E-Book, Deutsch, Band 3, 491 Seiten
Reihe: Liebe, Gerüchte und Skandale - Die unvergesslichen Regency Liebesromane von Georgette
Heyer Der Page und die Herzogin
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-3177-6
Verlag: beHEARTBEAT
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 3, 491 Seiten
Reihe: Liebe, Gerüchte und Skandale - Die unvergesslichen Regency Liebesromane von Georgette
ISBN: 978-3-7325-3177-6
Verlag: beHEARTBEAT
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Paris zur Zeit Louis XV.: Der Herzog von Avon trägt den Spitznamen 'Satanas' zurecht, denn er ist für seine Skrupellosigkeit und sein ausschweifendes Leben berüchtigt. Als ihn eines Abends ein Knabe beinahe umrennt, kauft er den jungen Léon kurzerhand seiner Familie ab und macht ihn zu seinem Pagen. In den feinen Pariser Kreisen sorgt dies für großes Aufsehen. Niemand ahnt, dass Avon damit einen raffinierten Rachefeldzug an seinem Erzfeind Graf Henry de Saint-Vire plant, dem Léon verblüffend ähnlich sieht.
Doch zum Erstaunen des Herzogs stellt sich heraus, dass Léon eigentlich ein Mädchen ist. Die entzückende Léonie erobert die Pariser Gesellschaft im Sturm und Avon muss feststellen, dass die junge Dame sich nicht so einfach für seine Zwecke einspannen lässt. Und auch er selbst erliegt bald den Reizen des temperamentvollen jungen Mädchens ...
In 'Der Page und die Herzogin' (im Original: These Old Shades) lässt Georgette Heyer die gute alte Zeit des Ancién Regime wieder aufleben. Die historische Liebeskomödie besticht durch einen humorvollen Ton, fein pointierte Dialoge und einen spannenden Plot, bei dem kein Auge trocken bleibt.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1.
Seine Gnaden kauft eine Seele
Ein Kavalier schlenderte durch eine Seitengasse von Paris; er hatte eben das Haus einer gewissen Madame de Verchoureux verlassen. Sein Gang hatte etwas Geziertes, denn die roten Hacken seiner Schuhe waren sehr hoch. Ein langer purpurner, rosa gefütterter Mantel hing um seine Schultern und enthüllte in lässigem Fall einen reich bordierten und mit goldenen Tressen besetzten Rock aus purpurnem Brokat, eine geblümte Seidenweste, makellose Kniehosen und verschwenderisches Juwelengefunkel auf Halsbinde und Jabot. Ein Dreispitz mit scharfen Kanten saß auf der gepuderten Perücke, ein langes bebändertes Stückchen wippte in der Hand. Es mochte wenig Schutz gegen Straßenräuber bieten, und hing auch ein leichter Galadegen an des Kavaliers Seite, so war doch sein Heft in den Mantelfalten verborgen und nicht schnell zur Hand.
Zu dieser späten Stunde und in dieser menschenleeren Gasse bedeutete es den Gipfel der Verwegenheit, unbegleitet und juwelenglitzernd dahinzuschreiten, doch der Kavalier schien seiner Tollkühnheit gar nicht bewusst zu sein. Er ging achtlos seines Wegs und blickte weder nach rechts noch nach links.
Plötzlich stürzte sich, wie von einer Kanone abgeschossen, aus einem finsteren Durchlass zur Rechten ein Körper auf den Kavalier. Die Gestalt klammerte sich an den eleganten Mantel und versuchte unter Schreckensschreien das Gleichgewicht zu wahren.
Seine Gnaden, der Herzog von Avon, machte eine rasche Wendung. Er packte die Handgelenke seines Angreifers und drehte sie mit einer unbarmherzigen Kraft einwärts, die sein dandyhaftes Aussehen Lügen strafte. Das Opfer wimmerte schmerzlich auf und brach zitternd in die Knie.
«M’sieur, ach, lassen Sie mich los! Ich wollte ja nicht. – Ich wusste nicht – Ich hätte nie – Ach, M’sieur, lassen Sie mich doch los!»
Seine Gnaden beugte sich, leicht zur Seite geneigt, über den Jungen. Das Licht einer in der Nähe stehenden Straßenlaterne fiel auf ein weißes, zu Tode erschrecktes Gesicht. Große, veilchenblaue Augen starrten wild zu ihm empor, in deren Tiefen Entsetzen lag.
«Für derlei Spiele scheinst du mir reichlich jung», sagte der Herzog verwundert. «Oder glaubst du, mich überrumpeln zu können?»
Der Knabe errötete, und seine Augen verdunkelten sich vor Empörung.
«Ich wollte Sie nicht berauben! Wirklich nicht, wirklich nicht! Ich – ich wollte durchbrennen! Ich – oh, M’sieur, lassen Sie mich doch los!»
«Alles zu seiner Zeit, Kind. Von wo wolltest du durchbrennen, wenn ich fragen darf? Von einem anderen Opfer?»
«O nein! Ach bitte, lassen Sie mich los! Sie – Sie verstehen das nicht! Er wird schon meine Verfolgung aufgenommen haben! Ach bitte, bitte, Milor’!»
Die seltsamen, von schweren Lidern beschatteten Augen des Herzogs wandten sich nicht vom Jungengesicht ab. Sie hatten sich plötzlich weit geöffnet und einen gespannten Ausdruck angenommen.
«Und wer, Kind, ist dieser ‹Er›?»
«Mein – mein Bruder. O bitte –»
Um die Ecke des Gässchens kam ein Mann gehastet. Als sein Auge auf Avon fiel, hielt er inne. Der Knabe began zu zittern und klammerte sich an Avons Arm.
«Ah!», stieß der Mann aus. «Wenn diese Missgeburt Euch zu berauben versucht hat, Milor’, wird er’s teuer büßen müssen! Bei Gott! Du Lump, du! Undankbares Biest! Das wirst du noch bereuen, kann ich dir versichern! Ich bitte tausendmal um Entschuldigung, Milor’! Der Bursche ist mein jüngerer Bruder. Grade verprügelte ich ihn wegen seiner Faulheit, da schlüpfte er mir davon –»
Der Herzog hob ein parfümiertes Taschentuch an seine Nase.
«Bleib Er mir vom Leibe, Geselle», sagte er arrogant. «Prügel dürften zweifellos dem Jungen nicht schaden.»
Der Knabe heftete sich noch mehr an seine Seite. Er unternahm keinen Fluchtversuch, doch seine Hände zuckten wie im Krampf. Abermals schweiften die seltsamen Augen des Herzogs über ihn und verweilten kurz auf den gestutzten kupferroten Locken, die in wilder Unordnung waren.
«Wie gesagt, Prügel dürften dem Jungen nicht schaden. Sein Bruder, sagte Er?» Nun starrte er den schwarzhaarigen Burschen mit den groben Gesichtszügen an.
«Ja, edler Herr, mein Bruder. Seit dem Tod unserer Eltern hab ich für ihn gesorgt, und er vergilt es mir mit Undankbarkeit. Er ist eine Strafe Gottes, edler Herr, eine Strafe Gottes!»
Der Herzog schien in Nachdenken versunken.
«Wie alt ist er, Geselle?»
«Neunzehn, Milor’.»
Der Herzog musterte den Jungen genauer.
«Neunzehn. Ist er nicht etwas klein für sein Alter?»
«Na, und wenn, Milor’, so ist’s nicht mein Fehler! Ich – ich hab ihn ordentlich gefüttert. Ich bitt Euch, achtet nicht auf seine Worte! Er ist eine falsche Schlange, eine Wildkatze, eine regelrechte Strafe Gottes!»
«Ich will Ihn von der Strafe Gottes befreien», sagte der Herzog gelassen.
Der Mann starrte ihn verständnislos an.
«Milor’ –?»
«Er ist doch zu verkaufen?»
Eine kalte Hand stahl sich in die des Herzogs und umklammerte sie.
«Zu verkaufen, Milor’? Ihr –»
«Ich möchte ihn kaufen, damit er mein Page werde. Was kostet er? Einen Louis? Oder haben Strafen Gottes keinen Preis? Ein interessantes Problem.»
Die Augen des Mannes erglommen plötzlich in gieriger Verschlagenheit.
«Er ist ein braver Junge, edler Herr. Er versteht sich aufs Arbeiten. Er ist mir eigentlich recht viel wert. Und ich bin ihm von Herzen zugetan. Ich –»
«Ich gebe Ihm eine Guinea für Seine Strafe Gottes.»
«Ach, nicht doch, Milor’! Er ist mehr wert! Viel, viel mehr!»
«Dann behalt Er ihn», sagte Avon und tat einen Schritt weiter.
Der Knabe lief ihm nach und hängte sich an seinen Arm.
«Milor’, nehmen Sie mich mit! Oh bitte, nehmen Sie mich mit! Ich will fest für Sie arbeiten! Ich schwöre es! Oh, ich flehe Sie an, nehmen Sie mich mit!»
Seine Gnaden hielt inne.
«Bin ich nicht ein Narr?», rief er auf Englisch. Er zog die diamantenbesetzte Nadel aus seiner Halsbinde und hielt sie derart, dass sie im Licht der Laterne funkelte und glitzerte. «Nun, Kerl? Genügt Ihm das?»
Der Mann glotzte auf das Schmuckstück, als könnte er seinen Augen nicht trauen. Er rieb sie und trat, noch immer starrend, näher.
«Für dies da», sagte Avon, «erstehe ich Seinen Bruder mit Leib und Seele. Einverstanden?»
«Gebt her!», krächzte der Mann und streckte seine Hand aus. «Der Junge ist Euer, Milor’.»
Avon warf ihm die Nadel zu.
«Ich forderte Ihn, glaube ich, auf, mir vom Leibe zu bleiben», sagte er. «Er beleidigt meine Nase. Folge mir, Kind.» Er entfernte sich, und der Junge schritt in respektvollem Abstand hinter ihm die Straße hinunter.
Schließlich gelangten sie in die Rue St.-Honoré und zu Avons Haus. Ohne einen Blick nach hinten zu werfen, um sich zu versichern, ob sein neues Besitztum ihm wohl auch folge, durchschritt der Herzog den Vorhof und trat an das große nägelbeschlagene Tor. Lakaien ließen ihn unter Bücklingen ein; voll Verwunderung blickten sie auf die schäbige Gestalt, die sich an seine Fersen heftete.
Der Herzog warf seinen Mantel ab und reichte einem der Diener seinen Hut.
«Mr. Davenant?», fragte er.
«In der Bibliothek, Euer Gnaden.»
Avon schlenderte durch die Halle zur Tür der Bibliothek. Ihre Flügel öffneten sich, und er trat ein, dem Knaben mit einem Kopfnicken bedeutend, ihm zu folgen.
Hugh Davenant saß beim Kamin, in die Lektüre von Poesien versunken. Als sein Gastgeber eintrat, blickte er auf und lächelte ihm zu.
«Nun, Justin?» Da erblickte er das Häufchen Elend an der Tür. «Meiner Treu, was ist denn das für eine Bescherung?»
«Das kann man wohl sagen», warf der Herzog hin. Er trat ans Feuer und schob den einen elegant beschuhten Fuß gegen die Glut vor. «Eine Grille. Dieses schmutzige und ausgehungerte Restchen Mensch gehört mir.» Er hatte Englisch gesprochen, doch der Knabe verstand ihn offensichtlich, denn er errötete und ließ sein lockiges Haupt hängen.
«Dir?» Davenants Blick wanderte zwischen den beiden hin und her. «Was soll das heißen, Alastair? Du meinst doch nicht am Ende – dass dies dein Sohn ist?»
«Oh nein!» Seine Gnaden lächelte leicht amüsiert. «Diesmal nicht, mein lieber Hugh. Ich habe diese kleine Ratte um den Preis eines Diamanten erstanden.»
«Aber – aber wieso denn, um Himmels willen?»
«Keine Idee», erwiderte Seine Gnaden freundlich. «Komm her, Ratte.»
Der Knabe trat schüchtern vor und litt es, dass Justin sein Gesicht ins Licht drehte.
«Ein recht hübsches Kind», bemerkte der Herzog. «Ich werde es zu...




