E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Heistinger / NOAH Handbuch Bio-Balkongarten
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7066-2707-8
Verlag: Löwenzahn Verlag in der Studienverlag Ges.m.b.H.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gemüse, Obst und Kräuter auf kleiner Fläche ernten
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
ISBN: 978-3-7066-2707-8
Verlag: Löwenzahn Verlag in der Studienverlag Ges.m.b.H.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Andrea Heistinger, Agrarwissenschafterin, Gärtnerin und Autorin in Schiltern bei Langenlois, veröffentlichte bei Löwenzahn u.a. die Bestseller 'Handbuch Bio-Gemüse' (2010) und 'Der wilde Gärtner' (2011). www.kulturpflanzenkonzepte.at Arche Noah setzt sich seit über 20 Jahren für den Erhalt alter Kulturpflanzen und ihre Weiterentwicklung ein. Der Schaugarten in Schiltern bei Langenlois zeigt jährlich hunderte Sortenraritäten. www.arche-noah.at
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Über das Gießen – Wasser im Balkongarten
Das Versorgen der Balkonpflanzen mit Wasser kann im Hochsommer rasch in Stress ausarten, sowohl für die Gärtnerin oder den Gärtner als auch für die Pflanze. Vor allem dann, wenn händisch gegossen werden muss, die Sonne scheint und der Tag auch noch windig ist. Dann brauchen Gemüse sehr viel Wasser. Je mehr Blattmasse die Pflanze bereits gebildet hat, umso mehr Wasser verdunsten die Blätter. Ist das Gefäß groß, kann die Pflanze über Nacht wieder viel Wasser aus dem Substrat aufnehmen. Besonders in kleinen Gefäßen kann allerdings rasch ein Wassermangel entstehen. Dazu kommt: Gemüse zählt zu den durstigsten Gewächsen überhaupt, umso mehr, wenn es auch noch am heißen Balkon wächst. Unsere Gemüse bilden in relativ kurzer Zeit eine große Blatt-, Wurzel- oder Fruchtmasse, die wir zart – und nicht zäh oder bitter – ernten wollen. Von allen Gemüsen brauchen Paprika, Gurken und Auberginen am meisten Wasser. Vor allem in der Zeit des Fruchtansatzes ist eine gute Wasserversorgung wichtig. Paprika- und Chilipflanzen sind gegen richtige Bodentrockenheit sehr empfindlich. Auch lieben sie eine hohe Luftfeuchtigkeit und sind dankbar für eine warme Dusche aus dem Schlauch. Auberginen und Gurken setzen in Reaktion auf Trockenheit weniger Früchte an, und im Extremfall werden diese auch noch bitter. Salat oder Fenchel gehen bei Trockenheitsstress gleich in Blüte und verzichten auf die Kopf- und Knollenbildung. Wer beim Gemüse im Topf einfach nur weniger gießt, wird mit den Gewächsen keine richtige Freude haben, geschweige denn einen Ertrag. Daher beschreibt dieses Kapitel auch Methoden des wassersparenden Gärtnerns in Gefäßen.
Zur Versorgung der Pflanzen mit Wasser kann man fast genauso viel sagen wie über das Düngen. In den Kapiteln zu den einzelnen Kulturpflanzen ist daher diesem Thema auch jeweils ein eigener Absatz gewidmet. An dieser Stelle das Wichtigste: Das beste Gießwasser ist Regenwasser, es ist weiches Wasser, welches Pflanzen in der freien Natur versorgt. Es lässt sich auch am Dach, oft auf Balkonen und in Hinterhöfen direkt von der Regenrinne in aufgestellten Regentonnen sammeln. Die Pflanzen freuen sich, wenn sie nicht mit eiskaltem Wasser gegossen werden, sondern dieses bereits luftwarm ist, und wachsen zügig weiter. Besonders gilt das für kälteempfindliche Pflanzen wie Paprika oder Chili und für alle Pflanzen in der Jungpflanzenanzucht. Am einfachsten ist es, wenn man nach dem Gießen die Gießkannen gleich wieder auffüllt. So kann sich das eiskalte Leitungswasser aufwärmen, auch kann sich bei stark kalkhaltigem Wasser der Kalk absetzen, und Erde und Töpfe bekommen nicht so starke Kalkränder.
Nach dem Auspflanzen müssen Jungpflanzen kräftig eingegossen werden, damit sie rasch Feinwurzeln bilden können. Gesetzte Pflanzen so lange und gut mit Wasser versorgen, bis sie erstmals kräftig gewachsen sind – ein sicheres Zeichen dafür, dass sie nun gut eingewurzelt sind. Dann zurückhaltender gießen; damit sind die Pflanzen angeregt, ein kräftiges Wurzelsystem auszubilden, um sich, so gut es im Topf geht, selbst mit Wasser zu versorgen. Aus diesem Grund gilt für alle Pflanzen: besser weniger und dafür ausgiebiger gießen. Im Garten reicht es zweimal die Woche. Für Topfpflanzen gilt das leider nicht. An heißen Sommertagen kann es bei stark wachsenden Pflanzen gerade auf Balkonen und Terrassen sogar nötig sein, zweimal täglich zu gießen.
Alle Pflanzen geben durch die Epidermiszellen Wasser ab, hauptsächlich durch Spaltöffnungen, die an der Blattunterseite sitzen. Diese Transpiration funktioniert also rein physikalisch, und die Pflanze kann sie zwar beschränken, aber nicht ganz unterbinden. Wenn sie das durch die Transpiration abgegebene Wasser nicht ersetzen kann, welkt eine Pflanze. Wie viel Wasser die Pflanze tatsächlich braucht, ist letztlich von der Luftfeuchtigkeit, der Temperatur und dem Wind abhängig. Für Balkone und Terrassen heißt das, dass der Wasserbedarf der Pflanzen stark von der Exposition abhängig ist. Pflanzen, die auf nach Süden ausgerichteten Balkonen wachsen, brauchen bedeutend mehr Wasser als ihre Kollegen am Ostbalkon, dafür wachsen sie auch üppiger.
Je höher die Temperaturen steigen, je trockener die Luft ist und je stärker der Wind geht, umso mehr Wasser geben die Pflanzen ab. An heißen, windigen Sommertagen erreicht die Transpiration einen Höhepunkt – ähnlich wie bei uns Menschen, die wir dann vom größten Durst geplagt werden. Durch eine einzige Maispflanze fließen im Laufe ihres Pflanzenlebens 100 bis 180 Liter Wasser (!). Einen positiven Effekt hat dies für die Pflanze auch noch: durch die Wasserverdunstung kühlt sie sich selbst. Doch das kann sie nur, wenn sie auch genügend Wasser abgeben, also aus dem Substrat aufnehmen kann. Und: Eine wassergesättigte Pflanze kann eine kurzfristig unterbrochene Wassernachlieferung besser überstehen als eine bereits welke Pflanze. Daher sollte man vor kurzen Gieß-Abwesenheiten die Pflanzen nochmals besonders gut wässern oder eine automatische Bewässerung installieren; (? siehe Kasten).
Für mehrjährige, winterharte Kräuter relevant: Über Winter besteht die Gefahr, dass Balkonpflanzen vertrocknen (gerade auch an windexponierten Balkonen), d.h. man sollte das Substrat auch immer noch regelmäßig auf Feuchtigkeit hin kontrollieren – vor allem bis in die frostfreie Zeit hinein und ab der frostfreien Zeit im Frühjahr. Aber wenig und vorsichtig gießen. Wenn das Substrat zu feucht ist und der Frost kommt, können mehrjährige Topfpflanzen (Kräuter) geschädigt werden. Abdecken mit Mulch oder Reisig ist auch über den Winter gut. Ebenso wichtig ist es, die Pflanzerde den Herbst und Winter zu „pflegen“, gerade auch bei den großen Hochbeeten/Gefäßen: Diese nicht ganz austrocknen lassen, da sonst das Bodenleben abstirbt. Mit Mulchmaterial kann man den Hochbeeten/Gefäßen dann auch einen Wintermantel anziehen.
Wasser sparen |
Damit man nicht zum Sklaven seiner Topfpflanzen wird, gibt es mehrere erprobte Möglichkeiten, die den Gießaufwand reduzieren: 1) Je größer, umso besser 2) Mulchen ist immer gut 3) Erdoberfläche lockern 4) Wasserspeicher ins Substrat einarbeiten 5) Pflanzgefäße mit Wasserreservoir 6) Automatische Bewässerung 7) Pflanzgefäße, die kein Wasser verdunsten |