Hirsch, Emanuel
Emanuel HIRSCH (* 14.6.1888 in Bentwisch bei Wittenberge, † 17.7.1972 in Göttingen). Studium an der Universität Berlin, 1915 Habilitation. Nach der Privatdozentenzeit an der Universität Bonn ab 1921 Professor für Kirchengeschichte und ab 1936 auch Professor für Systematische Theologie an der Universität Göttingen. Im Nationalsozialismus Mitglied der Deutschen Christen und ab 1937 auch der NSDAP. Kurz nach dem Krieg quittierte er seinen Dienst.
Emanuel HIRSCH (1888-1972) gehört zweifelsfrei zu den bedeutendsten evangelischen Theologen des vergangenen Jahrhunderts. Sein Lebenswerk ist durch eine ungewöhnliche Spannweite und Vielschichtigkeit gekennzeichnet und findet bis heute Berücksichti-gung im theologischen und philosophischen Lehrbetrieb.
Als Schüler Karl HOLLS wandte er sich früh der Kirchen- und Theologiegeschichte, insbesondere der Lutherforschung und der deutschen idealistischen Philosophie, zu.
Hier ragen besonders seine Studien zu Kierkegaard (1930-1933) hervor, dessen Werke er zu großen Teilen durch seine Übersetzung der deutschen theologischen und philosophischen Forschung zugänglich gemacht hat. Das Zentrum der historischen Arbeit jedoch ist die fünfbändige Geschichte der neuern evangelischen Theologie (1949), ein Standard-werk der neuzeitlichen Geistesgeschichte.
Auf dem Gebiet der systematischen Theologie hat HIRSCH den christlichen Glauben in seiner durch die Reformation geprägten Gestalt in seinem Leitfaden zur christlichen Lehre (1938) dargelegt. Das ihn durch sein ganzes Leben begleitende Problem der Umformung des christlichen Denkens in der Neuzeit ist in diesem einmaligen dogmatischen Entwurf präzis und konstruktiv angegangen. Das Spätwerk des Altersblinden spiegelt diesen Entwurf auch in Arbeiten zur reformatorischen Theologie, zur Religionsphilosophie und zur christlichen Ethik wieder.
Grundlage der Theologie HIRSCHS ist das Neue Testament, wie es von der reformatorischen Theologie Luthers neu ins Licht gestellt wurde. Hier hat HIRSCH besonders die Gestalt Jesu von Nazareth in eingehender historisch-kritischer Evangelienforschung herauszuarbeiten gesucht und die Ergebnisse seiner Arbeit in mehreren Werken zu den Synoptikern, zum Johannesevangelium und zu den Osterberichten vorgestellt.
Die Verbindung zur praktischen Theologie und zur kirchlichen Praxis ist stets ein Hauptanliegen HIRSCHS gewesen, was sich in seinen Predigten sowie in seinem Alterswerk (Predigerfibel, Betrachtungen zu Wort und Geschichte Jesu) widerspiegelt.