Hell Nothelfer
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-85420-885-3
Verlag: Literaturverlag Droschl
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 128 Seiten
ISBN: 978-3-85420-885-3
Verlag: Literaturverlag Droschl
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der vorliegende (Pseudo-)Essay schlingert sowohl durch die meist zweifelhafte Geschichte und überdeutliche Passionserfahrung der bereits konzipierten heiligen Vorläuferinnen und Intercessores (Dazwischentreter): von den 3 hl. Madeln Katharina, Barbara und Margaretha über die anderen stillen oder auftrumpfenden Blutzeugen (nur einer der 14 Sécurablen ist eines natürlichen Todes gestorben, nämlich der athenisch-südfranzösische Hirschkuh-Ägidius, wie er uns in Igls oder St. Gilgen ziemlich verdeckt entgegentritt). Daß man in einem heutigen Hilfsgeisterparcours nicht bei Achazi, Aegidi, Babsi, Blasi, Christopherl, Cyriak, Denis, Erasmus, Eustachius, Gretl, Jörg, Kathl, Pantaleon und Veit samt ihren Ersatzmännern und -frauen (Dorli, Ossi, Wolfi etc.) stehenbleiben kann, versteht sich von selbst, denn auch Wiborada, Johann Sebastian, Bruder Klaus, die Max-Ernst’sche Ziegelstein-Cäcilia, der Sternschnuppen-Laurentius und Flauberts Fackentoni samt seinen von den sexualisierten Kunstmalern so geliebten Versuchungen sollten nicht fehlen und mit ihren je spezifischen Nothelferaspekten durchgekaut werden.Ob sich ein Seelenanalytiker eine klare Zuordnung dieser therapeutischen Gestalten zu den vielfältigen Krankheitsbildern von Soma, Amor und Psyche schafft, bleibt zu bezweifeln. Alle beglaubigten und privaten Nothelfer/innen haben das Zeug zum Helfen, und eine erkleckliche und halbwegs ausreichende Zahl dieser helpers in need wird in Bodo Hells neuem Bändchen nicht nur literarisch vorgeführt.
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die hl. 3 Madl
treten nicht immer in ihrer vollen Dreizahl (und als quattuor virgines capitales kaum in ihrer Vierzahl) in Erscheinung, auch wenn man sie ›die Unzertrennlichen‹ nennt, sie sind aber auf den KirchenBildern und in den SchnitzAltären meist zweifelsfrei an ihren gekrönten Häuptern und deutlich sichtbaren Attributen zu erkennen (Turm, Kelch und Hostie, Rad sowie Buch und Schwert, oder am vielgestaltigen Drachen, den Margareta mit dem Stabkreuz tötet, den sie an der Leine führt, dessen geborstenem Leib sie entsteigt), jene speziellen drei Blutzeuginnen des christlichen Glaubens, oft auch als Assistenzfiguren der Gottesmutter eingesetzt, sollen nach einer bestimmten Auffassung in der Verehrung ziemlich spät, nämlich erst im 14. Jh., aus dem Gefolge der hl. Ursula herausgelöst und in den Alpenraum transferiert worden sein (wo man sie sich mit dem gereimten Merkspruch: Barbara mit dem Turm, Margareta mit dem Wurm, Katharina mit dem Radl, das sind die hl. drei Madl gut einprägen konnte, als Repräsentantinnen des Nährstands, Wehrstands und Lehrstands), ursprünglich war auch noch Dorothea (mit dem Blumenkorb) als 4. hl. Madl dabeigewesen die Kölner Gruppe spätrömischer Märtyrerinnen hat sich durch ständiges Freilegen weiterer Bestattungsstätten auf dem Kirchenareal vor der römischen Colonia Agrippinensis sprunghaft (und wie man inzwischen annehmen darf: fehlgelesen) von 11 auf 11-Tausend erweitert, zugleich stieg auch der spätantike Memorialbau im Norden vor den Toren der Stadt zum Hauptort des Märtyrer- und Reliquienkults auf, wobei sich die Namen und Profil gewinnenden Einzelpersonen dann im Laufe der einsetzenden und weitergesponnenen Legendenbildung befestigen konnten, es etablierte sich ja selbst jene Ursula genannte britannische Königstochter (aus der Bretagne?) erst allmählich (mit einer passio aus dem 10. Jh.) als Patronatsheilige der Kirche und Stadt (mit Krone, Palmzweig und Pfeil), und sie führt (auch als zweite Schutzmantelmadonna) ihre duldende weibliche Heerschar auf unzähligen Bildern und Bilderzyklen an (eigenhändig vom abgewiesenen Hunnenkönig Attila auf der Rückreise von Rom in Köln durch Pfeilschuß getötet) das Ausgraben und Bergen weiterer Reliquien setzte sich im Mittelalter an Ort und Stelle fort, Kirche und GräberAreal wurden jetzt in die Stadt mit einbezogen, schließlich sah man sich in der Renaissance genötigt, die kleine Schatzkammer zur noch heute in Staunen versetzenden und nur beschränkt zugänglichen Goldenen Kammer zu vergrößern, deren Wandregale mit den bedeutendsten Reliquienbüsten gefüllt sind, welche einst als Heiltümer den Pilgerstrom und die damit verbundenen Einnahmen hierher zu lenken imstande waren, aus der Herstellung solcher knochengefüllter Büsten mit oder ohne Durchgriffslöcher(n) und Schädelkalottendeckel(n) hat sich in den Vorstädten Kölns eine blühende Industrie entwickelt (einige der schönsten vor allem weiblichen und versonnen lächelnden Reliquienbüsten sind auch in der Kirche St. Ursula selbst aufgestellt sowie im Museum Schnütgen in Sichthöhe präsentiert), und wenn man die elegantesten dieser jetzt restaurierten zumal Damenbüsten für sich auswählen möchte und sie als späte Personifikationen der hl. drei Madl ansprechen will, wäre das vielleicht sogar im Zusammenhang mit der grundlegenden Arbeit von Frau Prof. Dr. Urbanek zum Thema Reliquienbüsten möglich, und die Tatsache, daß die hl. 3 Madl dieselben Initialen wie die hl. 3 Könige (siehe Schrein im Kölner Dom) tragen und schließlich als einzige Frauengestalten die Nothelferschar bereichern, hebt sie nicht minder hervor, in einer speziellen Südtiroler Variante werden die hl. 3 Jungfrauen (von Meransen) unter den Namen Aubet, Cubet und Quere verehrt (Arunda Nr. 6, 1978) Barbara, die ›Wilde‹, Barbarin (4. Dez), Barbarazweige sollten unter Schweigen am Vorabend geschnitten werden, christliches Orakel, Schildchen daran gehängt für jedes Familienmitglied, mit Hostienkelch oder Turm, für eine gute Sterbestunde, für die Armen Seelen, für Bergleute, vor allem für Mineure, für die Architekten und für die Artillerie (wobei der jüngste Artillerieoffizier der Einheit am Patroziniumstag in die Rolle der Barbara schlüpfen durfte), Thesaurus Montium der verborgene Berg-Schatz / wird durch Verdienst und Fürbitt der hl. Barbarae gefunden und erhebt, wie es 1737 in einer Predigt Karlmann Vierholzens, des sogenannten Abraham a Sancta Clara von Admont (für dessen Kupferbergwerk zu Kählwang im Paltental) heißt eine kleinere Barbara-Reliquie wird im Eibinger Reliquienschatz verwahrt, den Hildegard von Bingen zusammengetragen hat (bei der Frage, ob das Überbleibsel den Weg von Disibodenberg über Bingen und den Rhein nach Eibingen genommen hat und woher so ein einzelnes Heiltum stammt respektive von wem es erworben wurde, bleibt das Thema der RealknochenEchtheit vorerst einmal ausgeblendet), ob Barbara vom Vater Dioscuros zur Abschirmung oder aus Eifersucht in einen eigens gebauten Turm gesperrt wurde, auch diese Frage muß offen bleiben, geschlossen bis auf zwei Fenster war das Gebäude allemal, Barbara ließ ein drittes Fenster zur Komplettierung der Dreifaltigkeit ausbrechen, und nachdem sie vor dem mörderischen Erzeuger in eine sich öffnende Felsspalte fliehen konnte, wurde sie von einem Hirten verraten, der daraufhin selbst in einen Stein und dessen Herde in Heuschrecken verwandelt wurde(n), Haut zerfetzen, mit Keulen schlagen, Brüste abschneiden, mit Fackeln foltern, vom eigenen Vater enthauptet werden Katharina von Alexandrien (25.11.), herausragende Nothelferin bei Leiden der Zunge und Sprachschwierigkeiten, mit EnthauptungsSchwert, Buch und Rad, geht vielleicht auf die Umdeutung einer Feuerradtänzerin oder auf die historische Hypatia von Alexandrien (370-415, Philosophin, ermordet) zurück, K. lehnt den Sohn des Kaisers Maxentius ab, verteidigt Christentum beredt im Disput mit 50 Gelehrten, diese konvertieren daraufhin und sterben mit, ist im Wappen der Universität Paris zu finden, aus der Köpfungswunde fließt Milch statt Blut, Engel bringen ihren Leichnam zum Sinai, Justinian läßt dort Kloster bauen (es ist auch der Verwahrungsort der frühesten vollständig erhaltenen griechischen Abschrift des Alten Testaments im Codex Sinaiticus), Darstellung ihrer mystischen Vermählung mit dem Jesuskind samt einseitiger Ringübergabe, wobei jene nicht minder wortgewaltige andere Katharina, die von Siena (in ihren Briefen hat sie den Papst in Avignon beim Blut Christi beschworen, doch nach Rom zurückzukehren) ihrerseits die Vorhaut Jesu als EheRing getragen haben soll, wie St. Kathrein, wird’s Neujahr sein, der kleine Voralpenort Gschwandt bei Gmunden mit seinem verwunschenen Salzkammergut-Flughafen und der spätgotischen Pfarrkirche zur hl. Katharina trägt sogar das zerbrochene Rad der zypriotischen Königstochter im Gemeindewappen Margareta, mit Kreuz und Drachen (20. Juli), als weibliches Gegenstück zum hl. Georg, hilft den Gebärenden, zum selben Termin wie Wilgefortis oder die hl. Kümmernis (diese als Patronin abgekommen), Salus-Auslaufbrunnen im 5. Wiener Gemeindebezirk: am Margarethenplatz in Margarethen, der vielfältig skulpturenbesetze ›Kogel‹ (als hoffentlich bleibendes Werk Karl Prantls und seiner heillos zerstrittenen Steinbildhauersymposiums-Mitstreiter aus der Zeit der Umgestaltung des Wiener Stephansplatzes zur Fußgängerzone in den 70er-Jahren) liegt seinerseits nahe dem burgenländischen Weinort St. Margarethen, bei Raffael im Wiener Kunsthistorischen Museum steht Margaretha im blauen Hosenanzug mit schwellenden Körperformen in einer düsteren Lößnische, die rote Stola über die Kreuzhand geworfen, mitten in den Windungen des um sie geschlungenen blaßgrünen Untiers, nahezu zärtlich auf dessen klaffenden Rachen hinunterschauend, in einem Pariser Stundenbuch entsteigt sie im blauen Mantel dem blutigen Rücken des Drachens, während vorne aus dessen Maul noch ihr gleichfarbener Rocksaum herausschaut (den sie wohl bald nachziehen wird), in einem ca. DIN A4-Blatt großen Hortus-conclusus-Kästchen aus Mecheln (16. und 18 Jh.) sind kleine Schmuckblumen und Reliquienstücke um Margaretas stehende Heiligenfigur dekorativ verteilt (KOLUMBA Köln), im steirischen Mandlkalender erscheint sie rot hinter einem vor ihr auf dem Tisch positionierten blauen Drachen, als Hochsommerheilige ist sie auch fürs Wetter zuständig, Margueritensträuße lassen sich aber bereits im Mai pflücken und gehören etwa zur Kindheitserinnerung an die Fronleichnamsprozessionen, bei denen die verwehten und einander überholenden Gesänge der am Umzug Beteiligten von den Wiesenwegen und über die Felder her tönten, Margareten-Regen wird erst nach Monatsfrist sich legen das rätoromanische Canzun de sontga Margriata (Christian Caminada, Die verzauberten Täler, Disentis 1986) singt von einer Margarethe, die 7 Sommer ohne Entdeckung auf der Alm als Mann gelebt hat, bis der Hirt sieht, daß sie Frau ist, das muß der Senne wissen, meint der dritte Mann der Alp, und wieder: das muß der Senne wissen, schade: nach mehreren ausgeschlagenen Gegenleistungsangeboten für sein Schweigen gibt es für die heilbringende MannFrau dann nur mehr den Abgang für immer und somit die Verdorrung und Vergandung der vordem so kräuterreichen Fluren o hl. Frau Kümmernis wie schön gewandet stehst du da
samt deinen güldnen Schuhen,
die Hände flach ans Holz gespießt
hast keine Zeit zum Ruhen dem Geiger halfst du mit dem Schuh
der wollte ihn verscherbeln
des...