Hintz / Loefke | Schwerter Geschichte(n) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 128 Seiten

Reihe: Schriftenreihe des Roland zu Dortmund e.V., Neue Folge

Hintz / Loefke Schwerter Geschichte(n)


1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7568-2652-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 3, 128 Seiten

Reihe: Schriftenreihe des Roland zu Dortmund e.V., Neue Folge

ISBN: 978-3-7568-2652-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Schwerter Geschichten sind eine lose Zusammenstellung verschiedener Aspekte der letzten 200 Jahre Schwerter Geschichte. Fürsorge, Emanzipation, Widerstand und Wiedaraufbau spielen dabei ebenso wichtige Rollen wie Inflation, Krieg, Vertreibung und Pogrome. Personen und Institutionen aus Schwerte werden in den größeren Zusammenhang deutscher und internationaler Geschichte gestellt und wiederum deren Auswirkung auf das Leben in Schwerte gezeigt

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Kampf gegen Fürstenthrone –
für Einigkeit und Recht und Freiheit
Die Revolution von 1848/49 war eine gescheiterte Revolution. Dennoch wurden ihre Ideale und Ziele letztendlich erfolgreich verwirklicht. Zwar schlugen preußische Soldaten im Frühjahr 1849 den Aufstand – auch der Arbeiter – in der Nachbarstadt Iserlohn in einem blutigen Massaker mit über 100 Todesopfern nieder. Doch ein Jahr zuvor – nach den Berliner Barrikadenkämpfen – hatte die schwarz-rot-goldene Siegerfahne am Turm von St. Viktor geweht, ein in die Zukunft weisendes Symbol für Einigkeit und Recht und Freiheit. „Voran mit ihrer deutschen Fahne unsere wackren, vom Geist der Zeit mächtig angeregten Turner, die Rektoratsschüler, dann das 18 Ellen lange schwarz-rotgoldene Banner und hinter ihm der Sängerbund und die kernige Bürgerschaft“, so ein Zeitungsbericht. Und weiter: Unter Musik und Sang ging es zum Markt, „wo dem König [!] und unseren in Berlin für die Freiheit gefallenen Brüdern und der deutschen Einheit ein Hoch dargebracht wurde, welches Tausende von Stimmen in edler Begeisterung mehrfach wiederholten.“ Dann wurde die deutsche Flagge am Kirchturm gehisst (Öffentlicher Anzeiger für die Grafschaft Limburg, 1848, Nr. 26). Turner, Männergesangvereine und Schützen waren bis in das Reichsgründungsjahrzehnt hinein Teil der deutschen Nationalbewegung. „Am Vorabend der Revolution bildeten sie [...] deren organisatorisches Fundament [...] Der Wille zur Nation wuchs in diesen Vereinen zur organisatorischen Massenbewegung heran. Ihnen kommt deshalb im Prozess der Nationsbildung der gleiche historische Rang zu wie den anderen Kräften und Entwicklungen, die den Nationalstaat vorbereiteten und ermöglichten [...] Und vor allem senkten sie das Leitbild ‚Nation‘ in das Denken und Fühlen vieler Menschen“ (Langewiesche, Dieter: Nationalstaat in Deutschland und Europa, S. 132/133). Neben der nationalen Frage, also der Einigung der staatlichen Zersplitterung des deutschen Reichsverbandes stand darüber hinaus die Garantie staatsbürgerlicher Freiheiten durch eine Verfassung auf dem Programm der revolutionären Bewegung. Allerdings waren die Verelendung breiter Bevölkerungsschichten (Pauperismus) und die daraus resultierenden Hungerrevolten ihre unmittelbare Vorgeschichte. Unter den zahlreichen Bürgern, die die revolutionären Ideen begeistert aufgriffen, sich gegen Fürstenthrone, für „Einigkeit und Recht und Freiheit“, für ein demokratisches Deutschland engagierten, hatte sich der gebürtige Schwerter Moses Abraham Blumenfeld hervorgetan. Arno Herzig, em. Hamburger Historiker, hat Blumenfelds Vita, wie nachstehend zusammengefasst, skizziert (Herzig, Arno: Judentum und Emanzipation in Westfalen, S. 109): Blumenfeld, mosaischen Glaubens, war nach den revolutionären Märztagen Teilnehmer des Westfälischen Kongresses Ende November 1848 in Münster. Eine spätere Druckschrift formuliert den Kongress-Anlass: „Als im November 1848 das Ministerium Brandenburg-Manteuffel den lang vorbereiteten Schlag gegen die Volksvertretung in Ausführung brachte, (siehe Iserlohn) entstand eine großartige, aber friedliche Agitation im ganzen Volk zum Schutze des durch die Revolution errungenen Rechtsbodens“. Der erste Antrag des Kongresses lautete: „Der Kongress erkennt an, dass die Nationalversammlung zu Berlin die einzige augenblicklich gesetzliche und gesetzgebende Gewalt ist.“ Neben anderen Punkten plante die Münsteraner Versammlung einen Aufruf an die Soldaten des Königs, sich nicht als Instrument zur Unterdrückung der Volksfreiheit missbrauchen zu lassen. Dazu hatte Blumenfeld, der zwischenzeitlich in Essen Lehrer und Kantor geworden war, einen Zusatzantrag eingebracht: „Zugleich die Familien aufzufordern, ihre im Heere dienenden Mitglieder über die Lage des Vaterlandes und ihre Pflichten aufzuklären.“ Diese politischen Forderungen reichten den preußíschen Juristen, Blumenfeld wegen „Verbrechen des Aufruhrs“, „versuchter Erregung von Aufruhr resp. Anreizung zu strafbaren Handlungen und zum Ungehorsam gegen das Gesetz und die Anordnungen der Obrigkeit“ sowie drittens wegen des „Versuchs der Erregung von Aufruhr resp. der öffentlichen Aufforderung des Soldatenaufstandes zum Ungehorsam“ in Hamm auf die Anklagebank zu setzen. Einen knappen Monat nach der Münsteraner Veranstaltung wurde er am 12. Dezember 1848 mit 14 anderen Kongressteilnehmern verhaftet; Blumenfeld noch in der Schule. Zur Voruntersuchung wurde er bis zum 6. April 1849 im Münsteraner Zuchthaus inhaftiert, dann gegen Kaution entlassen. Im Prozess im folgenden Jahr, 1850, wurde er freigesprochen. Moses Abraham Blumenfeld wurde 1821 in Schwerte geboren. Mit zehn Jahren wurde er von seinen Eltern zu Löb Cohen nach Hattingen zum Studium des Talmud und der rabbinischen Wissenschaften geschickt. Drei Jahre später besuchte er das Lehrerseminar am Max-Haindorf-Institut in Münster und bestand mit 16 Jahren in Soest die allgemeine und spezielle jüdische Lehrerprüfung. Vier Jahre arbeite er als Lehrer in Viersen, 1841 kam er dann nach Essen, wo er als Prediger, Kantor und Leiter der jüdischen Volksschule wirkte. Gemeinsam mit Franz Schwenniger gründete er in der Aufbruchphase der Revolution den Essener Arbeiterverein. Mit seiner Frau Lisette Fränkel, einer Verwandten Heinrich Heines, hatte er sieben Kinder. Als Blumenfeld am 9. Januar 1902 starb, geleitete ein unabsehbares Trauergefolge seinen Sarg zum Friedhof. Noch heute erinnert ein Straßenname in Essen an den jüdischen Revolutionär, ein Grabstein auf dem jüdischen Friedhof am Nordwall in Schwerte an seinen Vater Salomon Blumenfeld. Karl Overweg, der zweite Schwerter „Pionier“ der Demokratie und des Parlamentarismus, wurde am 28. November als Sohn eines Gastwirtes in Unna geboren. Er erwarb 1842 das damalige Rittergut „Haus Ruhr“ in Wandhofen. Der Montanindustrielle, auf dessen Initiative die Errichtung des Vincke-Turms auf der Hohensyburg zurückgeht, vertrat 1848/49 den Wahlkreis Iserlohn/Hamm/ Dortmund in der Nationalversammlung in Frankfurt. Die am 18. März 1848 in der Frankfurter Paulskirche eröffnete und tagende Nationalversammlung war potentiell symbolisch und realpolitisch wichtigstes Ergebnis der Märzrevolution. Als Abgeordneter in Frankfurt hatte Overweg mehrfach gegen die preußische Regierungspolitik opponiert – in Zeiten des Obrigkeitsstaates durchaus gewagt. Gemeinsam mit zwei weiteren Abgeordneten aus dem märkischen Raum protestierte er am 30. April 1849 öffentlich in einem „von Wohlhabenden und Armen“ mit unterzeichneten Aufruf gegen die Zurückweisung der Kaiserkrone durch den preußischen König Friedrich Wilhelm IV mit den Worten: „Die Liebe zum Vaterlande, welches durch die Politik des Staatsministeriums [...] an den Abgrund des Verderbens, an die Schwelle der Revolution gebracht ist, macht es uns zur heiligen Pflicht, die Erklärung abzugeben, daß uns diese Politik mit dem höchsten Mißtrauen erfüllt hat und wir nur dann die Rettung des Vaterlandes erwarten, wenn das jetzige Ministerium [...] einem wahrhaft vernünftigen Platz macht [...] Wir versichern zugleich, daß wir entschlossen sind, mit der uns von der Deutschen Nationalversammlung verkündeten Reichsverfassung zu stehen und zu fallen“ (Luda, Manfred: Abgeordnete in der Grafschaft Mark, S. 144). In den stürmischen Zeiten der Revolution war Overweg ganz offensichtlich auch politisch aufgefallen. Denn, so Luda weiter, eine Zeitungsnotiz, die öffentliche Meinung, bezeichne Overweg auf Haus Ruhr gemeinsam mit einem anderen Abgeordneten bei der „Anstiftung des Aufstandes als sehr graviert (belastet).“ [Steht belastet in runden klammern im Zitat? Bei eigener Satzbeendung besser nach den Zitatzeichen!] Demgegenüber erklärte Overweg gegenüber der Zeitung, die ihn betreffenden hämischen und verdächtigenden Andeutungen und Bemerkungen als böswillige Erfindung. Die Opposition gegen das politische System wurde bis 1840 fast ausschließlich vom Bildungsbürgertum getragen. Erst mit dem industriellen Durchbruch gewann die wirtschaftliche Führungsschicht des Bürgertums verstärkt Einfluss auf den deutschen Liberalismus. Karl Overweg gehörte als Angehöriger bank- und industriekapitalistischer Kreise über sein politisches Engagement hinaus zu den herausragenden Persönlichkeiten der beginnenden Industrialisierung im langsam aufstrebenden Ruhrgebiet. Er starb am 27. Mai 1876 auf Haus Letmathe. Heute, fast 175 Jahre nach den Barrikadenkämpfen, nach Paulskirchenverfassung und folgender restaurativer Politik lässt sich nachstehendes Fazit ziehen: „Dass das Kaiserreich von 1871 – bei allen Einschränkungen – erstmals in der deutschen Geschichte einen nationalen Verfassungsstaat schuf, ist ohne die Ereignisse von 1848/49 schwer vorstellbar [...] Der mit der Paulskirchenverfassung von den gewählten Vertretern der deutschen Gesamtnation erhobene Anspruch auf Einheit und Freiheit ließ sich angesichts des gewaltigen und nachhaltigen Politisierungsschubes von 1848/49 [...] nicht mehr aus den Köpfen verbannen. Der Grundrechtskatalog der...



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