E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Hudson Komm doch zurück, Belinda
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7337-5531-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-5531-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Belinda erkennt, dass sie ihren Schwager Alec äußerst sexy findet, ist sie entsetzt: Sie hat das Gefühl, ihre verstorbene Schwester zu betrügen ...
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2. KAPITEL
Alec hatte ein flaues Gefühl im Magen, als er und seine Männer zum Abendessen erschienen. Aus gutem Grund, wie sich herausstellen sollte.
„Nun“, sagte er und warf einen Blick auf den gedeckten Tisch, „du musstest kein Fell abziehen.“
„Clay hat sich die Würstchen im Schlafrock ausgesucht“, verkündete Jason stolz, als alle Platz nahmen. „Ich habe die Ravioli ausgesucht, und Grant den Brokkoli.“ Er verzog das Gesicht. „Igitt!“
Zumindest gab es genug von allem, wie Alec grimmig feststellte.
„Ja, mein Herr.“ Trey zwinkerte Belinda zu. „Die Lady hält ihr Wort. Diese Mahlzeit werden wir so schnell nicht vergessen.“
Belinda lächelte ihn an. „Das will ich hoffen. Vor allem, dass ihr nächstes Mal daran denkt, bevor ihr mir wieder dumme Fragen stellt.“
„Oh … oh.“ Jerry Sutter blickte amüsiert auf den Tisch und schaute Trey an. „Wer von euch hat die Lady gereizt?“
„Ich nicht.“ Trey hob unschuldig seine Hände. „Mich liebt sie.“
„In deinen Träumen, Nummer Drei.“ Belinda schaute Sutter an.
„Belinda Randall“, sagte Alec. „Das ist Jerry Sutter.“
„Ich freue mich, Sie kennen zu lernen“, sagte sie.
„Das Vergnügen ist ganz meinerseits“, antwortete Sutter mit einem breiten Lächeln.
„Jerry arbeitet seit etwa sechs Monaten bei uns“, fügte Alec hinzu.
„Jerry, das ist meine Schwägerin. Sie kümmert sich um den Haushalt, bis ich eine neue Haushälterin gefunden habe.“
„Soll sich Tante Binda auch um uns kümmern?“, fragte Jason.
„Genau, kleiner Fratz“, sagte Belinda. „Also iss jetzt deinen Brokkoli.“
Belinda betrachtete den neuesten Farmarbeiter. Er war der Jüngste der Männer am Tisch und schätzungsweise Mitte Zwanzig, etwa eins fünfundsiebzig groß, mit militärisch kurz geschnittenem, sandbraunem Haar und einem etwas dunkleren Schnurrbart. Braune, verschmitzt dreinblickende Augen.
Sutters Lächeln wurde noch breiter. „Tante Binda darf sich jederzeit gerne auch um mich kümmern.“
„Warum?“, fragte sie. „Brauchen Sie jemanden, der Ihnen die Ohren wäscht und Manieren beibringt?“
Die Männer brachen in donnerndes Gelächter aus. Sogar Sutter musste mitlachen und schüttelte den Kopf.
Immer noch lachend nahm sich Stoney Hamilton zwei Würstchen und häufte eine große Portion Ravioli auf seinen Teller. „Die Lady hat’s dir aber gegeben, Jerry.“ Er zwinkerte Alec zu. „Und dir auch, Alec, falls du derjenige warst, der ihre Kochkünste in Frage gestellt hat.“
„Ich hab doch bloß gefragt, ob sie kochen kann“, protestierte Alec.
Belindas Augen wurden schmal. „Ja, Witzbold, es war aber die Art, wie du gefragt hast.“
Stoney musste wieder lachen. Er war schon Vorarbeiter auf der Flying Alec Ranch gewesen, bevor Alec geboren wurde. Als King und Betty Wilder bei dem Autounfall in Jackson Hole kurz nach Alecs zwanzigstem Geburtstag starben, hatte Stoney dafür gesorgt, dass Alec und seine Geschwister all das lernten, was sie über die Ranch wissen mussten.
Nun war er alt und halb verkrüppelt durch Unfälle und Verletzungen, die das Cowboyleben mit sich brachte, doch er hatte noch immer seinen Platz auf der Flying Alec.
Wenn man ihn danach gefragt hätte, hätte er vermutlich gesagt, dass es außer den drei kleinen Wildfängen niemanden gab, der Alec Wilder Schwierigkeiten machte. Nicht, dass Alec ein leichtes Los gehabt hätte, seitdem er seinen Dad und seine Mum verloren hatte, kaum, dass er zwanzig war, mit zwei kleinen Brüdern und einer Schwester, die er noch großziehen musste – von der Leitung der Ranch ganz zu schweigen. Doch er hatte es geschafft. Und als er die kleine, hübsche Cathy als seine Braut mitbrachte, hatte die Zukunft sogar noch rosiger ausgesehen. Wieder gab es Babys auf der Flying Alec, und das war gut so.
Doch als das letzte Baby, der kleine Grant, geboren wurde und Cathy so grausam starb, gab es viele, die glaubten, das sei zu viel für Alec Wilder, und er würde sich nie davon erholen. Aber der Junge – nein, Mann – kam zurecht, auch wenn er jetzt viel zu oft alleine war.
Alec war allseits beliebt und verdienterweise respektiert. Aber Stoney fand, es sei ganz gut, dass diese zierliche Frau ihm einmal ordentlich Bescheid sagte.
Jack, der Frank gegenüber saß, nahm sich noch eine Portion Ravioli. „Ich finde, das sieht alles sehr gut aus“, sagte er. „Doch wir müssen noch jemanden außer Grant finden, der gerne Brokkoli isst.“
Belinda lächelte ihn an. „Wir haben versucht, alle Arten von Grundnahrungsmitteln abzudecken. Oder, besser gesagt, alle Farben“, fügte sie hinzu und lachte. „Wir brauchten noch etwas in Grün, doch die Zeit reichte nicht mehr dafür, um Waldmeister-Götterspeise zu kochen.“
„Gott sei Dank“, murmelte Alec. Der Gedanke an grüne Götterspeise ließ ihn schaudern. Und Belindas Antwort auf Jacks Bemerkung verblüffte ihn. Wenn er so etwas über die Brokkoli gesagt hätte, wäre sie ihm an die Kehle gesprungen. Doch bei Jack musste sie lachen. Sieh mal einer an. Das erinnerte ihn daran, wie Jack gewesen war, als er zu ihnen auf die Flying Alec gekommen war.
Es war wie ein schlechter Scherz gewesen. Jack war von seiner Tante praktisch aus dem Auto geworfen und zurückgelassen worden. Bis zu diesem Augenblick hatte niemand aus der Wilder-Familie, auch King Wilder nicht, etwas von Jacks Existenz gewusst. Doch ein Blick in sein Gesicht hatte genügt – selbst ein Blinder hätte sehen können, dass der zwölfjährige Jack Garrett King Wilders Sohn war.
Es kam Alec so vor, als sei es erst gestern gewesen, dass er von der Affäre seines Vaters mit einem Barmädchen namens Melissa Garrett in Cheyenne zwölf Jahre zuvor erfahren musste. Sie hatte einen Sohn von King Wilder bekommen und ihm nie etwas davon erzählt. Ihr Kind karrte sie von Stadt zu Stadt, von Bar zu Bar, von Mann zu Mann, und sich selbst trank sie langsam zu Tode. Das gelang ihr schließlich kurz vor dem zwölften Geburtstag ihres Sohnes.
Jack kam zu ihrer Schwester Linda, die keine Lust hatte, ihn zu behalten. Es musste wohl kein Geheimnis in der Familie gewesen sein, wer der Vater des Jungen war, denn sie hatte ihn schnurstracks zur Flying Alec gefahren und buchstäblich auf der Türschwelle ausgesetzt.
Damals war Alec so voller Zorn gewesen, dass er nicht bemerkte und es ihm auch egal war, was eine solche Erfahrung einem verängstigten, verletzlichen Zwölfjährigen antun würde. Alles, was er wusste, war, dass sein Vater seine Mutter betrogen hatte und er plötzlich mit einem weiteren Bruder dastand, den er nicht haben wollte.
Er konnte sich an den trotzigen Blick aus Jacks Augen erinnern – Augen, genauso strahlend wie seine eigenen, wie Treys und Rachels und die Augen seines Vaters. Auch das widerspenstige Zucken der dünnen, unterernährten Schultern, die lässige Ist-mir-doch-egal-wenn-mich-keiner-will-Kopfbewegung, war ihm noch gut im Gedächtnis. Alles, was den riesigen Schmerz überspielen sollte.
Irgendwie hatten sie all diese Schwierigkeiten überwunden. Das war, wie Alec vermutete, größtenteils Rachel zu verdanken. Sie hatte ihren neuen Bruder von Anfang an gemocht. Damals war sie fünf Jahre alt gewesen und hatte die Flying Alec mit ihrem Lächeln und ihren Grübchen regiert.
Nach so vielen Jahren konnte sich Alec gar nicht mehr vorstellen, wie es ohne Jack gewesen war. Sie waren Brüder, er, Jack und Trey, einfach Brüder.
Doch jedes Mal, wenn er Belinda Randall sah, musste er an Jacks Benehmen damals, an seinen trotzigen Blick denken, und konnte es einfach nicht verstehen. Sie war schließlich nicht auf irgendjemandes Türschwelle ausgesetzt worden. Sie war auch nicht das nicht eheliche Kind eines Fremden, und ihre Mutter hatte sich nicht zu Tode getrunken. Zum Kuckuck noch mal, die Randalls waren eine herzliche Familie mit gutem Zusammenhalt, und Belinda war ein Teil davon. Ehrlich gesagt, hatte sie eine bessere, liebevollere Kindheit als er selbst gehabt.
Er schüttelte den Kopf. Diese Frau konnte er einfach nicht verstehen.
„Was macht Rachel in diesem Sommer denn so?“, fragte ihn Belinda.
Leicht überrascht von der höflichen Frage und dem freundlichen Ton spießte Alec etwas Brokkoli mit seiner Gabel auf. „Diesen Sommer arbeitet sie für das Laboratorium der Universität.“
„Wie lange muss sie noch studieren, noch ein Jahr?“
„Ja. Sie wird im Frühjahr ihre Tierarztzulassung bekommen.“
„Und das wird höchste Zeit“, murmelte Jack. „Es gibt nur noch einen einzigen Tierarzt für das gesamte County. Wir brauchen sie.“
Das Tischgespräch drehte sich nun um tierärztliche Notfälle, niedergetrampelte Zäune, streunende Wapiti und Elche und die Wildpferdherde, die durch das Gebiet zog. Belinda lauschte dem Gespräch der Männer so gespannt – das war etwas ganz anderes als ihre üblichen Unterhaltungen über HTML-Kodierungen, Java und cgi-Scripts, Bildschirmlayouts und Netzdesign – dass sie gar nicht bemerkte, dass alle mit dem Essen fertig waren, bevor Trey sprach.
„Okay“, sagte er. „Ich werde jetzt Kopf und Kragen oder vielleicht meinen Magen riskieren und eine Frage stellen, da sich sonst keiner traut.“ Er schaute Belinda direkt an.
„Wonach fragen?“, sagte Belinda verwundert.
Er schluckte hörbar. „Gibt es Nachtisch?“
Belinda lachte. „Ich habe euch wohl Angst eingejagt, was?“
„Ja, Ma’am.“
...