Hartig | Die Kommunistische Partei Chinas heute | Buch | 978-3-593-38589-1 | sack.de

Buch, Deutsch, 196 Seiten, Format (B × H): 141 mm x 214 mm, Gewicht: 250 g

Hartig

Die Kommunistische Partei Chinas heute

Von der Revolutions- zur Reformpartei
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-593-38589-1
Verlag: Campus

Von der Revolutions- zur Reformpartei

Buch, Deutsch, 196 Seiten, Format (B × H): 141 mm x 214 mm, Gewicht: 250 g

ISBN: 978-3-593-38589-1
Verlag: Campus


Seit fast 60 Jahren regiert die Kommunistische Partei Chinas das bevölkerungsreichste Land der Erde. In den letzten Jahrzehnten hat die Partei einen erstaunlichen Reformprozess durchlaufen: Die Ideologie wurde den Anforderungen der Globalisierung angepasst und marktwirtschaftliche Elemente zugelassen. Falk Hartig zeichnet die Veränderungen nach und stellt die verschiedenen Konzepte, wie den Sozialismus chinesischer Prägung, die sozialistische Marktwirtschaft sowie die Idee der harmonischen Gesellschaft vor. Zutage treten dabei überraschende Anpassungsmechanismen: So werden mittlerweile auch Privatunternehmer in die Partei aufgenommen und die Führung besinnt sich wieder auf traditionelle chinesische Werte. Angesichts der wachsenden wirtschaftlichen Macht Chinas kommt der Westen nicht umhin, sich mit der Partei auseinanderzusetzen, die das Land auch in absehbarer Zeit beherrschen wird.

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Weitere Infos & Material


Einleitung

1 Parteitheoretische Vorbetrachtung
1.1 Parteien im nicht-chinesischen Kontext
1.2 Parteien im chinesischen Kontext
1.3 Die Demokratischen Parteien als "mitwirkende Parteien"
1.4 Das Verhältnis Partei - Staat

2 Historischer Abriss
2.1 Die KPCh von 1921 bis 1949
2.2 Die KPCh seit 1949

3 Der Zwang zu ökonomischen Reformen
3.1 Die Jahre 1978 bis 1984: Beginn des "Trial and Error"-Prozesses und Ökonomisierung der Politik
3.2 Erste Reformerfolge und deren Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft

4 Begründung der Reformprozesse: Ökonomische Reformen und politische Veränderungen
4.1 Der 13. Parteitag als Beispiel der Reformreflexion durch die Partei
4.2 Der politische Kurs der 1990er Jahre: Orientierung auf die Sozialistische Marktwirtschaft
4.3. Die Abhängigkeiten zwischen ökonomischem, sozialem und politischem Wandel

5 Die Kommunistische Partei heute: Struktur und Funktion im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel
5.1 Die organisatorisch-strukturelle Entwicklung der Partei
5.2 Innerparteiliche Demokratie: bloßes Ziel oder bereits Realität?

6. Selbstverständnis und Ideologie der KPCh zu Beginn des 21. Jahrhunderts
6.1 Die theoretischen Konzepte Jiang Zemins
6.2 Akzentverschiebungen unter Hu Jintao und Wen Jiabao

7 Zusammenfassender Ausblick

Verzeichnis der Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Politbüros

Literatur

Abkürzungsverzeichnis

Dank


4 Begründung der Reformprozesse: Ökonomische Reformen und politische Veränderungen

4.1 Der 13. Parteitag als Beispiel der Reformreflexion durch die Partei
Die Erfolge des ersten Reformjahrzehnts brachten unter anderem das Problem mit sich, die Ausweitung der marktwirtschaftlichen Reformen theoretisch-ideologisch zu begründen und die Partei selbst den durch sie neu geschaffenen Gegebenheiten anzupassen. Zunehmend stand nun dem ursprünglich unversöhnlichen Gegensatz zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft die reale Koexistenz der beiden Elemente gegenüber. Der erste Erklärungsversuch für die marktwirtschaftliche Reformpraxis, die bereits von Mao artikulierte Formel vom Sozialismus chinesischer Prägung, wurde auf dem 13. Parteitag 1987 um die Theorie vom Anfangsstadium des Sozialismus ergänzt.
4.1.1 Weitere Konzepte wirtschaftlicher und politischer Veränderungen

Zur Hauptaufgabe des Parteitages erklärte Zhao Ziyang (Generalsekretär 1987 bis Juni 1989) die Beschleunigung und Vertiefung der Wirtschaftsreformen, da diese der einzige Weg für den Aufschwung Chinas seien.
Um das grundlegende Ziel - weitere Wirtschaftsentwicklung - ermöglichen zu können, wurde ein Wirtschaftsreformkonzept verabschiedet, welches marktwirtschaftlichen Elementen eine zunehmende Bedeutung beimaß. Erstmals wurde angekündigt, dass sich der Staat aus der direkten Kontrolle der Staatsbetriebe zurückziehen werde. Der Aufbau eines wettbewerbsfähigen und offenen Marktsystems wurde angestrebt und die Freigabe der meisten Preise zugesichert. Auch wenn sich der Marktmechanismus zum grundlegenden Regelinstrument entwickelte, bezeichnete man das Wirtschaftsmodell noch nicht als Marktwirtschaft. Ausführlich setzte sich Zhao mit der Entwicklung der planmäßigen sozialistischen Warenwirtschaft auseinander und verwies darauf, dass es keinesfalls mit der Praktizierung des Kapitalismus gleichzusetzen sei, wenn die Regulierung durch den Markt genutzt werde. Weiterhin wurde die ergänzende Funktion der Privatwirtschaft nun offiziell anerkannt.

Um die fortlaufenden Modifikationen im Wirtschaftsbereich zu begründen, wurde die Theorie entwickelt, der zufolge sich die VR China im Anfangsstadium des Sozialismus befinde. Dieses rund 100 Jahre dauernde Stadium dürfe nicht übersprungen werden. Grundlegend ergaben sich für Zhao aus dieser Theorie zwei Schlussfolgerungen: Zunächst verdeutlichte sie, dass China bereits eine sozialistische Gesellschaft war. Außerdem wurde deutlich, dass weiterhin am Sozialismus festzuhalten sei. Die grundlegende Erklärung für dieses Anfangsstadium resultierte für Zhao aus der besonderen Rolle und Situation Chinas und korrespondierte theoretisch mit dem Sozialismus chinesischer Prägung.

"Was ist das Anfangsstadium [des Sozialismus] für eine historische Etappe? Es handelt sich nicht um eine allgemein frühe Stufe, die jeder Staat, tritt er in den Sozialismus ein, durchlaufen muss. [Vielmehr] handelt es sich um ein spezifisches Stadium, welches China beim Aufbau des Sozialismus unter den Bedingungen der rückständigen Produktivkräfte und der unterentwickelten Warenwirtschaft unumgänglich durchlaufen muss."

Aufgrund dieser Besonderheiten sei der Aufbau des Sozialismus in China ein neuer Punkt in der gesamten Entwicklungsgeschichte des Marxismus.

"Die Verhältnisse vor denen wir stehen, sind weder in den Vorstellungen der Begründer des Marxismus über den Aufbau des Sozialismus auf der Grundlage eines hochentwickelten Kapitalismus enthalten, noch sind es die gleichen wie in anderen sozialistischen Ländern. Man darf also weder Bücher kopieren, noch mechanisch Ausländisches übernehmen. Wir müssen, von den chinesischen Verhältnissen ausgehend, die marxistischen fundamentalen Grundsätze mit den chinesischen Verhältnissen verbinden und uns in der Praxis einen Weg des Sozialismus chinesischer Prägung bahnen."
Mit diesem Erklärungsansatz ebnete Zhao Ziyang den Weg für alle kommenden Entwicklungen. Indem er auf die besondere Situation in China verwies, legitimierte er kommende Reform- und Veränderungsmaßnahmen, da es eine solche Situation in der Entwicklungsgeschichte des Marxismus bisher noch nicht gegeben hatte, und somit auch keine (orthodox marxistischen) Handlungsmodelle und -anweisungen vorhanden sein konnten. Zhao verdeutlichte, dass der Sozialismus chinesischer Prägung ein wissenschaftlicher Sozialismus sei, der im gegenwärtigen China entstanden war und also die grundlegenden Aspekte des Marxismus mit der Modernisierung Chinas verbinde. Als grundlegenden Aspekt identifizierte er die Notwendigkeit, den Marxismus - der sich als Wissenschaft in der Praxis fortlaufend entwickelte - als solchen weiter zu entfalten.

Diese Einführung neuer theoretischer Elemente war einerseits notwendig geworden, um sich den neu geschaffenen Gegebenheiten anzupassen. Gleichzeitig verdeutlichen sie auch die enorme Wandlungsfähigkeit der Partei, welche nur so weiterhin an der Spitze der von ihr initiierten Wirtschaftsreformen bleiben konnte. Dabei gab die Theorie vom Anfangsstadium des Sozialismus die bisherige Relevanz der kommunistischen Ideologie auf, ohne diese jedoch gänzlich zu verwerfen.
Die chinesischen Besonderheiten weiter ausführend, erklärte Zhao Ziyang den Widerspruch zwischen zunehmenden materiellen und kulturellen Bedürfnissen des Volkes und der rückständigen Produktion zum Hauptwiderspruch der aktuellen Entwicklungsphase Chinas. Um diesen Hauptwiderspruch lösen und die Armut beseitigen zu können, müsse die Warenwirtschaft entwickelt und die Entwicklung der Produktivkräfte zum Mittelpunkt der Parteiarbeit gemacht werden. Gemäß dieser Argumentation seien weitere Marktreformen notwendig, um so die Bedürfnisse des Volkes zu befriedigen und schlussendlich auch den Weg zum nächsten Stadium des Sozialismus zu ebnen.

Konkret ging Zhao auf politisch-administrative Veränderungen ein, die auch die Partei selbst betrafen. Er verwies darauf, dass "ohne die Reform der politischen Struktur die Reform der wirtschaftlichen Struktur unmöglich den endgültigen Erfolg wird erringen können." Der Kernaspekt dabei war die Trennung von Partei und Staat. Diese sei notwendig, um die Führungsrolle der Partei zu verbessern. Außerdem wäre nur so gewährleistet, dass sich die Partei ihrem eigenen Aufbau widmen könne. Dies war für Zhao die Bedingung dafür, dass sich die Partei der neuen Situation der Reform und Öffnung anpassen konnte. Fewsmith ist der Ansicht, dass diese Vorhaben der Machtteilung zwischen Partei und Staat allerdings in der Realität nicht umgesetzt wurden. So verweist er darauf, dass auf dem folgenden 14. Parteitag 1992 die Problematik der Überlappung von Ämtern noch deutlicher wurde, da vier hochrangige Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Politbüros gleichzeitig Staatsämter innehatten. Allerdings wird an dieser Stelle deutlich, dass Sekundärliteratur immer kritisch zu analysieren ist, denn speziell diese Tatsache zeigt in erster Linie lediglich die Doppelstruktur des chinesischen politischen Systems. Denn es ist durchaus intendiert und im System der Führung durch die KPCh auch logisch, dass sowohl der Staatspräsident, der Vorsitzende des ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, der Premier des Staatsrates und der Vorsitzende der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes im Ständigen Ausschuss des Politbüros sitzen.


Falk Hartig studierte Sinologie und Journalistik und arbeitet als Redakteur von KULTURAUSTAUSCH, Zeitschrift für internationale Perspektiven.



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