Buch, Deutsch, 126 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 210 mm, Gewicht: 130 g
Reihe: Neue Lyrik
Gedichte
Buch, Deutsch, 126 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 210 mm, Gewicht: 130 g
Reihe: Neue Lyrik
ISBN: 978-3-86660-292-2
Verlag: Leipziger Literaturverlag
Franz Hodjaks Grundton in diesen Gedichten abgeklärt heiter. Er schreibt über das Älter- und Altwerden, Vergänglichkeit, Tod - eine lyrische Lebensbilanz. Hodjak läßt immer wieder auch Hoffnung hindurchflackern, vor allem im Zusammenhang mit Jahreszeiten, Natur, Landschaften der Kindheit und Lebenshälfte in Rumänien. Nach langjähriger Lyrikpause meldet sich Franz Hodjak nun mit einem neuen Gedichtband zurück (diesmal Jahr sogar gleich mit zwei Gedichtbänden, die Stadtlichterpresse kündigt gerade Was nie wieder kommt an). Dem deutschsprachigen Leser ist dieser Dichter kein Fremder. 1988 erschien die von Wulf Kirsten besorgte Auswahl Sehnsucht nach Feigenschnaps, 1990 folgte die von Werner Sellner herausgegebene Siebenbürgische Sprechübung. Und insofern ist es doch ein anderes Sprechen, das Franz Hodjak in seine Gedichten praktiziert: Landverlust und Heimatlosigkeit haben ihn zu einem Dichter werden lassen, der zu allererst in der Sprache zu Hause ist und uns Lesern im scheinbar Vertrauten des Alltäglichen einen Spiegel voller Überraschungen vorhält.
Der Hoffnung stehen immer die richtigen Wörter zur
Verfügung, die alles finden können, was
du suchst ...
Autoren/Hrsg.
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Das Wesen der Wörter
Die Wörter klingen anders im Schilf,
anders im Hotelfoyer, anders in einer
Tropfsteinhöhle. Der Hoffnung stehen
immer die richtigen Wörter zur
Verfügung, die alles finden können, was
du suchst. Der Weg besteht aus Sätzen,
die andere vor dir notierten. Du
sollst sie ergänzen, steht auf allen
Wegweisern geschrieben. Die Sonne
verdreht mit ihrem Geflüster den
Sonnenblumen die Köpfe. Frank Sinatra
vertonte die Stille New Yorks,
das Wiederholen von Lieblingswörtern
hat schon manchen aus dem Koma
zurückgeholt. Sprachen, die wir nicht
verstehen, zeigen auf etwas, dem
nichts Menschliches fremd ist. Der
Halbschlaf artikuliert Bedeutungen, die
zwischen den Zeilen liegen. Selbst
noch in den letzten Atemzügen
bewegen Wörter unsere Lippen.
Kleines Kissen
Hier geht es den Vögeln besser als es ihnen noch
vor Jahren ging. Aber auch den Igeln, deren Sprache
unserer Sprache gleicht, wenn wir im Trum sprechen.
Obst fällt von den Bäumen und bleibt liegen wie
unnötige Worte, und vom Lächeln derer, die in die Stadt
zogen, sind nur die Zähne echt. Die urigsten
Geschichten am Stammtisch erzählen immer noch die,
die kein richtiges Zuhause haben. Großvater winkte
ab, wenn die anderen meinten, nun sei er an der Reihe,
zu erzählen. Zwischen ihm und den anderen lagen
zwei Kriege und viele Tote. Er kam stets als erster und
ging als letzter. Dazu sagte er nur, einer müsse ja das
das Licht in der Welt ausmachen und absperren, wenn alles
zu Ende ist. Jedes Frühjahr strich der die Außenwände
neu, kümmerte sich um den Garten. Hilfe nahm er
nie an, er meinte, er könne niemanden gebrauchen, der
ihm im Weg steht. Er hörte fast den ganzen Tag
Smetana und sagte, ihm könne nur noch Smetana helfen.
In seinem Leben hat er viele Dinge ausgetauscht.
Aus der Jugendzeit hat er bloß das kleine Kissen
mit all den Träumen aufbewahrt.