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E-Book, Deutsch, 386 Seiten

Illy TEA

ELYA-49 Teil II
2. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7504-4727-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

ELYA-49 Teil II

E-Book, Deutsch, 386 Seiten

ISBN: 978-3-7504-4727-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Florenz in ferner Zukunft. Die Überlebenden der zurückliegenden Apokalypse starten in ihr zweites Leben unter einem neuen Stern: ELYA-49. Beherzt macht man sich an den Wiederaufbau. In jene Welt wird die kleine Tea hineingeboren, die sich an ihrem zehnten Geburtstag ihrer größten Angst stellen muss. Denn die Vergangenheit wirft ihre Schatten auch in Richtung Zukunft. Der Psychiater Dr. Daniel Illy liefert die mit Spannung erwartete Fortsetzung zu seinem Debütroman, dem Indie-Geheimtipp ELYA-49. Packend verwebt er Gesellschaftsdystopie mit Psychologie und schafft einen unter die Haut gehenden, tiefgründigen Science-Fiction-Psychothriller, der alles, nur nicht das ist. Der Plot kitzelt die Nervenbahnen mit unerwarteten Wendungen, Wahnsinn, dem Wiedersehen alter Weggefährten und sprengt letztlich sämtliche Genre-Konventionen. 2. Auflage

Dr. Daniel Illy ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und arbeitet in Berlin. Der 1985 geborene Autor hat bereits einige erfolgreiche Ratgeber über psychische Erkrankungen geschrieben. ELYA-49 war sein Debütroman. Mit TEA liefert er den mit Spannung erwarteten zweiten Teil.

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Zweites Kapitel
In immer enger werdenden Serpentinen schlängelte sich die Straße hinauf in Richtung Heiligtum. Die fünf mit Blumen und Girlanden festlich geschmückten und von je zwei samtig glänzenden Pferden gezogenen Wagen wurden von der jubelnden Menge weiter gen Himmel getragen. Die Augen der zwei Dutzend auf den Gespannen verteilten Kinder blitzten vor Freude mit der strahlenden Sonne um die Wette. Sie alle trugen die leuchtend gelben Kutten der Zweitgeborenen. Ein Festgewand, das sie außer am heutigen Tag nicht mehr tragen würden. In hoffentlich ferner Zukunft, wenn ihr toter, von einem erfüllten Leben gezeichneter Körper in Asche und Rauch aufging, würde dieses Stück Stoff ihren Kopf zieren. Die Haare der Mädchen waren zu kunstvollen Zöpfen geflochten, raffinierte kleine Sonnen hier und da in die Haarstoppeln der Jungen rasiert. Es war ein besonderer Tag für die an der Schwelle zum Erwachsenwerden stehenden Kinder, ja, für das gesamte Umland. Zu vielen Tausenden waren sie gekommen. Vorsichtige Schätzungen sprachen von mehr als 15.000 Menschen. Der Initiationstag war primär ein Fest der Freude. Sie alle hatten es geschafft, die lange und kalte Reise ihrer Heimat zu überdauern. Die Zweitgeborenen, diese erste Generation der künftigen Erdbevölkerung, waren der Beweis dafür, dass menschlicher Ehrgeiz und fortschrittliche Technik sogar der Apokalypse trotzen konnten. Doch bevor diese jungen Menschen in einigen Jahren selbst Familien gründen würden, galt es, ihnen das Privileg ihrer Existenz eindrücklich vor Augen zu führen. Kein anderer Ort als das Heiligtum schien besser dafür geeignet zu sein. All die Opfer, die ihre Eltern und Großeltern erbracht hatten, um ihren Fortbestand zu sichern. Die vielen und langen Tage in den stickigen unterirdischen Gängen. Die grausamen Tode der Familienmitglieder, die man in Unwissenheit hatte belassen müssen. Der Schmerz und die bittere Erkenntnis der Überlebenden, diese Menschen nie wieder zu sehen. Das Fest der Initiation war aber auch ein Mahntag, ein Lehrstück für Demut und Dankbarkeit. Mit dem Wechsel auf die weiterführende Schule, die in naher Zukunft, wenn sie sich vom Agrarstaat erneut zum Kulturstaat emporgeschwungen hatten, den Weg in einen Ausbildungsbetrieb oder einen Hörsaal ebnen sollte, hatte sich jedes Kind dem Initiationsritus zu unterziehen. Wer diesen ablehnte oder – im beinahe eingetretenen Fall von Tea – nicht zugelassen wurde, fand keinen Platz in der Gemeinschaft und wurde verstoßen. Das Ritual war noch jung, seine Geschichte reichte gerade mal einen Monat zurück. Die ersten Florentiner waren im Vergleich zu ihrem Jahrtausende währenden eisigen Schlaf erst vor einem Wimpernschlag in die warmen Sonnenstrahlen von ELYA-49 getreten. Etwas später hatten sie die ersten Neugeborenen, unter ihnen Tea, über die von harter Arbeit gebeugten Köpfe gehoben. Hoffnungsvoll, auf ihre neue Sonne, ihre zweite Chance vertrauend. Die Menschen mussten dieses an ihre Heimat erinnernde Land, fremd und doch so vertraut, erneut besiedeln. Diese neue, fragile Gesellschaft verlangte nach einer von außen vorgegebenen Form. So wie sich Ton auch erst durch den Druck wissender Hände zu einer Vase formte. Zusammenhalt war ein Überlebenskriterium in diesen Zeiten. Das Wissen vergangener Jahrtausende im Rücken würde es dennoch viele Jahrzehnte dauern, bis man auch nur annähernd den Stand des Jahres 2017 erreichen würde – wenn nicht sogar noch viel länger. Abweichungen jeder Art würden das noch so fragile, im Wachstum begriffene Gebilde ihrer Gesellschaft vielleicht zurückwerfen, ihm Schaden zufügen oder es gar zerstören. Umso wichtiger war es, die neue heranwachsende Generation auf die gemeinsam leidvoll ausgeloteten Werte einzuschwören, sie feierlich und voller Freude in die Gemeinschaft einzuführen, ihnen dabei aber auch klarzumachen, dass für egoistischen Individualismus kein Platz war. Alleine auf sich gestellt, waren die Chancen auf ein Überleben gleich null – ein Ausschluss aus der Gemeinschaft kam einem Todesurteil gleich. So hatte man auch Matteo und seinen Vater von der Einwohnerliste gestrichen. Der in sich gekehrte und tagträumende Junge aus einem der Vororte hatte sich geweigert, den Schwur zu leisten. Man munkelte, sein Vater sei psychisch krank und paranoid gewesen und habe den unschuldigen Jungen indoktriniert. Zuletzt hatte man die beiden in Richtung Küste aufbrechen sehen und fortan nichts mehr von ihnen vernommen. Offiziell waren sie bereits für tot erklärt worden, denn sie hatten das Halt gebende System aus Ordnung und Struktur verlassen. Für die Systemtreuen hingegen ging das Leben sicher weiter. In den Sommermonaten würden sie das Fest der Initiation nun monatlich feiern. Tea gehörte zu den Kandidaten der zweiten Runde. Etwas nervös hob sie die Hand und winkte der Menge zu. Sie fuhren gerade über den gepflasterten Marktplatz eines sich an die Hügelkuppe schmiegenden Dörfchens. Vor einem Stand mit Maisfladen am Straßenrand wurde zu lauter Musik getanzt. Selbst die einfachste aus Lehmziegeln errichtete Bauernhütte, selbst die schäbigste, durch Zeltplanen in Wohnraum umgewandelte Ruine der alten Zeit war festlich geschmückt worden. Sonnen-Wein wurde allerorts vollmundig angepriesen. Ein knappes und für die älteren Gaumen eigentlich ungenießbares Gut, trotz des seit einigen Jahren wieder erstarkenden Anbaus. Aber eines, das den Kopf leicht machte. Die Leute waren ausgelassen, alle paar Meter drangen neue von Trompeten und Trommeln begleitete Gesänge an Teas Ohren. Konnte man sehen, wie nervös sie war? Mit jeder weiteren Kehre, die das Pferdegespann in Richtung Heiligtum nahm, reifte das seltsame Gefühl aus Angst und Vorfreude in ihr heran. Heute Morgen, am festlich gedeckten Geburtstagstisch hatte Tea, trotz oder gerade aufgrund all der ihr noch bevorstehenden Schrecken dieses Tages, das »Tanti auguri a te«-Ständchen ihrer Mama herbeigesehnt. Den mit Kerzen gespickten Mandelkuchen hingegen, eine kostbare Spezialität, hatte sie kaum angerührt. Ihrer Mutter war das große Fragezeichen auf dem Gesicht ihrer Tochter natürlich sofort aufgefallen. »Spuck einfach!«, lautete deshalb ihr Ratschlag. »Spuck einfach und bring es hinter dich!« »Aber ich will nicht so nah bei ihm sein, wenn sie ihm wehtun«, entgegnete die Zehnjährige. »Spuck einfach«, sagte ihre Mutter wieder, dem Schmerz in ihr keinen Raum geben wollend. »Du hast keine andere Wahl und er wird dir das verzeihen!« Würde er? Tea war sich da noch nicht so sicher. Sie betrachtete die neben ihr stehenden Kinder, die sich aufgrund der Steigung gerade an den Rand des Wagens festklammerten. Die Aufregung lag jetzt deutlich spürbar in der Luft. Nur noch wenige Meter, dann würden sie das Heiligtum zum ersten Mal mit ihren eigenen Augen sehen. Längst schon hatte sich die an der Straße jubelnde und feiernde Menge zu einer feierlichen Prozession gewandelt. Man folgte den geschmückten Pferdewagen, jubelte, pfiff und schrie. Fahnen wurden geschwenkt, wirbelten in bunten Kreisen nach oben, um kurz darauf wieder ein Bad in der Menge zu nehmen. Auf ihnen Symbole der Zukunft, der Hoffnung: die erneut zur Metropole zusammengewachsenen Dörfer von Florenz und dem toskanischen Umland. Tea erblickte unzählige in Stoff verewigte Panther, viele Wölfe und einige Schnecken, das Symbol der Region ihrer Geburt. Ihre Mutter war es, die sich nach »jener Sache« bei der Vergabe für das unscheinbare Wappentier eingesetzt hatte. Die Stärke der Schnecke offenbarte sich erst auf den zweiten Blick. Während der Panther seine samtigen Muskeln auf der Fahne gut in Szene zu setzen wusste, war es mehr als fraglich, ob er irgendwo auf der Welt die Katastrophe überlebt hatte. Auch die zu ihm gehörende Innenstadt hüllte sich in einstigen Glanz, angewiesen auf die sie umgebenden Kornkammern. Die Schnecke hingegen hatte sich in ihr Haus, ihr Heiligtum, zurückgezogen und überdauert. Die angefressenen Salatköpfe hinter ihrem Haus waren stumme Zeugen und Teas Mutter, die dann und wann die Sinnhaftigkeit der von den Biologen festgelegten Artenschutzprogramme und Verfahren der Wiederanzüchtung in Frage stellte, ein Dorn im Auge. Wer auch immer auf die Idee gekommen war, die in den Tiertanks eingefrorenen Schnecken auszuwildern, schien kein Freund von Salaten zu sein. Tea teilte zwar die Abneigung gegen das Grünzeug, war aber gerne Schnecke und hob die Hand, um eine Schneckenfahnen schwenkende Gruppe Jugendliche am Straßenrand zu grüßen. Die Pferde mühten sich das letzte und steilste Stück hinauf. Tea wurde schwindelig vor Aufregung. Gleich würde sie das Heiligtum zum ersten Mal sehen. Das Heiligtum und seinen prominenten Gefangenen. Auf einer Anhöhe, vielleicht 300 Meter vor dem Eingang stoppten die Wagen. Die Menge bildete einen Korridor, an dessen Ende der mit Blumen geschmückte Zugang in den Berg wartete. Man reichte den Kindern die Hand und half ihnen herab. Die Pferde tänzelten unruhig hin und her, als wüssten sie, welchen Stellenwert dieser Tag für ihre...



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