E-Book, Deutsch, 274 Seiten
Herrmann Das Obstgut
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7568-6642-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Erben
E-Book, Deutsch, 274 Seiten
ISBN: 978-3-7568-6642-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Obstgut Die Erben Band 2 Seit dem Tod des Obstbauern sind mehr als fünfundzwanzig Jahre vergangen. Inzwischen haben die beiden Brüder ihre Söhne, die zukünftigen Erben in die Betriebe eingebunden. Als das Obstgut in dem kleinen Ort Bühlertal erneut finanzielle Probleme bekommt, hat Tobias das Gefühl, eine ähnlich schlimme Situation durchleben zu müssen wie damals, als seine Eltern und sein Bruder einen hohen persönlichen Preis bezahlen mussten. Das durfte sich unter keinen Umständen wiederholen. Doch dann ist es plötzlich vorbei mit dem Familienfrieden. Wut, Betrug, Diebstahl und Krankheit bestimmen den Alltag. Ob die Probleme gelöst und der erneut brüchige Familienfrieden wieder hergestellt werden können? Der zweite Teil einer spannenden Familiengeschichte, zwischen dem Bühlertal und dem Bodensee. Band 2 der Familiensaga Das Obstgut Die Erben Bisher ebenfalls erschienen Band 1 Das Obstgut Schwere Zeiten
Barbara Herrmann ist in Karlsruhe geboren und in Kraichtal-Oberöwisheim aufgewachsen. Ihre Liebe zu Büchern und zum Schreiben begleitete sie während ihres ganzen Berufslebens als Kauffrau. Nach ihrem Eintritt in den Ruhestand sind mehrere Bücher (Romane, Reiseberichte, humorvolles Mundart-Wörterbuch) von ihr erschienen. Heute lebt die Mutter zweier Söhne mit ihrer Familie in Berlin.
Autoren/Hrsg.
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Bühlertal
Paul saß seit Stunden am Schreibtisch. Er prüfte seine Unterlagen wieder und wieder und wurde nicht schlauer. Er musste mehr Durchblick gewinnen, sonst konnte er nicht vor Carmen, seine Buchhalterin, treten. Er war der verantwortliche Bauer. Ein studierter Bauer zwar, aber die Finanzen waren nur zum Teil sein Metier, nur da, wo es darum ging, die Preise abzusprechen, den Vertrieb zu gewährleisten. Lieber kümmerte er sich um die Bäume, damit sie gute Erträge brachten. Aber das Steuerliche und das Buchhalterische mit seinen Fallstricken, das war nicht sein Ding. Eigentlich war es, bis vor einiger Zeit, mithilfe von Carmen alles gutgegangen. Wieso hatten sie jetzt fast doppelt so viele Ausgaben für Pflanzen, Düngemittel, Baumpflege und den Gartenanbau? Die Ausgaben erhöhten sich schleichend. Wann das begann, war ihm gar nicht klar. Es erschreckt ihn aber, wie schnell und wie leise sich der Erfolg nach unten bewegt. Er musste dringend mit seiner Frau Emilie reden. Die war für die Gärten, die Blumen, den Rasen und das Gemüse zuständig. Am Abend saßen Paul und Emilie, nach getaner Arbeit, im Wohnzimmer bei einem Glas Wein. „Du siehst müde aus. Hast du so viel zu tun oder hast du Sorgen?“ Emilie strich ihm zärtlich über die Wange und lächelte ihn an. „Ja, ich habe Sorgen, und ich verstehe einiges nicht. Seit Tagen wälze ich die Bücher, weil unsere Geldbestände immer weniger werden, wir aber keine Einbrüche in der Produktion und im Verkauf haben. Der Verlust ist so auffällig, dass es sogar Oliver bemerkt hat.“ „Oh, oh“, sagte sie. „Natürlich hat er gleich angerufen und eine Erklärung haben wollen und ich habe ihn, mit meinem schlechten Gewissen, angegriffen. Der lässt es sicher nicht auf sich beruhen. Er informiert bestimmt seinen Vater und der steht dann schnell vor der Tür, denn Onkel Tobias hat schlechte Erfahrungen mit dem Obstgut hier in Bühlertal gemacht.“ „Das hört sich aber gar nicht gut an. Wieso? Was hat Tobias erlebt, dass er so sensibel reagiert?“ „Genau weiß ich das auch nicht. Papa hat mal angedeutet, dass der alte Bauer Gerhard das Gut an den Rand des Ruins gebracht hatte und Tobias das Gut rettete.“ Paul strich sich mit der Hand über das Gesicht und machte eine kleine Pause. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf. „Vater scheint auch sehr gelitten zu haben in dieser Zeit, aber die beiden Brüder reden nicht so richtig darüber. Irgendwie wurde der Mantel des Schweigens drüber gedeckt. Sicher ist, sie hängen alle sehr an diesem Gut und deshalb muss ich ganz schnell herausfinden, was hier los ist. „Da stimme ich dir zu. Was willst du tun? Kann ich dir dabei helfen?“ „Ich fahre zu Carmen, unserer Buchhalterin, aber erst, wenn ich mir eine bessere Übersicht verschafft habe, sofern ich das hinbekomme. Ich bin und bleibe ein Obstbauer und kein Buchhalter.“ Paul nahm einen Schluck aus seinem Glas, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er war so müde und doch wusste er, dass er nicht würde einschlafen können. „Weißt du, ich bin im Moment hin und her gerissen und überlege schon die ganze Zeit, ob ich meinen Vater informieren soll oder wenigstens meine Mutter. Er ist gerade auf einer kleinen Tournee und kann sich nicht ausführlich damit beschäftigen. Aber das Gut ist, wie schon gesagt, auch für ihn eine Herzensangelegenheit.“ „Du solltest dir das genau überlegen. Dein Vater ist Musiker und kann nicht eingreifen, schon gar nicht jetzt, wo er in verschiedenen Städten unterwegs ist. Von der Anstrengung für ihn will ich gar nicht reden und deine Mutter reist ja immer mit, die hat überhaupt keine Ahnung vom Obstbau.“ „Ja, du hast recht. Aber Oma Jutta könnte das vielleicht wissen wollen, oder nicht?“ „Deine Oma ist bald siebzig Jahre alt und wenn sie die Probleme um das Gut mit ihrem ersten Mann, dem Obstbauer Glotz miterlebt hat, dann würde ich sie jetzt nicht in Aufregung versetzen.“ Emilie umarmte ihn. „Du musst jetzt Schritt für Schritt vorgehen. Erst versuchst du, dahinter zu steigen, wo der Fehler gemacht wird. Dann kannst du zur Steuerberaterin gehen und anschließend mit Oliver und seinem Vater sprechen.“ Sie lächelte ihn an und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Paul lehnte sich an seine Frau und drückte ihren Arm. „Wenn ich dich nicht hätte, was würde ich da nur machen? Du bist so ausgeglichen und vernünftig, hast immer die Übersicht und einen guten Rat.“ „Du Schmeichler.“ Paul strich ihr über die Wange und lehnte seinen Kopf in ihre Armbeuge. „Sag, hast du den Gemüseanbau erweitert, mehr Pflanzen gebraucht, mehr oder auch neue Werkzeuge gekauft? “ Sie zögerte einen Moment und ging in Gedanken kurz die Planungen durch. „Nein, Paul. Auch bei mir im Haus und drum herum ist alles wie gewohnt. Niemand hat was anders gemacht. Aber ich kann gerne den Bestand noch einmal durchgehen.“ „Das habe ich mir fast gedacht.“ Er betrachtete sie zärtlich. Sie war eine kleine zierliche Person, mit einem akkurat geschnittenen, kinnlangen, braunen Bob. Ihr Gesicht hatte feine Züge mit einem wohlgeformten Mund, die Augen waren fast schwarz und strahlend. Sie passten sehr gut zusammen, dachte er. Er hatte die blonden Haare seines Vaters und diese zu einem leicht zu pflegenden Kurzhaarschnitt schneiden lassen. Er war nicht ganz so schlank wie seine Frau, eher etwas muskulös, was aber auch der schweren Landarbeit geschuldet war. Wer viel und schwer arbeitet, muss auch gut essen, dachte er. Emilie schmerzte es, ihren Mann so zu sehen. Das war sie nicht gewohnt. „Mach dir nicht so viele Sorgen, wir finden das heraus. Was mich eher ärgert, ist, dass du der Einzige hier bist, der so hart arbeitet, während dein lieber Bruder Marvin einer brotlosen Kunst nachgeht.“ „Ach, Emilie, darüber möchte ich gar nicht nachdenken. Der liegt uns auch ständig auf der Tasche und kommt mit seinem Leben nicht zurecht. Ich habe ihn in letzter Zeit immer von unserem privaten Geld unterstützt, was eigentlich nur seinen Leichtsinn fördert.“ „Was hast du? Das musst du sofort einstellen! Er lernt es sonst nie, sein Leben zu finanzieren.“ „Du hast ja recht. Ich schäme mich auch, dass ich unser sauer verdientes Geld nehme, wo du doch so viel arbeitest.“ „Alles gut, aber stelle dein Helfersyndrom jetzt bitte ein. Es kann nicht sein, dass eine Hälfte der Familie für den Wohlstand arbeitet und die andere Hälfte sich nicht darum schert.“ Er nickte. „Ich werde morgen mit Marvin reden.“ Paul stand gegen vier Uhr auf. Er hatte eine fast schlaflose Nacht hinter sich und fühlte sich, als hätte er einen ganzen Acker mit dem Spaten bearbeitet, so sehr beschäftigten ihn die Probleme, die er lösen musste. Er wohnte als Verwalter mit Emilie im ersten Stock des Haupthauses, sein Bruder Marvin bewohnte die erste Etage des linken Seitenflügels seiner Eltern Klaus und Olivia, die das Erdgeschoss für sich hatten. Für Onkel Tobias war der erste Stock des Seitenflügels von Oma Jutta reserviert, weil er mit Tante Esther zwischen Konstanz und dem Bodensee pendelte. Oliver und Eva mit ihrer Familie kamen sehr unregelmäßig ins Tal, sodass es gut war, dass sie das Dachgeschoss des Haupthauses ganz für sich hatten. Unten, im Erdgeschoss des Haupthauses, wohnte, seit der damaligen Übernahme des Obstgutes durch Tobias und Klaus, die Familie von Esther, wobei heute nur noch ihre Eltern auf dem Gut wohnten. So hatte jeder seinen abgeschlossenen Bereich und doch waren sie alle gemeinsam unter einem Dach. Esthers Vater, Lutz, wurde seinerzeit von Tobias als Vorarbeiter eingesetzt. Heute war er schon in Rente, arbeitete aber immer noch ein paar Stunden in der Brennerei und überall sonst auf dem Gut. Seine Frau Annegret pflegte wie eh und je den zum Haus gehörenden kleinen Garten. Außerdem kümmerte sie sich seit Jahrzehnten um Oma Jutta und deren Wohnung. Esthers Geschwister waren, im Laufe des Erwachsenwerdens, alle ausgezogen und hatten eigene Familien. Zwei davon blieben aber im Tal wohnen, und arbeiteten im Betrieb mit, sodass auch hier die Familie zahlreich integriert war. Eigentlich eine gut durchdachte und angenehme Situation für die ganze Familie. Paul griff zum Telefon. Als Marvin sich mit schläfriger Stimme meldete, blickte er rasch zur Uhr. „Bist du etwa noch im Bett?“ „Was willst du denn zur nachtschlafenden Zeit?“ „Du bist ja gut. Es ist fast zehn Uhr und du sprichst von der Nacht.“ Paul sah buchstäblich Marvin die Augen verdrehen, als dieser lauthals gähnte und dann brummte: „Was willst du?“ „Gute Frage. Von dir kann man nicht viel wollen. Um elf Uhr würde ich dich gerne im Büro sprechen.“ „Oh, warum so offiziell?“ „Wir müssen offiziell werden,...