Hill | John Sinclair 2129 - Horror-Serie | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2129, 64 Seiten

Reihe: John Sinclair

Hill John Sinclair 2129 - Horror-Serie

Herrscher des entrückten Landes
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-7959-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Herrscher des entrückten Landes

E-Book, Deutsch, Band 2129, 64 Seiten

Reihe: John Sinclair

ISBN: 978-3-7325-7959-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Herrscher des entrückten Landes

von Ian Rolf Hill

Er wusste nicht, wie lange er schon in der Schwärze trieb. Diesem Nichts, irgendwo zwischen den Dimensionen. Genauso wenig, wie er wusste, wie viel Zeit vergangen war, seit er das Tor durchquert hatte, kurz bevor es kollabiert war.

Waren es Minuten, Stunden oder gar Tage, die er jetzt schon in dieser Nicht-Welt schwebte, trudelte, driftete? Möglicherweise Monate oder gar Jahre.

Jedenfalls war dies nicht das Ziel, das er zu hoffen erreicht hatte. Und doch spürte er mit jeder Faser seines Leibes die fremde Magie, die ihn durchdrang. Wahrscheinlich war das der Grund dafür, dass er überhaupt noch ein Körperempfinden hatte.

Er kannte die Magie nur zu gut. Sie war ihm vertraut und vermittelte ihm ein sonderbares Gefühl von Selbstvertrauen, Stärke und Macht.

Es war die Kraft des Planeten der Magier!

Langsam aber sicher zerstörte sie die lästigen Reste jener Seele, der dieser Körper einst gehört hatte. Alles, was Christopher Pierce ausgemacht hatte, wurde ausgemerzt.

Und derjenige, der den Leib des Verstorbenen in Besitz genommen hatte, triumphierte, denn er war stärker als je zuvor.

Er war - Jeremiah Flynn!

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Der Hai kam wie aus dem Nichts!

Stephanie kannte das, erschrak aber dennoch. Insbesondere deshalb, weil ihre Konzentration dem gigantischen Schalentier in ihren Händen galt. Die Garnele war so lang wie ihr Unterarm, hatte eine tiefbraune, fast schwarze Färbung, die von hellbeigen Querstreifen durchbrochen wurde. Daher auch ihr Name: Schwarze Tigergarnele, Black Tiger Prawn. Unter ihm wurde sie vermarktet, denn im Prinzip handelte sich bei dem Tier um eine Zuchtgarnele.

Viel schlimmer war jedoch, dass sie in diesen Gewässern, vor der Küste von North Carolina, eigentlich nichts zu suchen hatte. Sie war aufgrund ihrer Größe eingeführt oder ausgesetzt worden, so genau vermochte das hinterher ja sowieso niemand mehr festzustellen.

Aber sie war nun einmal hier und damit nicht nur das Problem von Stephanie Kruger und ihres Teams vom Cape Hatteras National Seashore, sondern auch das der kleineren, heimischen Art und somit das der einheimischen Garnelenfischer.

Im Gegensatz zu den amerikanischen Garnelen handelte es sich bei Penaeus monodon, so der wissenschaftliche Name der Schwarzen Tigergarnele, nämlich nicht um Aasfresser, sondern um Raubtiere. Durch ihre Größe waren sie der einheimischen Art überlegen und stellten eine Gefahr dar. Doch das allein war es nicht, was die Schwarze Tigergarnele so bedrohlich machte. Sie war nämlich sehr krankheitsanfällig, sodass in Zuchtanlagen in Asien ganze Bestände durch Bakterienbefall dahingerafft wurden. Als Reaktion darauf wurde eine robustere Art gezüchtet, was zur Folge hatte, dass das Sterben lediglich hinausgezögert wurde. Vorher aber würden die einheimischen Bestände ausgelöscht werden, und das wäre eine Katastrophe.

Die Garnelenfischer befanden sich dank Billigimporte übersubventionierter Tigergarnelen, der Rezession und den Schäden des durch Wirbelstürme gebeutelten Osten des Landes ohnehin im Hintertreffen.

Stephanie und ihr Team hatten den Auftrag, die Gefahr, die von den eingewanderten Tierarten, sogenannten Neozoen, ausging, zu bewerten und gegebenenfalls einen Maßnahmenkatalog zu erstellen, der die einheimische Art und den damit verbundenen Wirtschaftszweig schützte.

Wirtschaft war dabei das entscheidende Stichwort.

Stephanie hatte sich bereits früh von der romantischen Vorstellung eines Forscherdaseins unter Wasser verabschieden und sich mit dem Gedanken vertraut machen müssen, dass Meeresbiologen die Hälfte ihrer Zeit damit verbrachten, irgendwelche Sponsoren davon zu überzeugen, dass ihr Geld sinnvoll investiert war.

Mit anderen Worten: War das Forschungsobjekt nicht wirtschaftlich rentabel, war es nutz- und damit wertlos. Forschungsobjekt stand in diesem Fall synonym für Stephanie Krugers Lebensunterhalt, so wie der ihrer Mitarbeiter.

So sehr Stephanie sich innerlich dafür rügte, aber dieser kleine Gigant in ihren Händen kam ihr wie gerufen. Nicht zuletzt deshalb, weil er ihr die Gelegenheit gab, selbst wieder zu tauchen und die Schönheit der Unterwasserwelt des Atlantiks zu genießen. Sie liebte das Tauchen mehr als alles andere und hatte ihren Freund Abe Douglas schon so weit, dass er ebenfalls einen Tauchschein machen wollte, auch wenn er Bedenken wegen Urzeitwalen angemeldet hatte.

Tatsächlich hatte es lange gedauert, bis Stephanie sich bei ihren Tauchgängen nicht mehr alle drei Sekunden ängstlich umgeblickt hatte, ob nicht doch irgendwo hinter ihr ein blasshäutiger Gruselgreis mit einem Basilosaurus im Schlepp über den Meeresboden stapfte.

Zumal sie von Abe wusste, dass Phorkys immer noch sein Unwesen trieb. Zuletzt angeblich in Singapur und Bulgarien. Nun, wenn es nach ihr ging, konnte er hingehen, wo der Pfeffer wächst oder besser noch auf die dunkle Seite des Mondes.

Die Geschehnisse, als der Monstermacher den Urzeitwald und eine Schar Terrorvögel zu neuem untotem Leben erweckt hatte, steckten ihr noch tief in den Knochen.1) Kein Wunder also, dass sie vor ihrem eigenen Schatten erschrak oder, wie in diesem Fall, vor einem Schwarzspitzen-Riffhai.

Die Tiere waren nicht nur pfeilschnell, sondern mitunter auch hypernervös, und Stephanie fühlte ihr Herz bis zum Halse pochen. Sie schloss die Augen und atmete tief den komprimierten Sauerstoff ein.

Komm schon, Steph. Das war kein Basilosaurus, das war nur ein harmloser Riffhai. Krieg dich wieder ein.

Langsam beruhigte sich ihr Puls, und sie schickte sich an, die Garnele in ihrer Hand in dem Transportnetz an ihrer Hüfte zu verstauen, um sie später im Labor zu untersuchen, als der nächste Hai, aus dem dunklen Blau des Ozeans herbeijagte und an ihr vorüberschoss.

Hinter ihm ein dritter und vierter Artgenosse, denen wiederum drei riesige Hammerhaie folgten, sowie ein Schwarm Makrelen.

Stephanie kannte sich mit dem Verhalten von Fischen, insbesondere von Haien aus und sie wusste, dass das nicht normal war. Das war keine gewöhnliche Wanderung und auch keine Jagd. Das war eine Flucht!

Aber wovor?

Schlagartig begann ihr Herz zu rasen. Hunderte von möglichen und unmöglichen Schreckensszenarien schossen ihr durch den Kopf. Angefangen von Seebeben bis hin zu monströsen Urviechern.

Die Meeresbiologin zwang sich zur Ruhe, verengte die Augen und spähte in die Richtung, aus der ihr immer noch mehr Fische entgegenkamen. Ihre Hand umklammerte bereits die leuchtend orange Nylonschnur, die an ihrem Gurt befestigt war, als sie etwas Dunkles in breiter Front auf sich zurollen sah!

Stephanie schluckte und blinzelte gegen das Brennen in ihren Augen an. Egal, was da auf sie zukam, es war ohnehin zu spät und vermutlich hatte es Ben längst bemerkt.

Warum tut er dann nichts?, schrie es in ihr, und schon wurde sie herumgewirbelt, als die Druckwelle sie erfasste. Stephanie klammerte sich an der Sicherheitsleine fest und biss so heftig auf das Mundstück, dass sie es beinahe zerkaute.

Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie begriff, dass das Dunkle nur der aufgewühlte Sand des Meeresbodens gewesen war, der sie erfasst hatte.

Also doch ein Erdbeben, dachte sie und fühlte ihm nächsten Augenblick den heftigen Sog, der sie wieder nach vorne riss. Unwillkürlich sah sie in Richtung Meeresoberfläche, die zwanzig Meter über ihr lag. Die Predator mit Ben und Simon war ebenfalls abgedriftet, doch erst jetzt bemerkte sie das straff gespannte Seil an ihrer Hüfte.

Verdammt, sie musste auftauchen!

Stephanie begann mit der Dekompression und bewegte langsam und gleichmäßig die Beine mit den Schwimmflossen. Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren, ermahnte sie sich, als sie den langgestreckten Schatten vor sich im Wasser sah.

Noch mehr Haie auf der Flucht, dachte sie. Zur Abwechslung vielleicht auch ein paar Delfine.

Sie hatte die Hälfte der Strecke geschafft, als sie sah, um was es sich handelte, das da unter Wasser auf sie zu glitt. Stephanie traute ihren Augen kaum, als sie erkannte, dass das Wesen sechs Gliedmaßen besaß und im ersten Augenblick, selbst wie eine gigantische Garnele aussah.

Bis es näher kam und die sich brechenden Lichtstrahlen der Sonne auf dem rohen Fleisch reflektierten.

Stephanie Kruger glaubte den Verstand zu verlieren.

In blinder Panik schoss sie aufwärts, der Oberfläche entgegen.

Das Ungeheuer blieb ihr dicht auf den Fersen.

?

»Ich glaub, mich laust der Affe!«

Ben stand im Führerhaus der Predator, die sanft auf den Wellen schaukelte und rieb sich die Augen. Er hatte doch heute noch keinen Schluck getrunken, zumindest keinen Alkohol. Gut gestern Abend zwei, drei Bacardi-Cola in Dukes Strandbar, aber er hatte nie – wirklich noch nie – Halluzinationen gehabt und weiße Mäuse oder rosa Elefanten gesehen.

Geschweige denn eine ganze Insel, die wie aus dem Nichts erschien und sich wabernd materialisierte, so als würde sich dichter Nebel lichten. Nur herrschte kein Nebel. Der schwache Dunst, der frühmorgens über dem ruhigen Wasser lag, weil es tags zuvor sehr warm gewesen war, hatte sich längst verflüchtigt. Aber egal ob Nebel, Dunst oder klare Sicht, hier gab es keine Insel, hatte es nie eine gegeben. Schon gar nicht eine von solchen Ausmaßen.

»Simon«, bellte er über die Schulter hinweg zu seinem Sohn, der am Heck stand und darauf wartete, dass Steph mit ihrem Fang an Bord kam. »Schau dir …«

Der Rest des Satzes, blieb ihm im Halse stecken, denn so schnell das Eiland aufgetaucht war, so schnell war es auch wieder verschwunden.

Ben blinzelte und wäre vermutlich zur Tagesordnung übergangen, um sich ja nichts anmerken zu lassen und zum Gespött der Leute zu machen, wenn ihn nicht zwei Dinge davon abgehalten hätten.

Zum einen die meterhohe Welle, die auf ihn und die Predator zurollte, zum anderen die Ereignisse vor etwas mehr als einem Jahr, als ein Urzeitwal die Gestade vor Kill Devil Hills unsicher gemacht hatte. Seither betrachtete Ben die Welt mit anderen Augen. Sein Sohn Simon hatte ihm natürlich kein Wort geglaubt, ihn einen alten Wirrkopf und Fantasten genannt, der mit seinem Seemannsgarn nur Aufmerksamkeit erregen wollte.

Aber verdammt, er hatte nun einmal gesehen, was er gesehen hatte, und die Welle konnte selbst ein Ignorant wie sein Herr Sohn nicht leugnen.

»Festhalten!«, brüllte Ben und klammerte sich an das hohe Steuerrad.

Einen Herzschlag später wurde die Predator angehoben, als würde sie an einem Kran hängen und senkrecht in die Höhe gerissen werden. Ben spürte seinen Magen nach unten wandern. Sein Herz rutschte ihm sprichwörtlich in die Hose, und...



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