Hill | John Sinclair 2054 - Horror-Serie | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2054, 64 Seiten

Reihe: John Sinclair

Hill John Sinclair 2054 - Horror-Serie

Finale auf der Nebelinsel
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-5542-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Finale auf der Nebelinsel

E-Book, Deutsch, Band 2054, 64 Seiten

Reihe: John Sinclair

ISBN: 978-3-7325-5542-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nadine Berger spürte den Schmerz mit jeder Faser ihres Körpers.
Barfuß schritt sie durch das grüne, saftige Gras, dessen Halme sich sanft im warmen Frühlingswind wiegten. Es herrschte Nacht in Avalon.
Die ehemalige Schauspielerin hatte die Präsenz einer vertrauten Person gefühlt, die auf dem Glastonbury Tor stand und Einlass begehrte.
In Nadines Hals bildete sich ein Kloß. Sie musste helfen. Vielleicht ignorierte sie deshalb die Zeichen der Gefahr ...

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Obwohl sie den Dunklen Gral nicht bei sich trug, öffnete sich das Tor in die andere Welt.

Es hatte die Form eines spitz zulaufenden Rundbogens und entsprach somit dem Durchgang innerhalb der Turmruine, die von der Abtei St. Michael’s übrig geblieben war.

Und dahinter, zwischen träge dahinziehenden Nebelschleiern sah Nadine die Gestalt des Reporters stehen. Auch er hatte die Frau erkannt, deren Seele einst im Körper eines Wolfs gefangen gewesen war. Bei den Conollys hatte Nadine damals Zuflucht gefunden und war infolgedessen zur Beschützerin des kleinen Johnny geworden.

Johnny, der in einer fremden Dimension verschollen war. Niemand wusste, ob er lebte oder bereits tot war. Auch dieser Umstand nagte an der ehemaligen Schauspielerin und verstärkte ihre Schuldgefühle. Das Gefühl, die Familie Conolly im Stich gelassen zu haben, zermürbte ihren Geist.

Bill setzte sich in Bewegung, doch so leicht konnte es Nadine ihm nicht machen. Auch wenn sie sich nichts sehnlicher wünschte, als den Reporter in den Arm zu nehmen, so musste sie den ehernen Gesetzen dieser Insel Tribut zollen.

Sie trat ihm im offenen Durchgang entgegen und versperrte ihm den Weg. Sie lächelte traurig, als er verdutzt stehen blieb, die Mimik ein einziges Fragezeichen.

»Nadine, was …?« Seine Stimme klang so schwach und brüchig, dass sie einen Stich in Höhe des Herzens fühlte.

Nur zu gut erinnerte sie sich an die Szene bei den Flammenden Steinen, als sie wie aus einem tiefen Schlaf erwacht war und den Reporter zum ersten Mal nach Sheilas Tod wiedergesehen hatte. Sie war zutiefst erschrocken gewesen, was aus ihm geworden war. Ein Schatten seiner selbst. Gezeichnet von der Trauer und dem unendlichen Schmerz.

Wie oft hatten er und Sheila vom Fluch der Conollys gesprochen? Oft im Scherze, manchmal grüblerisch und bisweilen sogar verzweifelt. Doch dass der Fluch sie einmal derart schrecklich einholen könnte, damit hatten sie alle nicht gerechnet. Am allerwenigsten wohl Bill Conolly selbst, der vermutlich der Ansicht gewesen war, wenn es jemanden aus der Familie erwischte, dann ihn.

Immerhin war er es, der sich häufig an die vorderste Front wagte. Doch Sheila und Johnny waren trotz allem die schwächeren Glieder in der Kette des Sinclair-Teams. Das hatten ihre Gegner schon früh erkannt und immer wieder auf perfide Weise ausgenutzt.

Der Krug geht bis zum Brunnen bis er bricht, lautete ein Sprichwort. Und dieser Krug war aufs Grausamste gebrochen. Mit dem grässlichen Knacken einer berstenden Halswirbelsäule.

Und sie, Nadine, war nicht da gewesen, um die Familie zu beschützen, wie sie es zuvor so oft getan hatte. Nicht nur als Wölfin, auch später, als sie schon auf Avalon, ihrer neuen Heimat, weilte. Hatte sie die Conollys nicht vor der Jenseitskutsche gerettet und sogar die blonde Bestie Justine Cavallo in ihre Schranken gewiesen?

Letztendlich war alles umsonst gewesen. Was konnte sie jetzt noch tun? Wieso kam Bill mit dem Leichnam seiner Frau, die sie längst begraben hatten? Und warum …

Ihre Gedanken stockten. Warum war der Körper nicht verwest? Warum zeigte das Gesicht der Freundin einen derart schrecklichen Ausdruck der Qual? Lag es an der Dunkelheit, oder hatte die Haut der Leiche tatsächlich einen blauen, metallischen Glanz?

»Was ist los, Nadine? Warum sagst du nichts?« Bills Stimme vibrierte wie eine Klaviersaite, die kurz vorm Reißen war. Der Reporter stand unter maximaler Anspannung, und Nadine konnte es ihm nicht verdenken.

Sie schüttelte leicht den Kopf. »Warum hast du das getan?«, hauchte sie ergriffen. »Warum hast du Sheila hierhergebracht?«

»Warum?«, fragte er leise mit erstickter Stimme. »Warum? Damit sie Frieden findet, Herrgott noch mal!«, schrie er.

Nadine zuckte bei dem unerwarteten Ausbruch zusammen. Mit einer derart heftigen Reaktion des Reporters hatte sie nicht gerechnet. Verlegen strich sie über den Stoff des blauen Kleids, dessen Saum bis zu den Knöcheln reichte.

Es war ein schlichtes Kleidungsstück, das aber dennoch feierlich aussah. Eine angemessene Tracht für eine Bewohnerin der Nebelinsel. Der seidenweiche Stoff umwehte Nadines Körper wie ein Dunstschleier.

»Aber wir haben sie doch beerdigt. Wir beide standen gemeinsam vor ihrem Grab. Wieso glaubst du, dass sie dort keinen Frieden findet?«

Bill schluchzte und kniff die Augen zusammen. »W …weil … weil sie es mir gesagt hat.«

»Was?«, schnappte die ehemalige Schauspielerin.

»Ja, ja, ja, genau so ist es. Du hast dich nicht verhört. Sie … sie hat es mir gesagt. Sie hat mich angerufen. Mich angefleht, sie aus dem Grab zu holen und nach Avalon zu bringen. Nur hier könne ihre Seele Frieden finden.«

»Aber … aber das ist doch Irrsinn, Bill.« Kaum, dass sie diese Worte ausgesprochen hatte, bereute sie sie auch schon, denn sie erkannte an der Reaktion des Reportes, dass sie ihn schwer getroffen hatten.

»Wie kannst du so etwas sagen, Nadine? Waren wir nicht immer gut zu dir? Haben wir dir nicht ein Zuhause gegeben, als du heimatlos im Körper eines Wolfs umhergestreift bist? Haben wir dir nicht Liebe geschenkt?«

Nadine wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, bevor sie erwiderte: »Doch natürlich. Es … es tut mir leid. Aber«, sie deutete fahrig auf den Leichnam mit dem verzerrten Gesicht, »schau sie dir doch an. Sie ist nicht einmal ver …«

Verwest, hatte sie sagen wollen, doch im letzten Augenblick schluckte sie die Silbe hinunter und biss sich buchstäblich auf die Zunge. Sie wich unwillkürlich zurück, als Bill mit der Toten auf den Armen auf sie zukam. Nicht, weil sie sich vor ihr fürchtete oder sich gar schämte. Es war etwas anderes, das Nadine mit einem Mal einen kalten Schauer über den Rücken rieseln ließ.

Seit sie auf Avalon weilte und zur Hüterin des Dunklen Grals geworden war, konnte man die ehemalige Schauspielerin als durchaus sensitive Person bezeichnen. Sie hatte ein feines Gespür für Menschen und Magie gleichermaßen. Deshalb hatte sie auch den Schmerz des Reportes so klar und deutlich wahrgenommen, als wäre es ihr eigener. Doch da war noch etwas, das ihr unvermittelt entgegenbrandete wie der eisige Wind des Atlantiks.

Die pure Bosheit!

Nadine blieb stehen und breitete die Arme aus. Sie war plötzlich eiskalt und biss die Zähne aufeinander. Ohne dass sie in einen Spiegel sah, wusste sie, dass ihre Augen schockgrün aufflammten.

»Bleib stehen, Bill Conolly. Du wurdest getäuscht. In diesem Körper ist keine Seele. Er ist leer. Es ist nur noch die Hülle der Frau, die du geliebt hast. Schau sie dir an. So sieht niemand aus, der ein Jahr im Grab gelegen hat.«

Bills Gesicht glänzte feucht von dem Schweiß, der ihm vom Haaransatz über die bleiche Haut rann. Zu dem Ausdruck der Qual und des Schmerzes gesellte sich noch eine weitere Empfindung hinzu: die kalte Wut.

Er wusste offenbar, dass er nicht so leicht an Nadine vorbeikam, und bückte sich, um Sheila auf den Boden zu legen. Ein Wunder, dass er ihren toten Körper überhaupt so lange hatte halten können. Ein Beweis mehr für Nadine Berger, dass hier etwas nicht stimmte.

»Mag sein«, murmelte Bill. Gebückt kauerte er über seiner Frau, präsentierte der Hüterin von Avalon Rücken und Hinterkopf.

Zärtlich strich er Sheila die blonden Haare aus der Stirn. Im Angesicht ihres starren Totengrinsens ein mehr als bizarrer Anblick. Grauenerregend traf es besser.

Bill ging in die Hocke, näherte sein Gesicht dem der Toten und presste die Lippen auf die ihren. Nadine wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte, sie fühlte Rührung und Abscheu zugleich. Auch ihre sensitiven Sinne befanden sich in einem inneren Widerstreit zwischen dem Wunsch, zu helfen und dem Drang, eine drohende Gefahr von Avalon abzuwenden. Eine nicht fassbare, diffuse Bedrohung, die sie nicht zu konkretisieren vermochte.

Ein ziehender Schmerz in ihrem Bauch warnte sie, aber sie wusste nicht, wovor. Vor dem blutroten Licht am Fuß des Hügels? Vor der toten Sheila? Oder gar vor Bill Conolly?

Der richtete sich langsam auf und gab den Blick wieder frei auf den Leichnam, dessen Augen weiterhin offen standen und glanzlos in eine imaginäre Ferne blickten. Stumpf, seelenlos, leer …

Nein, nicht leer. War da nicht ein Licht in ihnen?

Nadine runzelte die Stirn. Kein Zweifel, ein grünlich-gelbes Flackern, als würde der Schein eines Feuers in den Pupillen reflektieren. Doch nirgends brannte ein Solches. Nein, dieses Feuer, kam direkt aus den Augen und wäre allein diese Tatsache nicht schon völlig absurd, wusste Nadine plötzlich, um was für Flammen es sich handelte: Höllenfeuer.

Wie von der Tarantel gebissen fuhr sie auf, spannte die Muskeln – und erstarrte, als sie in das dunkle Mündungsloch der Beretta blickte, die Bill auf ihren Kopf richtete.

»Schluss mit dem Geplänkel«, knurrte er. »Bring mich zu Merlin, oder Avalon wird zu deinem Grab werden.«

***

Der Geheimagent Ben Essex traute seinen Augen nicht.

Alles in ihm schrie danach, wegzulaufen! Raus aus diesem Horror-Keller, weg von der Ruine, irgendwohin, wo es keine Monster, Dämonen, Teufel – oder was auch immer – gab.

Am besten in die Kirche. Er war gewiss kein gläubiger Mensch und schon gar kein Chorknabe. Er hatte selbst bereits Dinge getan, wofür ihm vermutlich ein Platz in der Hölle gewiss war, obwohl er davon überzeugt war, auf der richtigen Seite zu stehen.

Doch jetzt, von Angesicht zu Angesicht mit diesem riesigen...



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