Hüter-Becker / Dölken | Physiotherapie in der Traumatologie/Chirurgie | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 408 Seiten

Reihe: Physiolehrbuch

Hüter-Becker / Dölken Physiotherapie in der Traumatologie/Chirurgie


4. aktualisierte und erweiterte Auflage 2016
ISBN: 978-3-13-154734-7
Verlag: Thieme
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

E-Book, Deutsch, 408 Seiten

Reihe: Physiolehrbuch

ISBN: 978-3-13-154734-7
Verlag: Thieme
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Lernen Sie die Arbeit in der Traumatologie und der chirurgischen Intensivstation kennen.

Mit diesem physiolehrbuch haben Sie alle wichtigen Inhalte für die Fächer Traumatologie und Chirurgie während der Physiotherapieausbildung parat.

Dieses Buch bietet eine Übersicht zu Heilungsstadien, Untersuchungen, präventiven und therapeutischen Maßnahmen mit Fallbeispielen und zahlreichen Bildern. Neu in der Auflage ist beispielsweise die postoperative Atemtherapie bei Intensivpatienten.

Ob Patienten mit Frakturen, Luxationen, Amputationen oder anderen Verletzungen, mit diesem Wissen sind sie bei Ihnen in sicheren Händen.

Hüter-Becker / Dölken Physiotherapie in der Traumatologie/Chirurgie jetzt bestellen!

Zielgruppe


Medizinische Fachberufe

Weitere Infos & Material


1;Cover;1
2;Haupttitel;4
3;Impressum;5
4;Vorwort;6
5;Inhaltsverzeichnis;7
6;Anschriften;12
7;1 Charakteristika des Arbeitsfeldes Traumatologie;14
7.1;Leitsymptome;14
7.1.1;Modell der Leitsymptome;15
7.2;Leitsymptom: Mobilität;15
7.2.1;Auswirkungen von Verletzungen und Immobilität auf Gelenke;16
7.2.2;Bewegungsstrukturen;18
7.2.3;Auswirkungen von Verletzungen auf die Haut;24
7.2.4;Auswirkungen von Verletzungen auf Muskulatur und Sehnen;29
7.2.5;Auswirkungen von Verletzungen auf die Nervenstrukturen;36
7.2.6;Reduzierte Belastbarkeit verletzter bzw. heilender Strukturen;40
7.2.7;Prinzipien der Physiotherapie bei eingeschränkter Mobilität;48
7.3;Leitsymptom: Schmerz;52
7.3.1;Neurophysiologische Grundlagen des Schmerzes;53
7.3.2;Das Bewegungssystem als Schmerzauslöser;63
7.3.3;Physiotherapie bei Schmerzen;63
7.3.4;Therapeutische Verfahren zur Schmerzbehandlung;64
7.4;Leitsymptom: Vitalfunktionenen;67
7.4.1;Atmung und Herz-Kreislauf-Funktion;67
7.4.2;Flüssigkeits- und Nährstoffhaushalt;76
7.4.3;Gefährliche Störungen der Vitalfunktionen;79
7.5;Leitsymptom: Traumaverarbeitung;85
7.5.1;Traumaerlebnis;86
7.5.2;Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (modifiziert nach Maercker 1997);86
8;2 Übersicht über Knochen- und Kapsel-Band-Verletzungen;93
8.1;Frakturen;93
8.1.1;Allgemeine Frakturlehre;93
8.1.2;Frakturheilung;96
8.1.3;Prinzipien der Physiotherapie bei Frakturen;97
8.2;Frakturen bei Kindern;99
8.2.1;Frakturformen;99
8.3;Kapsel-Band-Verletzungen;100
8.3.1;Auswirkungen von Kapsel-Band-Verletzungen;100
8.3.2;Wundheilung von Gelenkkapsel und Gelenkbändern;101
8.3.3;Therapie von Kapsel-Band-Verletzungen;103
9;3 Weichteilschäden;108
9.1;Weichteilverletzungen;108
9.1.1;Physiotherapie bei primären Weichteilschäden;109
9.1.2;Physiotherapie nach sekundären Weichteilschäden;110
9.2;Weichteilinfektionen;114
9.2.1;Myositis ossificans;114
9.2.2;Complex Regional Pain Syndrome = CRPS;115
10;4 Nerven- und Gefäßverletzungen;125
10.1;Überblick über Nervenverletzungen;125
10.1.1;Ärztliche Diagnostik und Therapie;126
10.1.2;Mobilität des peripheren Nervensystems;126
10.1.3;Lokalisation peripherer Nervenstraßen;126
10.2;Prinzipien bei der Physiotherapie nach Verletzungen neuraler Strukturen;129
10.2.1;Kontrakturprophylaxe;129
10.2.2;Bewegen, ohne neurale Strukturen zu belasten;129
10.2.3;Lagern in entspannter Position des geschädigten neuralen Gewebes.;129
10.2.4;Verbessern der Muskelfunktion;129
10.3;Physiotherapie bei Rückenmarksverletzungen;131
10.3.1;Ziele und Maßnahmen in der frühen Phase einer Querschnittverletzung;131
10.4;Überblick über Gefäßverletzungen;134
10.4.1;Arterielle Gefäßverletzungen;134
10.4.2;Venöse Gefäßverletzungen;135
11;5 Amputationen;138
11.1;Überblick über das Krankheitsbild;138
11.2;Prothesenversorgung;140
11.3;Physiotherapie nach Amputationen;143
11.3.1;Physiotherapeutische Untersuchung nach Amputationen;143
11.3.2;Prinzipien der physiotherapeutischen Behandlung nach Amputationen;144
12;6 Verletzungen der unteren Extremität und des Beckens;156
12.1;Einleitung;156
12.1.1;Verletzungsarten;156
12.2;Prinzipien der physiotherapeutischen Untersuchung;157
12.2.1;Tests und Untersuchungen;158
12.3;Prinzipien der physiotherapeutischen Behandlung;166
12.3.1;Prophylaxen;166
12.3.2;Mobilisation;171
12.3.3;Kräftigung;177
12.3.4;Stabilisation;180
12.3.5;Beinachsentraining;181
12.3.6;Gangschulung;184
12.3.7;Sekundärprävention;195
12.4;Azetabulumfraktur;195
12.4.1;Ärztliche Therapie;196
12.4.2;Physiotherapeutische Untersuchung nach Azetabulumfrakturen;196
12.4.3;Physiotherapeutische Behandlung nach Azetabulumfraktur;197
12.5;Schenkelhalsfraktur;200
12.5.1;Ärztliche Therapie;201
12.5.2;Physiotherapeutische Untersuchung nach Schenkelhalsfraktur;201
12.5.3;Physiotherapeutische Behandlung nach Schenkelhalsfraktur;202
12.6;Ruptur des vorderen Kreuzbands;205
12.6.1;Biomechanik;206
12.6.2;Ärztliche Therapie;208
12.6.3;Physiotherapeutische Untersuchung nach Ruptur des vorderen Kreuzbandes;210
12.6.4;Physiotherapeutische Behandlung nach Ruptur des vorderen Kreuzbandes;211
12.7;Unterschenkelschaftfraktur;215
12.7.1;Ärztliche Therapie;216
12.7.2;Physiotherapeutische Untersuchung nach Unterschenkelschaftfraktur;216
12.7.3;Physiotherapeutische Behandlung nach Unterschenkelschaftfraktur;216
12.8;Sprunggelenkfraktur;217
12.8.1;Klassifikation;218
12.8.2;Ärztliche Therapie;219
12.8.3;Physiotherapeutische Untersuchung nach Sprunggelenkfraktur;220
12.8.4;Physiotherapeutische Behandlung nach Sprunggelenkfraktur;221
12.9;Kalkaneusfraktur;226
12.9.1;Ärztliche Therapie;226
12.9.2;Physiotherapeutische Untersuchung nach Kalkaneusfrakturen;227
12.9.3;Physiotherapeutische Behandlung nach Kalkaneusfrakturen;227
13;7 Verletzungen der oberen Extremität;231
13.1;Einleitung;231
13.1.1;Verletzungsarten;231
13.2;Prinzipien der physiotherapeutischen Untersuchung;234
13.2.1;Grundsätzliche physiotherapeutische Untersuchung der oberen Extremität;235
13.2.2;Spezielle Untersuchung des Schultergürtels und Schultergelenks;236
13.2.3;Spezielle Untersuchung des Ellbogengelenkkomplexes;241
13.2.4;Spezielle Untersuchung der Hand;244
13.3;Prinzipien der physiotherapeutischen Behandlung nach Verletzungen der oberen Extremität;247
13.3.1;Prophylaxen;250
13.3.2;Trainieren von Alltagsfunktionen;251
13.3.3;Behandlungsschwerpunkte nach Verletzungen im Bereich des Schultergelenk;251
13.3.4;Behandlungsschwerpunkte nach Verletzungen im Bereich des Ellbogengelenks;253
13.3.5;Behandlungsschwerpunkte nach Verletzungen im Bereich der Hand;255
13.4;Schulterluxation;257
13.4.1;Typische Begleitverletzungen und Komplikationen;257
13.4.2;Physiotherapeutische Untersuchung nach Schulterluxationen;257
13.4.3;Physiotherapeutische Behandlung nach Schulterluxationen;259
13.5;Rotatorenmanschettenruptur;263
13.5.1;Typische Begleitverletzungen;263
13.5.2;Physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung bei und nach Rotatorenmanschettenruptur;264
13.6;Frakturen des proximalen Humerus;267
13.6.1;Begleitverletzungen und Komplikationen;267
13.6.2;Physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung nach Frakturen des proximalen Humerus;268
13.7;Humerusschaftfrakturen;272
13.7.1;Begleitverletzung und Komplikationen;272
13.7.2;Physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung nach Humerusschaftfrakturen;272
13.8;Olekranonfraktur;274
13.8.1;Begleitverletzungen;274
13.8.2;Physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung nach Olekranonfraktur;274
13.9;Radiusköpfchenfrakturen;278
13.9.1;Begleitverletzungen und Komplikationen;278
13.9.2;Physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung nach Radiusköpfchenfrakturen;278
13.10;Unterarmfrakturen;279
13.10.1;Ärztliche Therapie;280
13.10.2;Physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung bei Unterarmfrakturen;280
13.11;Distale Radiusfraktur;282
13.11.1;Begleitverletzungen und Komplikation;282
13.11.2;Physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung nach distaler Radiusfraktur;282
13.12;Kahnbeinfraktur;285
13.12.1;Ärztliche Therapie;285
13.12.2;Physiotherapeutische Untersuchung und Behandlung nach Kahnbeinfraktur;286
13.13;Sehnenverletzungen;287
13.13.1;Ärztliche Therapie;288
13.13.2;Physiotherapie nach Sehnenverletzungen;288
13.14;Komplexe Verletzungen der Hand;289
13.14.1;Ärztliche Therapie;289
13.14.2;Physiotherapie nach komplexen Handverletzungen;289
14;8 Verletzungen der Wirbelsäule, des Kopfes und des Brustkorbs;293
14.1;Verletzungsarten;293
14.1.1;Verletzungen der Wirbelsäule;293
14.1.2;Ärztliche Therapie;294
14.1.3;Verletzungen des Brustkorbs;297
14.1.4;Kopfverletzungen;298
14.2;Anatomische Grundlagen;298
14.2.1;Aufbau und Funktion der Wirbelsäule;298
14.2.2;Aufbau und Funktion des Brustkorbs;305
14.2.3;Kopf;307
14.3;Prinzipien der Physiotherapie bei Verletzungen der Wirbelsäule;307
14.3.1;Prinzipielle physiotherapeutische Untersuchung;307
14.3.2;Prinzipielle physiotherapeutische Behandlung;308
14.4;Frakturen der Brust- und Lendenwirbelsäule;324
14.4.1;Ärztliche Therapie;325
14.4.2;Physiotherapie nach Brust- und Lendenwirbelfrakturen;325
14.5;Frakturen der Halswirbelsäule;332
14.5.1;Ärztliche Therapie;333
14.5.2;Physiotherapie nach Halswirbelsäulenfrakturen;334
14.6;HWS-Beschleunigungsverletzung (Schleudertrauma);339
14.6.1;Pathophysiologie;340
14.6.2;Ärztliche Therapie;341
14.6.3;Physiotherapie nach Beschleunigungsverletzung (Schleudertrauma);343
14.7;Verletzungen des Brustkorbs;348
14.7.1;Physiotherapeutische Untersuchung;348
14.7.2;Physiotherapeutische Behandlung;349
14.8;Rippenserienfraktur;352
14.8.1;Klassifikation;352
14.8.2;Diagnose;352
14.8.3;Physiotherapie nach Rippenserienfraktur;352
15;9 Physiotherapie auf der chirurgischen Intensivstation;357
15.1;Charakteristika der Physiotherapie im Arbeitsfeld Intensivstation;357
15.1.1;Das Team auf einer Intensivstation;357
15.1.2;Stellenwert der Physiotherapie auf einer Intensivstation;357
15.1.3;Aufgaben der Physiotherapeutin;357
15.1.4;Arbeitskleidung und Hygiene;358
15.1.5;Monitoring und therapeutische Hilfen;358
15.1.6;Medikamente auf der Intensivstation;364
15.2;Psychosoziale Situation des Patienten;368
15.2.1;Intensive-Care-Syndrom;368
15.3;Prinzipien der Physiotherapie;370
15.3.1;Einholen von Informationen;370
15.3.2;Physiotherapeutische Untersuchung;371
15.3.3;Präventive physiotherapeutische Behandlung;372
15.3.4;Atemtherapie;374
15.4;Operationen am Herzen;383
15.4.1;Aortokoronarer Venenbypass (ACVB): Operation und postoperative Behandlung;383
15.4.2;Physiotherapie;384
15.4.3;Rehabilitation;387
15.5;Operationen an der Lunge;388
15.5.1;Physiotherapie;388
15.6;Operationen am Bauch;392
15.6.1;Physiotherapie;392
16;10 Sachverzeichnis;396


1 Charakteristika des Arbeitsfeldes Traumatologie


Florian Schneider

1.1 Leitsymptome


Unfälle und die damit verbundenen Verletzungen treffen den Menschen unvorbereitet. Die Beeinträchtigungen können für den Patienten dramatisch sein und führen zu Folgen, die sich in vier, für die Patienten in der Traumatologie typischen Leitsymptomen zusammenfassen lassen:

  • Verlust/Einschränkung der Mobilität bei gleichzeitiger reduzierter Belastbarkeit verletzter und heilender Strukturen

  • Schmerz

  • Beeinträchtigung der Vitalfunktionen

  • Verarbeitung des Traumas

In der physiotherapeutischen Untersuchung und Behandlung gilt es zu erkennen, welche Leitsymptome beim einzelnen Patienten im Vordergrund stehen und wie ausgeprägt sie sind. Die einzelnen Symptome lassen sich nicht scharf gegeneinander abgrenzen. Sie beeinflussen sich gegenseitig. So kann z.?B. Schmerz die Mobilität verhindern oder Bewegung die Vitalfunktionen unterstützen. Gelingt es dem Patienten nicht, das Trauma und die Folgen zu verarbeiten, leidet eventuell die Motivation. Das wiederum kann Fortschritte der Heilung behindern und die Compliance vermindern und damit auch die Erfolge durch Physiotherapie. Ein Fallbeispiel soll das verdeutlichen.

Fallbeispiel

Herr K., 34 Jahre alt, Schreiner, hat sich bei einem Motorradunfall, den er selbst verschuldete, folgende Verletzungen zugezogen: komplexe instabile Beckenverletzung mit urogenitalen Verletzungen, Humerusschaftfraktur, Thoraxtrauma mit Rippenserienfraktur.

Herr K. wurde noch im Rettungswagen sediert und intubiert, auf der Intensivstation wurde ein suprapubischer Blasenkatheter gelegt. Seine Freundin, die mit ihm auf dem Motorrad saß, hat den Unfall nicht überlebt.

Es ist klar, dass in dem beschriebenen Zustand die Stabilisierung der Vitalfunktionen Atmung, Herzkreislauf und Ernährung im Vordergrund stehen. Herr K. wurde intensivmedizinisch betreut.

Die Verletzungen und das künstliche Koma führen zum Verlust der Mobilität. Physiotherapeutisch und pflegerisch werden die Entstehung von Kontrakturen und Dekubitus verhindert.

Nach einigen Tagen ist es gelungen, die Vitalfunktionen so weit zu stabilisieren, dass die Sedierung reduziert werden kann. Die ersten Versuche, Herrn K. von der Beatmung zu entwöhnen, scheitern zunächst. Der Schmerz ist zu stark. Schließlich gelingt es den Intensivmedizinern doch, die Medikation so einzustellen, dass Herr K. wach und bei Bewusstsein ist und aktiv atmen kann. Die Atmung wird atemtherapeutisch unterstützt.

Langsam wird Herr K. die gesamte Situation bewusst. Trauer und Schuldgefühle stellen sich ein. Die Traumaverarbeitung setzt ein. Seine Mitarbeit bei der Therapie und während der Pflege geht gegen Null. Pflegende und Physiotherapeuten erreichen mit viel Geduld, dass keine erneute Intubation erfolgen muss. Ein konsequentes Mobilisationsprogramm stimuliert die Vitalfunktionen und fördert die Atemfunktion. Im weiteren Verlauf nimmt Herr K. immer mehr an der aktiven Therapie teil. Er lässt seine Trauer zu und beginnt, Schuldgefühle zu überwinden.

Nachdem die Frakturen chirurgisch versorgt sind, können seine Gelenke gezielt mobilisiert werden. Die Fortschritte im Bereich der Mobilität führen zu enormen Verbesserungen auf der Aktivitäts- und Partizipationsebene. Bei der Körperpflege benötigt er nur noch wenig Hilfe; er übt das Gehen mit Unterarmstützen und fährt mit dem Rollstuhl in die Cafeteria.

Dieses Beispiel zeigt einerseits die Abhängigkeit der Leitsymptome und andererseits ihren Einfluss auf die Physiotherapie.

1.1.1 Modell der Leitsymptome


Das folgende Modell visualisiert den Einfluss der Leitsymptome auf die Physiotherapie in der Traumatologie ( ? Abb. 1.1a). Zeigt die Untersuchung des Patienten z.?B., dass der Schmerz im Vordergrund steht, verändert sich der Schwerpunkt der Therapie, und das Modell visualisiert den Einfluss dieses Leitsymptoms wie in ? Abb. 1.1b gezeigt.

Mithilfe dieses Modells kann sich besonders der lernende Therapeut verdeutlichen, welche Ziele im Vordergrund der Therapie stehen. Er erkennt auch, dass

  • für die Therapie ein gesamtheitliches Denken notwendig ist und

  • im Sinne des neuen Denkmodells der Physiotherapie (Hüter-Becker 1997) alle vier Wirkorte im Fokus der Therapie stehen müssen.

  • Im Sinne der ICF ( ? [12], Behinderung und Gesundheit, WHO 2001) ergeben sich Ziele, die sich auf verbesserte Bedingungen von Strukturen und Funktionen beziehen, auf das Meistern des Alltags und auf die Teilhabe am sozialen Leben.

Abb. 1.1 Visualisierungsmodell.

Abb. 1.1a Die vier typischen Leitsymptome der Patienten in der Traumatologie bedingen sich gegenseitig und beeinflussen Ziele und die Priorisierung der Maßnahmen der Physiotherapie.

Abb. 1.1b Das Leitsymptom Schmerz steht im Vordergrund.

1.2 Leitsymptom: Mobilität


Florian Schneider

Unfälle und die damit verbundenen Verletzungen treffen den Menschen unvorbereitet. Entsprechend groß sind die Schwierigkeiten für Betroffene, mit den Folgen eines Unfalls umzugehen. Auch wenn die Verletzungen nicht lebensbedrohlich sind und die Schmerzen, z.?B. durch Medikamente, gelindert werden können, verschlechtert sich die Lebensqualität von Unfallopfern oft dramatisch. Eine wesentliche Ursache hierfür ist der plötzliche Verlust von Mobilität. Dies bezieht sich sowohl auf die Mobilität einzelner Gelenke als auch auf die Mobilität des gesamten Individuums.

Eine Verletzung des Daumens z.?B. kann alltägliche Bewegungen wie das Greifen von Gegenständen erschweren oder gar unmöglich machen. Ist ein Unfallopfer verletzungsbedingt ans Bett gefesselt, ist der Patient bei fast allen Tätigkeiten auf Hilfe angewiesen und muss außerdem damit rechnen, dass sich seine körperliche Verfassung durch Immobilisationsschäden weiter verschlechtert (z.?B. Thromboserisiko, Gefahr einer Pneumonie, Veränderungen der Muskulatur).

Die Verrichtung von Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL, Activity of Daily Living), wie z.?B. Nahrungsaufnahme und Körperpflege, erfordern Bewegung. Bewegungsunfähigkeit macht den Betroffenen abhängig von fremder Hilfe. Daher spielt die Wiederherstellung der Mobilitäten in der modernen Unfallchirurgie die zentrale Rolle.

Unfallchirurgen bemühen sich, geschädigte Strukturen durch operative Maßnahmen wieder exakt zu rekonstruieren. Außerdem versuchen sie, die operationsbedingte Traumatisierung möglichst gering zu halten, um dadurch die physiologische Beweglichkeit nicht weiter zu beeinträchtigen. Mithilfe moderner Osteosynthesetechniken erreichen sie in der Regel eine hohe mechanische Belastbarkeit der geschädigten Strukturen. Von der Belastbarkeit hängt ab, wann und in welchem Umfang ein Patient nach einer Verletzung mobilisiert werden kann (siehe Kap. ? 2.1).

Abb. 1.2 Echte und unechte Gelenke am Beispiel Kniegelenk (Diarthrose) und Syndesmosis tibiofibularis (Synarthrose).

Physiotherapeutisch stellt sich die Aufgabe, einzelne Gelenke und/oder den ganzen Patienten unter Beachtung notwendiger Bewegungs- und Belastungsgrenzen zu mobilisieren.

Zusammenfassung

  • Verletzungen verursachen einen Verlust von Mobilität.

  • Dies kann sowohl einzelne Gelenke als auch das gesamte Individuum betreffen.

  • Ein wesentliches Ziel unfallchirurgischer Maßnahmen und der Physiotherapie in der Unfallchirurgie ist die Wiederherstellung der Mobilität.

1.2.1 Auswirkungen von Verletzungen und Immobilität auf Gelenke


Ein absoluter Schwerpunkt der Therapie in der Unfallchirurgie ist das Wiederherstellen der Beweglichkeit. Verletzte Strukturen, die zur Heilung Ruhe brauchen, Angst vor Schmerzen, Schmerzen oder die Angst vor erneuten Traumen, all das sind Gründe dafür, dass viele Patienten weniger bewegen, als sie dem Heilungszustand nach dürften.

1.2.1.1 Gelenktypen und Gelenkstrukturen

Beweglichkeit ist die Voraussetzung für Bewegung. Schaltstellen der Bewegung sind die Gelenke, flexible Verbindungen zwischen Knochen und/oder knorpeligen Strukturen. Man unterscheidet echte und unechte Gelenke, Diarthrosen und Synarthrosen. Diese Unterscheidung ist anatomisch begründet. Sie zeigt sich aber auch in der unterschiedlichen Funktion ( ? Abb. 1.2, ? Tab. 1.1).

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