E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Hood-Stewart Rendezvous am Mittelmeer
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7337-4996-5
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-4996-5
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die junge Hollywood-Schönheit Victoria fühlt sich wie im Märchen, als Prinz Rodolfo sie auf sein Schloss am Mittelmeer einlädt. Während er ihr die schönsten Seiten seiner Heimat zeigt, verliebt sie sich unsterblich. Aber ihrem Glück scheint keine Zukunft vergönnt ...
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1. KAPITEL
Oh, wie sie diesen ganzen Medienrummel hasste. Überall fielen die Fotografen mit Blitzlichtgewitter über sie her, jeder schien irgendetwas von ihr zu wollen …
Und jetzt sollte sie schon wieder auf dem Präsentierteller stehen!
Victoria Woodward atmete tief durch und versuchte, ruhig zu bleiben. Hätte sie doch nur nie zugestimmt, in diesem Film mitzuspielen. Noch dazu in der Hauptrolle! Aber wie hätte sie auch ahnen können, dass dieser kleine Streifen ein potenzieller Gewinner bei den französischen Filmfestspielen werden könnte? Noch vor wenigen Monaten hätte sie es sich nicht einmal träumen lassen, überhaupt je nach Cannes zu kommen, in das elegante Hafenstädtchen, in dem die Filmwelt alljährlich ihre Werke prämiert. Und nun war sie selbst einer der am meist umjubelten Stars hier!
Victoria seufzte. Sie konnte sich noch so sehr in die Geborgenheit Hetheringtons zurückwünschen. In dem kleinen englischen Dorf hatte sie ihr ganzes Leben verbracht. Ein ruhiges, ereignisloses Leben. Damals kam ihr dieses Dasein langweilig vor, und sie hatte sich nach Veränderung, nach Abenteuer und dem Hauch der weiten Welt gesehnt. Und dann war die Veränderung plötzlich gekommen, schneller und gewaltiger, als sie es je für möglich gehalten hatte. Es war, als hätte das Schicksal ihren Wunsch erhört. Das neue Leben war ein rasanter Wirbelwind aus Hollywoodpartys, Privatflugzeugen und der ständigen Belagerung durch neugierige Fans.
Auch jetzt, auf dem Flughafen von Nizza, lauerte eine Horde aufdringlicher Reporter auf sie.
„Du musst lächeln“, zischte Anne Murphy, ihre Agentin. „Ed flippt aus, wenn er noch mehr Fotos sieht, auf denen du schmollst.“ Anne zog Victoria hinter sich her und steuerte den Ausgang der Flughafenhalle an. Sofort wurden die beiden Frauen von Presseleuten umzingelt.
„Stimmt es, dass Sie die Goldene Palme gewinnen werden, Miss Woodward?“ Aggressiv hielt ihr der Reporter ein Mikrofon unter die Nase.
„Haben Sie einen Freund, Miss Woodward? Stimmt es, dass Sie mit Peter Simmons liiert sind?“
Victoria spürte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte – ein Gefühl, das sie inzwischen nur zu gut kannte. Lähmende Angst machte sich in ihr breit, und sie hatte den Eindruck, weder sprechen noch weitergehen zu können.
„Bring mich hier weg“, murmelte sie Anne zu. Ihre Stimme zitterte leicht.
„Da drüben steht schon der Wagen.“ Anne fasste Victoria am Arm und führte sie zielstrebig durch die Menge.
Zwei kräftige junge Männer in schwarzen Anzügen hielten die Schaulustigen zurück, während Anne sich ihren Weg zu der Limousine bahnte, die Victoria wie ein sicherer Hafen erschien. Nur mit Mühe setzte sie einen Fuß vor den anderen und brachte ein flüchtiges Lächeln zustande, bevor sie sich in den Wagen sinken ließ. Dort kauerte sie sich in ihren Sitz und ignorierte die gierigen Gesichter, die sich an die Scheiben drückten.
„Victoria, du musst dich einfach an diese Situationen gewöhnen“, bemerkte Anne, als die Limousine endlich anfuhr. Anne war Mitte Dreißig und gebürtige New Yorkerin. Ihr energisches Auftreten stand in merkwürdigem Kontrast zu ihrer kleinen, zierlichen Gestalt.
„Ich hasse es einfach“,flüsterte Victoria und streckte ihre Beine aus. „Diese vielen Menschen machen mir Angst. Irgendwie bekomme ich keine Luft mehr und …“
„Jetzt ist nicht die Zeit für dramatische Offenbarungen“, erwiderte Anne mit strengem Blick. „Du bist auf Sendung, Schätzchen. Dafür gibt es schließlich auch ein paar Millionen Dollar.“
„Ich dachte, die Millionen seien für meine Rolle im Film“, erinnerte Victoria seufzend und senkte den Kopf, sodass ihr die blonden Haare wie ein Vorhang vors Gesicht fielen.
„Ach, sei doch nicht kindisch, Vic. Du weißt ganz genau, dass diese Rolle nur der Anfang war. Ich verstehe wirklich nicht, warum du dich beschwerst. Jede andere Frau wäre glücklich, so schnell wie du berühmt zu werden.“
„Ich finde es anstrengend.“
„Und ich gebe es auf!“ Anne verdrehte genervt die Augen. Sie wünschte, Ed Banes, der Regisseur, hätte jemand anderes für die Rolle ausgewählt. Denn obwohl Victoria ein Naturtalent war, hatte man von Anfang an nur Scherereien mit ihr. Anne hatte Ed und die anderen gewarnt, dass es kein Zuckerschlecken sein würde mit diesem Mädchen. Aber hatten sie auf sie gehört? Nein. Und jetzt musste sie, Anne, das Schlammassel ausbaden. Wie immer. Sie mochte Victoria sehr, hielt sie für ein nettes, hübsches Ding und für eine großartige Schauspielerin. Aber das war einfach nicht genug. Wenn sie sich in der Öffentlichkeit so schwer tat und die Medien derart scheute, nützte alles Talent der Welt nichts.
Anne warf einen Seitenblick auf ihren Schützling und beschloss, Victoria bis zur Ankunft im Carlton Hotel in Cannes in Ruhe zu lassen. Seufzend lehnte sie sich in ihrem Ledersitz zurück und blätterte durch das Programmheft der Filmfestspiele.
Am Abend sollte es ein elegantes Essen geben. Na, das konnte ja heiter werden. Ein erstklassiges Modehaus würde am Nachmittag Victorias Kleid liefern. Gott allein wusste, wie sie sich aufführen würde, falls es nicht passte. Anne sah auf die Liste der geladenen Gäste. Mehrere große Stars würden an dem Dinner teilnehmen. Gut so, dann drehte sich wenigstens nicht alles nur um Victoria. Außerdem waren noch zwei Staatsoberhäupter eingeladen, ein wenig Adel und ein paar berühmte Musiker, um dem Ganzen etwas Farbe zu verleihen. Noch ein Blick auf die Sitzordnung. Victoria würde neben Prinz Rodolfo von Malvarina sitzen. Er war das Oberhaupt eines winzigen Fürstentums auf einer Insel unweit der italienischen Küste.
Anne spielte mit ihrem Kugelschreiber und dachte über den Vorschlag der Bankberater nach, Victorias Wohnsitz zu verlegen. Malvarina wäre keine schlechte Wahl – ein Steuerparadies, leicht zu erreichen, attraktive Bankengesetze. Sie überlegte, ob sie das Thema ansprechen sollte. Doch ein Blick in Victorias verschlossene Miene, und Anne entschied sich dagegen. Im Moment wollte Victoria scheinbar nur eins: zurück in das kleine verschlafene Dorf in England, wo sie mit ihrer Mutter gelebt hatte. Sehr schnuckelig war es dort, aber kaum nach Annes Geschmack. Malvarina dagegen war schick und mondän. Einige der reichsten und schillerndsten Persönlichkeiten der Welt hatten dort ihren Wohnsitz. Und sie genossen nicht nur die Steuervorteile, sondern auch den Vorzug, sich beinahe anonym bewegen zu können.
Hmm. Anonymität. Damit konnte man Victoria die Sache vielleicht schmackhaft machen. Schließlich war in Malvarina jeder reich und berühmt. Ein Star mehr oder weniger würde dort gar nicht auffallen. Anne machte sich eine Notiz in ihren elektronischen Planer. Sie sollte das Thema besser in einem günstigeren Moment erwähnen. Dann blickte sie auf ihre Uhr. Gleich würden sie vor dem Hotel vorfahren, wo sie Victoria wieder einmal helfen musste, die wartende Reportermeute zu bewältigen.
Die riesige Suite im Carlton Hotel bot einen herrlichen Blick auf die berühmte Croisette-Promenade und das Mittelmeer. Victoria ließ sich auf ihr seidenbezogenes Kingsize-Bett fallen und seufzte tief. Sie hatte sich alles so ganz anders vorgestellt, als man sie damals entdeckte und ihr die Filmrolle anbot. Sie war schrecklich aufgeregt gewesen und hatte sich förmlich auf diese Chance gestürzt. Schauspielerin zu werden war schon immer ihr großer Traum gewesen, und mit nur zwanzig Jahren so ein Angebot zu bekommen, schien eine unglaubliche Gelegenheit. Warum tat sie sich nur mit dem ganzen Drum und Dran so schwer? Die meisten Leute wollten doch berühmt sein, als Star im Rampenlicht stehen, sich in Ruhm und Beifall sonnen. Aber für Victoria stellten der Medienrummel und der Erfolgsdruck mittlerweile schier unüberwindbare Hürden dar, und es fiel ihr immer schwerer, sich dem zu stellen.
Sie spürte, dass es Zeit wurde für eine ihrer Tabletten. Während sie aufstand und ins Bad ging, musste sie daran denken, wie sie Dr. Richard Browne kennengelernt hatte. Den Mann, der sie bei Sinnen hielt.
Es hatte bei einem großen Abendessen in Hollywood begonnen. Sie war auf die Damentoilette geflüchtet, wo sie sich mit geschlossenen Augen verzweifelt an das Waschbecken lehnte. Das junge Mädchen, das sich neben ihr die Hände wusch, schaute sie neugierig an.
„Ist alles in Ordnung?“
„Ja“, antwortete Victoria und lächelte matt.
„Wirklich?“ Die junge Frau verzog das Gesicht. „Bestimmt fällt es dir schwer, mit dem ganzen Stress umzugehen. So ging es mir früher auch. Dann bin ich bei einem Seelenklempner gelandet. Gott sei Dank. Das hat mir das Leben gerettet.“ Sie trocknete sich die Hände an einem kleinen Papiertuch und warf es in den Korb neben dem Waschbecken.
„Hat er dir geholfen, dieser Seelenklempner?“
„Und ob“, erwiderte das Mädchen lachend. „Danach war alles wieder im Lot. Er hat mir ein Medikament verschrieben, das mein Leben um einiges erleichtert.“
„Das klingt ja wunderbar“, erwiderte Victoria erschöpft. Was hätte sie nicht alles für ein bisschen Erleichterung gegeben …
„Also, wenn du willst, kann ich dir seine Nummer geben. Der Mann ist schwer in Ordnung. Hast du was zu schreiben dabei?“
Victoria durchsuchte ihre Handtasche und reichte der Unbekannten einen Kugelschreiber und eine Papierserviette. Kurz darauf steckte sie die Serviette wieder ein, fest entschlossen, den Arzt am nächsten Tag...