E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Heaton Perfekte Braut - verzweifelt gesucht!
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7337-1969-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-1969-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Lebt hier die Frau, die mich einfach weggab? Dr. Lula Chance vermutet ihre leibliche Mutter in dem Dorf Atlee Wold. Lula möchte sie finden und zur Rede stellen; dann will sie wieder weg. Doch bis dahin arbeitet sie in der Familienpraxis der Familie James. Und der attraktive Dr. Oliver James ändert mit einem heißen Kuss alles - vielleicht sogar ihr Leben?
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1. KAPITEL
Dr. Oliver James packte gerade seine Sachen zusammen, als sein Vater Patrick den Kopf zur Tür hereinstreckte.
„Hast du eine Minute Zeit?“
Erstaunt sah Olly seinen Vater an. „Ja, sicher. Was gibt’s?“
Die beiden Männer betrieben eine Gemeinschaftspraxis in dem hübschen kleinen Ort Atlee Wold in Hampshire. Allerdings hatte Patrick vor, sich schon bald in den wohlverdienten Ruhestand zu verabschieden. Um die Zeit zu überbrücken, bis ein neuer Praxispartner für Olly gefunden war, hatte Patrick eine Vertretungsärztin angestellt.
„Die neue Ärztin, von der ich dir erzählt habe, ist da“, erklärte er gut gelaunt. „Ich würde sie dir gern vorstellen.“
Richtig. Die neue Vertretungsärztin. Schon seit Wochen verdrängte Olly den Gedanken daran, dass sein Vater in Rente gehen würde. Doch die Ankunft der neuen Ärztin zwang ihn, den Tatsachen ins Auge zu sehen.
Er seufzte. Es war ein langer, anstrengender und sehr kalter Tag gewesen. Am liebsten wäre er nach Hause gegangen und hätte ein schönes, heißes Bad genommen. Danach vielleicht noch ein heißer Kakao und dann früh ins Bett.
Leider würde diese angenehme Vorstellung ein Wunschtraum bleiben, denn er hatte in dieser Nacht Rufbereitschaft. Was bedeutete, dass er mehr oder weniger vollständig angezogen mit seinem Pieper auf dem Nachttisch im Bett liegen würde, immer in Alarmbereitschaft.
„Sie ist schon da? Ich wusste gar nicht, dass sie heute schon ankommt.“
„Nun ja, sie ist nicht direkt hier. Also nicht hier in der Praxis. Im Augenblick ist sie im Gemeindezentrum und gibt einen Kurs.“
Beeindruckt sah Olly seinen Vater an. „Obwohl sie noch keine fünf Minuten hier ist, gibt sie schon einen Kurs?“ Offenbar war sie eine sehr außergewöhnliche Frau.
Patrick lachte. „Als sie wegen ihres Vorstellungsgesprächs letzten Monat bei mir war, hat sie Flyer ausgelegt. Hast du die Werbezettel nicht gesehen? Sie gibt Bauchtanz-Kurse für jedermann im Gemeindezentrum.“
Olly grinste. „Bauchtanz? Hier bei uns? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dafür irgendjemand anmeldet. Viel zu extravagant für unsere lieben Mitbürger. Außerdem ist es so kalt, dass niemand freiwillig vor die Tür geht.“
„Ich habe ihr versprochen, dass wir vorbeischauen. Dabei kannst du sie dann gleich kennenlernen. Ihr werdet schließlich eine Weile miteinander arbeiten müssen – bis wir einen Nachfolger für mich gefunden haben.“
Da war sie wieder, die unangenehme Erinnerung daran, dass sein Vater sich zurückziehen und sich damit alles verändern würde.
„Sie ist nicht an einer Dauerstelle interessiert?“ Olly hatte kein Verständnis für Vertretungsärzte, die von einer Praxis zur anderen tingelten, ohne jemals irgendwo sesshaft zu werden. Wie konnte sie es aushalten, niemals richtig heimisch zu werden? Er selbst würde diese Art von Arbeit hassen.
„Sie ist sich noch nicht sicher. Aber sie hat es auch nicht kategorisch ausgeschlossen. Anscheinend möchte sie sich alles erst in Ruhe ansehen.“
„Sollte es nicht eigentlich so sein, dass wir ihr eine Art Probezeit geben?“ Olly fühlte sich mit der Praxis, die bereits seit drei Generationen von seiner Familie betrieben wurde, sehr verbunden. Auch die Tatsache, dass sein Vater eine Ärztin eingestellt hatte, passte ihm nicht. Vermutlich versuchte sein alter Herr wieder einmal, ihn zu verkuppeln, damit Olly eine Familie gründen und die nächste Generation von Hausärzten in Atlee Wold sicherstellen würde.
„Wir werden es ja sehen. Sie ist auf jeden Fall eine ganz reizende junge Dame. Ich bin mir sicher, dass du sie mögen wirst“, erklärte sein Vater und blinzelte Olly verschwörerisch zu.
„Dad, die Rolle des Amor passt nicht zu dir“, bemerkte Olly trocken.
Sein Vater lachte. „Und warum nicht?“
„Weil dir Flügel nun einmal nicht stehen. Außerdem gefällt mir die Vorstellung von dir mit Pfeil und Bogen in der Hand nicht.“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Abgesehen davon brauchst du dir bei ihr keine Sorgen zu machen, mein Sohn. Sie erfüllt nicht ein einziges Kriterium deiner Anforderungsliste für die perfekte Frau.“
Olly schmunzelte. Er war es gewohnt, dass man ihn wegen seiner Liste aufzog. Trotzdem hielt er daran fest, denn er glaubte fest daran. Die Frau, die er einmal heiraten würde, also die Gattin des einzigen Arztes im Ort, musste ganz bestimmte Eigenschaften haben. Sie musste anständig sein, loyal, charmant, gelassen und pragmatisch. Jemand, der zu Hause die Stellung hielt, sich um Haushalt und Kinder kümmerte und den Ehemann tatkräftig unterstützte.
Gut, diese Vorstellungen waren vielleicht ein bisschen altmodisch, aber war es denn wirklich falsch, sich eine verlässliche Frau zu wünschen?
Patrick, der seine Gedanken wahrscheinlich erriet, schüttelte den Kopf und knipste dann das Licht aus. Gemeinsam stapften Vater und Sohn durch den Schnee zu Ollys altem Geländewagen.
Da das Dorf keinen Räumdienst hatte, waren die Straßen vereist und nur schwer befahrbar. Trotzdem war vor den meisten Häusern der Schnee geräumt, denn die jüngeren Leute halfen hier ihren älteren Nachbarn. Wie in so vielen kleinen Orten herrschte auch in Atlee Wold ein starker Gemeinschaftssinn.
Als sie vor dem Gemeindezentrum standen, traute Olly seinen Augen nicht. Es gab keinen einzigen freien Parkplatz! Aus dem Gebäude klang laute orientalische Musik.
„Das gibt’s doch nicht …“
Er parkte ein Stück entfernt auf dem Seitenstreifen und stieg aus.
Patrick folgte ihm. „Hier ist ja richtig was los“, bemerkte er lachend.
Olly schüttelte verwundert den Kopf.
Das Gemeindezentrum war hell erleuchtet, und die Musik mit den dumpfen, rhythmischen Klängen wurde immer lauter, je näher sie kamen.
Olly war fassungslos. Wie war es einer Fremden gelungen, den halben Ort zu einem Bauchtanz-Kurs zu locken? Bei einem Vortrag über Rosenzucht oder einem Bingo-Abend hätte ihn dieser rege Zulauf nicht gewundert, aber Bauchtanz?
Obwohl er es sich nicht eingestehen wollte, wuchs seine Neugier auf diese erstaunliche Frau von Minute zu Minute. Er hatte sich bereits ein bestimmtes Bild von ihr gemacht. Da sie Ärztin war, musste sie eine einigermaßen vernünftige Person sein. Vermutlich eine sehr patente, etwas strenge Frau mittleren Alters, die sich mit diesem Bauchtanz-Kurs eine kleine Extravaganz erlaubte. Auf jeden Fall bestimmt keine Frau, die seiner Liste entsprechen würde.
Denn Bauchtanz-Lehrerin stand definitiv nicht darauf!
Er klopfte sich den Schnee von den Schuhen und folgte seinem Vater ins Gebäude. Das Foyer war leer und dunkel, doch aus dem hinteren Saal ertönte Musik.
„Gehen wir hinein!“, rief sein Vater, um den Lärm zu übertönen.
Olly nickte und öffnete die Flügeltür. Wie angewurzelt blieb er stehen, als er die Frau erblickte, die den Kurs gab. Sein Vater lächelte, während Olly seine neue Kollegin mit offenem Mund anstarrte.
Das konnte doch unmöglich die neue Hausärztin sein!
Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Sie war klein und hatte eine zierliche, aber dennoch sehr weibliche Figur, die von ihrer Kleidung – soweit man das als Kleidung bezeichnen konnte – nur spärlich verdeckt wurde. Ihr schwarzes Haar war im Nacken kurz geschnitten, doch an den Seiten war es lang und in allen Farben des Regenbogens gefärbt. Himmelblaue, pinkfarbene und rote Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Sie trug mehrere klirrende Armreifen, und in ihrem Bauchnabel funkelte ein kleiner Brillant. Mit ansteckender Begeisterung wirbelte sie vor ihren Schülern herum und brachte ihnen die ersten Bauchtanz-Bewegungen bei.
„Ist alles in Ordnung, Olly?“, erkundigte Patrick sich schmunzelnd.
Wie um alles in der Welt kann diese Frau eine Hausärztin sein? Sie sieht kein bisschen danach aus!
Andererseits – wie sah denn eine Ärztin aus?
Um ihre Taille hatte sie ein schimmerndes Tuch geschlungen, das ihren perfekten Po sehr vorteilhaft betonte und bei jeder Bewegung glitzerte und klimperte. Als sie auf ihre zierlichen Füße deutete, bemerkte Olly Tattoos, bunten Nagellack und kleine Zehenringe. Wie gebannt sah er sie an. Mit ihren großen braunen Augen erwiderte sie seinen Blick und lächelte.
Patrick beugte sich grinsend zu seinem Sohn. „Vergiss nicht, den Mund wieder zu schließen. Du siehst nämlich gerade aus wie ein hungriges Nilpferd.“
Natürlich befolgte Olly den Rat seines Vaters. Er schluckte.
Das konnte unmöglich eine Ärztin sein. Sie sah eher aus wie ein kleiner Kobold. Oder eine Fee. Ja, das war es – sie musste eine Fee sein. Mit Zauberkräften.
Wie sonst hätte sie es schaffen sollen, all diese Menschen herzubringen? Olly kannte die meisten hier. Leute, die seit Jahren an Arthritis litten. Oder an Hüft- und Knieschmerzen. Doch heute waren sie alle da, tanzten ausgelassen und sahen unverschämt glücklich dabei aus.
Bestimmt hatte die Fee dort vorn sie verhext.
Eine seiner Patientinnen, Mrs. Macabee, hatte ihn entdeckt. „Huhu, Dr. James! Schön, dass Sie da sind! Machen Sie mit?“
Fasziniert sah Olly zu, wie die alte Dame mit den Hüften wackelte. Doch dann fiel ihm ein, weshalb er hier war. „Tut mir leid, Mrs. Macabee, aber ich tanze nicht. Abgesehen davon bin ich geschäftlich hier.“
„Geschäftlich?“, lachte sie, während sie den Anweisungen der neuen Hausärztin folgte.
...



