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E-Book, Deutsch, Band 6555, 160 Seiten

Reihe: Beck Paperback

Hauptmeyer Geschichte Niedersachsens


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-406-83055-6
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 6555, 160 Seiten

Reihe: Beck Paperback

ISBN: 978-3-406-83055-6
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses Buch, verfasst von einem ausgewiesenen Kenner der Landesgeschichte, zeichnet ein lebendiges Porträt des heutigen Niedersachsens und seiner historischen Wurzeln. Eine informative Einführung in die Geschichte des Bundeslandes von seinen Ursprüngen im Mittelalter bis zur Gegenwart. Die regionale Vielfalt Niedersachsens basiert auf historischen Entwicklungen, die bis ins Mittelalter und die Frühe Neuzeit zurückreichen. Schon damals verliefen durch den niedersächsischen Raum wichtige Verbindungswege zwischen den Zentren Europas. Carl-Hans Hauptmeyer zeigt, wie sich heute Vergangenheit und Gegenwart vermischen und porträtiert die erstaunlich wandlungsfähigen ländlichen Räume des Landes ebenso wie seine innovativen Metropolregionen.

Carl-Hans Hauptmeyer ist Professor em. für Geschichte des Späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit sowie Regionalgeschichte an der Leibniz Universität Hannover.
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I. Ein junges Bundesland mit Traditionen


1. Niedersachsen heute


Rückwirkend zum 1. November 1946 schuf die britische Militärregierung aus den Ländern Oldenburg, Schaumburg-Lippe und Braunschweig sowie der vordem preußischen Provinz Hannover das Land Niedersachsen. Die alten Landesteile besitzen langwährende, eigenständige Traditionen. Heute wird der Raumbegriff Niedersachsen im Sinne der aktuellen Landesgrenzen verstanden, er geht aber auf enger oder weiter gefasste Gebietsbezeichnungen seit dem späten Mittelalter zurück.

Das Bundesland Niedersachsen ist mit ca. 47.700 km² Fläche größer als Belgien, die Schweiz, die Niederlande oder Dänemark. Die Einwohnerzahl von mehr als 8 Millionen reicht nahezu an die Österreichs und der Schweiz heran und übertrifft diejenige Serbiens, Bulgariens, Dänemarks, Norwegens oder Finnlands.

Vom Landschaftsbild erscheint das Land agrarisch geprägt, aber es weist einige verdichtete Urbanisationsräume auf, vor allem die Region Hannover samt der Landeshauptstadt mit mehr als einer Million Einwohnern. Niedersachsen liegt zudem zwischen städtischen Agglomerationen von europäischer Dimension: Hamburg, Berlin, Rhein-Main, Rhein-Ruhr. Unter den 16 Bundesländern steht es nach der Fläche an zweiter, nach der Bevölkerungszahl wie auch nach der Wirtschaftsleistung an vierter Stelle.

Prognosen zeigen, dass Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum in den westlichen Teilen Niedersachsens zu erwarten ist. Vorrangig die Landkreise Emsland sowie Vechta und Cloppenburg verändern sich – aufbauend auf einer traditionell kleinteiligen und katholisch-ländlichen Struktur – rasch zu einer modernen gewerblichen und Dienstleistungslandschaft. Im Osten wird weiterhin für den Raum um Wolfsburg eine positive Entwicklung angenommen. Hier ist zu erwarten, dass eine Veränderung vom «Monopolstandort Auto» zu einem Raum mit permanent global konkurrenzfähiger Industrie, differenziertem Gewerbe und anspruchsvoller Kultur gelingt. Die Entwicklung des von West nach Ost verlaufenden Städtegürtels von Osnabrück bis Braunschweig wird ebenfalls positiv prognostiziert. Die Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg weist weiterhin die größte Bevölkerungsballung, regionale Wirtschaftskraft und eine hohe Dienstleistungsdichte auf und vereint zahlreiche Einrichtungen der Forschung und Bildung. Den zentralen Gebieten, Teilen der Küstenregionen und dem Süden werden hingegen – mit Ausnahme des südlichen Hamburger Umlandes – ökonomische und demographische Schrumpfung vorhergesagt.

Der niedersächsische Raum wurde gemessen am Südwesten Deutschlands spät in das – antike Gedanken mit christlichen Argumenten mischende – geistige Geflecht Europas integriert. Nach der Missionierung zur Zeit Karls des Großen vor gut 1200 Jahren lag er im frühen Mittelalter zunächst am nordöstlichen Rand der europäischen Wirtschaftszentren West- und Südeuropas. Im Hoch- und Spätmittelalter rückte Niedersachsen in die Mitte zwischen die ökonomisch hochentwickelten Landschaften Oberitaliens, Süddeutschlands oder Flanderns und die vom europäischen Handel erreichten Randzonen Skandinaviens und Osteuropas. Diese Mittellage blieb in der frühen Neuzeit erhalten, wurde aber von der sich rasch ausweitenden Kluft zwischen West- und Osteuropa überformt. Während der Hauptindustrialisierungsphase seit der Mitte des 19. Jahrhunderts holte Deutschland den wirtschaftlichen Rückstand gegenüber den Zentren im Westen auf. Innerhalb des deutschen Wirtschaftsraums stand Niedersachsen jedoch stets hinter den ökonomisch bestimmenden Gebieten zurück, auch wenn es interne Zentren besaß und besitzt.

2. Niedersachsenbegriff


Obwohl Niedersachsen erst 1946 entstand, wird häufig auf «die» Niedersachsen hingewiesen: sturmfest und erdverwachsen, so, wie sie das Niedersachsenlied benennt. Auch wird der über hundert Jahre alte Vers von den Eichen zitiert, die, solange sie in alter Kraft um Hof und Haus wüchsen, verhinderten, dass in Niedersachsen die alte Stammesart aussterbe. Diese Stammesbindung der Niedersachsen ist eine Konstruktion aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, und erst für die Zeit Karls des Großen ist eine Trennung zwischen den Friesen im Nordwesten sowie den Sachsen im Süden, in der Mitte und im Osten vertretbar, stets aufgeteilt in verschiedene regionale Großgruppen.

Friesen und Sachsen nahmen abweichende Entwicklungen. In (Ost)Friesland erreichte erst das Herrscherhaus der Cirksena im 15. Jahrhundert eine dominierende Stellung über konkurrierende Herren, Klöster und Großbauern. Für das sächsische Gebiet erwies sich die Christianisierung zur Zeit Karls des Großen als bestimmend: zum einen wurden die alsbald gegründeten Bistümer für die territoriale Ordnung der nächsten Jahrhunderte wichtig, zum anderen gelangten neue Herrscherfamilien – zunächst die Liudolfinger, sodann die Welfen – in hervorgehobene Positionen. Doch scheiterte der Welfe Heinrich der Löwe im 12. Jahrhundert, die verschiedenen räumlichen Herrschaften zu einen.

1952 wurde das Pferd zum Landeswappen erhoben. Allerdings verweist dieses Symbol kaum, wie oft behauptet, auf den Stamm der Sachsen und nicht auf Widukind, den Widersacher Karls des Großen, sondern es war ein Hoheitszeichen, das die Grubenhagensche Linie der Welfen seit Mitte des 14. Jahrhunderts nutzte und erst um 1400 den legendären Fürsten Hengest und Horsa anlässlich der fast 900 Jahre zurückliegenden angelsächsischen Zuwanderung in Südostengland zugeschrieben wurde. Gottfried Wilhelm Leibniz trug dazu bei, dass das Pferd fortan als «Welfenross» der hannoverschen und auch der Braunschweiger Welfen Wappenrang bekam.

Die frühmittelalterliche Dominanz «sächsischer» bzw. «friesischer» Bevölkerung veränderte sich bis in das 20. Jahrhundert hinein kaum. Es gab eine mittelalterliche slawische Besiedlung des östlichsten Niedersachsens. In die größeren spätmittelalterlichen Städte wanderte jüdische Bevölkerung ein, und in hochmittelalterliche Gründungsdörfer kamen Flamen oder Holländer. Während der frühen Neuzeit traten Hugenotten, Salzburger und obersächsische Bergarbeiter hinzu, im 19. Jahrhundert ost- und ostmitteleuropäische Landwirtschaftsarbeiter. Die wesentliche Bevölkerungsveränderung geschah nach dem Zweiten Weltkrieg durch die ca. drei Millionen Zuwanderer: Heimatvertriebene und Flüchtlinge, Übersiedler aus der DDR, Arbeitskräfte aus dem mediterranen Raum und sodann aus Osteuropa hinzuziehende und seit 2015 zahlreiche asylsuchende Menschen.

Es sind eher allgemeine, den Norden vom Süden Deutschlands unterscheidende Sachverhalte, die auch für Niedersachsen gelten, aber keineswegs ein Landescharakteristikum darstellen. Hierzu gehören die hochdeutsche Lautverschiebung im 6. Jahrhundert und die aus dem Niederdeutschen folgende, von Westfalen bis Mecklenburg verbreitete plattdeutsche Sprache. Auch der im 13. Jahrhundert zusammengefasste Sachsenspiegel prägte das norddeutsche Recht nicht eng, sondern weiträumig.

Die Namensgebung «niederes Sachsen» verweist ebenfalls nicht eindeutig auf bestimmte Gebiete. Es war die Reichskanzlei, die in der Mitte des 14. Jahrhunderts den Nordwesten bis nach Vorpommern zur Unterscheidung gegenüber dem Teil Mitteldeutschlands, der heute Sachsen heißt, abzugrenzen begann, ohne dass sich hiermit bereits eine eindeutige begriffliche Trennung durchsetzte. Das Recht, den deutschen König zu wählen, die Kurwürde, stand nicht den Nachfahren des 1180 entmachteten Welfen Heinrich des Löwen zu, sondern den konkurrierenden Askaniern, speziell den Wittenbergern. Nach deren Aussterben fiel die Kurwürde 1423 an die Markgrafen von Meißen, die Wettiner. Sie wanderte gleichsam nach Osten und führte zur Bezeichnung des südlichen Teils Ostdeutschlands als (Ober-)Sachsen.

Im Zuge der Reichsreform wurde 1512 der niedersächsische Reichskreis gebildet mit der Aufgabe des Ausgleichs zwischen aufstrebenden Territorialfürsten und...


Carl-Hans Hauptmeyer ist Professor em. für Geschichte des Späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit sowie Regionalgeschichte an der Leibniz Universität Hannover.



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