.1 Arenen, Kommunikationsflüsse und Akteure;91
5.2;2.2 Funktionen der Öffentlichkeit;100
5.3;2.3 Neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit;109
5.4;2.4 Moralische Repolitisierung und Personalisierungder Ökonomie;150
6;3 Öffentlichkeit in Krisen(Theorie der Krise);161
6.1;3.1 Dualisierung der Konflikttheorie;162
6.2;3.2 Revolutionen und die Differenzsemantiken der Moderne;177
6.3;3.3 Regularitäten in der Diskontinuität;182
6.4;3.4 Krisen und Gesellschaftsmodelle;199
7;4 Semiautonome Sphären und autonome Öffentlichkeiten;215
7.1;4.1 Wissenschaft in der politisch-kulturellen Öffentlichkeit;220
7.2;4.2 Religion in der politisch-kulturellen Öffentlichkeit;223
7.3;4.3 Kunst in der politisch-kulturellen Öffentlichkeit;226
7.4;4.4 Wissensvermittlung in derpolitisch-kulturellen Öffentlichkeit;231
7.5;4.5 Verschiebung der Rationalitätsbezüge im neuen Strukturwandel der Öffentlichkeit;247
7.6;4.6 Autonome Öffentlichkeiten;252
8;5 Resümee: Barbarei und Zivilität;269
8.1;5.1 Krisenanalyse und Krisentypen;270
8.2;5.2 Voraussetzungen und Hindernisse eines neuen Gesellschaftsmodells;285
9;Literatur;291
3 Öffentlichkeit in Krisen (Theorie der Krise) (S. 160-161)
Durch die Aufklärung verlor die Moderne die Sinngebungskraft traditionaler Religion wie überlieferter Rechte und sah sich nach der »Entzauberung der Welt« auf sich selbst zurückgeworfen. Bereits mit der Aufklärung entstanden die verschiedenen, ersatzreligiösen Formen des Nationalismus, dann die klassischen Ideologien des 19. Jahrhunderts (Liberalismus, Konservatismus, Sozialismus) und die Hochideologien des 20. Jahrhunderts (Nationalsozialismus, Faschismus und Stalinismus).
Der Austritt aus der Unmündigkeit durch die säkularisierende Kraft der Aufklärung führte nicht zur Entzifferung der Vernunftgesetze der Gesellschaft sondern in das Zeitalter der Ideologien. Ideologien, diese Substitute von Schicksal, Vorsehung und Fügung, haben wesentlich geringere Stabilität als das voraufgeklärte religiöse Denken, in dem gute wie schlechte Herrschaft, solange sie sich im Rahmen der überlieferten Rechte bewegte, per se legitim war. Die Ideensysteme der nachaufgeklärten, neuesten Zeit dagegen stehen mitsamt den sie vertretenden Machtträgern und Körperschaften unter Bewährungsdruck. Ideologien sind gekennzeichnet durch säkulare Entwicklungs- und Fortschrittsziele, an deren Realisierung sie sich und ihre Träger messen müssen.
Damit wird die Geschichte dynamisiert, Entwicklungstempo und sozialer Wandel erreichen eine bisher unbekannte Intensität.246 Von entscheidender Bedeutung für den sozialen Wandel der Moderne sind dabei die Umbruchperioden, die durch Fundamentalkonflikte geprägt sind. Die Auseinandersetzung mit Krisen und Umbrüchen und die damit verbundene Abfolge von Gesellschaftsmodellen benötigt deshalb eine konflikttheoretische Basis, in der Routinekonflikte mit einer weitgehend ritualisierten Öffentlichkeit von Fundamentalkonflikten mit einer aktivierten Öffentlichkeit unterschieden werden. Dies bildet der erste Schritt zu Dynamisierung der Theorie der Öffentlichkeit (3.1 Dualisierung der Konflikttheorie).
Die politische Öffentlichkeit im Fundamentalkonflikt lässt sich zunächst anhand der stärksten Form des Umbruchs, der Revolution, zeigen. Revolutionen sind außerordentliche Kommunikationsverdichtungen im Ringen um die richtige Interpretation von Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und Zugehörigkeit. In den Revolutionen entfesselt sich der Kampf, den das säkulare Fortschrittsversprechen der Aufklärung der Moderne aufzwingt. Dadurch entsteht in ihnen die politische Öffentlichkeit, in der sich die Revolution spiegelt und vorangetrieben wird (3.2 Revolutionen und die Differenzsemantiken der Moderne).
Im diachronen Vergleich der den Zeitgenossen singulär erscheinenden Vorgänge in den Umbrüchen der Moderne lassen sich die Regularitäten entdecken, die den diskontinuierlichen sozialen Wandel dieser Gesellschaftsformation kennzeichnen (3.3 Regularitäten in der Diskontinuität). Diese Regularitäten sind theoriefähig und dies erlaubt es, den kontingenten Verlauf dieser Umbruchperioden, in denen Gesellschaftsmodelle ihr Anfang und ihr Ende finden, zu systematisieren (3.4 Krisen und Gesellschaftsmodelle).