Hayes / Nyhan | Ich schreib dir jeden Tag | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Hayes / Nyhan Ich schreib dir jeden Tag


14001. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8437-0936-1
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-0936-1
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



So nah und doch so fern - eine Freundschaft in Briefen 'Liebe Rita, ich hoffe, dieser Brief erreicht dich bald. Ich habe das Gefühl, unser Leben besteht nur noch aus Warten - auf Nachricht von unseren Lieben, auf das Ende des Winters, auf den Frieden. Vielleicht ist das größte Geschenk dieses Krieges die Geduld ...' Es ist Winter 1943, als Rita Vincenzo den ersten Brief von Gloria Whitehall erhält. Rita ist Gloria noch nie begegnet. Trotzdem schreibt sie zurück, denn sie teilt Glorias Schicksal: Ihr Mann kämpft an der Front. In ihren Briefen geben Gloria und Rita einander Halt und überstehen so Verluste, Herzensverirrungen und die langen Nächte des Wartens. Ein berührender Roman, geschrieben von zwei Freundinnen, die sich trotz der Arbeit an diesem Buch noch nie begegnet sind

Suzanne Hayes lebt mir ihrem Mann und ihren drei Töchtern in Connecticut. Über E-Mails und Blogeinträge hat sie Loretta Nyhan kennengelernt. Zwischen den beiden Autorinnen ist eine Freundschaft entstanden, die die Grundlage für diesen Roman bildet.
Hayes / Nyhan Ich schreib dir jeden Tag jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


12. November 1943


IOWA CITY, IOWA

Liebe Glory,

Dein letzter Brief klang so fröhlich. Darüber bin ich froh. Heißt das, dass Robbie wieder ein bisschen Farbe im Gesicht bekommt? Ich hoffe es jedenfalls. Bitte erzähl ihm, dass Tante Rita sein phantastisches Wasserfarbenbild in ihr Fenster gehängt hat, weil sie möchte, dass die gesamte Nachbarschaft die künstlerische Leistung bewundert. Irene sagt, es ist besser als manche abstrakten Werke in der Sammlung der Universität. Ich bin ganz ihrer Meinung.

Du hast meine Phantasie angeregt, Liebes. Ich kann Dein Sonnenblumenfenster lebhaft vor mir sehen. Irgendwann einmal besuche ich Dich bestimmt, aber im Moment kann ich nicht aus Iowa City weg, weil ich – halt Dich fest – einen Job habe! Nur vorübergehend und auf Teilzeitbasis, aber es ist ein offizieller Job, und ich habe eine ganze Reihe von Aufgaben. Ich arbeite als Sekretärin für den Dekan der Anglistischen Fakultät. Irene hat ein gutes Wort für mich eingelegt, und nachdem ich bewiesen hatte, dass ich tippen kann, stellte er mich ein. (Ich kann nur beten, dass er mich nicht fragt, ob ich Steno beherrsche – von diesem Gekrakel habe ich nicht die geringste Ahnung.) Die derzeitige Sekretärin, ein reizendes Mädchen namens Florence, geht gleich nach Thanksgiving nach Kalifornien. Sie macht in San Diego eine Schweißerausbildung und wird vermutlich auf der Werft arbeiten, bis der Krieg vorbei ist. Also bin ich bis dahin bei der angesehenen Universität von Iowa angestellt, genau wie mein Sal. Freust Du Dich für mich?

Apropos Thanksgiving – ich habe mich überwunden und Mrs K. eingeladen. Sie klopfte erneut an meine Tür, diesmal mit einer Schneeschaufel bewaffnet. Ich fragte sie, ob sie mich diesmal erschlagen wollte, und sie lächelte kaum merklich, wie wenn ein Baby ein Bäuerchen macht. Ich nehme Dich nicht auf den Arm.

Dann bat sie mich, ihren Bürgersteig freizuschaufeln, obwohl kaum Schnee gefallen war. Ich glaube, das war ihre Art, sich zu entschuldigen. Ich erklärte mich einverstanden, was meine Art der Entschuldigung war. Als ich fertig war, gab ich ihr die Schaufel zurück und lud sie ein. Sie versprach, vorbeizukommen, nachdem sie an dem von der USO veranstalteten Truthahnessen zu Thanksgiving bei der Ausgabe der Portionen geholfen hat. Ich wette, sie geizt mit der Soße, meinst Du nicht auch?

Zum Glück gibt es in diesem Jahr viele Truthähne, aber es kommt mir so vor, als sei alles andere rationiert. Ich hab acht Punkte geopfert, um eine Dose Preiselbeeren zu kaufen. Eigentlich hätte ich gar keine gebraucht, aber Sal liebt meine Soße, daher kam es mir nicht richtig vor, sie wegzulassen. Vielleicht bin ich abergläubisch, aber von meinem Menü abzuweichen erscheint mir wie eine Einladung an die Schicksalsgöttinnen, Ärger zu machen. Und deswegen mache ich auch Tobys Lieblingsmaisbrotfüllung, mit extra viel Rosinen und Sellerie.

Als ich im Lebensmittelladen die Zutaten besorgte, traf ich Irene und Charlie, die für ihr Dinner einkauften. Sie sahen mich nicht gleich, daher verbarg ich mich hinter einer Colareklame und beobachtete sie eine Weile. Ich bin nicht stolz darauf, aber man erfährt viel, wenn die Leute nicht wissen, dass sie bespitzelt werden, und es gibt vieles, was ich über die beiden wissen möchte. Charlies Verhalten ließ bei mir keine Alarmglocken schrillen, eher das Gegenteil. Er hält sich an Irenes Seite, geht dicht neben ihr, aber nicht zu dicht, hält seine Hand unter ihren Ellbogen, umfasst ihn aber nicht – fast sieht es so aus, als würde er fürchten, sie wäre aus Glas und eine falsche Bewegung könnte in einer Katastrophe enden, und Irene tut nichts, um diesen Eindruck zu widerlegen. Es steht eine Wand zwischen den beiden, zwar eine dünne und transparente, aber sie ist dennoch da. Ist Angst der Auslöser dafür? Wenn ja, dann war es meine Pflicht als Irenes Freundin, ihr zu helfen, sie beiseitezuschieben. Ich trat lächelnd und Überraschung heuchelnd hinter dem Reklameschild hervor und lud sie als Paar zum Thanksgiving-Dinner ein. Sie nahmen dankend an. Ich bat Charlie, Wein mitzubringen, von dem ich ihnen immer großzügig nachschenken werde. Hoffentlich macht er die beiden ein bisschen lockerer.

Auf dem Heimweg machte ich noch kurz bei der Kneipe halt und ließ am Hintereingang eine Einladung für Roylene zurück. Ich bat sie, ein paar Stunden früher zu kommen. Es wird Zeit, dass ich ihr beibringe, ein Vincenzo-Thanksgiving auszurichten. Vielleicht finden wir beide ja einen Weg, etwas von der Truthahnfüllung konserviert in den Südpazifik zu schmuggeln.

Ich habe auch – man höre und staune – Roy eingeladen. Ich weiß, ich hätte den Olivenzweig persönlich überreichen sollen, aber ich weiß nicht, ob Roylene endlich diesen Mantel ausgezogen hat.

So, jetzt muss ich in die Marienkirche, um bei den Vorbereitungen zum Gedenkgottesdienst für die fünf Sullivan-Brüder von Waterloo zu helfen. Ich kann kaum glauben, dass es ein Jahr her ist, dass sie gefallen sind. Ich denke an ihre Mutter, die herumreist und zu jeder erdenklichen Unterstützung der Truppen aufruft. Sie ist ein besserer Mensch als ich.

Es ist schwer, aber ich versuche, daran zu glauben, dass Hoffnung einen Platz in dieser Welt hast, so wie Du mir geraten hast. Danke für die Mahnung. Ich sollte dankbar sein für das, was ich jetzt zu dieser Zeit des Jahres habe, und ich bin wirklich reich gesegnet.

Ich wünsche Dir einen schönen Feiertag.

Rita

25. November 1943
Thanksgiving


ROCKPORT, MASSACHUSETTS

Liebe Rita,

hier ist es schon spät. Die Kinder schlafen. Das Geschirr ist abgewaschen, der Boden gekehrt. Die Reste türmen sich übereinandergestapelt im Eisschrank. Ich habe Angst, das Ding aufzumachen. Ich habe viel zu viel gekocht. Und da ich die meisten meiner Bezugsscheine verbraucht habe, sind Reste vermutlich nicht das Schlechteste.

Ach, Rita. Ein Job? Ich freue mich so für Dich. Und ich bin stolz auf Dich. Es ist sicher wundervoll, an der Universität zu arbeiten. Du wirst Deine Sache großartig machen und alles Nötige im Handumdrehen lernen. Was ist schon Steno im Vergleich zu dem Kampf, den Du gegen die furchterregende Mrs K. ausgefochten und gewonnen hast?

Robbie geht es besser, aber er ist immer noch ein völlig veränderter Junge. In der letzten Zeit habe ich wie besessen über die Mühelosigkeit nachgedacht, mit der wir Menschen uns an die Umstände anpassen. Vor drei Jahren war ich eine junge Braut in einer freien Welt. Jetzt bin ich Soldatenfrau und Mutter von zwei Kindern. Und die Welt steht am Rand von Chaos und Tyrannei. (Jetzt klinge ich genau wie Anna, wenn sie eine ihrer Reden schwingt. Ich bin schon glücklich, diese Worte im Mund zu führen, aber sie zu Papier zu bringen ist ein himmlisches Gefühl. Ich würde gar zu gerne Reden schreiben. Was hältst Du davon? Ob es für Robert allzu furchtbar wäre, wenn er nach Hause kommt und feststellt, dass seine Frau eine Aktivistin geworden ist?)

Was meinen Sohn angeht, habe ich mich mit Folgendem abgefunden. Er wird nie Soldat sein. Er wird nie ein Leistungssportler werden. Er wird jedes Mal in Lebensgefahr schweben, wenn er krank wird – und er wird recht anfällig für Krankheiten sein. Um es offen auszusprechen, er könnte sterben. Jeden Moment. Aber das gilt auch für Robert und Sal und Toby. Wenigstens bin ich hier bei ihm. Er ist nicht allein. Unsere anderen Jungs? Sie sind allein dort draußen, ohne uns.

Levi hat mich heute Abend erneut geküsst. Es gab Wein zum Dinner. Anna und Marie waren schon gegangen, und meine Schwiegermutter ist erst gar nicht gekommen. Es lag ein bisschen Schnee, deswegen hatte sie Angst vor dem Weg hierher. Er brachte die Kinder ins Bett. In der letzten Zeit war er immer öfter hier, also hätte ich damit rechnen müssen, dass es wieder passiert. Wir hatten Blicke gewechselt, und ab und an streifte seine Hand meine. Ich habe Robert fast jeden Abend geschrieben, um mein Gewissen zu beschwichtigen. Und er fehlt mir, Rita. Ich möchte nicht, dass Du denkst, das wäre nicht der Fall. Aber er ist nicht hier. Und dann die Aufmerksamkeit und Freundschaft, die Levi mir schenkt … Die kleinen Dinge des Alltags, wie die Kinder ins Bett bringen. Diese Art von Normalität gaukelt mir einen falschen Sinn für das vor, was real ist und was nicht.

Ich wusch das Geschirr ab und hörte Radio. Ich vermisste Robert. Vermisste seine Angewohnheit, mit mir in der Küche zu tanzen.

Ich spürte Levi hinter mir, noch bevor er mich berührte. Als ich mich umdrehte, war sein Gesicht direkt vor mir. »Gloria«, sagte er. Ich schloss die Augen, und mir war, als würde mein Name durch tausend Millionen Jahre hallen. Sein Mund. Dort, wo seine Bartstoppeln an meiner Haut gekratzt haben, spüre ich immer noch ein Brennen. Gott steh mir bei, Rita, ich war nicht diejenige, die sich losgemacht hat. Er war es. Ich beugte mich rücklings über die Spüle. Ich spürte, wie er sich gegen mich presste, und ich wollte, dass er es einfach tat. Mich zu der Art Frau machte, wie sie meine Mutter gewesen sein muss.

Dann klirrte ein Glas gegen eine Schüssel, und er lief aus der Küche, zur Hintertür und in die Nacht hinaus. Ich folgte ihm bis zur Veranda. Er stand im dunklen Hof, starrte hinauf zum Himmel und drehte sich nicht um.

»Ich kann es nicht, Glory. Ich kann nicht so tun, als würden wir ein ganz normales Leben zusammen führen.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, drehte sich aber weiterhin nicht um, sondern ging einfach in die Nacht hinaus. Gott sei Dank, dass Marie ein Päckchen Zigaretten dagelassen hatte. Ich...


Nyhan, Loretta
Loretta Nyhan lebt mir ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in der Nähe von Chicago. Über E-Mails und Blogeinträge hat sie Suzanne Hayes kennengelernt. Zwischen den beiden Autorinnen ist eine Freundschaft entstanden, die die Grundlage für diesen Roman bildet.

Hayes, Suzanne
Suzanne Hayes lebt mir ihrem Mann und ihren drei Töchtern in Connecticut. Über E-Mails und Blogeinträge hat sie Loretta Nyhan kennengelernt. Zwischen den beiden Autorinnen ist eine Freundschaft entstanden, die die Grundlage für diesen Roman bildet.

Suzanne Hayes und Loretta Nyhan leben hunderte Kilometer voneinander entfernt, die eine in Connecticut, die andere in Chicago. Genauso wie ihre Protagonistinnen haben sie sich noch nie persönlich getroffen. Aber über E-Mails ist eine Freundschaft entstanden, die die Grundlage für diesen Roman bildet.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.