E-Book, Deutsch, Band 3, 397 Seiten
Reihe: The Paradise Brothers
Hayle Red Hot Rebel
2. Auflage 2022
ISBN: 978-3-96797-195-8
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 3, 397 Seiten
Reihe: The Paradise Brothers
ISBN: 978-3-96797-195-8
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ich habe einen Traumjob ergattert! Ich soll an den schönsten Orten der Welt shooten, um Werbung für eine Hotelkette zu machen. Es könnte nicht besser laufen, wäre da nicht ein Haken: Der Fotograf Rhys Marchand ist ein reicher und komplett unausstehlicher Kerl. Doch ich brauche das Geld und ich möchte mir die Chance, um die Welt zu reisen auch nicht entgehen lassen. Und wer hätte schon ahnen können, was auf dem Trip alles passieren wird ...
Olivia Hayle ist eine hoffnungslose Romantikerin mit einer großen Vorliebe für Milliardäre. Da sie leider noch keinen in der der Realität getroffen hat, erschafft sie sie kurzerhand selbst - auf dem Papier. Ob sexy, charmant, cool oder verletzlich - bislang hat sie noch keinen (fiktiven) Milliardär getroffen, den sie nicht mochte.
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Kapitel 1
Ivy
Mit klopfendem Herzen blicke ich zu der riesigen Villa in den Hamptons hinauf. Zum ersten Mal hat mich meine Modelagentur zu einem Live Modeling Gig geschickt. Schon ziemlich bizarr, was da so abläuft. Herumstehen und hübsch aussehen. Es hat seinen Grund, warum ich bislang immer abgelehnt habe, aber nachdem Tina mir die Höhe des Honorars verraten hatte, stand das nicht mehr zur Debatte.
Melissa gesellt sich neben mich. »Wir fahren zusammen nach Hause?«
»Genau«, antworte ich. »Gleich nach unserem Einsatz. Ich hab auch eine Powerbank in der Tasche.«
»Gute Idee.« Vor zwei Monaten kamen wir von unserem Shooting nicht mehr weg, weil die Akkus unserer Handys leer waren und wir nicht mal mehr ein Uber rufen konnten.
Bei dem Klackern von High Heels auf dem Weg hinter uns drehen wir uns um und entdecken die restlichen Models, die sich uns anschließen. Manche von ihnen kenne ich. Die meisten dieser Frauen halten nicht viel von Melissas und meinem … na ja, nennen wir es Eifer, auf dem rechten Weg zu bleiben. Normalerweise muss man nämlich nur das Wort »Model« in den Mund nehmen, und schon erhält man Zutritt zu jeder Menge exklusiver Etablissements. In denen die Drinks teuer und die Drogen noch teurer sind.
»Vor zwei Jahren war ich das Gesicht einer landesweiten Jeans-Kampagne«, murmelt Melissa neben mir. »Und jetzt posiere ich auf der Party eines Modeschöpfers vor seinen versammelten Freunden.«
Ich lächele ihr zu. »Es dauert nur drei Stunden, und die Bezahlung ist gut.«
»Gott sei Dank.« Sie schlingt sich die Tasche über die Schulter und geht ins Haus voran, von wo aus eine mit Headset und Clipboard bewaffnete Frau uns hereinwinkt. »Bringen wir’s hinter uns.«
Zehn Minuten später streiche ich mir das Kleid glatt, das kaum meinen Hintern bedeckt. Das kurze, hauchdünne und bunte Stück gehört zur diesjährigen Frühlings- und Sommerkollektion des Modeschöpfers.
»Los, los!«, ruft die Clipboard-Lady. Eins der neueren Models von meiner Agentur, eine junge Frau, die ich nicht kenne, kämpft gerade mit den winzigen Verschlüssen ihrer Riemchenschuhe.
Ich beuge mich vor, um ihr zu helfen. »Mach sie lockerer als nötig«, rate ich ihr. »Auf dem Catwalk ist es sinnvoll, sie festzuzurren. Aber wenn du nur herumstehst und bei einem Shooting posierst, sollten die Riemchen eher locker sitzen, sonst schneiden sie dir ins Fleisch, wenn die Knöchel anschwellen.«
Sie wirft mir ein schüchternes Lächeln zu. »Danke.«
»Jederzeit. Ich bin Ivy.«
»Jordan«, antwortet sie und begleitet mich aus dem Poolhaus hinaus, das zum Umkleideraum umfunktioniert wurde.
Das Haus ist atemberaubend: Das türkisblaue Wasser des Pools strahlt in der Sommersonne, und die Open-Air-Bar ist randvoll mit Alkohol. Der Barkeeper sieht uns hinterher und grinst anerkennend.
»Na los doch, Beeilung«, ruft die Clipboard-Lady und presst ihr Arbeitsgerät fest an die Brust. »Die ersten vier von euch will ich da hinten haben … dich, dich, dich und dich.«
Zu der Gruppe, die ins Haus gescheucht wird, gehört auch Melissa. »Ihr flankiert den Zugang – bin in einer Sekunde bei euch.« Dann wendet sie sich an uns, die übrigen fünf. »Am Poolrand findet ihr kleine Kreuze. Sucht euch jeder eins und stellt euch dort auf.«
Mehr Anweisungen bekommen wir nicht.
Ich werfe Jordan ein bekümmertes Lächeln zu nach dem Motto: Was tut man nicht alles. Dann umrunde ich den Pool und mache mich auf die Suche nach einem X aus Klebeband.
Ich finde eins an einer Ecke in einem abgelegenen Bereich des Gartens, der mit ein paar Liegestühlen bestückt ist. Es kann nicht lange dauern, bis sich Gäste hier einfinden.
»Genau so!«, ruft die Clipboard-Lady. »Bleibt da. Und wenn ihr etwas zu trinken braucht oder auf die Toilette müsst, könnt ihr abwechselnd im Poolhaus verschwinden.«
Mit einem Ausdruck rechtschaffener Betriebsamkeit stapft sie davon, um eine weitere logistische Herausforderung dieser Hamptons-Party zu lösen.
Wir fünf schauen einander an.
»Hat irgendwer von euch Sunblocker aufgetragen?«, rufe ich.
Ein paar der anderen Models lachen.
Dann beginnt die Langeweile.
Genau deshalb meide ich diese Live Modeling Gigs bei ultramodernen Unternehmen, Clubs oder Modeschöpfern.
Ich fahre mir mit der Hand durchs Haar, vergewissere mich, dass mein Kleid vernünftig sitzt. Dann gehe ich im Kopf die Teile des menschlichen Skeletts durch, die ich für meine Prüfung in Physiotherapie in zwei Tagen können muss.
Die Wirbelsäule, die aus Halswirbeln, Brustwirbeln und Lendenwirbeln besteht sowie aus Kreuzbein und Steißbein. Bald ertönen Tropenklänge aus Lautsprechern, die geschickt in Haus und Garten platziert waren.
Ich mache weiter.
Zum Becken gehören Hüfte, Schambein und Sitzbein.
Nun treffen die ersten Gäste ein, sie treten in Anzügen und mit Sonnenbrillen auf die Terrasse hinaus. Ich schiebe das Bein nach vorn, lege die Hand auf die Hüfte und stelle eine sorgfältig einstudierte, wunderschön gelangweilte Miene zur Schau.
Dann widme ich mich gedanklich wieder meinem Studium. Diese Praxis habe ich im Laufe der Jahre perfektioniert. Ob ich bei Modeschauen hinter der Bühne warte oder bei Castings anstehe … im Geiste gehe ich ständig den Stoff durch. Zuerst für meinen Bachelor, den ich online absolvieren konnte. Ja, es hatte fünf Jahre gedauert, weil ich immer nur halbtags studieren konnte, aber ich hatte es geschafft und mir derweil mit dem Modeln meinen Lebensunterhalt verdient. Außerdem hatte der Job auch noch ein paar andere Vorteile. Das Kleid, das ich momentan trage, passt mir wie angegossen – und in der Branche geht das Gerücht um, dass der fragliche Modeschöpfer, bei dem wir gerade arbeiten, die Stücke aus seiner Kollektion gern an seine Models verschenkt.
Ich hätte nichts dagegen, dieses hier mit nach Hause zu nehmen.
Mein Blick schweift zu dem Meer von Gästen hinüber, die sich um den Pool drängen. In den Händen halten sie bunte Drinks oder Teller mit Häppchen von einem Buffet irgendwo im Haus. Ich sehe kleine Portionen Filet Wellington. Austern auf Eis. Etwas, das aussieht wie winzige Chickenburger.
Bei diesem Anblick knurrt mir lautstark der Magen.
Ich lege die Hand in die Seite, so dass es aussieht wie eine Pose, und schaue kurz zu den Gästen hinüber, die neben mir auf den Liegestühlen Platz genommen haben. Aber sie haben nichts bemerkt.
Alle tragen Anzüge. Na ja, alle bis auf einen. In der Mitte sitzt ein Mann in Button-Down-Hemd aus Leinen, dessen oberster Knopf geöffnet ist. Ein langes Bein hat er lässig über das andere geschlagen. An den Füßen trägt er abgewetzte, aber teure Bootsschuhe.
Schweigend sitzt er da, während ein anderer auf ihn einredet – die Übrigen sehen ihn unverwandt an.
Er betrachtet den Redner mit einer Mischung aus überheblicher Verachtung und kühler Gleichgültigkeit. Alles an ihm schreit förmlich: Beeindrucke mich.
Dann wandert sein Blick zu mir herüber. Eine dunkle Haarlocke fällt ihm in die sonnengebräunte Stirn. Der Ausdruck seiner Augen verändert sich. Was willst du?, scheinen sie zu fragen.
Ich reiße den Blick los.
Andere anzustarren, ist unprofessionell. Man hat nichts anderes zu sein als eine lebende Statue, ein Kunstwerk. Ich stelle die Kleider aus, mehr nicht.
Also richte ich den Blick auf die Gästeschar weiter drüben, verändere meine Pose, schiebe die Hüfte vor. Und doch fesselt die Gruppe der Männer neben mir jetzt meine ganze Aufmerksamkeit.
Wenn ich die Ohren spitze, kann ich sogar hören, worüber sie reden. Als Model am Pool kann man bei Events wie diesem mit Leichtigkeit Mäuschen spielen.
»Australien ist genau die richtige Entscheidung«, sagt ein Mann. »Ihr solltet dort bis Jahresende eröffnen.«
»Sydney?«, erkundigt sich ein anderer.
»Ja.«
Ein tiefes Brummen.
»Skeptisch, Rhys?«, erklingt die erste Stimme.
Ich wage einen weiteren Blick hinüber.
Der Mann, der mich eben noch beobachtet hat, beugt sich nun vor, die Hände auf den Knien. Ich schätze ihn auf Anfang dreißig.
»Das weißt du doch. Du machst es den Leuten viel zu leicht.«
Ein anderer Mann lacht. »Ja, wo kämen wir da hin, wenn alles leicht wäre? Und wo warst du gerade? In den Anden?«
»Ja.« Ein wildes, spöttisches Grinsen. »Das mit dem Wandern solltest du vielleicht auch mal ausprobieren.«
»Nein danke. Das überlasse ich den Kunden.«
Der dunkelhaarige Mann namens Rhys schnaubt verächtlich. »Als ob die ihr Fünfsternehotel jemals verließen.«
»Manche schon. Das ist Teil ihres Abenteuers.«
»Ihres sorgfältig zusammengestellten und vorausgeplanten Abenteuers, meinst du wohl.« Er lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und sieht erneut zu mir herüber, so dass er mich beim Lauschen erwischt. Unsere Blicke treffen sich.
Schon wieder.
»Können wir Ihnen bei irgendetwas behilflich sein?« Seine laute Stimme klingt alles andere als freundlich. Wieder hat er die Augenbraue höhnisch nach oben gezogen. Als stehe er der ganzen Welt skeptisch gegenüber.
Mist.
»Nein.« Ich werfe das Haar zurück. Eine affige Geste, aber sie gehört zu der Rolle, die ich heute...