Huxley | Essays | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 1004 Seiten

Huxley Essays

Alle drei Bände in einem eBook: Streifzüge, Form in der Zeit, Seele und Gesellschaft
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-492-97730-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Alle drei Bände in einem eBook: Streifzüge, Form in der Zeit, Seele und Gesellschaft

E-Book, Deutsch, 1004 Seiten

ISBN: 978-3-492-97730-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Essays des Autors von »Schöne neue Welt« als E-Book in einem Band Der amüsante Feuilletonist, der Reiseschriftsteller, der unaufdringliche Besserwisser, unbestechlicher Zeitzeuge, skeptischer Wahrheitssucher, der Philosophie- und Utopiekritiker, der Ästhet, der Ökologe der ersten Stunde - sprechen all diese Huxleys noch oder wieder zu uns? Die vorliegende Ausgabe entstand aus dem Vertrauen darauf, dass Huxley, der Essayist, nicht nur außergewöhnlich lesbar, sondern auch erstaunlich aktuell geblieben ist: Wo er zu zeitgebundenen Fragen Stellung nimmt, macht sein Blickwinkel, der immer die Vergangenheit und Zukunft zu erfassen sucht, das Gesagte bedenkenswert; sein Geist und Witz gibt ihm Denkwürdigkeit.

Aldous Leonard Huxley, geboren 1894 in Godalming/Surrey, in Eton erzogen, studierte nach einer schweren Augenkrankheit englische Literatur in Oxford und war ab 1919 zunächst als Journalist und Theaterkritiker tätig. 1921 begann er mit der Veröffentlichung seines ersten Romans »Die Gesellschaft auf dem Lande« seine literarische Laufbahn. Von 1938 an lebte er in Kalifornien. Huxley starb 1963 in Hollywood.
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Leidenschaft des Verstehens – Aldous Huxley als Essayist


my primary occupation is the achievement of some

kind of over-all understanding of the world

(aus einem Brief vom 3. Sept. 1946)

I


Als Essayist ist Aldous Huxley ein Meister der anekdotischen Eröffnung. Der Einsatz erfolgt nicht selten in demonstrativer Distanz zum Thema, das so durch die exzentrische Art seiner Einführung von Anfang an eine persönliche und intellektuell spielerische Tönung annimmt. Nach der unmethodischen Methodik des Gattungsbegründers Montaigne führt auch Huxley nicht selten seinen Leser durch die Fülle seiner Assoziationen scheinbar ins Beliebige und in die Irre. Sobald wir uns freilich dem assoziativen Rhythmus dieses witzigen und wissenden Geistes hingeben, geraten wir in den Bann einer gedanklichen Grundströmung, die all die lebhaften, oft kuriosen, einander gegenläufigen, gelegentlich übermütigen Einzelbewegungen trägt und steuert. In der Essayistik wie beim Reisen – Huxley verstand sich auf beides – ist der Weg mindestens ebenso wichtig wie das Ankommen; und für den, der mehr sehen möchte, als was im Baedeker steht, sind Umwege die eigentliche Form des Fortschreitens.

So beginnt beispielsweise ein charakteristischer früher Essay über Faraday und das Glück naturwissenschaftlichen Forschens, der sein Thema hinter dem Titel »Eine Nacht in Pietramala« verbirgt, mit einer rauen Frühlingsfahrt über den Apennin und der eiskalten Nacht in einer üblen Herberge; eine eindringliche Meditation über Piranesis »Kerker« wird durch die groteske Begegnung mit der Mumie von Jeremy Bentham im Treppenhaus des University College zu London eingeleitet; und eine kleine Geschichte des Urbanen Schmutzes und der Abwässersanierung setzt mit einem kalifornischen Strandbummel in Begleitung von (ausgerechnet!) Thomas Mann ein. Am Anfang steht gern das paradoxe Bild, die selbstironisch konkrete subjektive Situation. Im Vorausschicken inkongruenter Aspekte des Themas, wie sie für Huxleys Sicht der menschlichen Dinge bezeichnend sind, kündigt sich der persönliche touch an und weckt im brillanten Versteckspiel unsere Neugier auf das, was sich an die überraschende Eröffnung anschließt – die Phase des Hinführens. Beim ersten der Beispiele sind es die von den Reisenden in der weiteren Umgebung ihrer Eishöhle sehnsüchtig anvisierten Erdgasflammen, die den Bogen zu Faradays Forschungen schlagen; der Utilitarist Bentham lenkt als Planer eines perfekt konzentrischen Gefängniskomplexes den Blick zurück auf die so ganz anders gearteten Carceri Piranesis; und das Gespräch mit Thomas Mann kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wird durch die groteske Wahrnehmung unterbrochen, dass die pazifischen Wogen aus den damals noch ungeklärten Abwässern von Los Angeles Myriaden gebrauchter Kondome an die Küste spülten. Die zufällige und unscheinbare Alltagsaktualität wird im Essay zu Anstoß und Quelle weitreichender gesellschaftlicher Erkenntnis, und der moderne Essayist wiederum teilt sich seiner Zeit, wenn er sie nicht nur interesselos betrachten, sondern auf sie einwirken will, journalistisch mit. Frivolität und moralischen Ernst, Höhe und Strenge des Denkens und elegante Gemeinverständlichkeit (ein Essayist schreibt nicht für Spezialisten) weiß Huxley auf eine besondere Art zu vereinbaren, die sein Markenzeichen als wirkungsbedachter Autor dieses Jahrhunderts ist.

Auch in eigener Sache verschmäht Huxley die anekdotisch-ironische Eröffnung nicht. Als 1961 eine stattliche Bibliografie seiner weit gestreuten Publikationen erschien, schrieb er bereitwillig ein kleines Vorwort dazu, das er mit einer seiner Lieblingsanekdoten einleitete:

Edward Gibbon war auf ganz rührende Weise versnobt, und als der zweite Band seines Decline and Fall herauskam, ließ er ein Exemplar in rotes Saffianleder binden und überreichte es einem der Söhne Georgs III. (war es der Herzog von Kent?). »Wie, Mr. Gibbon«, sagte die Königliche Hoheit, während sie die Gabe des Historikers huldvoll entgegennahm, »wie, Mr. Gibbon, schon wieder so ein dicker, verdammter, vierschrötiger Schmöker? Nichts als kritzeln, kritzeln, kritzeln?«

Die bewusste, keineswegs vollständige Huxley-Bibliografie umfasst 959 Titel, und in der Sparte »Essays und journalistische Arbeiten« – die Grenzen sind, wie gesagt, fließend – beläuft sich die Bilanz auf an die vierhundert Einträge. In seiner Glosse »Das Wörterbad« bekennt der Autor schon 1934, dass der jährliche Ausstoß des Buch- und Zeitungsmarktes an geschwärztem Papier etwas Erschreckendes habe, zumal für ihn selbst: »Denn ich bin einer von denen, die von Berufs wegen das große Meer des Gedruckten, in dem unser Geist unablässig badet, anschwellen lassen.« Im selben Atem nennt er jedoch seinen Beitrag ein bloßes Rinnsal im Vergleich zu den Mississippis und Amazonas der wahrhaft produktiven Autoren – eine Selbsteinschätzung, die schon für sein erstes Laufbahndrittel als ironisches understatement angesehen werden darf.

Doch Huxley hat viel geschrieben. Und ›Überproduktion‹ lautet denn auch ein Standardvorwurf seiner Kritiker (neben: Cleverness, Ungeschick, Hedonismus, Lebensfeindlichkeit, Prinzipienlosigkeit, Prinzipienreiterei etc. – aber er las keine Kritiken). Er schrieb viel, weil er vom Schreiben leben musste. Sein erster Verlagsvertrag, der ihm aus Tantiemenvorschüssen ein regelmäßiges Gehalt aussetzte, verpflichtete ihn zu zwei books of fiction pro Jahr; später wurden die Bedingungen für den erfolgreichen Hausautor von Chatto and Windus merklich gelockert: man senkte die Zahl und nahm auch Gedicht- und Essaybände ›in Zahlung‹. Immerhin sah Huxley in seinen ersten Jahren als freier Schriftsteller manchmal das Balzacsche Menetekel der Verlagsknechtschaft am Horizont. Doch die Feder wurde ihm nie zum Galeerenruder. Er schrieb viel, weil er viel zu sagen hatte.

II


Als einer, der im Schatten des Weltkriegs zum Schreiben berufen wurde, fand Huxley es aufregend, Zeuge einer wiederauflebenden, aber todesgezeichneten Welt zu sein, sie mit scharfem Verstand und künstlerischer Empfindung, mit seinem Witz und seinen fünf Sinnen zu durchdringen und im Spiegelkabinett seines Bewusstseins in ihrer disparaten Vielfalt zu reflektieren. Sein Mut, auch den späteren Schrecken des Jahrhunderts mit diagnostischer Kühle ins Auge zu sehen, seine große Interessenvielfalt und Lernfähigkeit – Goyas Motto für das Alter: aún aprendo, »ich lerne weitere«, ist auch das seine –, die Gabe, sich an den Absurditäten der Gattung Mensch zu delektieren, ohne den Aberglauben, selbst nicht dazuzugehören: all dies macht ihn, zwischen Distanz und Teilnahme, Vogel- und Froschperspektive wechselnd, zum unvergleichlichen essayistischen Zeugen des Jahrhunderts; seine Exzentrik trifft ins Zentrum. Er lebte in einer Zeit, deren verheerende Massenbewegungen seinen Individualismus aufs Äußerste herausforderten, und seine Leidenschaft des Verstehens wuchs an dieser Herausforderung durch das Ganz-Andere; in der eigenen Herausforderung spürt er der allgemeinen Bedrohung des Menschlichen durch die Mächte der Zeit nach. So weit er auch, in der Zeit lebend, über manche früheren Positionen hinauswuchs, in der Verteidigung der Vielgestalt des Lebens gegen die großen weltanschaulichen Vereinfacher und die kleinen sturen Dogmatiker blieb er sich treu. Unermüdlich erinnert uns der als Intellektualist verschriene Huxley daran, dass das wahre Potenzial des Menschen in seinem leib-seelischen Amphibiencharakter begründet liegt.

Hier erweist sich die Essayistik als ihren Ursprüngen in Antike und Renaissance eng verbundene Kunst der weisen Lebensführung, als durch eigene Anschauung in schwierigen Zeiten entwickelte ars bene vivendi. Die Einsichten ihrer schonungslosen, aber lebensbejahenden Betrachtung von Ich und Gesellschaft sind humane Prophylaxe gegen die Krankheiten der einzelnen und kollektiven Seele. Einige Mittel dieser essayistischen Aufklärung heißen: Pointe, Paradox und die Rolle des advocatus diaboli, um verhärtete Denkgewohnheiten spielerisch aufzusprengen; Hingabe an die eigene Assoziations- und Kombinationsgabe als Rhythmus geistiger Entdeckung; Inkongruenz und offene Form als dialogisches Prinzip und Genuss intellektueller Stimmenvielfalt – nicht im Sinne eines resignierenden Relativismus, sondern als Fähigkeit, »kontrapunktisch« in unaufgelösten Spannungen zu denken. So besehen ist Montaignes drittes Buch für Huxley das Pendant zur ganzen Comédie Humaine:

Unmöglichkeiten, zusammengesetzt aus Unvereinbarem, aber von innen nach außen zusammengesetzt … Wie es gerade kommt, eins nach dem anderen – doch in einer Abfolge, die auf wunderbare Weise das jeweilige Zentralthema entwickelt und mit dem Gesamtbereich menschlicher Erfahrung verbindet.

Der Name Autolycus, mit dem Huxley seine ersten journalistisch-essayistischen Glossen zeichnete, war Programm: er stammt von dem unreputierlichen Hausierer, der in der sizilischen Schäferidylle des Wintermärchens seinen Krimskrams feilbietet und einen illusionsfeindlichen Blick auf die goldene Pastoralwelt wirft. Der Lumpensack ist eine alte, Montaignesche Ironiemetapher des Essayisten für das eigene Metier. Hier wie an anderen Stellen (etwa in »Vulgarität und Literatur« oder »Paphos und Famagusta«) bekennt sich Huxley zu einer »unreinen«, wirklichkeitsgesättigten, ideell-materiellen Kunst. Als ihm einmal in einer Pariser Abendgesellschaft von einem Literaturprofessor eröffnet wird, er sei ein führendes Mitglied der »neoklassischen Schule«, quittiert er dieses Etikett mit komischem...


Hübner, Sabine
Sabine Hübner, geb. in Stuttgart, Studium Anglistik und Germanistik, ist seit 1989 in München als Literaturübersetzerin tätig.

Huxley, Aldous
Aldous Leonard Huxley, geboren 1894 in Godalming/Surrey, in Eton erzogen, studierte nach einer schweren Augenkrankheit englische Literatur in Oxford und war ab 1919 zunächst als Journalist und Theaterkritiker tätig. 1921 begann er mit der Veröffentlichung seines ersten Romans »Die Gesellschaft auf dem Lande« seine literarische Laufbahn. Von 1938 an lebte er in Kalifornien. Huxley starb 1963 in Hollywood.



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