E-Book, Deutsch, Band 108, 64 Seiten
Reihe: Mythor
Hoffmann Mythor 108: Der Menschenjäger
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8453-9860-0
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 108, 64 Seiten
Reihe: Mythor
ISBN: 978-3-8453-9860-0
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mythor, der Sohn des Kometen, begann seinen Kampf gegen die Mächte des Dunkels und des Bösen in Gorgan, der nördlichen Hälfte der Welt. Dann, nach einer relativ kurzen Zeit des Wirkens, in der er dennoch Großes vollbrachte, wurde der junge Held nach Vanga verschlagen, der von den Frauen beherrschten Südhälfte der Lichtwelt. Und sowohl in Vanga ein Mann nichts gilt, verstand Mythor es nichtsdestoweniger, sich bei den Amazonen Achtung zu verschaffen und den Hexenstern zu erreichen, wo er endlich mit seiner geliebten Fronja zusammenkam. Gegenwärtig befinden sich der Sohn des Kometen und seine Gefährten, zu denen inzwischen auch Fronja, die ehemalige Erste Frau von Vanga, und Burra, die Amazone, gehören, inmitten der Schattenzone, wohin sie mit der Luscuma gelangt sind. Bislang ist es der Gruppe um Mythor gelungen, gegen all die Schrecken zu bestehen, die die Dämonen und ihre Helfer gegen die Eindringlinge aufzubieten haben. Selbst der Thron des Haryion, der sich als tödliche Falle erwies, hat den Sohn des Kometen nicht halten können - vielmehr erfuhr Mythor bei den Haryien wichtige Informationen über Carlumen, dem seine Suche gilt. Mythors weiterer Weg in der Schattenzone ist also vorgezeichnet - doch auf diesem Weg wartet DER MENSCHENJÄGER ...
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1.
»Die Richtung stimmt«, erklärte Robbin, der Pfader. »Das ist alles, was ich euch jetzt sagen kann.«
Mythor stand hoch aufgerichtet an einer der viereckigen Öffnungen im Leib der Phanus und starrte hinaus in das Leuchten und Blitzen der unbekannten Gefilde. Mit einer Hand hielt er die Holzklappe hoch. Staubmassen wurden gegen das Hausboot gewirbelt. Ab und an tauchten größere Gesteinsbrocken auf, und die Amazonen an den Steuerfächern hatten ihre liebe Not damit, das zerbrechliche Boot auf sicherem Kurs zu halten. Dann wieder geriet die Phanus in Blasen giftiger Lüfte oder musste sich durch Luft, die so dick war wie ein zäher Brei, schieben. Die Erschütterung nahm der Gorganer kaum noch wahr. Er hatte sich an sie ebenso gewöhnt wie an den Gedanken, dass in jedem Augenblick neue, fürchterliche Angreifer aus dem Mahlstrom der Schattenzone ausgespien werden konnten.
Mythors Augenmerk war auf andere Dinge gerichtet.
Er ließ die Klappe herab und verschloss das Fenster. Fronja stand neben Robbin und blickte ihn herausfordernd an. In einer Ecke des nur durch ein Öllicht schwach erleuchteten Raumes klammerte sich Gerrek krampfhaft an den hölzernen Leisten fest und gab jedes Mal ein Stöhnen von sich, wenn die Phanus in einem Luftloch nach unten sackte oder von tückischen Strömungen jäh in die Höhe gerissen wurde.
»Du wirst es nicht tun!«, sagte Fronja hart. In ihrem betörend schönen Gesicht war eine nie gekannte Strenge. »Ich werde nicht zulassen, dass du blindlings in dein sicheres Verderben läufst!«
Mythor winkte verärgert ab. Er ging in die Hocke. Vor ihm auf dem Boden lagen Caerylls Weltkarte und die beiden Bausteine des DRAGOMAE, des Zauberbuches der Weißen Magie. Die beiden Kristalle übten eine Anziehung auf ihn aus, der er sich kaum noch zu entziehen vermochte. Er griff nach ihnen und hob sie vor sein Gesicht.
»Ich warne dich zum letzten Mal!«, rief Fronja. »Du bist nicht magisch geschult genug, um die Kräfte der Steine für dich nutzbar machen zu können, ohne dass sie dich zerstören! Selbst ich musste erleben, wie leicht sie dem Willen entgleiten, als ich sie im Haryienstock benutzte!«
Sie erinnerte ihn damit an etwas, das er lieber schnell wieder vergessen wollte. Die Haryien des Nesfar-Stockes hatten ihn nur geködert, um ihn zum neuen Haryion zu machen. Entgegen allen Warnungen der Freunde war er ihnen in ihren Stock gefolgt. Er hatte den Thron bestiegen und war in die Gewalt der in ihm lebenden Geister früherer Haryione geraten. Erst Fronjas Eingreifen hatte ihn schließlich gerettet.
Vorher jedoch war ihm durch einen der Haryion-Geister jenes Wissen zuteil geworden, das ihn nun trieb und nicht mehr zur Ruhe kommen ließ. Er glaubte zu wissen, wo er Caerylls fliegende Stadt fand – Carlumen.
»Carlumen ist an der untersten Sprosse der Dämonenleiter gestrandet«, sagte er heftig. »An einem Ort, der Yhr genannt wird. Du bist dir nicht völlig sicher, dass wir uns der Dämonenleiter und Yhr nähern, Robbin.«
»Die Richtung stimmt«, wiederholte der Pfader geduldig. »Wir treiben irgendwo in ihrer Nähe, und vielleicht wäre es gut, wenn wir sie niemals finden würden. Hör dieses eine Mal auf die Warnungen von einem, der sich in der Schattenzone besser auskennt als du. Je weiter wir an die Dämonenleiter herankommen, desto größeren Gefahren setzen wir uns aus. Du bist dabei, Mächte heraufzubeschwören, denen wir alle zusammen nichts entgegenzusetzen haben, Mythor – auch nicht mit Alton und den Kristallen. Gegen das, was uns erwartet, wird dir alles, was wir bisher an Schrecken erlebten, harmlos vorkommen.«
»Hör auf! Oder muss ich dich daran erinnern, dass du ein Fass voller Salz bekommen hast für dein Versprechen, mich nach Carlumen zu führen?«
»Nein, aber ...«
Robbin wand sich und blickte Fronja hilfesuchend an. Mythor schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab.
»Ich werde Carlumen finden. Diese beiden Kristalle werden mir helfen, die Weltkarte zu lesen. Danach wissen wir, wohin wir uns zu wenden haben.«
Robbin schien sich in den hölzernen Boden des Hausboots schrauben zu wollen. Seine bandagierten Arme legten sich ihm wie Schlangen um den Kopf. Er wollte nichts mehr sehen und hören.
Dabei war er es gewesen, der die Vermutung ausgesprochen hatte, dass sich auf der Karte etliche magische Hinweise befänden, die man mit den beiden DRAGOMAE-Bausteinen nicht nur würde zu sehen bekommen, sondern auch würde deuten können.
Die schwere Klappe über der zum Oberdeck führenden Treppe wurde aufgerissen. Burras von Narben übersätes Gesicht erschien in der Luke.
»Die Amazonen werden unruhig!«, rief sie herab. »Zu lange schon ist es ruhig. Irgendetwas wird bald geschehen, und sie alle ahnen es. Etwas kommt auf uns zu. Sie wollen endlich wissen, wo wir sind und wohin wir fahren!«
Fronja lachte rau. »Es ist umgekehrt, Burra von Anakrom. Wir fliegen der Gefahr entgegen, wenn Mythor nicht rasch zur Besinnung kommt!«
Der Sohn des Kometen presste die Lippen aufeinander und ließ das unausgesprochen, was ihm auf der Zunge lag. Seine Liebe zu Fronja war so stark wie beim ersten Anblick ihres Bildnisses, von dem sie meinte, dass es einen Liebeszauber auf ihn ausgeübt habe. Dennoch wollte er sich nicht länger bevormunden lassen. Er hatte ein Ziel und war ihm näher als jemals zuvor. Niemand, nicht einmal Fronja, sollte ihn nun noch davon abbringen.
»Wenn du mich nicht die Karte lesen lassen willst«, warf er ihr grimmig vor, »dann verrate du mir doch, welche geheimen Hinweise es auf ihr gibt. Immerhin warst du vor vielen Jahren ja mit Caeryll zusammen und musst seine Geheimnisse kennen!«
Sie schrie auf, machte einen Schritt auf ihn zu und schien die Klingen gegen ihn ziehen zu wollen, die einer der Amazonen gehört hatten, die in der Schattenzone ihr Leben ließen. Mythor sprang auf. Ihre Blicke verschmolzen für einige Herzschläge miteinander, ein stummes Kräftemessen zweier Menschen, von denen jeder wusste, wie stark der Wille des anderen war, wie grimmig die Entschlossenheit.
»Hört endlich zu streiten auf!«, kam es von Gerrek. »Bei allen Drachen des glorreichen Zeitalters, seht lieber zu, dass wir auf festem Land aufsetzen! Mir ist so schlecht ...!«
»Sei still, Beuteldrache!«, fuhr Fronja ihn an, ohne sich umzudrehen. Ihr Zeigefinger drückte sich in Mythors Brust. »Und dir habe ich schon gesagt, dass ich Caeryll niemals begegnete!«
Mythors Zorn war nicht mehr zu zügeln. Er schlug ihre Hand zur Seite und knurrte:
»Und das war eine Lüge! Ich selbst sah dich in der Schattenbucht an der Seite des Lava-Mannes, der mir als Caeryll erschien!«
»Das ist nicht wahr!«
»Es war so! Welchen Sinn hat es, das zu verschweigen? Sage mir jetzt, was du weißt, Fronja. Es geht nicht mehr nur um dich und das, was du nicht preiszugeben bereit bist! Es geht um ...«
Ihr schallendes Lachen brachte ihn zum Verstummen. Sie zog sich bis zur gegenüberliegenden Wand zurück, lehnte sich mit den Schultern dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich war nie in meinem Leben an Caerylls Seite«, sagte sie. »Selbst in meinen Träumen nicht!«
Ein heftiger Ruck ging durch die Phanus. Ein Toben und Brausen hob draußen an, das die Wände durchdrang, als hätten sie sich von einem Augenblick auf den anderen aufgelöst. Von oben waren die Schreie der Amazonen zu hören. Burra ließ die Klappe herabfallen und schrie Befehle in den Orkan.
Gebannt lauschten die Gefährten, warteten bange auf das Kreischen und Brüllen der Schreckensgestalten, die in der schweren Luft so gut wie auf den Inseln aus festem Gestein zu Hause waren. Mythors Hand schloss sich um den Kauf des Gläsernen Schwertes. Alle seine Muskeln waren angespannt. Selbst Gerrek vergaß sein Jammern.
Die Phanus kam zur Ruhe. Weiter ging die Fahrt ins Unbekannte.
»Wir sind ohne die Weltkarte und ihre Weisungen blind«, sagte Mythor. Wieder hockte er sich hin und ergriff die Kristalle. Fronja nahm eine drohende Haltung ein, als er sich anschickte, sie auf das Pergament zu legen.
»Ich dulde es nicht!«, schrie sie.
Mythor sah nicht zu ihr auf. Er fühlte die Kraft der Steine in seinen Händen und suchte nach einem Ansatzpunkt. Dabei hatte er fast das Gefühl, sie würden ihn lenken, sich seines Geistes bemächtigen und ihm zuraunen, wohin er sie zu setzen hatte.
Beinahe berührten sie schon die Karte, als diese von Fronja jäh fortgezogen wurde. Die Tochter des Kometen sprang zurück und hielt sie hinter sich. Ihre Augen schienen zu sagen: Komm her, wenn du sie haben willst! Doch dann kämpfe darum!
Und in diesem Moment war er bereit, es zu tun, sich gegen den Menschen zu wenden, der ein Teil von ihm war – und vielleicht gar noch mehr als das.
Die Luft im Innern der Phanus schien zu gefrieren. Gerreks Augen weiteten sich, als könnte er nicht fassen, wessen er da Zeuge wurde.
Mythor ging auf Fronja zu und streckte fordernd die Hand aus. Sie schüttelte heftig den Kopf.
»Kämpfe darum, Mythor«, flüsterte sie. »Entscheide nun, was dir wichtiger ist – der Besitz der Karte und das Verderben durch magische Kraft oder mein Wunsch, dass du die Hände von Dingen lässt, an die zu rühren dir nicht gegeben ist. Was fühlst du jetzt, Mythor? Wirkt der Liebeszauber nicht mehr so stark wie bisher?«
»Gib sie mir!«, befahl er.
Wieder lachte sie. Ihre Rechte zuckte zurück. Dann blitzte im fahlen Schein des Öllichts ein Messer darin.
»Kämpfe um sie – oder um...




