E-Book, Deutsch, Band 119, 400 Seiten
Reihe: Historical Gold Extra
Heath Tochter der Sünde - Duchess der Liebe?
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7337-4862-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 119, 400 Seiten
Reihe: Historical Gold Extra
ISBN: 978-3-7337-4862-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Er ist schwer verletzt! Die schöne Schankmaid Gillie schleppt den bewusstlosen Gentleman in ihre Wohnung. Doch kaum schlägt er die Augen auf, bereut sie ihr Tun. Denn noch nie hat sie eine so gefährlich maskuline Anziehungskraft verspürt wie bei Thorne, wie er sich nennt. Als er sie wieder verlässt, ist Gillie rettungslos seinem Charme verfallen. Nur brennende Sehnsucht bleibt ihr... bis er einige Tage später in ihrer Schänke auftaucht: Antony Coventry, Duke of Thornley. Gillie glaubt vor Glück zu vergehen, aber er hat ein grausames Anliegen: Seine Braut hat ihn vor dem Altar verlassen; ausgerechnet Gillie soll ihm helfen, sie aufzuspüren!
Lorraine Heath wurde in England geboren, zog jedoch als Kind mit ihren Eltern in die USA. Geblieben ist ihr eine tiefe Zuneigung zu beiden Ländern. Die Charaktere in ihren erfolgreichen Romanen werden oft als besonders lebensnah bezeichnet, was die New-York-Times-Bestseller-Autorin auf ihre im Psychologiestudium erworbenen Kenntnisse zurückführt. Lorraine Heath lebt mit ihrem Mann in Texas. Noch mehr über die Autorin erfahren Sie auf ihrer Homepage: www.lorraineheath.com
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1. KAPITEL
Whitechapel, Mitte August 1871
Er starb wegen einer verdammten Uhr. Es spendete Antony Coventry, dem neunten Duke of Thornley, nur bedingt Trost, dass er die Schande seiner Dummheit mit ins Grab nehmen und niemand davon erfahren würde.
In diesem Moment jedoch war Trost nur schwer zu finden. Die Schurken gingen wirklich grob mit ihm um; zwei zogen ihm unsanft die Stiefel aus, ein weiterer zerrte an seiner Jacke, während der vierte sich damit abmühte, die Uhrkette vom Knopf seiner Westentasche zu lösen. Seltsam, dass der Dieb sich jetzt solche Mühe gab, nachdem er Thorne zuvor zwei so heftige Tritte gegen den Kopf versetzt hatte, dass der vorübergehend das Bewusstsein verloren hatte.
Was vielleicht die Folge dessen gewesen war, dass er beschlossen hatte, seine Uhr mit allen Kräften zu verteidigen. Widerstandslos hatte er seinen Geldbeutel und seinen Siegelring ausgehändigt, schließlich war er nicht dumm. Vier gegen einen – das war aussichtslos. Geld und Ringe konnten ersetzt werden. Den Tritt gegen die Schläfe hatte er einstecken müssen, weil er dem Anführer die Gegenstände nicht rasch genug übergeben hatte.
„Her mit der Uhr, aber schnell!“, hatte der Rüpel höhnisch verlangt.
Die Uhr. Sie war von Generation zu Generation weitervererbt worden. Das auf dem Deckel eingravierte Wappen war schon ganz abgenutzt, nachdem ein Duke nach dem anderen vor einer schwierigen Entscheidung besorgt mit dem Daumen darübergestrichen hatte. Er selbst war fünfzehn gewesen, als ihm sein Vater auf dem Sterbebett in einem selten gewordenen lichten Moment die Uhr in die Hand gedrückt hatte. „Dein Vermächtnis. Pass gut darauf auf. Mach mich stolz auf dich.“
Also hatte er zu den Halunken in der dunklen Gasse, in der der Nebel waberte, gesagt: „Bedaure, Gentlemen, aber ich habe Ihnen alles gegeben, was ich zu geben bereit bin. Die Uhr behalte ich.“
Vielleicht wäre seine Antwort anders ausgefallen, wenn er die Messer früher bemerkt hätte. Aber nein, wahrscheinlich nicht. Sie hatten ihn am Oberschenkel, an der Seite, an der Schulter und am Arm verletzt. Die Schläge harter Fingerknöchel und die Tritte schwerer Stiefel, die folgten, als er schon in die Knie gegangen war, hatten ihn vollends niedergestreckt. Er blieb im Dreck liegen und spürte, wie sein warmes Blut durch die ihm verbliebene Kleidung sickerte und langsam kalt wurde. Sein Blick trübte sich immer mehr, bis er nur noch die schmutzigen Hände sehen konnte, die sich um seine kostbare Uhr schlossen.
„Ich hab sie!“, rief der Schurke.
„Nein!“ Er glaubte, den Schrei durch das Rauschen seines Blutes in seinen Ohren hindurch zu hören. Er musste tatsächlich geschrien haben, denn die Augen des Räubers weiteten sich, kurz bevor ihm Thorne mit letzter Kraft die geballte Faust gegen das Kinn schlug. Das Bersten brechender Knochen war zu hören, dann bohrte sich ein weiteres Messer durch seine Haut in sein Fleisch und seine Muskeln …
„Was zum Teufel macht ihr da?“
Die Männer erstarrten, als der empörte Schrei von den Mauern der umstehenden Häuser widerhallte.
„Großer Gott, das ist Gil! Sehen wir zu, dass wir schleunigst wegkommen!“, nuschelte der Anführer, als hätte er sich den Kiefer ausgerenkt.
Thorne hörte, wie sie mit schweren Schritten davonrannten. Dann ein neues Geräusch, leichtere, aber eilige Schritte. Verschwommen nahm er wahr, dass sich jemand neben ihn kniete und ihn mit sanften Händen vorsichtig berührte.
„Was für eine verdammte Schweinerei!“
Sie klang wie ein Engel. Es dürfte sich auch weniger um ein Fluchen handeln als um eine zutreffende Beschreibung seiner blutgetränkten Kleidung. Woher kam sie? War sie eine Gefährtin dieses Kerls namens Gil? Hatte der die Verfolgung der Wegelagerer aufgenommen? Er wünschte, er könnte sie deutlicher sehen, aber ihm wurde langsam schwarz vor Augen. „Meine … Uhr.“
Sie beugte sich über ihn, und er nahm den Geruch von … Bier wahr. Konnte das sein? „Wie bitte?“
„Uhr.“ Der Gauner hatte sie fallen gelassen, das hatte er genau gehört. Verzweifelt tastete er den Boden neben sich ab. Er musste sie unbedingt finden.
Sie hielt seine Hand fest und umschloss sie mit langen, schlanken Fingern. „Hier ist keine Uhr, Schätzchen. Hier ist gar nichts.“
Das konnte nicht sein. Er sollte die Uhr doch eines Tages an seinen Sohn weitergeben! Aber nun würde es wohl keinen Sohn mehr geben. Keinen Erben, keine Ehefrau, nichts.
Nur den Tod. In einer faulig stinkenden Gasse, in der es plötzlich eiskalt war, eine Kälte, die ihm bis in die Knochen kroch. Warm war ihm nur dort, wo die Unbekannte ihn berührte. Er klammerte sich fester an ihre Hand und hoffte, dass ihre Wärme auf ihn überging und ihm Kraft gab. Er durfte nicht sterben, nicht so, nicht kampflos.
Er durfte nicht aufgeben. Erst musste er Lavinia finden.
Gillian Trewlove legte den Arm um die Schultern des Mannes und versuchte, ihn aufzurichten. Sie fluchte leise. „Du bist verdammt schwer.“ So wie er dalag, war es schlecht abzuschätzen, aber sie vermutete, dass er ein ganzes Stück größer war als sie, also deutlich größer als einen Meter achtzig. Sie klopfte auf seine unrasierte Wange, bis er langsam wieder zu sich kam. „Komm, Schätzchen. Du musst aufstehen!“
Er nickte und versuchte, sich aufzusetzen, wobei sie ihm behilflich war, so gut sie konnte; sie zog hier, stemmte dort und achtete nicht auf seine Schmerzenslaute. Der typisch kupferartige Blutgeruch hing in der Luft. Seine Kleidung war nass, aber nicht vom immer dichter werdenden Nebel, der sie allmählich einhüllte wie ein dünnes Leichentuch.
„Hör zu, ich kann dich nicht allein tragen. Ich weiß, die Dunkelheit ruft nach dir, und sie ist eine verlockende Geliebte. Aber du musst ihr widerstehen. Du musst gegen sie ankämpfen und mir helfen.“
Wieder ein Nicken, ein Ächzen, mühsames Atmen. Sie schlüpfte unter seinen Arm, bot ihm ihre Schulter als Stütze und legte ihren Arm um seinen Rücken. Er stöhnte erneut schmerzerfüllt auf, und sie bemerkte die warme Flüssigkeit, die ihr über die Finger rann. Nicht gut. Gar nicht gut.
Er stützte sich auf sie und lehnte sich Halt suchend an die Backsteinmauer. Er schob sich daran hoch, sie drückte und zog ihn, bis er schließlich stand. Oh ja, sehr viel größer als ein Meter achtzig.
„So ist es gut. Ich wohne gleich dort drüben, es ist nicht weit.“ Sie hatte ihre Schänke wie immer um Mitternacht geschlossen, ihre Angestellten waren nach dem Aufräumen nach Hause gegangen, und sie hatte noch eine Weile über den Büchern gesessen. Um halb eins hatte sie Schluss gemacht und gerade den Müll nach draußen bringen wollen, als sie den Lärm gehört hatte. Es ärgerte sie maßlos, dass sich hinter ihrem Lokal offenbar Schändliches abspielte. Sie duldete keine Raufbolde in ihrer Schänke, und außerhalb ebenfalls nicht. Ihre Toleranz war bei Übeltaten sehr eingeschränkt und sogar noch eingeschränkter, wenn dabei Menschen verletzt wurden.
Sie kamen nur sehr langsam voran. Er atmete keuchend und unregelmäßig, und mehr als einmal geriet er ins Stolpern und richtete sich dann mühsam wieder auf. Mit sanfter Stimme sprach sie auf ihn ein und spornte ihn weiter an, wenn er nicht stolperte oder schwankte. Sie überlegte, ihn in die Schänke zu bringen, aber es war nicht gut, wenn er je dort sterben sollte. Besser brachte sie ihn in ihre Wohnung, allerdings würde die Treppe eine echte Herausforderung sein.
Endlich hatten sie sie erreicht. „Halt dich am Geländer fest, und zieh dich daran nach oben. Du musst nur die Füße etwas mehr anheben.“
„Gut“, sagte er leise, aber entschlossen.
„Du schaffst das.“
„Das muss ich auch. Ich habe noch ein paar alte Rechnungen zu begleichen.“
Ein Mann mit einem festen Ziel vor Augen konnte einiges überstehen, das hatten ihr ihre Brüder beigebracht. „Spar dir deinen Atem und deine Kraft für das Treppensteigen.“
Es war ein langer, beschwerlicher Aufstieg, aber sie musste ihm zugutehalten, dass er nicht ein einziges Mal ins Schwanken geriet, obwohl er zu zittern angefangen hatte, und das wiederum beunruhigte sie. Es war zwar eine kühle Nacht, aber nicht so kühl, dass man eine Jacke gebraucht hätte, und Gillie schwitzte mittlerweile vor Anstrengung. Andererseits floss in ihren Adern deutlich mehr Blut, während er zunehmend Blut verlor und eine dunkelrote Spur auf der Treppe hinterließ. Auf der drittletzten Stufe sank er auf die Knie, und sie wäre beinahe über ihn gestolpert. Sie fand ihr Gleichgewicht wieder und kniete sich neben ihn.
„Wir haben es fast geschafft.“ Auf allen vieren erklomm er mühsam eine Stufe nach der anderen. Gillie sprang hoch, holte ihren Schlüssel hervor und sperrte ihre Wohnungstür auf. „Hier drinnen kannst du dich erst einmal auf den Boden fallen lassen.“ Und genau das tat er. Sie rannte die Treppe wieder hinunter und eilte in die Schänke. „Robin?“
Der kleine Junge, der in einem schmalen Bett am Kamin schlief – trotz all ihrer Bemühungen, ihm ein richtiges Zuhause zu suchen, was er strikt ablehnte –, setzte sich auf und rieb sich die Augen. „Ja?“
„Hol sofort Dr. Graves in meine Wohnung.“ Sie drückte ihm ein paar Münzen in die Hand. „Nimm eine Droschke, wenn du eine findest. Du musst dich beeilen. Sag ihm, bei mir auf dem Fußboden stirbt ein Mann.“
„Haste versucht, ihn umzubringen, Gillie?“
„Hast du“, verbesserte sie ihn automatisch. Sie versuchte stets,...