E-Book, Deutsch, 384 Seiten
Hunter Der zweite Bräutigam
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7751-7274-5
Verlag: Hänssler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 384 Seiten
ISBN: 978-3-7751-7274-5
Verlag: Hänssler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Denise Hunter ist die Autorin von mehr als 25 Büchern, die international veröffentlicht wurden. 'Der zweite Bräutigam' wurde sogar zur Grundlage eines Filmdrehbuchs. Hunter ist die Trägerin des Holt Medallion Award, des Carol Award, Reader's Choice award, The Foreword Book of the Year Award und war Finalisting des RITA. Hunter lebt mit ihrem Mann und ihren drei fast erwachsenen Söhnen in Indiana.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Der Feind heißt »Spontaneität«. Intelligente Beziehungen müssen sorgfältig und mit Bedacht geplant werden.
Auszug aus Wie ich den richtigen Mann finde von Dr. Kate
Zwei
Lucas sah zu, wie Kate ihr Handy zuschnappen ließ. Vielleicht hätte er den Raum schon verlassen sollen, als er den Ernst in ihrer Stimme erkannt hatte. Aber das war ihm nicht möglich gewesen. Wie ein Fußgänger, der bestürzt Zeuge eines Verkehrsunfalls wird, hatte er Kate beobachtet, als sie die Nachricht bekam. Sobald ihm klar wurde, was Bryan gesagt hatte, hätte er ihn am liebsten ergriffen und ihn so lange verprügelt, bis er denselben Schmerz wie Kate gefühlt hätte. Aber stattdessen hatte er Kate zum Stuhl geführt und dabei den Wunsch gehabt, sie fest in seine Arme zu nehmen und ihr zu versichern, dass alles gut werden würde.
Aber das war das Letzte, was sie wollte.
Jetzt starrte sie die Wand an und rührte sich nicht. Ihr glänzendes schwarzes Haar war glatt und reichte ihr fast bis auf die schlaff herunterhängenden Schultern. Er hatte sie noch nie so regungslos gesehen. Normalerweise war sie immer rund um die Uhr in Bewegung. Das war es, was ihn von Anfang an fasziniert hatte. Ihre Ruhe erschien ihm jetzt unnatürlich.
Er machte einen Schritt auf sie zu. »Kate?«
Sie musste ihn ganz vergessen haben, denn sie zuckte leicht zusammen und fuhr sich mit der Hand über ihr Gesicht, bevor sie sich halb zu ihm umdrehte. Ihr Haar, das sonst immer ordentlich hinter die Ohren geklemmt war, fiel ihr wirr ins Gesicht. Sie blickte ihn nicht an, sondern hatte ihre Augen auf seine Knie gerichtet.
»Lucas.« Sie heftete ihren Blick auf den Fußboden, als ob die Farb- und Lackflecken ein abstraktes Gemälde wären, das es zu interpretieren gälte. »Ich gehe mal davon aus, dass du alles mitbekommen hast.«
Ihre Stimme war sehr leise. Aber dann sah er, wie sie sich aufrichtete, sich ganz umdrehte und ihn direkt ansah. Ein verängstigtes, kleines Mädchen im Körper einer Frau. Eine Sekunde lang sah sie auf den Pavillon, der hinter ihm stand.
»Ich … ich denke, dass ich den Pavillon nicht mehr brauchen werde. Aber ich werde ihn natürlich bezahlen. Er ist wirklich wunderschön.« Beim letzten Wort brach ihre Stimme.
»Darüber mach dir keine Sorgen.«
Er hatte schon erwartet, dass sie zusammenbrechen würde, aber stattdessen stand sie abrupt auf und begann auf und ab zu gehen. Ihre hohen Absätze klackerten dabei laut auf dem Boden. »Ich muss nachdenken«, murmelte sie. »Ich muss nachdenken.« Klack, klack, klack. Drehung. Klack, klack, klack. Drehung.
Lucas war sich nicht sicher, was sie damit meinte. Überlegte sie, wie sie Bryan zurückgewinnen konnte? Oder hatte sie aufgegeben und machte in Gedanken schon eine Liste derjenigen, die sie benachrichtigen musste? Was für ein furchtbarer Schlamassel.
Aber wenn irgendjemand diese Situation meistern konnte, dann war es Kate. Er war Zeuge gewesen, wie sie Ehepaare wieder zusammengeführt hatte, deren Beziehung nur noch an einem seidenen Faden gehangen hatte. Er hatte gesehen, wie sie es geschafft hatte, neben dem Verfassen ihrer Kolumne als Eheberaterin zu arbeiten. Und in ihrer Freizeit hatte sie dann noch ein Buch geschrieben. Kate war eine unglaubliche Frau. Bryan war ein Idiot, wenn ihm das entgangen sein sollte.
Kate hielt unvermittelt an und drückte die Fingerspitzen an ihre Stirn. »Er hat mich verlassen. Ich habe keinen Bräutigam. Die Zeitungen, die Medien, mein Verleger. Meine Karriere. Es ist vorbei.«
Sie trug eine kurze Hose, eine tadellos saubere weiße Bluse und um ihre schmale Taille lag ein schwarzer Gürtel. Sie wirkte zerbrechlich und irgendwie fehl am Platz. Aber Kate sah immer aus, als wäre sie geradewegs vom Bügelbrett gekommen.
»Ich dachte, er liebt mich«, flüsterte sie und ihre Stimme zitterte.
Lucas machte einen Schritt auf sie zu, hielt dann aber an und steckte seine Hände tief in die Hosentaschen. »Es wird alles gut werden.« Das hörte sich nicht sehr überzeugend an, aber das sagte er immer zu seiner kleinen Schwester und Jamie fühlte sich danach meistens ein bisschen besser. Aber Kate war nicht Jamie.
»Nein, es wird nicht alles gut werden.« Sie blickte ihn an. »Er hat mich fünf Stunden vor der Trauung sitzen gelassen. Und von dieser Hochzeit hängt alles ab, persönlich und beruflich. Mein Mann fürs Leben hat mich verlassen. Verstehst du nicht, wie ironisch das ist?«
Vielleicht war er ja nicht die Liebe deines Lebens. Der Satz lag ihm auf der Zungenspitze, aber er konnte sich gerade noch zurückhalten. Kate hielt sich jetzt die Hand vor das Gesicht und Lucas sah, dass ihre Hand zitterte. Er hatte bis jetzt nicht gewusst, dass Kate überhaupt zittern konnte.
»Alle nehmen an, dass ich die Expertin bin. Nicht nur, wenn es um Beziehungen geht, sondern auch bei der Wahl des richtigen Partners. Die Leute schreiben mir, weil sie Rat brauchen. Sie vertrauen darauf, dass meine Antworten auf ihre Probleme richtig sind. Ich habe ein Buch geschrieben, um Menschen zu helfen, eine gute Partnerwahl zu treffen. Und ich kann das noch nicht einmal selbst richtig machen.« Sie sah weg und atmete halb schluchzend ein. »Ich bin eine Versagerin.«
»Du bist keine Versagerin. Dein Verlobter hat eine hirnrissige Entscheidung getroffen; das ist aber nicht dein Fehler.«
Der Metallstuhl quietschte, als sie sich wieder setzte. Das Geräusch hallte laut in der Stille der Werkstatt. »So werden all die anderen das aber nicht sehen.«
Er wusste, dass sie damit wohl Recht hatte. Die Leute neigten dazu, schnell zu verurteilen, besonders, wenn die Medien sie aufhetzten.
»Ich muss etwas tun«, murmelte sie durch ihre Finger hindurch. »Wie kann ich die Situation noch retten?«
Lucas glaubte nicht, dass es möglich wäre. Sie erwartete Gäste, eine Menge Presseleute und dann waren da noch die ganzen Vorbereitungen, die schon für die Hochzeit getroffen waren. Alles war da, nur der Bräutigam fehlte und das war das große Problem.
Nur der Bräutigam fehlt.
Die Worte wirbelten wild in seinem Kopf herum, bis sie eins nach dem anderen ihren Platz fanden, wie Buchstaben in einem Scrabble-Spiel.
Nur … der … Bräutigam … fehlt.
Er rieb sich den Nacken und ging zu seinem Arbeitstisch. Das war wahnsinnig. Er war verrückt. Sie würde ihn auslachen, wenn er es laut aussprechen würde. Bei dem Gedanken daran wurde ihm ganz anders.
Das Handy klingelte und vibrierte. Lucas sah zu, wie es auf dem Metalltisch tanzte.
»Ich kann nicht rangehen«, sagte Kate. »Ich kann es einfach nicht. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Sie verschränkte ihre Arme und zog die Schultern so weit hoch, als wollte sie die Ohren mit ihnen bedecken.
Zusammen blickten sie auf das Telefon. Ring – bzzzzzzzz … Ring – bzzzzzzzz … Als das Handy verstummte, war die Erleichterung bei beiden groß.
Kate trommelte mit ihren Fingern auf ihre Lippen, zuerst schnell, dann langsamer. Ihre Lippen verloren die Anspannung, dann fielen ihre Mundwinkel langsam nach unten. Auch ihr trotziges Kinn wurde weicher. »Es ist hoffnungslos.«
Das Handy klingelte wieder und setzte seinen Tanz über die Arbeitsplatte fort. Kate starrte es an und machte ein Gesicht, als würde sie es am liebsten quer durch die Werkstatt schleudern.
»Ich werde drangehen.« Er streckte seine Hand aus.
Kate stoppte ihn, indem sie eine Hand auf seinen Arm legte. Ihr Griff war überraschend fest. »Was wirst du sagen?«
Er blickte sie an: Große, grün-braune Augen, deren Verletzlichkeit sich nicht in Worten ausdrücken ließ. »Ich werde einfach eine Nachricht entgegennehmen.«
Einen Augenblick später ließ sie seinen Arm los, er griff nach dem Handy und klappte es auf.
»Hallo?«
Eine Pause. »Ist Kate zu sprechen?«, fragte die atemlose Stimme einer Frau.
»Sie kann gerade nicht ans Telefon kommen. Kann ich ihr etwas ausrichten?«
»Spreche ich etwa mit Bryan? Sagen Sie mir nicht, dass Sie Kate vor der Trauung sehen dürfen.«
»Nein. Ich bin nur ein – ein Freund.« Das war aus seiner Sicht natürlich nur die halbe Wahrheit. Er drehte sich um und lehnte sich gegen den Schreibtisch.
»Okay, gut. Dann sagen Sie ihr bitte, dass sie Pam anrufen soll. Nein, warten Sie, sie kann mich ja in nächster Zeit gar nicht erreichen. Richten Sie ihr aus, dass ich gute Neuigkeiten habe. Das ist ganz wichtig, also müssen Sie es ihr sofort sagen. Die Dr. Phil Show hat angerufen und Kate soll nächsten Monat Gast der Show sein.«
Super. Lucas begegnete Kates Blick und wandte dann die Augen ab. Gerade das, was sie jetzt noch brauchte.
»Haben Sie das notiert?«, fragte Pam.
»Jawohl. Ich werde es ihr ausrichten.« Er schloss das Handy und legte es zurück auf den Tisch. Ganz deutlich konnte er Kates Augen auf sich fühlen. Vielleicht war es ja nicht notwendig, dass er ihr die Nachricht sofort sagen musste.
»Wer war das?« War das Hoffnung, die ihre Stimme lauter werden ließ? Dachte sie etwa, dass Bryan seine Meinung geändert hatte?
»Das war Pam.«
Sie starrte auf ihre manikürten Finger, die sie krampfhaft im Schoß verschränkt hatte. »Oh.«
Sie hatte es wirklich in die Dr. Phil Show geschafft. Er wusste natürlich, dass ihre Bekanntheit durch die Kolumne und das Buch landesweit gewachsen war. Aber Dr. Phil – das war eine ganz andere Liga.
»Was wollte sie denn?«
Ihr Knie streifte sein Bein,...




