E-Book, Deutsch, Band 2, 336 Seiten
Reihe: Will & Layken-Reihe
Hoover Weil ich Will liebe
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-423-42136-2
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman | Die deutsche Ausgabe von ›Point of Retreat‹
E-Book, Deutsch, Band 2, 336 Seiten
Reihe: Will & Layken-Reihe
ISBN: 978-3-423-42136-2
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Colleen Hoover ist nichts so wichtig wie ihre Leserinnen. Seit der Veröffentlichung von >Weil ich Layken liebe< hat sie eine riesige Fangemeinde. Inzwischen ist sie die erfolgreichste Autorin der Welt und stürmt mit all ihren Romanen die Bestsellerlisten. 2023 wurde sie auf die Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt des >Time<-Magazins aufgenommen. Colleen Hoover lebt mit ihrem Mann und ihren Söhnen in Texas.
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1.
Donnerstag, 5. Januar
Heute Vormittag war ich an der Uni, um mich für meine Kurse einzutragen. Dadurch dass ich nur noch zwei Semester vor mir habe, bin ich nicht mehr so flexibel in der Zusammenstellung meines Stundenplans, und kann mir die Veranstaltungen nicht aussuchen, was bedeutet, dass ich Montag, Mittwoch und Freitag Vorlesung habe und meine Woche komplett zerfasert ist.
Am Ende des nächsten Semesters will ich mich um eine Stelle an einer Highschool hier in Ypsilanti bewerben, damit ich so schnell wie möglich wieder mein eigenes Geld verdiene. Ich bin Grandma und Grandpa total dankbar dafür, dass sie uns unterstützen, weil ich das alles mit dem Studienkredit allein niemals stemmen könnte. Aber sobald ich den Abschluss in der Tasche habe, möchte ich finanziell unabhängig sein.
Heute Abend kommen Gavin und Eddie mal wieder zum Essen zu uns. Es gibt Hamburger. Die mag wirklich jeder, da kann man nichts falsch machen.
Tja, das war’s auch schon, was ich für heute zu sagen habe…
»Ist Layken hier oder noch bei sich drüben?«, fragt Eddie, die ohne zu klopfen die Haustür aufgerissen hat und ihren Kopf reinstreckt.
»Drüben«, rufe ich aus der Küche zurück, wo ich gerade die Hamburger vorbereite. Manchmal frage ich mich, ob über unserer Tür ein Schild hängt mit der Erlaubnis, dass hier jeder einfach so reinplatzen darf. Klar, Lake klopft nicht mehr, aber das heißt doch nicht, dass das automatisch auch für Eddie gilt.
»Okay. Dann geh ich schnell rüber.« Eddie verschwindet wieder. Gleich darauf steht ihr Freund Gavin im Haus, der vorher immerhin anstandshalber mit den Knöcheln leicht gegen das Holz gepocht hat.
»Hey. Was gibt’s heute Leckeres?« Er kommt in die Küche.
»Hamburger.« Ich drücke ihm den Pfannenwender in die Hand und zeige auf den Herd. »Hier. Du kannst sie gleich umdrehen, dann hole ich die Pommes aus dem Ofen.«
»Ist dir schon mal aufgefallen, dass die Kocherei meistens an uns beiden hängen bleibt?«, fragt Gavin.
»Ja, aber das ist mir ehrlich gesagt auch lieber so«, sage ich, während ich die Pommes frites vom Backblech auf eine Platte gleiten lasse. »Erinnerst du dich an die Nudeln in Sahnesoße, die Eddie neulich gemacht hat?«
»Wie könnte ich sie jemals vergessen.« Gavin verzieht das Gesicht.
»Kel! Caulder!«, rufe ich den Jungs zu, die drüben vor der Xbox hocken. »Deckt ihr bitte schon mal den Tisch?«
Seit Julia gestorben ist und Lake, ich und unsere beiden kleinen Brüder praktisch eine Familie geworden sind, kommen Gavin und Eddie mindestens zweimal pro Woche zum Abendessen zu uns, weshalb ich vor Kurzem einen richtigen Esstisch angeschafft habe. An der Küchentheke saßen wir einfach zu dicht gedrängt.
»Hallo, Gavin.« Kel kommt mit Caulder in die Küche geschlendert und holt Gläser und Teller aus dem Schrank.
»Hey, Kel«, sagt Gavin. »Na? Hast du schon entschieden, wo du deine Geburtstagsparty steigen lässt?«
Kel zuckt mit den Schultern. »Vielleicht gehen wir zum Bowling, kann aber auch sein, dass wir einfach hierbleiben.«
Caulder nimmt die Teller von der Theke und geht damit zum Tisch. Mir fällt auf, dass er für sieben Leute deckt statt für sechs.
»Erwarten wir noch jemanden?«, frage ich erstaunt.
Mein Bruder kichert. »Kel hat Kiersten gesagt, dass sie vorbeikommen kann.«
Kiersten ist vor ein paar Wochen in unsere Straße gezogen und geht auf dieselbe Schule wie die Jungs. Lake und mir ist nicht entgangen, dass Kel sich anscheinend ein bisschen in sie verknallt hat, auch wenn er das natürlich niemals zugeben würde. Aber er wird schließlich nächste Woche elf, es war damit zu rechnen, dass das früher oder später passieren würde. Allerdings überragt Kiersten ihn um einen Kopf und wirkt wesentlich reifer, obwohl sie nur ein paar Monate älter ist. Ich hoffe mal für ihn, dass sich das mit der Zeit wieder ausgleicht. Mädchen kommen ja meistens früher in die Pubertät als Jungs.
»Könnt ihr mir nächstes Mal bitte rechtzeitig Bescheid sagen, wenn ihr jemanden einladet?«, stöhne ich. »Jetzt muss ich schnell noch einen Burger machen.«
»Musst du nicht. Kiersten isst kein Fleisch«, informiert Kel mich. »Sie ist Vegetarierin.«
Auch das noch. »Gemüseburger hab ich aber keine da. Was soll sie denn essen? Etwa Hamburgerbrötchen mit Pommes?«
»Kein Problem«, ruft Kiersten, die in diesem Moment zur Tür hereinkommt – natürlich ohne anzuklopfen. »Ich mag Brot und ich mag Pommes, aber ich mag nichts, wofür andere Lebewesen sterben mussten. Ich will mich nicht als Mittäterin an einem Tiergenozid schuldig machen.«
Gavin starrt sie fassungslos an. »Wer ist das?«, raunt er mir zu.
Kiersten streicht sich ihre roten Locken hinter die Ohren und geht zum Tisch, wo sie beginnt, Blätter von der Küchenrolle abzureißen und als Servietten neben die Teller zu legen. Ihre zupackende Art erinnert mich ein bisschen an Eddie. Angesichts der Selbstverständlichkeit, mit der sie sich bei uns bewegt, könnte man meinen, sie würde ständig hier ein und aus gehen. Dabei ist sie heute zum ersten Mal zum Essen da.
»Das ist das neue Nachbarsmädchen, von dem ich euch letztes Mal erzählt habe«, antworte ich. »Angeblich ist sie erst elf, aber so, wie sie manchmal redet, hab ich den Verdacht, dass sie in Wirklichkeit eine kleinwüchsige Erwachsene ist, die sich nur als Kind ausgibt.«
»Ach. Ist das etwa die, in die Kel verknallt ist?« Gavin reibt sich grinsend die Hände. Wahrscheinlich heckt er schon Pläne aus, wie er Lakes Bruder gleich aufziehen kann. Der Abend verspricht lustig zu werden. Na ja, außer für Kel.
Seit Lake und Eddie beste Freundinnen geworden sind, sehen Gavin und ich uns auch häufiger als früher. Ich kenne ihn ja schon seit Ewigkeiten von der Schule – erst als jüngeren Mitschüler und später dann als sein Lehrer –, aber im Laufe des letzten Jahres sind wir so etwas wie beste Kumpel geworden. Kel und Caulder mögen ihn und Eddie auch sehr. Ich finde es schön, dass wir so viel zusammen unternehmen und fast so eine Art Großfamilie sind.
Wir sitzen schon am Tisch, als Eddie und Lake auch endlich rüberkommen. Lake hat ihre feuchten Haare zu einem nachlässigen Knoten geschlungen und trägt Jogginghose und Sweatshirtjacke. Ich liebe sie dafür, dass sie so natürlich und ungezwungen herumläuft und nicht wie viele andere Mädchen ständig das Bedürfnis hat, sich zu stylen.
»Danke, dass du dich mal wieder ums Essen gekümmert hast, Baby.« Sie lässt sich auf den Stuhl neben mir fallen und gibt mir einen Kuss. »Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht hab. Ich wollte mich noch schnell online für Statistik eintragen, aber der Kurs ist schon voll. Jetzt muss ich morgen zur Uni und versuchen, mich bei den Sekretärinnen einzuschleimen. Vielleicht können die mich doch noch reinschleusen.«
»Statistik?«, fragt Gavin erstaunt und greift nach der Ketchupflasche. »Wieso willst du den Kurs denn jetzt schon machen?«
»Algebra II hab ich schon im Wintersemester belegt. Ich hab mir vorgenommen, die ganzen mathematischen Pflichtkurse im ersten Jahr hinter mich zu bringen, weil ich so einen Horror davor habe.« Lake nimmt ihm die Flasche aus der Hand und drückt erst mir und dann sich selbst einen Klecks Ketchup auf den Teller.
»Ich versteh trotzdem nicht, warum du es so eilig hast«, sagt Gavin. »Du hast doch jetzt schon mehr Studienpunkte gesammelt als Eddie und ich zusammen.«
Eddie nickt. »Stimmt. Wieso tust du dir das an?«, fragt sie und beißt in ihren Burger.
»Weil ich auch schon mehr Kinder habe als ihr beide zusammen.« Lake deutet auf Kel und Caulder. »Deswegen will ich das Studium so schnell wie möglich durchziehen.«
»Was studierst du denn im Hauptfach?«, erkundigt sich Kiersten interessiert.
Eddie sieht Kiersten an, als würde sie erst jetzt bemerken, dass noch jemand am Tisch sitzt. »Huch. Wer bist du denn?«, fragt sie.
Kiersten strahlt sie an. »Ich heiße Kiersten und wohne diagonal zu Will und Caulder und parallel zu Layken und Kel. Wir sind kurz vor Weihnachten aus Detroit hergezogen. Mom hat gesagt, dass wir dringend aus der Stadt rausmüssen, bevor die Stadt aus uns rauskommt, wenn ihr wisst, was ich meine. Ich bin am 11.11.2011 elf geworden, was wahrscheinlich nicht viele Leute von sich behaupten können. Nur schade, dass ich um drei Uhr nachmittags geboren wurde und nicht um elf. Sonst wäre in den Nachrichten bestimmt ein Bericht über mich gebracht worden. Das wäre super gewesen, um schon mal ein bisschen bekannt zu werden. Ich werde später nämlich mal Schauspielerin.«
Eddie starrt Kiersten mit offenem Mund an – genau wie wir anderen. Kiersten bekommt davon aber anscheinend gar nichts mit und wendet sich wieder an Lake. »Also. Was studierst du im Hauptfach?«
Lake legt ihren Burger auf den Teller und räuspert sich. Ich weiß, dass sie diese Frage hasst, auch wenn sie versucht, sich ihre Verlegenheit nicht anmerken zu lassen. »Ich habe mich noch nicht entschieden«, antwortet sie so selbstbewusst wie möglich.
Kiersten nickt mitleidig. »Verstehe. Mein älterer Bruder studiert auch schon seit ein paar Jahren und wechselt ständig die Fächer, weil er sich nicht entscheiden kann. Ich glaube ja, dass das mehr was damit zu tun hat, dass er lieber jeden Abend feiert, dann bis mittags schläft und höchstens drei Stunden in die Uni geht, statt endlich einen Abschluss zu machen und sich einen richtigen Job zu suchen. Mom behauptet, er würde noch in der Selbstfindungsphase stecken und ›seine Interessen ausloten‹. Aber wenn ihr mich fragt,...