Herrmann Moritz von Sachsen (1521–1553) (EPUB)
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-86729-518-5
Verlag: Sax-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Landes-, Reichs- und Friedensfürst
E-Book, Deutsch, 272 Seiten, Format (B × H): 150 mm x 230 mm
ISBN: 978-3-86729-518-5
Verlag: Sax-Verlag
Format: EPUB
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Vor 460 Jahren fiel mit Kurfürst Moritz von Sachsen in der Schlacht bei Sievershausen ein hochumstrittener Mann der Reformationszeit und des Reichs. Im Freiberger Ländchen geboren, folgte er seinem evangelischen Vater Heinrich dem Frommen als albertinischer Herzog in Dresden nach. An der Seite des katholischen Kaisers Karl V. errang er im Schmalkaldischen Krieg die Kurwürde, die der ernestinische Kurfürst Johann Friedrich, nach dem Mühlberger Gefecht 1547 gefangen genommen, in der Wittenberger Kapitulation verlor. In Weimar, fortan Residenz der ernestinischen Herzöge von Sachsen, ist der »geborene Kurfürst« dann ein Jahr nach Moritz gestorben.
Moritz aber gewann über das weitgehend wiedervereinigte Kurfürstentum Sachsen hinaus, das er mit einem namhaften Kreis von Räten staatlich neu geordnet, mit Fürstenschulen, lutherischer Konfession und dem Dresdner Schlossneubau seinem Bruder und Nachfolger Kurfürst August zukunftsträchtig hinterließ, reichsweite Bedeutung. Der vermeintliche Verräter der protestantischen Sache, »Judas von Meißen« gescholten, löste sich Zug um Zug vom Kaiser und wurde dessen wichtigster Gegenspieler im Reich. Tatkraft und Verhandlungsgeschick zeichneten ihn als Führer der deutschen Fürstenopposition aus.
Mit dem Passauer Vertrag 1552 setzte er die reichsrechtliche Anerkennung der Reformation durch, er begründete Sachsens Rolle als protestantische Führungsmacht. Im siegreichen Kampf gegen des Reichs größten Unruhestifter, Albrecht Alkibiades, Markgraf von Brandenburg-Kulmbach, erlitt er 1553 den Tod. Der letzte regierende Fürst in Deutschland, der auf dem Schlachtfeld starb – und doch auch Friedensfürst.
Der Leipziger Reformationshistoriker und maßgebliche Bearbeiter der sechsbändigen Edition »Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen« legt hier in zweiter, bearbeiteter und erweiterter Auflage eine Biografie auf bestem Quellenstand für eine breitere, historisch interessierte Leserschaft vor.
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Der humanistische Landesfürst lebt in schwierigen Partnerschaften Mit der Trennung von der Mutter beginnt Moritz sich selbst zu regieren. Er will nach dem Tode des Vaters den Weg des albertinischen Landes anders fortsetzen, als er unter seinen Eltern gestaltet worden war. Vor jeder Stufe, die Moritz in seinem kurzen Leben emporstieg, hat er sich eine Vision der kommenden Aufgaben gemacht. Seit seiner überstürzt erzwungenen Heirat im Januar 1541 wusste Moritz, was sein nächster Schritt sein sollte. Er war selbst vom Vorangehenden soweit vorbereitet, dass er das Neue ohne Mühe sicher beginnen konnte. Moritz wollte nach der „Großväterlichen Ordnung“ ohne Landesteilung regierender Fürst in einem modernen albertinischen Staat sein. Der junge Herr wird Nachfolger seines Vaters Moritz blieb nach der Hochzeit einige Wochen in Marburg. Er musste sich als junger Ehemann im Klaren sein, dass er mit der Befreiung aus mütterlicher Lenkung auch den direkten Kontakt zum Dresdner Hof und zum Vater verloren hatte. Er suchte schon am 12. Januar 1541 von Marburg aus über die herzoglichen Räte zu Leipzig den Kontakt wieder zu knüpfen.62 Er bat seinen Vater um Verzeihung für seine Abreise ohne ausdrückliche Erlaubnis. Er habe aber als ehrlicher sächsischer Fürst sein Eheversprechen erfüllen müssen.63 Die Schwester Sibylle schrieb ihm danach, ihm müsse bewusst sein, dass er mit seinem Ungehorsam das Vaterland verscherzt habe, denn er habe sich gegen Gott, die Obrigkeit und die Eltern vergangen. Hinter diesem Brief stand in klarer Härte Katharina.64 Sie wollte die Ehe als heimliche Ehe ohne Genehmigung der Eltern werten, die auch von den evangelischen Theologen abgelehnt wurde. Die Räte Dr. Georg Komerstadt und Anton von Schönberg suchten zwischen beiden Seiten zu vermitteln. Moritz schrieb dann der Mutter und dem Vater getrennt, er habe lieber freien als brennen wollen, weil er allein dadurch ein „unzüchtiges Wesen“ habe vermeiden können. Der Vater möge ihn auch bei der Mutter vertreten.65 Im März reiste Moritz nach Sachsen. In Naumburg verhandelte er zunächst mit albertinischen Räten. Anschließend suchte er den Rat von Kurfürst Johann Friedrich in Torgau und zog dann sofort Richtung Marienberg, um den Vater zu treffen. Unterwegs in Altzelle hörte Moritz aber, dass der Vater in Dresden wäre. Heinrich war gerade von einer Hasenjagd zurückgekommen und weigerte sich, seinen Sohn zu hören. Er wagte nicht, gegen seine Gemahlin zu handeln. Dagegen konnte die Schwester Sibylle Moritz an der Hand ins Zimmer der Mutter führen. Diese empfing ihn, doch ihre Worte waren hart und mit vielen Vorwürfen gefüllt. Ihre norddeutsche, für sächsische Ohren fremde Aussprache hatte sich in den langen Jahren in Sachsen nicht verloren.66 Was stattfand, wurde weniger Gespräch zwischen Mutter, Vater und Sohn als vielmehr diplomatische Verhandlung. Moritz war als Schwiegersohn Landgraf Philipps mit zwei hessischen Räten nach Dresden geritten, die ihn berieten. Er wollte nicht nur nachträglich eine elterliche Zustimmung zu seiner Ehe, sondern auch den Wohnsitz als Verheirateter und den Unterhalt für sich und seine junge Frau klären. Außerdem stand auf der Dresdner Seite immer noch die Auszahlung des Erbanteils der Landgräfin Christine am Barvermögen Herzog Georgs des Bärtigen offen, die ja Katharina mit der Ausstattung der jungen Frau zu verrechnen hoffte. Damit wäre die Ehe anerkannt. Als beide Eltern dann aber, ohne nachzugeben, Wohnsitz und Unterhalt nur durch die Landstände regeln lassen wollten, reiste Moritz ab. Die Versöhnung mit den Eltern war ja notdürftig vollzogen. Georg von Karlowitz und der Hofmeister Graf Kaspar von Mansfeld suchten sich dann in Dresden für Moritz einzusetzen. Um ihm die nötige Autorität zu geben, hatte Moritz den Grafen Kaspar zu seinem Oberhofmeister ernannt.67 Bei seiner ersten Rückreise nach Marburg wusste sich Moritz als Ehemann in seiner ganz persönlichen Selbstständigkeit bestätigt. Der Vater hatte wohl schneller als die Mutter diese Ehe völlig anerkannt. Nach der Abreise war Heinrich in Dresden seinem Sohne nicht ungeneigt, wie Landgraf Philipp es sagte.68 Die Rückreise Moritz’ nach Dresden verzögerte sich dann aber durch eine Krankheit. Man schrieb Moritz, dass Heinrich täglich frage, wo sein Sohn bleibe. Heinrich war bereit, Wohnung und Unterhalt für das junge Paar angemessen zu ordnen.69 Katharina dagegen wollte Hans Löser und Graf Kaspar, die sein Ausbleiben bei den Eltern wegen Krankheit entschuldigen wollten, als von Moritz Beauftragte nicht vorlassen. Heinrich dagegen hatte es akzeptiert. Als Heinrich – wohl durch eine Grippe – krank und schwach lag, sah Katharina ihre Chance und erreichte von Heinrich ein Testament, das die beiden Söhne im Erbe des Besitzes gleichstellte und sich eventuell als Mitregierung des jüngeren Sohnes August interpretieren ließ.70 Würde nun die Mutter Moritz als Erbprinzen gemäß der albertinischen Ordnung Albrechts des Beherzten, der „Großväterlichen Ordnung“, beim Tode des Vaters auch die Eigenständigkeit des regierenden Fürsten zugestehen? Als Heinrich sich Ende Mai erholt hatte, wollte Katharina ihren Leibarzt Dr. Blasius Sattler zu Moritz schicken. Sattler werde Moritz mit Gottes Hilfe helfen, wenn er ihm nur gehorche. Sie gab dem ihr ungebärdigen Sohn wohl Schuld an seiner Krankheit. Meinte sie, Moritz verzögere seine Reise, um das neue Testament seines Vaters nicht unterschreiben zu müssen?71Aber erst Mitte Juli fühlte sich Moritz wieder völlig gesund.72 Die Ratgeber, die für Moritz in Dresden handelten, rieten ihm, er solle in Hessen bleiben, damit man keinen Einfluss auf ihn nehmen könne, besonders nachdem Heinrich am 5. Mai das Testament unterzeichnet hatte, das Herzog August zum gleichberechtigten Erben einsetzte. Man unterschätzte die Denk- und Verhandlungsfähigkeit des jungen Fürsten. Moritz ließ sich auch von Landgraf Philipp beraten. Anton von Schönberg, der wichtigste Ratgeber Katharinas und auch Heinrichs, versuchte für sich bei Moritz nach dessen zweitem Eintreffen in Dresden im Juni 1541 gut Wetter zu erreichen. Deshalb erwähnte Schönberg in seinen ausführlichen Darstellungen Herzogin Katharina nie. Er wollte als unabhängiger Rat dastehen und versuchte, die Bedeutung des neuen Testamentes zu beschönigen, das doch die von Albrecht dem Beherzten erlassene Ordnung für das Erbrecht des Erstgeborenen außer Kraft setzen sollte. Schönberg meinte, Moritz wäre zu überlisten. Durch Heinrich sollte es jedoch ab 5. August, kurz vor seinem Tode, anders geschehen. Er hatte am Ende seiner Tage auf eine Lösung ohne Katharina gedrängt. Er war sich Ende Juli 1541 über seine nur noch kurze Lebenszeit wohl im Klaren und wollte der Misswirtschaft unter Katharina ein Ende setzen, indem er Moritz zu seinem Vertreter in den laufenden Geschäften machte. Zuerst beauftragte er Ständevertreter, einen Vorschlag zu weiterem Handeln zu unterbreiten. Nach diesem Papier ließ Heinrich einen Text ausarbeiten, der einerseits die Ausführung der laufenden Geschäfte Moritz ab 5. August 1541 übertrug und nur alle grundlegend neuen Entscheidungen noch von Heinrich abhängig machte, denn es wäre die Bestellung an unserm Hofe so zu dieser Zeit etwas unrichtig.73 Heinrich und die Räte, die ihn zur Übergabe an Moritz bewegten, missbilligten die Verwaltung des Staates durch Katharina, den führenden Rat Anton von Schönberg und andere bestimmende Männer. Zugleich regelte diese Abmachung die Unterbringung und Ausstattung für Moritz und seine Gattin. Es wurde ihm gestattet, auch außerhalb Dresdens, etwa in Meißen, seine Hofhaltung einzurichten, wenn es in Dresden schwierig würde. Damit konnte sich Moritz notfalls der direkten Einwirkung seiner Mutter entziehen. Am 5. August wurde auch dieses Übereinkommen geschlossen. Es bestand aber noch das Testament, das eine Landesteilung im Besitz, wenn auch nicht für die Regierung, vorsah. Als Heinrich gestorben war (18. August 1541) und Moritz seine Frau aus Hessen heimholte, wollten dann die bisherigen Räte den Vertretern des Herzogs Moritz das Siegeln nur gestatten, wenn Herzog August mit ihnen siegelte. Sie versuchten damit das Modell einer Geschäftsführung im Staate durch Moritz unter der Aufsicht Katharinas durchzusetzen. August war mit gerade 15 Jahren noch nicht selbstständig geschäftsfähig. Dadurch wollte Katharina tätig sein. Sie wollte gewissermaßen eine Übergabe der Geschäfte unter ihrer Aufsicht erreichen. Herzog Albrechts Erbordnung des Erstgeborenen, die „väterliche“ und nunmehr „großväterliche“ Ordnung, die vom Kaiser ratifiziert war, sollte so unterlaufen werden.74 Landgraf Philipp kannte die Absicht Katharinas und Schönbergs, mit dem Testament Heinrichs die sächsische Erbordnung Herzog Albrechts ungültig zu machen. Er hatte seinen Schwiegersohn entsprechend aufgeklärt. Moritz ging deshalb vor dem Tod des Vaters besonders höflich und sachlich mit Schönberg um und hatte wohl auch dadurch seine Beauftragung mit den Regierungsgeschäften am 5. August erreicht. Seine Anhänger in Sachsen meinten im Juli sogar, nun werde Schönberg auch bei Moritz der oberste Rat werden.75 Am 6. August 1541 suchte Moritz sich noch von der Bindung an das von Katharina vorbereitete Testament Heinrichs freizumachen. Er protestierte im Georgentor zu Dresden – Herzog Georg war für Moritz das Vorbild einer rechtlich geordneten Staatsleitung – in rechtlich bindender Form mit einer notariellen Urkunde vor acht Zeugen aus den Landständen gegen das Testament und alle letzten Verfügungen Heinrichs, die der „väterlichen Ordnung“ Herzog Albrechts widersprechen...