E-Book, Deutsch, Band 662, 64 Seiten
Reihe: Maddrax
Hill Maddrax 662
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-8079-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Rätsel im See
E-Book, Deutsch, Band 662, 64 Seiten
Reihe: Maddrax
ISBN: 978-3-7517-8079-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Seit anderthalb Jahren sind Rulfan und seine Freundin Reese nun schon verschwunden, offenbar bei der Suche nach Matt und Aruula mit einem schrottreifen Gleiter abgestürzt, den Aran Kormak ihnen stellte. Der General hatte auch kein Interesse daran, ausgiebig nach den beiden zu suchen; für ihn war Rulfan immer ein Störfaktor. Nach ihrer Rückkehr aus Euree wollen Matt und Aruula nun endlich ergründen, was mit dem alten Freund und seiner Gefährtin geschehen ist. Mit PROTO machen sie sich auf den Weg und stoßen auf das Rätsel im See.
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Das Rätsel im See
von Ian Rolf Hill
»Festhalten!«, war Rulfans letztes Wort. Kurz nachdem das Triebwerk ihres Gleiters mit ohrenbetäubendem Knall explodiert war. Die Hitze des Feuers war längst durch das Loch im Heck entwichen. Rasend schnell kam die Felswand auf sie zu.
Reese handelte instinktiv. Raus hier. Sofort! Abschnallen, aufstehen. Leichter gedacht als getan. Eine unsichtbare Faust schien sie in den Sitz zu drücken. Kräftige Hände rissen sie hoch.
Reese stolperte auf das Loch im Heck zu, vor ihr eine Wand aus Feuer, dahinter strahlend blauer Himmel. Sie stieß sich ab. Heiß leckte das Feuer über ihre Haut, verschmorte die Haare. Dann eiskalte Luft. Reese fühlte sich herumgewirbelt und vernahm das Krachen, mit dem der Gleiter zerschellte.
Gefolgt von Stille.
Matthew Drax plagte das schlechte Gewissen.
Und das war noch milde ausgedrückt. Er fühlte sich miserabel. Er hätte längst etwas unternehmen müssen, doch es hatte sich einfach keine Gelegenheit dazu ergeben. Immer wieder war etwas dazwischengekommen.
Erst die Schlacht in Waashton, mit der der Schreckensherrschaft der Nosfera ein Ende gesetzt worden war, dann der Wiederaufbau der Stadt, ihre Reise nach Euree und nicht zuletzt General Kormak, der auf eine baldige Fortsetzung ihrer Mission drängte: In ganz Meeraka als schnelle Eingreiftruppe bei Notrufen und Mysterien zu fungieren und die Botschaft von Sicherheit und Frieden in die entlegensten Winkel zu bringen, auf dass der Weltrat wuchs und gedieh.
Matt verzog das Gesicht. Es wurde höchste Zeit, dass er eigene Prioritäten setzte.
»Einen Perry für deine Gedanken!«
Der Mann aus der Vergangenheit schreckte aus seinen Grübeleien hoch und schaute seine Gefährtin Aruula, die neben ihm im Copilotensitz des Amphibienpanzers PROTO saß, irritiert an. »Was?«
»Sagte man das nicht in deiner Zeit, wenn man erfahren wollte, was der andere denkt?«
»Einen Penny«, knurrte er. »Perry war eine Science-Fiction-Serie, mit der ich meine Sprachkenntnisse aufpoliert habe.«
Aruula richtete ihren Blick durch die Cockpitscheibe, vor der sich der aufgerissene, löcherige Highway 95 gen Süden erstreckte. Schließlich hob sie die Brauen und schürzte die Unterlippe. »Ist doch egal, beides gibt es nicht mehr. Also verrätst du mir, was dich beschäftigt, oder muss ich dich erst belauschen?«
»Kannst du dir das nicht denken?« Matt lenkte den Panzer um das ausgebrannte Wrack eines Sattelschleppers herum.
Die Kriegerin von den Dreizehn Inseln seufzte. »Das hatten wir doch schon, Maddrax. Es bringt nichts, dich mit Selbstvorwürfen zu zerfleischen. Zumal dich keine Schuld trifft.«
»Das weiß ich alles. Trotzdem: Reese und Rulfan sind auf der Suche nach uns verschwunden. Sie haben alles darangesetzt, uns zu finden, als wir in Amraka verschollen waren. Und was haben wir getan?«
»Willst du darauf jetzt eine Antwort?«
Matt winkte ab und konzentrierte sich wieder auf das Fahren. Er wusste selbst, dass er nach Strohhalmen griff. Die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen war gegen das, was er vorhatte, ein Klacks. Immerhin war ein Heuhaufen ziemlich überschaubar im Vergleich zu der Strecke, die sie abzusuchen gedachten.
Er hatte versucht, anhand der Karten und Aufzeichnungen den Weg seiner Freunde zu rekonstruieren. Doch selbst wenn er an dem Punkt ansetzte, an dem Rulfans Gleiter vom Radarschirm des Weltrats verschwunden war, blieben noch immer Tausende von Quadratmeilen übrig. Und wer wusste schon, wohin es Reese und Rulfan in den letzten anderthalb Jahren verschlagen hatte?
Seine Hoffnungen beruhten darauf, Zeugen zu finden, die vielleicht etwas gesehen hatten. Und sei es auch nur ein flüchtiger Blick auf den Gleiter.
Oder sie empfingen ein Signal des Transponders. Sofern einer an Bord des Gleiters gewesen war, den Kormak seinen Freunden zur Verfügung gestellt hatte.
Matt wusste inzwischen, dass es sich bei dem General, der jetzt im Pentagon saß und die Streitkräfte des Weltrats befehligte, nicht um einen Doppelgänger aus einer Parallelwelt handelte wie anfangs angenommen.
Es war das Original.
Der echte Kormak.
Der Schlächter von Izmir, der König von Novis, ehemaliger Anführer der Reenschas – und ein verdammter Kriegsheld. Wer wusste, ob sie ohne seine Dark Force den Afra-Krieg gewonnen hätten?
Damals war Matt davon ausgegangen, dass Kormak aus einer Parallelwelt stammte und nichts mit dem Kerl zu tun hatte, der Kriegsgefangene und Deserteure an Siragippen verfütterte. Aber er hatte sich geändert. Das hatte er kürzlich erst wieder unter Beweis gestellt, als er sich gegen die Nosfera gestellt hatte.1
Trotzdem blieb ein Rest von Misstrauen. Und die leidige Frage, ob sich Menschen wirklich ändern konnten oder alles nur Fassade war.
»Deine Schuldgefühle werden Rulfan und Reese nicht helfen!«
Aruula ließ einfach nicht locker. Das Problem war nur, dass sie recht hatte. Selbst wenn er sie bat, das Cockpit zu verlassen, oder sie anblaffte, würde sich daran nichts ändern. Was geschehen war, war nun einmal geschehen.
»Als ob ich das nicht wüsste!«
»Ich möchte dich nicht quälen, aber du musst dir im Klaren darüber sein, dass wir möglicherweise keine Spur von ihnen finden werden. Dass sie für immer verschollen bleiben und längst tot sind.«
Normalerweise liebte er Aruula für ihre Direktheit, doch heute hätte er sie dafür am liebsten aus dem Panzer geschmissen.
Matt presste die Kiefer aufeinander.
»Egal, wie sehr du mit den Zähnen knirschst«, fügte Aruula noch hinzu. Sie lehnte sich zurück und schaute demonstrativ durch das Frontfenster.
Noch während er fieberhaft nach einer passenden Antwort suchte, meldete sich das Funkgerät. Matt seufzte. Er konnte sich denken, wer da etwas von ihm wollte. Und er sollte sich nicht getäuscht haben.
»Matt, verdammt!« Kormaks Stimme hallte blechern aus dem Lautsprecher. »Wo steckt ihr?«
Drax überlegte, ob er den General anlügen sollte, kam jedoch zu dem Entschluss, dass das nicht nur kindisch, sondern auch nutzlos gewesen wäre. Wahrscheinlich hatte er sie längst auf dem Radar.
»Fünfzig Meilen südlich von Waashton«, erwiderte Matt daher wahrheitsgemäß. »Tendenz steigend!«
»Schön für dich. Dann schlage ich vor, du lässt die Tendenz wieder sinken und kommst zurück. Ich habe einen neuen Auftrag für euch.«
»Tut mir leid, ich fürchte, das ist nicht möglich.«
»Was?«
Matt warf Aruula einen kurzen Seitenblick zu, doch die Kriegerin tat so, als würde sie das Gespräch gar nichts angehen. »Wir, äh, machen Urlaub!«
»Willst du mich verarschen?«, blaffte Kormak.
»Nichts läge mir ferner!«
»Ihr seid wochenlang kreuz und quer durch Euree getingelt – mit einem von meinen Gleitern, wohlgemerkt.«
»Das war doch kein Urlaub«, protestierte Matt. »Sorry, Aran, aber wir sind keine Soldaten, die du nach Belieben herumscheuchen kannst.«
»Okee, tut mir leid«, lenkte der General überraschend schnell ein. »Und wie lange soll euer Urlaub dauern?«
»So lange, bis wir Rulfan und Reese gefunden haben!«
»Das ist doch Irrsinn. Das kann Monate dauern! Und wenn ihr nie eine Spur findet, was dann?«
»Dann wirst du dir wohl ein paar neue Botschafter suchen müssen. Ende und aus!« Matt deaktivierte das Funkgerät.
Kaum hatte er das getan, bereute er seinen harschen Ton auch schon. Aber auch ein General Kormak musste lernen, dass ihr Daseinszweck nicht darin bestand, Gewehr bei Fuß zu stehen, sobald er es verlangte.
Trotzdem hatten seine und Aruulas Worte eine wichtige Frage aufgeworfen. Wie lange würde es dauern, bis er einsah, dass er einer fixen Idee hinterherjagte?
Anderthalb Jahre zuvor
Die Druckwelle des explodierenden Gleiters erfasste Rulfan und schleuderte ihn herum.
Die Welt drehte sich irrsinnig schnell. Der Neo-Barbar wusste nicht mehr, wo oben oder unten war. Längst hatte er Reese aus dem Blick verloren. Wie ein welkes Blatt war sie ihm aus der Hand gerissen worden.
Mit der Druckwelle kam der Knall. Ein stechender Schmerz fuhr Rulfan durch die Ohren, explodierte hinter seiner Stirn und löschte sein Bewusstsein aus.
Erst als er in das eiskalte Wasser des Bergsees klatschte, kehrte es zurück. Schlagartig. Rulfan zuckte zusammen, als hätte er einen Stromschlag erlitten. Um ihn herum waren eisige Stille, lähmende Kälte und diffuses Licht, das von schwammiger Finsternis geschluckt wurde.
Auf seiner Lunge lastete ein mörderischer Druck.
Reflexartig reckte er dem verwaschenen Licht die Arme entgegen, strampelte mit den Beinen. Ein brennender Schmerz im rechten Knie raubte ihm fast das Bewusstsein. Gleichzeitig kämpfte er gegen das stärker werdende Verlangen an, den Mund aufzureißen und einzuatmen.
Das Licht wurde größer, greller. Obwohl es in den Augen schmerzte, schloss der Neo-Barbar nicht die...