Heinecke | Schneesturz - Der Fall des Königenhofs | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 242 Seiten

Reihe: Historische Romane im GMEINER-Verlag

Heinecke Schneesturz - Der Fall des Königenhofs

Historischer Roman aus dem Schwarzwald
2024
ISBN: 978-3-8392-6790-5
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Historischer Roman aus dem Schwarzwald

E-Book, Deutsch, 242 Seiten

Reihe: Historische Romane im GMEINER-Verlag

ISBN: 978-3-8392-6790-5
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Sechs Männer sitzen an einem Winterabend im Jahr 1844 in der Stube beisammen und spielen Karten. Die Frauen und Kinder sind schon zu Bett gegangen. Draußen stürmt es. Tauwetter. Gegen 23 Uhr vernimmt die Nachbarin ein »Schausen«, doch denkt sie sich nicht viel dabei. Als sie am nächsten Morgen sieht, dass ihre Söhne vom Kartenspielen nicht zurückgekehrt sind, macht sie eine grausige Entdeckung: Der Königenhof ist verschwunden, von einer Lawine verschüttet. Wo sind seine Bewohner? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt ...

Julia Heinecke wurde in Berlin geboren, wuchs im nördlichen Schleswig-Holstein auf und ist seit über einem Vierteljahrhundert in Südbaden zu Hause. Sie absolvierte eine Übersetzer-/Dolmetscherausbildung und studierte anschließend Kulturwissenschaften. Heute lebt und arbeitet Julia Heinecke als freiberufliche Übersetzerin, Lektorin, Texterin und Autorin in Freiburg. In mehreren Publikationen hat sie sich sowohl auf Sachebene als auch in Romanform mit der Kulturgeschichte des Schwarzwaldes auseinandergesetzt.
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1833 – 1834


340 Juchert Feld und Wald. Ein über hundert Jahre altes, großes Schwarzwälder Bauernhaus mitsamt allen Fahrnissen. Daneben Speicher und Kapelle unter einem Dach. Mühle und Backhaus unter einem Dach. So stand es im Kaufvertrag. Der Königenhof war der neue Besitz von Martin Tritschler, bis jetzt Gregorihofbauer in Urach. Mit diesem Hof, so war er sich sicher, hatte er einen guten Fang gemacht. 8.200 Gulden hatte er dafür bezahlt.

Der neue Hof lag knappe drei Stunden zu Fuß von Urach entfernt. Die Familie Tritschler, ihr Knecht und die Magd hatten sich schon früh auf den Weg gemacht, um noch vor Mittag an ihrem neuen Domizil anzukommen. Das letzte Stück ging es steil hinab ins Wagnerstal. Nach dem Kajetanshof ging es wieder leicht nach oben, und an der letzten Kehre sah man bereits das riesige Bauernhaus am Ende des engen Tales stehen. Links davon schmiegte sich das kleine Nachbarhaus, das Königenhäusle, an den Hang. Mitten durch das Tal murmelte ein Bach, an dessen Ufer die dem Hof zugehörige Mühle und die Kapelle lagen. An allen Seiten ragten steile Hänge auf, sodass der Königenhof, zumal auf der Winterseite erbaut, auch jetzt, da die Sonne ihren höchsten Punkt bald erreichte, im Schatten lag.

»Schau, unser Land … und unser Hof.«

Martin Tritschler hielt den vollbeladenen Pferdewagen an und blickte stolz seine Frau Walburga an, die neben ihm auf dem Kutschbock saß. In ihren Armen hielt sie Mathäus, ihren jüngsten, einjährigen Sohn, das zehnte Kind insgesamt. Zwischen den Eheleuten saßen der dreijährige Fidel und die zweijährige Magdalena. Der Knecht lenkte ein weiteres Gefährt, das von zwei Ochsen gezogen wurde. Die größeren Kinder liefen mit der Magd sowie den Kühen und Ziegen hinter den Wagen her und passten auf, dass kein Tier sich davonstahl.

Walburga sah sich interessiert um. Erst vor ein paar Wochen war ihr Mann mitten in der Heuernte verschwunden, und als er am Abend wiederkam, hatte er verkündet, dass die Familie ins Wagnerstal umziehen würde. Walburga war von der Vorstellung nicht sehr begeistert gewesen, aber Martin hatte ihr den neuen Hof in den schönsten Farben ausgemalt.

»Er wird recht für dich sein«, sagte er. »Der Hof ist groß, viel größer als hier, die Küche ist enorm, es gibt ausreichend Kammern für unsere Kinder und die Völcher. Wir werden mehr als doppelt so viel Land haben wie zuvor.«

Viel Landwirtschaft würde sich im hochgelegenen, schattigen Wagnerstal zwar nicht treiben lassen. Ein paar Kartoffeln, etwas Hafer und Roggen, mehr war nicht möglich. Der Reichtum dieses Hofes, war sich Martin sicher, lag hinter dem Hof an den steilen Hängen: Wald. Die Holländer waren ganz verrückt nach Holz aus dem Schwarzwald, das über den Rhein, zu riesigen Flößen aneinandergebunden, den Weg in den Norden nahm. Und dieses Geschäft würde sich der neue Königenbauer nicht entgehen lassen.

Beim Anblick des Königenhofs sah Walburga nun, dass ihr Mann recht gehabt hatte. Der Hof wirkte stattlich, viel größer als der alte in Urach, sein riesiges Dach spannte sich weit hinunter bis fast auf den Boden und wirkte beschützend. Alles Land drum herum sollte ihres sein. Es war beeindruckend.

Sie passierten erst die Mühle mit dem angegliederten Backhaus, dann die Kapelle mit dem Speicher und schließlich das Königenhäusle. Vor dessen Tür stand eine Frau mit ihren zwei barfüßigen Söhnen und hob freundlich die Hand zum Gruß. Martin und Walburga nickten ihr zu, die Kinder winkten.

Vor dem Königenhof brachte Martin seine beiden Pferde zum Stehen und sprang vom Wagen. Walburga reichte der Magd Gertrudis und ihren ältesten Töchtern Elisabeth und Bibiane die kleinen Kinder und stieg selbst hinab. Alle schauten sich um. Bibiane, der Wildfang unter den Geschwistern, rannte schon davon, die kleine Magdalena huckepack, die vor Freude laut juchzte.

Der Stall lag im vorderen Teil des Hauses mit Blick ins Tal und würde schlechtes Wetter abhalten, während sich der Wohnteil hinten an den steilen Berg schmiegte. Eine Fensterreihe links des Hauseingangs, knapp unterhalb der Dachkante, deutete an, wo sich die Stube befand. Im Winter, dachte Walburga, würde es sehr dunkel sein. Rechterhand, neben dem Stalleingang, stand geschützt der Brunnenstock mit dem aufgesetzten Milchhäusle, das zum Kühlen von Milch und Butter diente.

Martin wartete vor der Eingangstür zum Wohnteil, bis Walburga, wieder mit Mathäus auf dem Arm, zu ihm kam. Der neue Königenbauer steckte den mächtigen Schlüssel ins Schloss, drehte ihn und stieß die Haustür auf. Quietschend gab sie den Weg ins Innere frei, und Martin ließ seine Frau eintreten.

»Willkommen im Königenhof.«

Die geöffnete Tür ließ ein wenig Licht in den schummrigen Hausgang. Sein Boden war mit Stein ausgelegt. Rechterhand ging es durch eine Verbindungstür in den Stall, während sich linkerhand die Stube befand, die vollständig möbliert war. Über die gesamte Fensterseite sowie an der Querseite und entlang der Wand links neben der Tür verlief eine Sitzbank, davor stand ein sehr langer, massiver Tisch, der Platz für die gesamte Großfamilie Tritschler bot. Eine weitere einfache Sitzbank auf der der Stube zugewandten Seite des Tisches sowie mehrere Stühle komplettierten die Einrichtung. Ein grüner Kachelofen rechts neben der Tür sorgte für Wärme in der kalten Jahreszeit. Walburga fiel außerdem der reich geschmückte Herrgottswinkel ins Auge.

Gleich hinter der Stube folgte die Küche. Es war eine über zwei Geschosse gehende Rauchküche ohne Kamin, wie sie im Schwarzwald üblich war, von oben bis unten schwarz von Ruß. Sie war sehr groß, Walburga erschrak dennoch, denn sie hatte keine Fenster. Nur von oben fiel hier und da ein wenig Licht durch die Ritzen der Bretterwände. Walburga blickte hoch und erahnte das verrußte Gewölm, in dem sich der Rauch fing. Mehrere Holzstangen waren dort angebracht, um Schinken und Würste zur Haltbarmachung aufzuhängen. Ein einzelnes Stück Speck vom Vorbesitzer baumelte noch herab und wurde von zahllosen Fliegen umschwirrt. Nachdem sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte Walburga, dass es an jeder Seite der großzügigen Küche einen Herd gab, einen für sie, die Hofbäuerin, und einen für die Altvorderen, die ältere Generation, wenn sie denn mit auf dem Hof lebte. Eigener Herd ist Goldes wert, dachte Walburga. Man konnte ja nie wissen, ob die Eltern hier nicht eines Tages einzögen.

Sie kehrte zurück in den Hausgang, nun gefolgt von mehreren Kindern unter der Führung von Bibiane, die immer den Ton angab. Auf der anderen Seite der Küche gab es ein Stüble, einen kleinen Wohnraum für die Altvorderen. Sie würden sehen, wie sie diesen Raum nutzen konnten. Neben dem Stüble gab es eine weitere Haustür, die zur anderen Seite ins Freie führte.

Walburga und ihre Kinder stiegen nun die Holztreppe ins erste Obergeschoss hinauf. Direkt über der Stube lag die Schlafkammer der Bauern, hier würden Walburga und Martin ihre eigenen Möbel, die sie zur Hochzeit geschenkt bekommen hatten, aufstellen, wenngleich die vorhandenen auf Walburga keinen schlechten Eindruck machten. Über dem Stüble wiederum lag eine ebenfalls eingerichtete Schlafkammer für die Altvorderen. Gegenüber befanden sich eine weitere, kleine Kammer für den Knecht sowie der riesige Heustock, der fast die Hälfte der gesamten Geschossfläche einnahm und gut gefüllt war.

Eine Tür neben der Bauernschlafkammer führte nach draußen auf den Außengang, der Zugang zu drei weiteren Kammern bot, die nur über diesen Weg erreichbar waren. Sie lagen direkt über dem Stall, der von unten Wärme spendete.

»Können wir in einer dieser Kammern schlafen?«, fragte Bibiane. Sie wartete die Antwort nicht ab und rannte ihrem großen Bruder Lorenz über den Gang hinterher.

Es gibt wirklich viel Platz, dachte Walburga beeindruckt. Ihr Mann hatte richtig entschieden. Dies war ein stattlicher Hof, der etwas hermachte und ihnen ein gutes Auskommen sichern würde.

Eine weitere Treppe führte sie schließlich ins zweite Obergeschoss auf die Tenne. Diese hatte ein beachtliches Ausmaß. Walburga blickte hoch und sah die enorme Spannweite des Daches, das sogar vier Fenster aufwies, durch die Licht fiel. In einem Lichtstrahl machte sie einen Ochsenkopf aus, der von der Decke hing, und Walburga war froh über dieses nicht gerade christliche Zeichen, denn ein Ochsenkopf, so waren die Bauern im Schwarzwald fest überzeugt, hielt Unglück vom Hof fern.

Schließlich gab es ein Tor, das direkt nach draußen auf die Hocheinfahrt führte. Martin hatte es bereits geöffnet und wartete auf seine Frau und die Kinder.

»Hab ich dir zu viel versprochen?«, fragte er. Er strahlte über das ganze Gesicht. »Du wirst sehen, Walburga, hier werden wir unser Glück finden.«

Seine Frau nickte. Sie überlegte, wann sie Martin jemals so stolz und zufrieden gesehen hatte. Normalerweise war er keiner, der viel lachte und übermäßig freundlich war. Jetzt schaute er sich selig um. Auch Walburga freute sich über den neuen Hof. So geräumig und mächtig hatte sie ihn nicht erwartet.

»Komm mit«, sagte Martin, »jetzt zeige ich dir noch den Stall. Du glaubst gar nicht, wie groß der ist.« Er griff nach ihrer Hand und zog sie die Hocheinfahrt hinunter.

Familie Tritschler begann, sich einzurichten. Die älteren Kinder trieben das Vieh in seinen neuen Stall. Man hörte sie fröhlich rufen und lachen. Martin und sein Knecht Wendelin luden die Kisten und Körbe mit Wäsche, Vorräten, Werkzeugen und Geschirr von den Wagen und brachten sie ins Haus.

Walburga nahm...


Heinecke, Julia
Julia Heinecke wurde in Berlin geboren, wuchs im nördlichen Schleswig-Holstein auf und ist seit über einem Vierteljahrhundert in Südbaden zu Hause. Sie absolvierte eine Übersetzer-/Dolmetscherausbildung und studierte anschließend Kulturwissenschaften. Heute lebt und arbeitet Julia Heinecke als freiberufliche Übersetzerin, Lektorin, Texterin und Autorin in Freiburg. In mehreren Publikationen hat sie sich sowohl auf Sachebene als auch in Romanform mit der Kulturgeschichte des Schwarzwaldes auseinandergesetzt.



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