E-Book, Deutsch, Band 054
Reihe: ApeBook Classics
Hoffmann / de Maupassant / Hawthorne SPUK. Schauergeschichten des 19. Jahrhunderts. Band 1
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96130-148-5
Verlag: apebook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 054
Reihe: ApeBook Classics
ISBN: 978-3-96130-148-5
Verlag: apebook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Dies ist eine Zusammenstellung von Schauerliteratur berühmter Autoren des 19. Jahrhunderts. Es finden sich hier Erzählungen von E. T. A. Hoffmann, Theodor Storm und Eduard Mörike ebenso wie Geschichten von Nathaniel Hawthorne, Oscar Wilde, Rudyard Kipling oder Guy de Maupassant. Verbindendes Element der Erzählungen dieser so unterschiedlichen Schriftsteller ist jeweils das Übernatürliche und Phantastische, das in ihren Texten auf die Leserinnen und Leser wartet, um sie in ihren Bann zu ziehen. 'SPUK' ist der erste Band der 'Schauergeschichten des 19. Jahrhunderts'. Den zweiten Band finden Sie unter dem Titel 'MORD. Schauergeschichten des 19. Jahrhunderts. Band 2'. ÜBER DIE BUCHREIHE Die ApeBook Classics erwecken berühmte und auch weniger bekannte Meisterwerke der Weltliteratur zu neuem Leben in digitalem Format. Dadurch werden auch zu Unrecht beinahe in Vergessenheit geratene Werke für das kulturelle Gedächtnis bewahrt. apebook hält die höchsten Standards in der eBook-Produktion ein und bietet Ihnen qualitativ hochwertig und ästhetisch ansprechend aufbereitete Klassiker zu einem fairen Preis. Geben Sie sich nicht mit billigen und lieblosen Versionen zufrieden, wenn Sie gute Literatur lieben, sondern entscheiden Sie sich für preisgünstige, aber schöne Ausgaben aus einem echten Verlag. Mit den ApeBook Classics erhalten Sie professionell erstellte eBooks, die den literarischen Wert ihres Inhalts durch eine entsprechende Gestaltung würdigen. Suchen Sie nach weiteren Titeln der ApeBook Classics, um Ihre digitale Bibliothek aufzubauen, indem Sie in das Suchfeld 'apebook' eingeben. Ausgewählte Titel bietet apebook übrigens zugleich auch als Taschenbuch-Ausgabe an. Und last but not least: apebook unterstützt die Umweltorganisation 'Rettet den Regenwald e. V.'. Indem Sie die Bücher aus unserem Shop kaufen, tun Sie das auch. Einen kompletten Überblick über das Verlagsprogramm erhalten Sie unter: www.apebook.de
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Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde | E.T.A. Hoffmann
Auszug aus: Die Serapionsbrüder (1818) Am zweiten Pfingsttag war das sogenannte Webersche Zelt, ein öffentlicher Ort im Berliner Tiergarten, von Menschen allerlei Art und Gattung so überfüllt, daß Alexander nur durch unablässiges Rufen und Verfolgen dem verdrießlichen, durch die Menge hin- und hergedrängten Kellner einen kleinen Tisch abzutrotzen vermochte, den er unter die schönen Bäume hinten heraus auf den Platz am Wasser stellen ließ und woran er mit seinen beiden Freunden Severin und Marzell, die unterdessen, nicht ohne strategische Künste, Stühle erbeutet, in der gemütlichsten Stimmung von der Welt sich hinsetzte. Erst seit wenigen Tagen hatte jeder sich in Berlin eingefunden, Alexander aus einer entfernten Provinz, um die Erbschaft einer alten Tante, die unverheiratet gestorben, in Empfang zu nehmen, Marzell und Severin, um die Zivilverhältnisse wieder anzuknüpfen, die sie, den eben beendigten Feldzug mitmachend, so lange aufgegeben. Heute wollten sie sich des Wiedersehens und Wiederfindens recht erfreuen, und, wie es zu geschehen pflegt, nicht der ereignisreichen Vergangenheit, nein! des nächsten Augenblicks, des eben bestehenden Tuns und Treibens im Leben wurde zuerst gedacht. »Wahrhaftig,« sprach Alexander, indem er die dampfende Kaffeekanne ergriff und den Freunden einschenkte, »wahrhaftig, wenn ihr mich sehen solltet in der abgelegenen Wohnung der verstorbenen Tante, wie ich morgens in finsterm Schweigen pathetisch die hohen, mit düstern Tapeten behängten Zimmer durchwandle, wie dann Jungfer Anne, die Haushälterin der Seligen, ein kleines gespenstisches Wesen, hineinkeucht und hüstelt, die zinnernen Präsentierteller mit dem Frühstück in den zitternden Armen tragend, das sie mit einem seltsamen rückwärts ausgleitenden Knix auf den Tisch stellt und dann, ohne ein Wort zu reden, seufzend und auf zu weiten Pantoffeln schlarrend, wie das Bettelweib von Lokarno, sich wegbegibt; wie Kater und Mops, mich mit ungewissen Blicken von der Seite anschielend, ihr folgen, wie ich dann allein, von einem melancholischen Papagei angeschnurrt, von nickenden Pagoden dumm angelächelt, eine Tasse nach der andern einschlürfe und kaum wage, das jungfräuliche Gemach, in dem sonst nur Bernstein- und Mastix-Opfer galten, durch schnöden Tabaksqualm zu entweihen – ja, wenn ihr mich so sehen solltet, ihr müßtet mich durchaus was weniges für verhext, für eine Art Merlin halten. Ich kann euch sagen, daß nur die leidige Bequemlichkeit, die ihr schon so oft mir vorwarfet, daran schuld ist, daß ich gleich, ohne mich nach einer andern Wohnung umzusehen, in das öde Haus der Tante zog, das die pedantische Gewissenhaftigkeit des Testamentsvollziehers zu einem recht unheimlichen Aufenthalt gemacht hat. So wie die wunderliche Person, die ich kaum gekannt, es verordnete, blieb alles bis zu meiner Ankunft in unverändertem Zustande. Neben dem in schneeweißen Linnen und meergrüner Seide prangenden Bette steht noch das kleine Taburett, auf dem, wie sonst, das ehrbare Nachtkleid mit der stattlichen vielbebänderten Haube liegt, unten stehen die grandiosen gestickten Pantoffeln, und eine silberne hellpolierte Sirene als Henkel irgendeines unentbehrlichen Geschirrs funkelt unter der mit weißen und bunten Blumen bestreuten Bettdecke hervor. Im Wohnzimmer liegt die unvollendete Nähterei, die die Selige kurz vor ihrem Hinscheiden unternahm, Arndts ›Wahres Christentum‹ aufgeschlagen daneben; was aber für mich wenigstens das Unheimliche und Grauliche vollendet, ist, daß in ebendemselben Zimmer das lebensgroße Bild der Tante hängt, wie sie sich vor fünfunddreißig bis vierzig Jahren in vollem Brautschmuck malen ließ, und daß, wie mir die Jungfer Anne unter vielen Tränen erzählt hat, sie in ebendiesem vollständigen Brautschmuck begraben worden ist.« »Welch eine eigne Idee!« sprach Marzell. »Die aber sehr nahe liegt,« fiel ihm Severin ins Wort, »da verstorbene Jungfrauen Christusbräute sind, und ich hoffe, daß niemand so ruchlos sein wird, diesen auch der bejahrten Jungfrau geziemenden frommen Glauben zu belächeln, wiewohl ich nicht verstehe, warum sich die Tante früher gerade als Braut malen ließ.« »So wie mir erzählt worden,« nahm Alexander das Wort, »war die Tante einmal wirklich versprochen, ja, der Hochzeittag war da, und sie erwartete in vollem Brautschmuck den Bräutigam, der aber ausblieb, weil er für gut gefunden hatte, mit einem Mädchen, die er früher geliebt, an demselben Tage die Stadt zu verlassen. Die Tante zog sich das sehr zu Gemüte, und ohne im mindesten verwirrten Verstandes zu sein, feierte sie von Stund' an den Tag des verfehlten Ehestandes auf eigne Weise. Sie legte nämlich frühmorgens den vollständigen Brautstaat an, ließ, wie es damals geschehen, in dem sorgfältig gereinigten Putzzimmer ein kleines, mit vergoldetem Schnitzwerk verziertes Nußbaum-Tischchen stellen, darauf Schokolade, Wein und Gebackenes für zwei Personen servieren und harrte, indem sie seufzend und leise klagend im Zimmer auf und ab ging, bis zehn Uhr abends des Bräutigams. Dann betete sie eifrig, ließ sich entkleiden und ging still in sich gekehrt zu Bette.« »Das kann nun«, sprach Marzell, »mich bis in das Innerste rühren. Weh dem Treulosen, der der Armen diesen nie zu verwinden den Schmerz bereitete.« »Die Sache«, erwiderte Alexander, »hat eine Kehrseite. Den Mann, den du treulos schiltst und der es bleibt, mochte er auch Gründe dazu haben, wie er wollte, warnte doch wohl zuletzt ein guter Genius, oder, wenn du willst, ein besserer Sinn wurde Meister über ihn. Er hatte nur nach der Tante schnödem Mammon getrachtet, denn er wußte, daß sie herrschsüchtig, zänkisch, geizig, kurz, ein arger Quälgeist war.« »Mag das sein,« sprach Severin, indem er die Pfeife auf den Tisch legte und mit übereinandergeschränkten Armen sehr ernst und nachdenklich vor sich hinschaute, »mag das sein, aber konnte denn die stille rührende Totenfeier, die resignierte, nur ins Innere hineintönende Klage um den Treulosen anders als aus einem tiefen, zarten Gemüte kommen, dem jene irdischen Gebrechen, wie du sie der armen Tante vorwirfst, fremd sein müssen? Ach! wohl oft mag jene Verbitterung, der wir, hart im Leben angegriffen, kaum zu widerstehen vermögen, wohl oft mag sie mißgestaltet hervorgetreten sein, daß es auf alles, was die Alte umgab, so verstörend wirkte; aber ein Jahr voll Plage hätte jener wiederkehrende fromme Tag für mich wenigstens gut gemacht.« »Ich gebe dir recht, Severin,« sprach Marzell; »die alte Tante, der der Herr eine fröhliche Urständ geben möge, kann nicht so böse gewesen sein, wie Alexander, doch nur von Hörensagen, behauptet. Mit im Leben und durch das Leben verbitterten Personen mag ich indessen auch nicht viel zu tun haben; und es ist besser, daß Freund Alexander sich an der Geschichte von der Hochzeits- Totenfeier der Alten erbaut und die gefüllten Kisten und Kasten durchstöbert oder das reiche Inventarium beäugelt, als daß er die verlassene Braut lebendig, im Brautschmuck des Geliebten harrend, um ihren Schokoladentisch wandeln sieht.« Heftig setzte Alexander die Tasse Kaffee, die er an den Mund gebracht, ohne zu trinken, wieder auf den Tisch und rief, indem er die Hände zusammenschlug: »Herr des Himmels! bleibe mir weg mit solchen Gedanken und Bildern, es ist mir wahrhaftig hier im lieben hellen Sonnenschein so zumute, als werde mitten aus jener Gruppe von jungen Mädchen dort die alte Tante im Brautschmuck recht gespenstisch hervorgucken.« »Dieses grauliche Gefühl«, sprach Severin leise lächelnd und die kleinen blauen Wölkchen aus der Pfeife, die er wieder genommen, schnell weghauchend, »dieses grauliche Gefühl ist die gerechte Strafe deines Frevels, da du von der Seligen, die dir im Tode Gutes erzeigt, schlecht gesprochen.« »Wißt ihr wohl, Leute,« fing Alexander wiederum an, »wißt ihr wohl, daß es mir scheint, als wäre die Luft in meiner Wohnung so von dem Geist und Wesen der alten Jungfer imprägniert, daß man nur ein paarmal vierundzwanzig Stunden drin gewesen sein darf, um selbst etwas davon wegzubekommen?« Marzell und Severin schoben in dem Augenblick ihre leeren Tassen Alexandern hin, der mit Geschicklichkeit und Umsicht den Zucker in gehörigem Verhältnis verteilte, ebenso mit Kaffee und Milch verfuhr und also weiter sprach: »Schon daß mir das meiner Art und Weise ganz fremde Talent des Kaffeeinschenkens mit einem Mal zugekommen; daß ich, als gält' es der Übung meines Berufs, gleich die Kanne ergriff, daß ich des geheimen Verhältnisses der Süße und der Bitterkeit mächtig bin, daß ich kein Tröpfchen vergieße, schon das muß euch, ihr Leute, besonders und geheimnisvoll vorkommen, aber ihr werdet noch mehr erstaunen, wenn ich euch sage, daß sich bei mir ein besonderes Wohlgefallen an blankgescheuertem Zinn und Kupfer, an Linnen, an silberner Gerätschaft, an Porzellan und Gläsern, kurz an einer eingerichteten Wirtschaft, wie sie im Nachlaß der Tante vorhanden, eingefunden hat. Ich schaue das alles mit einer gewissen Behaglichkeit an, und mir ist es plötzlich so, als sei es hübsch, mehr zu besitzen als ein Bett, einen Tisch, einen Schemel, einen Leuchter und ein Tintenfaß! – Mein Herr Testamentsvollzieher lächelt und meint, ich dürfe nun nachgerade heiraten, ohne mich um etwas anders zu bekümmern als um die Braut und um den Prediger. Im Herzen meint er denn nun wohl weiter, daß die Braut nicht weit zu suchen sein dürfte. Er hat nämlich selbst ein Töchterlein, ein ganz kleines putziges Ding mit großen Augen, die noch kindlich und kindisch tut, wie Gurli mit naiven Redensarten um sich wirft und herumhüpft wie eine Bachstelze. Das mag nun vor sechzehn Jahren ihr vermöge...