Hartmann / Stock / Wang | Corona-Pandemie | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 148 Seiten

Hartmann / Stock / Wang Corona-Pandemie

Krisenmanagement zwischen Kontrollverlust und Innovationsmangel
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7526-0167-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Krisenmanagement zwischen Kontrollverlust und Innovationsmangel

E-Book, Deutsch, 148 Seiten

ISBN: 978-3-7526-0167-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Corona-Pandemie greift tief in alle Arbeits- und Lebensbereiche der Gesellschaft ein. Bund und Länder wirken bei Maßnahmen chaotisch und planlos. Aktionismus ersetzt Strategie, ob bei den Kontaktbeschränkungen, AHA-Regeln, Tests, Schulen oder in den Gesundheitsämtern, bei der Warn-App sowie den Nothilfen. Selbst die Impfstrategie ist noch völlig unklar. Im internationalen Vergleich zeigt sich: Deutschland und Europa wirken besonders gegenüber Asien schwerfällig, langsam und bürokratisch, sind dem tückischen Virus vielfach nicht gewachsen. Die Autoren analysieren fundiert Schwachstellen im Krisenmanagement und Ursachen für den Kontrollverlust in der Corona-Pandemie. Sie setzen auf Innovation contra Krise und Vertrauensgewinn statt Verbotszwang. Index und Glossar machen das Buch zu einem Nachschlagewerk.

Prof. Wolf D. Hartmann, internationale Innovations- und Umweltberatung, Wirtschaftsingenieurstudium an der TU Dresden, Promotion in Berlin und Habilitation an der TU Dresden. Hochschullehrer in Berlin, Bochum, Witten/Herdecke, Cottbus, Iserlohn sowie in Osteuropa und Zentralasien. Autor zahlreicher wissenschaftlicher, populärer und literarischer Publikationen, u.a. zur Managementkritik und nachhaltigen Innovationen. (www.wolf-d-hartmann.de), Mitglied der European Academy of Sciences and Arts.

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Zweite Welle – es kam wie es kommen musste
Man könnte von einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung sprechen. Mit dem Übergang der seit Ende des Sommers 2020 wieder ansteigenden COVID-19-Neuinfektionen in Deutschland in eine sogenannte zweite Welle im Oktober ist ein immer wieder beschworenes Szenario tatsächlich eingetreten. Hatte sich die erste Welle vor allem im Süden Deutschlands ausgebreitet, so brach die zweite Welle nahezu flächendeckend überall in Deutschland gleichzeitig aus. Seit dem Beginn der ersten Welle Mitte März 2020 ist innerhalb von etwa 42 Wochen fast ganz Deutschland bis Ende Oktober/Anfang November zum Risikogebiet geworden. Dass sich Deutschland hier in Gesellschaft vieler anderer Länder insbesondere in Europa befindet, ist kein Trost. Zwar korrespondierten zu diesem Zeitpunkt die stark gestiegenen Fallzahlen noch nicht mit der Zahl der Todesfälle, wie in der ersten Welle im Frühjahr 2020, aber die exponentielle Fallzahlenentwicklung musste als Indikator dafür gelten, dass die Eindämmung der Covid-19-Pandemie prinzipiell gefährdet sein würde. Denn bei einer solchen Entwicklung wird eine Kontrolle der Ausbreitung von Infektionen nachhaltig erschwert bzw. sogar zusammenbrechen. Damit könnte auch der Schutz besonders gefährdeter Risikogruppen bei einer sich selbstbeschleunigenden Ausbreitung nicht mehr gewährleistet werden. „Wenn die Kapazitätsgrenze für Testung und Kontaktnachverfolgung (TTI) überschritten ist, brechen die Eindämmungsmaßnahmen dieses Kontrollsystems zusammen und der Anstieg der Fallzahlen beschleunigt sich. Die aktuelle Entwicklung in Deutschland bringt somit die in der Vergangenheit erfolgreiche Bewältigung der Pandemie ernsthaft in Gefahr.“1 Dieser Punkt wurde im Verlaufe des Oktober 2020 tatsächlich erreicht. Das Eingeständnis eines Kontrollverlustes bezüglich des Infektionsgeschehens durch die Politik ist dann tatsächlich zur Begründung des zweiten Lockdowns angeführt worden, der diese Kontrolle wieder zurückgewinnen sollte. In diesem Herangehen ist die Politik von maßgeblichen Vertretern der Wissenschaft auch deutlich unterstützt worden.2 Aber gerade deswegen drängt sich die Frage auf: Was bleibt von Nutzen und Kosten des ersten Lockdowns, wenn ein halbes Jahr später de facto ein zweiter ausgerufen werden muss? Auch wenn er nur unter „light“ firmierte, erschien ein einfaches Weiterlaufenlassen der Pandemie auf niedrigem Niveau der Fallzahlen nicht mehr möglich. Offensichtlich sind wir über den Sommer des Jahres 2020 hinweg schon wieder in die Phase 3 eines Pandemieverlaufs hineingeschlittert, in der Prävention und Kontrolle nicht mehr gelingen. Hier erreicht die Verbreitung des Virus einen sogenannten Kipppunkt, und die schnelle Zunahme neuer Infektionsfälle hängt nicht mehr mit Importen aus dem Ausland oder bekannten Infektionsketten zusammen.3 Wieder scheint das Pandemie-Krisenmanagement durch zu langes Warten und geblendet durch das moderate Infektionsgeschehen während des Sommers sehenden Auges in die nächste Falle gestolpert zu sein. Der zweite Lockdown ist dann doch offensichtlich Eingeständnis, dass mit dem AHA-L-Regelsystem und der bisherigen Art und Weise der Kontaktnachverfolgung und ihrem Instrumentarium dem Corona-Virus in unserer Gesellschaft nicht beizukommen ist. Das gilt vor allem unter der Prämisse, dass man „chinesische Verhältnisse“ vermeiden will und muss. Was lief also falsch bzw. unvollständig beim ersten Lockdown? Begann er zu spät, war er nicht fokussiert genug und inkonsequent umgesetzt, wurde er zu früh aufgehoben bzw. mit politisch getriebenen Lockerungen in seiner Wirkung geschwächt und nicht die angemessenen und nachhaltig wirkenden Folgemaßnahmen und eingesetzten Instrumente beschlossen und umgesetzt? Wahrscheinlich von allem etwas. Dass das Krisenmanagement zu Beginn des Jahres nicht „vor die Pandemie“ gekommen ist, bleibt leider eine traurige Tatsache. Nach dem Auftreten des ersten Falles in Deutschland am 27. Januar 2020 schätzte das zuständige Robert-Koch-Institut (RKI) die Gefahr für Deutschland noch am 28. Februar als „gering bis mäßig“ ein. Erst Mitte März änderte sich die Einschätzung und die Gefahrenstufe wurde abrupt hochgesetzt und wenige Tage später ein Lockdown verhängt. Erst dann wurde die bis dahin sträflich geübte Gelassenheit vor dem heraufziehenden Corona-Sturm abgelegt, die den verheerenden Ausbruch des Corona-Virus in Norditalien und dann in Südtirol noch auf die leichte Schulter zu nehmen können glaubte. Von Wucht und Schnelligkeit der Virusverbreitung überrascht und schlecht vorbereitet bezüglich Prävention und Kontrolle wurde in der Not die „Bazooka“ eines umfassenden Lockdowns hervorgeholt. Das wurde dann flankiert von bis dato nie für möglich gehaltenen finanziellen Hilfspaketen und Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft4, um der kritischen Lage Herr zu werden, die sich u.a. in relativ hohen Todeszahlen in der älteren Bevölkerung manifestierte. Aber schon damals kam Kritik aus der Wissenschaft an diesem Ansatz der Pandemiebekämpfung auf.5 Insbesondere wurde auf die gravierenden Defizite in den epidemiologischen Daten verwiesen, die keine ausreichende Beschreibung von Verbreitung und Ausbreitungsmuster der Pandemie zuließen und insofern auch nur sehr begrenzt zur Begründung und Absicherung weiterreichender Entscheidungen seitens der Politik tauglich seien. Die empirische Datenbasis bleibt auch bis in die Gegenwart ein neuralgischer Punkt bei der Begründung von Maßnahmen zur Pandemieeindämmung. Das hat das Abgleiten in den zweiten Lockdown mit bedingt. Denn bezüglich des Infektionsgeschehens stochert man immer noch weitgehend im Nebel. Kritisiert wurde damals beispielsweise auch die starke Fokussierung auf die Verdopplungszeit der Infektionen. Diese sind logischerweise abhängig von Testverfügbarkeit und Anwendungshäufigkeit wiederholter Tests. Die nicht ausreichende Befassung mit dem Ausbreitungstyp von Corona-Viren und dem dominierenden Verbreitungsmodus trug zur Verwirrung bei. Man konzentrierte sich damals vor allem auf Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen verbunden mit der Forderung, sich dem Auftreten des Virus in Clustern intensiver zuzuwenden.6 Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Cluster-Ansatz ein halbes Jahr später nun endlich Eingang in die Pandemiebekämpfung in Deutschland zu finden scheint, nachdem in Japan bereits seit längerem danach verfahren wird. Der Virologe Drosten von der Charité hat schon seit August des Jahres im Sinne eines Strategiewechsels im Corona-Management dafür geworben.7 Die zögerliche Umsetzung dieses Ansatzes – dann allerdings auch noch mit untauglichen Mitteln, wie der begrenzt wirksamen Corona-Warn-App -, hat ebenfalls einen zweiten Lockdown geradezu herausgefordert. Wenn der bayerische Ministerpräsident Söder, die deutsche Corona-App als „zahnlosen Tiger“ bezeichnet hat, dann trifft das den Nagel auf den Kopf.8 Weil die Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern weiterhin im Wesentlichen mit Kugelschreiber, Excel-Listen und Faxgerät bei der Kontaktverfolgung arbeiten müssen, dann ist das eher ein Witz. Hier wird mit Mitteln des 20. Jahrhunderts gegen einen blitzschnellen Gegner gearbeitet, dem auch nur mit einem angemessenen digitalen Instrumentarium beizukommen ist. Nicht zuletzt wegen der Überforderung der Gesundheitsämter ist eine Anpassung der Teststrategie durch das RKI notwendig geworden. Indem ab 03. November 2020 neue Testkriterien galten, wurden nur noch Fälle mit hoher Infektionswahrscheinlichkeit getestet, weniger die asymptomatischen Fälle. Das führte zwar zu einem Rückgang im Anstieg der nachgewiesenen Neuinfektionen, war aber kaum als Nachweis des Wirkens der Lockdown-Maßnahmen zu interpretieren (wegen erhöhter Dunkelziffer, prozentualem Anstieg der Todesfälle). Auch an der unsäglichen Geschichte um die Corona-App wird das Versagen der Politik in der Pandemie deutlich, dass nämlich die Sommerpause bezüglich einer innovativen „Aufrüstung“ im Krisenmanagement regelrecht verschlafen wurde. Dadurch wurde versäumt, erstens das Land nach dem Schrecken des ersten Lockdowns auf den weiteren Pandemieverlauf vorzubereiten und zweitens eine Mittelfrist-Strategie zu entwickeln, die den Menschen Vertrauen gibt und Akzeptanz sichert. Das Ausmalen von Horrorszenarien, wie z. B. eine mögliche bald kommende Triage in den Krankenhäusern wegen knapp werdender Intensivkapazitäten und die sich ewig wiederholenden moralischen Appelle an die Bevölkerung reichen nicht aus, um die gravierenden Defizite im staatlichen Corona-Management zu kaschieren. Aus einer Manöverkritik des ersten Lockdowns wird leider bis heute auch die Beobachtung ausgeklammert, dass sich die Fallzahlen im Frühjahr bereits vor der Inkraftsetzung des Lockdowns am 23. März 2020 abschwächten. Offensichtlich hat sich schon unter dem Eindruck der Bilder aus...



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