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E-Book, Deutsch, Band 2354, 128 Seiten

Reihe: Beck'sche Reihe

Höllmann Die Seidenstraße

E-Book, Deutsch, Band 2354, 128 Seiten

Reihe: Beck'sche Reihe

ISBN: 978-3-406-72020-8
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Seit der Antike bilden die Routen, die heute unter dem Begriff Seidenstraße zusammengefasst werden, ein weitverzweigtes Verkehrsnetz,
dessen Hauptstrang von Ostasien bis zum Mittelmeer reicht. Der Autor verfolgt dessen Spuren bis in die Gegenwart
und rekonstruiert die Facetten eines Erbes, zu dem viele Völker und Kulturen beigetragen haben.
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1;Cover;1
2;Titel;3
3;Zum Buch;2
4;Über den Autor;2
5;Impressum;4
6;Inhalt;5
7;Vorwort;7
8;1. Landschaften und Routen;9
8.1;Natürliche Barrieren;9
8.2;Transportkapazitäten;13
8.3;Versorgung in der Fremde;16
8.4;Die Hauptrouten;20
8.5;Der Seeweg;23
9;2. Fromme Mönche und fremdeTeufel;27
9.1;Buddhistische Pilger;28
9.2;Sendboten der Christenheit;31
9.3;Muslimische Reisende;35
9.4;Abenteurer und Forscher;37
10;3. Sprache und Identität;43
10.1;Antike Zeugnisse;43
10.2;Sprachbarrieren;46
10.3;Übersetzer und Dolmetscher;48
10.4;Vorurteile und Stereotypen;51
10.5;Selbstzuordnung und Fremdwahrnehmung;53
11;4. Staaten und Konföderationen;56
11.1;Der Sohn des Himmels;56
11.2;Das Abbild Gottes;60
11.3;Der Befehlshaber der Gläubigen;61
11.4;Der Weltenherrscher;64
11.5;Zwischen Autonomie und Despotie;66
12;5. Handel undTribut;70
12.1;Die Kaufleute;70
12.2;Chinesische Luxusgüter;72
12.3;Exotisches für das Reich der Mitte;76
12.4;Zahlungsmittel;80
12.5;Der Tribut;82
13;6. Pilger und Propheten;87
13.1;Der Buddhismus;87
13.2;Zoroastrismus und Manichäismus;91
13.3;Judentum und Christentum;95
13.4;Der Islam;97
14;7. Kunst und Erfindergeist;101
14.1;Monumente des Glaubens;101
14.2;Künstlerische Ausdrucksmittel;103
14.3;Minarette und Miniaturen;106
14.4;Papier und Drucktechnik;108
14.5;Wissenstransfer;110
15;Profite und Visionen: Eine Schlussbemerkung zur aktuellen Situation;114
16;Weiterführende Literatur;119
17;Register;123
18;Zeittafel;126
19;Karte;128


1. Landschaften und Routen
Erscheinungsbild, Flora und Fauna der Regionen, die von der Seidenstraße durchzogen werden, sind ausgesprochen abwechslungsreich und vielgestaltig. Vor allem aber erschweren schroffe, eisbedeckte Berge und scheinbar endlose Wüsten das Fortkommen. Zonen, die von sengender Hitze und von klirrender Kälte geprägt sind, wechseln miteinander ab. Natürliche Barrieren
Einige der Bergketten, an denen sich der Routenverlauf zu orientieren hatte, müssen einst nahezu unüberwindbar erschienen sein. Steil aufragende Wände, zerklüftete Hänge, riesige Geröllfelder und ewige Gletscher bilden zweifellos Barrieren, die dem Menschen noch heute Respekt einflößen. Immerhin erreichen nicht wenige unter den Gipfeln von Karakorum, Kunlun, Hindukusch, Tianshan und Pamir eine Höhe von mehr als 7000 m. Zum nordwestlich an den Himalaya anschließenden Karakorum zählt gar neben drei weiteren Achttausendern der K 2, das zweithöchste Massiv der Erde. Zwar verlaufen die Routen im Allgemeinen deutlich unterhalb der Gipfelzonen, doch stellt die Überquerung der Gebirgszüge gleichwohl gewaltige Anforderungen an körperliche Kondition, Psyche und Planung; denn ehrfurchtgebietende Höhen erreichen auch die über weite Teile des Jahres eis- und schneebedeckten Pässe: darunter der Karakorum (5575 m, im gleichnamigen Gebirge), der Khunjerab (4733 m, ebendort) und der Torugart (3752 m, im Tianshan). Ähnlich unwegsam wie die Bergregionen waren – und sind bis heute – jene Gebiete, in denen (klimatisch bedingte) Dürre und (nicht zuletzt durch menschliche Eingriffe verursachte) Desertifikation zu einer dramatischen Verknappung des Wasserhaushalts und einer dauerhaften Schädigung der Vegetationsdecke führen. Viele Plateaus, Becken und Senken weisen einen ariden oder semiariden Charakter auf und sind Bestandteile eines Trockengürtels, der von Nordafrika bis nach Ostasien reicht; hierzu zählt mit der Gobi auch die zweitgrößte Wüste der Erde. Tab. 1: Hochgebirge im Bereich der Seidenstraße (Auswahl). Die Taklamakan bildet das Zentrum des im Norden, Westen und Süden von Hochgebirgen eingerahmten Tarim-Beckens und ist die zweitgrößte Sandwüste der Erde. Etwa 85 % der Gesamtfläche besteht aus Wanderdünen, die eine Höhe von mehr als 200 Metern erreichen können und die Weite der Landschaft plastisch gliedern. Die jährliche Niederschlagsmenge liegt teilweise unter 50 mm und reicht ohne anderweitige Wasserzufuhr nicht aus, um eine landwirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen. Die zahlreichen Flüsse, die sich aus dem Schmelzwasser der umliegenden Bergregionen speisen, versiegen meist relativ rasch, nachdem sie die Ebene erreicht haben. Die Verdunstungs- und Versickerungsraten sind einfach zu hoch bei Temperaturen, die im Sommer oftmals über 60 Grad liegen. Vor allem in der Zeit von Mai bis August treten auch die gefürchteten Sand- und Staubstürme auf, die, bevorzugt am Nachmittag, eine Geschwindigkeit von mehr als 20 m/s erreichen können und das Leben von Mensch und Tier bedrohen. Tab. 2: Trockengebiete im Bereich der Seidenstraße (Auswahl). Der Sand, den der Wind in der Taklamakan über weite Entfernungen transportiert, ist je nach Region gelb, grau oder bräunlich. In der Karakum und in der Kizilkum weist er hingegen auch eine schwarze bzw. rote Färbung auf, ein Umstand, auf den die Namensgebung der beiden Wüsten (türk. kara «schwarz»; kizil «rot»; kum «Sand») zurückzuführen ist. Die Karakum liegt übrigens bis zu 81 m unter dem Meeresspiegel; ihren tiefsten Punkt erreicht die Seidenstraße allerdings in der Turfansenke, die (mit 154 m u. M.) die zweittiefste Depression der Erde bildet. Abb. 1: Wegmarkierung aus Tierknochen in der Gobi (Aufnahme aus dem Jahr 1934). Sind die Sommer in den Trockengebieten im Allgemeinen von sengender Hitze geprägt, so zeichnen sich die Winter durch strengen Frost aus. In der Gobi reichen die Temperaturen bis 35 Grad, in der Karakum gar bis 40 Grad unter dem Gefrierpunkt. Die Unbilden, welche die häufig bereits im September einsetzenden Kältewellen mit sich bringen können, schildert das im 8. Jahrhundert von Cen Can verfasste «Lied vom Schnee». Sehr anschaulich sind darin die (im Folgenden auszugsweise wiedergegebenen) Eindrücke geschildert, die der chinesische Beamte während seiner Tätigkeit in den Garnisonsstädten am Nordrand des Tarim-Beckens sammelte: Wenn der Nordwind den Boden durchfurcht, ducken sich die Steppengräser. Sobald der Herbst anbricht, treibt Schnee durch das Barbarenland. Die Wärme, die der Fuchspelz spendet, reicht nicht mehr, und reichlich dünn ist nun die Decke aus Brokat. Tief in den Grund gefriert die Wüste, die Wolken formen mächtige Barrieren. Dicht wirbeln Flocken durch die Dämmerung, Schnee weht an die Tore. Dem Zerren des Sturms widerstehen die roten Banner – steifgefroren. Neben Schneeverwehungen, Lawinen, Sandstürmen und Muren stellen auch Erdbeben eine massive Bedrohung für Leib und Leben dar. Über weite Strecken verläuft die Seidenstraße nämlich in jenen Teilen Asiens, in denen die durch Bewegungen an den Plattengrenzen regelmäßig ausgelösten Erschütterungen besonders folgenreich sind. So erreichten in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts zwei Erdbeben in Chinas Nordwestprovinzen Qinghai und Gansu eine Stärke von 8,3 bzw. 8,6 auf der Richterskala und forderten insgesamt mehr als 400.000 Tote. Jeweils in die Zehntausende ging im Lauf der Geschichte die Zahl der Opfer bei entsprechenden Katastrophen in Turkmenistan, Iran (zuletzt 2003 mit dem Epizentrum in der alten Handelsstadt Bam), Syrien und der Türkei. Transportkapazitäten
Großzügig angelegte Straßen gehörten im kaiserzeitlichen China – und ansatzweise schon zuvor – zu den bestimmenden Faktoren der Stadt. Allerdings endeten die Boulevards meist wenige Kilometer außerhalb und nahmen relativ rasch den Charakter holpriger Wege an. Entsprechend mühsam war das Fortkommen auf Karren und Wagen. Terrain und Logistik ließen indes im Nordwesten des Reichs auch nicht die Errichtung durchgehender, für eine Benutzung durch schwere Fuhrwerke geeigneter Straßen zu. Das bedeutet nicht, dass man große Bauvorhaben grundsätzlich scheute. Gerade in den Gebirgen gab es unter beträchtlichem Aufwand errichtete Wege, von denen manche Abschnitte gar als Galerien in den Fels gehauen oder mit Hilfe von Stelzenkonstruktionen und Ketten fixiert waren. Dadurch ergaben sich jedoch zahllose Engstellen, die für größere Wagen und Gespanne unpassierbar waren. In anderen Gebieten, insbesondere in Steppe und Wüste, wurde hingegen oftmals auf jegliche Befestigung verzichtet, und die Streckenführung war nur für kundige Führer erkennbar. Weniger erfahrene Reisende konnten sich dann – um eine Formulierung des zu Beginn des 5. Jahrhunderts die Taklamakan durchquerenden Mönchs Faxian zu übernehmen – bestenfalls noch «an den eingetrockneten Gebeinen der Toten als Wegmarkierung» orientieren. Geschotterte Straßen, die nicht nur von lokaler Bedeutung waren, lassen sich wohl erst wieder für jene Regionen zwischen Kaspischem Meer, Persischem Golf und Mittelmeer ausmachen, die einst in das vorbildliche Verkehrsnetz des römischen Imperiums einbezogen waren. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein war das Kamel das dominierende Lasttier der Seidenstraße. Im Westen verwendete man das einhöckrige Dromedar, im Osten hingegen das zweihöckrige Trampeltier. Nur Letzteres kommt nämlich mit den extrem niedrigen Temperaturen zurecht, die über viele Monate hinweg die Bergregionen jenseits des Syrdarya heimsuchen. Gleichzeitig ist es aber auch hervorragend für den Einsatz in der Wüste geeignet; denn Schwielensohlen mit Polstern zwischen den Zehen verhindern ein Einsinken in den Dünen, während lange Augenbrauen und verschließbare Nüstern vor den Unbilden der Sandstürme schützen. Im Hinblick auf die Ernährung ist das wuchtige Tier genügsam. Im Allgemeinen reichen harte Gräser und Zweige, und die Höcker sind hervorragende Energiespeicher. Vor allem aufgrund seiner Fähigkeit, die Körpertemperatur den Außenbedingungen anzupassen, verbraucht es vergleichsweise wenig Wasser, kann aber nach längerer Enthaltsamkeit innerhalb weniger Minuten mehr als 100 Liter trinken, um den Verlust wieder auszugleichen. Bei einer Last von etwa 250 kg und einer täglichen Wegstrecke von rund 30 km kommt das Trampeltier selbst während der Hitzeperioden bis zu zwei Wochen ohne Tränken aus. Abb. 2: Holzsteig in einer Felswand (Umzeichnung nach einer Wandmalerei in Dunhuang). Im Verhältnis zum Körpergewicht können Esel sogar noch größere Mengen Wasser in noch kürzerer Zeit trinken, um den Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen. Neben der Wüstentauglichkeit entsprechen...


Thomas O. Höllmann ist Professor für Sinologie an der Universität München und Präsident der Bayerischen Akademie der
Wissenschaften. Von ihm liegen zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte, Ethnologie und Archäologie Asiens vor. Bei
C.H.Beck sind lieferbar: 'Das alte China. Eine Kulturgeschichte', 'Schlafender Lotos, trunkenes Huhn. Kulturgeschichte
der chinesischen Küche', 'Windgeflüster. Chinesische Gedichte über die Vergänglichkeit' sowie 'Die chinesische Schrift. Geschichte,
Zeichen, Kalligraphie'.


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