Buch, Englisch, Deutsch, Band 18, 160 Seiten, ENGLBR, Format (B × H): 130 mm x 210 mm, Gewicht: 300 g
Reihe: Reihe Lyrik
Gedichte Englisch-Deutsch. Aus dem amerikanischen Englisch von Uljana Wolf
Buch, Englisch, Deutsch, Band 18, 160 Seiten, ENGLBR, Format (B × H): 130 mm x 210 mm, Gewicht: 300 g
Reihe: Reihe Lyrik
ISBN: 978-3-937445-42-7
Verlag: kookbooks
worden sind', wie David Orr in der New York Times urteilte. 'Modern Life' ist ein post-katastrophisches Kompendium, das Zentauren, Hybride, Roboter, Soldaten, Zivilisten in einem ebenso bezaubernden wie verwunschenen Reigen versammelt – als halbierte, zersplitterte, verlorene Subjekte, die den Leser mit den Entscheidungen des postmodernen Menschen und deren Folgen konfrontieren.
Und doch gelingt es Matthea Harvey, diese verstörende Rasanz und Brisanz unseres Lebens in eine besondere, geradezu vergnügliche Sprache zu übersetzen. Insbesondere im Prosagedicht verbindet sie Musikalität und bezwingenden Sprachwitz zu kleinen, narrativen Einheiten von großer lyrischer, zum Teil surrealer Dichte. Da werden Tiere halbiert und zu 'Katzenziegen' zusammengefügt, ein Ich leugnet die Erschaffung der 'Wurstblumen', deren Erfinder es doch ist – eine außer Rand und Band geratene
Welt, in der die Errungenschaften der Technik durchschimmern in bizarren Experimenten, in der Zerstörung
und Schöpfung unheimliche Synonyme geworden sind: 'Wir halbierten sie, weil es möglich war.'
'Harvey haftet fast etwas Marsianisches an', schrieb die Chicago Tribune. 'Ihre Brüche, Verdrehungen und Bizarrerien sind das Resultat von Erkundungstouren in die Fremdartigkeit unserer Empfindungen an sich.' In den beunruhigenden Gedichtzyklen The Future of Terror und Terror of the Future wird deutlich, dass dieses 'Marsianische' zugleich eine Position des Politischen ist. Die alphabetisch angelegten Gedichte (jedes folgt einer Wortliste von F bis T bzw. T bis F) entfalten Szenarien, die tief von den Ritualen der Angst und der Hoffnungslosigkeit im Amerika nach 9/11 geprägt sind – wahrgenommen durch ein surreales, poetisches
Prisma, das diese Rituale geschickt zu hinterfragen weiß, die abstrakten, lähmenden Begriffe 'future' und
'terror' in elektrifizierende, irritierende Bilder überträgt und uns 'post 9/11' auf eine noch nie gesehene Weise nahebringt.
Mit dem Band 'Du kennst das aus', der neben den Gedichten aus 'Modern Life' auch eine Auswahl aus Matthea Harveys früherem Gedichtband 'Sad Little Breathing Machine' enthält, können deutsche Leser erstmals durch Harveys Prisma schauen – nicht nur auf Amerika, vielmehr auf die eigene Gegenwart und auf die Möglichkeiten von Gedichten, als hellsichtige Hybride diese Gegenwart politisch bewusst und poetisch innovativ zu durchleuchten.
Uljana Wolf
Weitere Infos & Material
THE FUTURE OF TERROR / 11
Aus dem Giebelfenster beschossen wir
was übrig war: Gargylen und Gartenzwerge.
Ich traf versehentlich den Generator,
was schwierig zu verbergen wäre im Rapport,
bloß schrieben wir keine Rapporte mehr.
Wir aßen unsere Grütze und sahen zu,
wie Hagel unser Heu zerstörte, unsere Ernte.
Ich sah ein Handtuch am Nagel hängen
und stahl es ohne einen Hauch von Ironie.
Hier ist meine Hypothese: Wir waren irreversibel
im Arsch. Wir hatten alle Ingenieure gekillt,
alle Komiker, just als wir Ideen und Juxe
am meisten nötig hatten. Das Lüftchen vom See
war allenfalls lähmend, lüpfte kein Blatt. Als der Tag
länger wurde, war klar: Wir waren die Letzten.
Die Luftbrücke kam nicht zustande. Ich hatte nur
Illusionen übrig und mochte doch nicht übersehen,
dass es kein 'wir' gab: Du warst nur eine Puppe,
ich flog mutterseelenallein. Ich dachte an Vögel,
die mitten in der Luft umkehren können, an
Nacktschnecken, die nie ahnen, dass sie
kein Haus haben. Ich aß die letzte Lakritze –
auf der Packung stand einsame Spitze.
Eine olle Patrone war mir geblieben.
Ich hüllte mich in einen Quilt.
Ich polierte meine Rennschuhe.
So lebt man also in der Präsenz.