Hochried In Adelskreisen - Folge 43
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7325-0229-5
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Erste Liebe - letzte Liebe?
E-Book, Deutsch, Band 43, 64 Seiten
Reihe: In Adelskreisen
ISBN: 978-3-7325-0229-5
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Für Susann Colmann bricht eine Welt zusammen, als sie erfährt, dass ihr Mann sie schon seit Monaten betrügt. Mit Ulla Kirsch, seiner bildschönen, jungen Sekretärin. Susanne hält eine Scheidung für unumgänglich, und sie wird in ihrem Entschluss noch bestärkt, als sie zufällig ihrer Jugendliebe Moritz von Lengen wiederbegegnet. Damals war es eine glückselige Zeit - heute jedoch sind sie beide zwanzig Jahre älter. Kann eine große Liebe von Neuem aufblühen?
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Dr. Philipp Colmann war mit seiner Suppe fertig. Er legte den Löffel aus der Hand und schaute auf seine goldene Armbanduhr. Susanne, seine Frau, bemerkte diesen hastigen Blick. »Hast du es wieder so eilig?«, fragte sie in einer Mischung aus Traurigkeit und Tadel. »Ja, Susanne, schrecklich eilig. Die Leute vom Kirchenbauamt lassen mir einfach keine Ruhe. Ich muss in einer halben Stunde bei ihnen sein. Mit dem Turm für die Johanneskirche sind wir noch nicht ganz klar.« Susanne Colmann nickte. Es war nicht zu erkennen, ob sie sich mit dieser Erklärung zufriedengab oder nicht. Sie läutete, ein junges Dienstmädchen kam herein und räumte die Tassen fort. »Möchten Sie noch die Soße abschmecken, gnädige Frau?«, fragte das Mädchen. »Nein, Marlene, lassen Sie nur. Mein Mann hat es eilig.« Das Mädchen verschwand. Zwischen den Eheleuten herrschte einen Moment lang Schweigen. Philipp Colmann trommelte nervös mit den Fingern auf die weiße Damast-Tischdecke. Dann fragte er plötzlich: »Wo bleibt eigentlich Claudia?« »Das weißt du doch, Philipp. Sie hat dich gestern um Erlaubnis gefragt, ob sie heute nach der Schule bei ihrer Freundin essen und zusammen mit ihr die Hausaufgaben machen darf.« »Ah, richtig. Hausaufgaben? Bist du überzeugt, dass sie das wirklich tut?« »Was sollte sie sonst vorhaben?« »Na, mit siebzehn Jahren hat man ja auch schon andere Gedanken im Kopf. Einen netten Jungen, zum Beispiel.« »Claudia nicht.« »Bist du ganz sicher?« »Ja, Philipp, ganz sicher. Trotz des Vaters.« Das Trommeln der Finger hörte jäh auf. »Was soll das heißen?«, fragte Philipp Colmann gereizt und blickte seine immer noch recht attraktive Frau mit flackernden Augen an. »Du warst ja nie schüchtern dem anderen Geschlecht gegenüber, nicht wahr?«, erwiderte Susanne. »Das ist lange vorbei«, behauptete er hastig und schaute wieder auf die Uhr. »Wo bleibt denn nun das vermaledeite Essen?« »Ich kümmere mich darum, Philipp«, sagte seine Frau und erhob sich. »Vielleicht denkst du inzwischen darüber nach, ob das wirklich schon lange vorbei ist.« Betroffen schaute Dr. Colmann seiner Frau nach. Was meinte sie damit? Sie konnte doch unmöglich gemerkt haben, dass … Susanne kam mit dem Mädchen wieder. »Schon gut, Marlene, ich lege selbst vor«, sagte Frau Colmann. Es gab Cordon bleu mit frischem Salat. »Ich möchte wissen«, sagte Philipp Colmann, während seine Frau den Teller für ihn füllte, »was diese Bemerkung eben zu bedeuten hat.« »Das musst du doch besser wissen als ich«, entgegnete sie müde. »Zum Donnerwetter, heraus mit der Sprache!«, rief er heftig. »Wer brüllt, hat ein schlechtes Gewissen«, meinte Susanne Colmann resigniert. »Ich brülle nicht!« Susanne stellte ihm den Teller hin. Und plötzlich erklärte sie: »Philipp, wenn du dich scheiden lassen willst, sage es bitte rechtzeitig.« Betroffen starrte er sie an. Er war vollkommen fassungslos. Es zuckte in seinem Gesicht. »Was willst du damit sagen?«, würgte er hervor. »Ich will damit sagen, dass ich es nicht nett von dir finde, mich so lange zu hintergehen. Habe ich das verdient? Bin ich dir nicht einmal ein wenig Offenheit und Ehrlichkeit wert?« »Susanne, ich verstehe nicht …« »Iss, mein Lieber. Sonst wird Ulla Kirsch sehr ungehalten sein. Sie ist gewiss nicht so geduldig wie ich.« Dr. Colmann fuhr von seinem Stuhl in die Höhe. Polternd kippte der Stuhl hinter ihm um. »Ulla Kirsch? Zum Kuckuck, was hat sie mit mir zu tun?« »Erstens ist sie deine Sekretärin und zweitens deine Geliebte. Du staunst, dass ich das weiß? Ich habe es immer schon geahnt. Seit vorgestern weiß ich es mit Bestimmtheit. Du warst geschickt bisher, aber diesmal hast du einen Fehler gemacht. Helene hat dich in Hamburg gesehen. Im Regina-Hotel. Natürlich mit Ulla. Zärtlichkeiten beim Essen, und hinterher folgte sie dir auf dein Zimmer. Ich …« »Ich habe ihr Briefe diktiert, zum Donnerwetter!«, brauste Philipp Colmann auf. »Ich verbitte mir diese Ungeheuerlichkeiten!« »Du vergisst, dass du mir erzählt hast, Ulla Kirsch bleibe hier, weil es zu viel Arbeit im Büro gebe. Und du vergisst auch dein Essen. Ulla Kirsch ist gewiss sehr anspruchsvoll, in jeder Beziehung. Wenn du nicht isst, dann kann das in deinem Alter …« »Schluss jetzt!«, brüllte er. »Ich lasse mir so etwas nicht gefallen. Gerade von dir nicht! Ich werde dir zeigen, wer hier der Herr im Haus ist!« »Dass du der Herr im Haus bist, hat niemand bestritten. Ich bestreite nur, dass du es noch lange bleiben wirst.« Dr. Colmann, erfolgreicher Architekt, angesehen und vermögend, schnappte nach Luft. »Du hörst von mir!«, stieß er hervor, außer sich vor Zorn. »Und so schnell siehst du mich nicht wieder! Darauf kannst du dich verlassen! Wenn du mich nicht um Verzeihung bittest, dann … dann sind wir geschiedene Leute!« »Also hatte ich doch recht«, sagte Susanne Colmann mit matter ergebener Stimme. »Und nun bin ich sogar noch der Sündenbock. Philipp, du bist nicht nur treulos, du bist auch noch gemein.« Er wollte auf sie losfahren, aber dann besann er sich anders. Mit langen Schritten lief er aus dem Esszimmer. Augenblicke später heulte draußen vor dem weißen Bungalow der Motor seines Jaguars auf. Die Reifen kreischten, als er vom Garagenplatz auf die stille Wohnstraße bog. Hoffentlich bricht er sich nicht den Hals, dachte Susanne Colmann voller Angst. Dann aber presste sie die Hände vor das Gesicht und weinte. Sie weinte bitterlich. Sie weinte um ihr verlorenes Eheglück. Ulla Kirsch war sehr blond, sehr schlank, sehr attraktiv. Ihre Seidenbluse war beängstigend eng, ihr roter Rock unglaublich kurz. Als ihr Chef durch das Sekretariat stürmte, saß sie aufreizend gelassen auf ihrem Schreibtisch und polierte die überlangen silberlackierten Fingernägel. »Frau Kirsch, zum Diktat!«, rief Colmann. »Der hat’s aber eilig!«, bemerkte Inge Lang, die zweite Sekretärin. »Na, Sie werden ihn schon beruhigen.« Ulla Kirsch machte eine verächtliche Bewegung, nahm Block und Stift und ging zur Tür zum Chefzimmer. Es lohnte sich nicht, auf die Bemerkung etwas zu erwidern. Inge Lang war ein bisschen dümmlich in Ullas Augen, und vor allem war sie keine Konkurrenz für sie. Jedenfalls in diesem Büro nicht. Ulla Kirsch drückte die dick gepolsterte Tür hinter sich zu und ging mit wiegenden Hüften zum Chef hinüber. Er stand am Fenster. Seine sonst korrekt gescheitelten Haare waren verwirrt. Er war hochrot im Gesicht. Ulla warf den Block in einen Sessel. »Hast du Ärger, Liebling?«, fragte sie und legte ihm die Hand auf die Schulter. Philipp Colmann fuhr herum, so heftig, dass ihre Hand herunterfiel. »Sie weiß alles!«, fuhr er sie an. »Alles!« »Wer bitte?«, fragte Ulla lässig und wollte seine Krawatte zurechtzupfen. Er stieß rücksichtslos ihre Hand fort. »Lass das jetzt! Meine Frau natürlich! Sie hat erfahren, dass wir zusammen in Hamburg waren. Im selben Hotel. Und im selben Zimmer.« Ulla Kirsch war keinerlei Überraschung anzumerken. Im Gegenteil, sie lächelte und lehnte sich an ihn. Er spürte die Wärme ihres elektrisierenden Körpers, den aufreizenden sanften Druck. »Ich verstehe gar nicht«, erwiderte sie sanft, »warum du dich so aufregst. Du wolltest es ihr doch sowieso sagen. Bisher hast du nie die passende Gelegenheit gefunden. Und jetzt hat sich alles von selbst geklärt. Nun brauchst du noch nicht einmal mehr mutig zu sein.« »Mutig! Mutig!« Er lief zum Schreibtisch und kam wieder zurück, kehrte um und nahm den gleichen Weg in Angriff. »Du hast vielleicht Ansichten! Darum geht es doch gar nicht! Es geht um die Art und Weise, wie sie es erfahren hat.« »Wo ist da der Unterschied?« »Ulla, ich habe schließlich achtzehn Jahre mit ihr gelebt. Gut gelebt. So etwas darf nicht auf solch eine erniedrigende Weise zu Ende gehen. So nicht.« Ullas Augen wurden schmal. Sie stemmte die Arme in die Hüften. Es sah drohend und verlockend zugleich aus. »Philipp, wenn man dich so reden hört, dann könnte man fast meinen, an ihr liege dir immer noch mehr als an mir.« »Fängst du jetzt auch schon an?«, fauchte er. »Kannst jetzt nicht wenigstens du Ruhe geben? Musst du mir jetzt auch noch in den Rücken fallen?« »Ganz gewiss nicht, Liebling. Ich will dir nur klarmachen, dass es keinen Sinn hat, die Nerven zu verlieren. Sie weiß es jetzt, gut. Sie hat es hintenherum erfahren, das ist weniger gut. Aber so liegen die Dinge nun mal, und wir müssen versuchen, das Beste daraus zu machen. Oder … oder magst du mich in Wirklichkeit gar nicht?« Er riss sie an sich, so heftig und ungestüm, dass Ulla Kirsch erschrak. »Sag das nicht noch einmal!«, stieß er hervor, und sein heißer Atem streifte ihr sorgsam zurechtgemachtes Gesicht. »Sag das nicht noch einmal!« Sie legte die Arme um seinen Hals, küsste seinen verzerrten Mund, und dann flüsterte sie in sein Ohr: »Es ist doch nur, weil ich dich so sehr liebe, Philipp. Einen Mann wie dich, den finde ich nie mehr.« Er presste sie an sich. ...