Haran | Ich fang noch mal von vorne an | E-Book | sack.de
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Haran Ich fang noch mal von vorne an

Roman
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-641-26297-6
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Roman

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Mit starken Frauen an deiner Seite kannst du auch die schwersten Zeiten des Lebens meistern!

Gerade als Lily Brandon kurz vor dem ersehnten Durchbruch als Theater-Schauspielerin steht, erkrankt ihre Mutter Charlotte lebensgefährlich. Sie bittet Lily inständig, ihre florierende Modefirma, die sie aus dem Nichts aufgebaut hat, weiterzuführen. Lily ist ratlos: Soll sie alle Zelte in London abbrechen und auf ihre Karriere verzichten? Das wäre ein Opfer, zu dem ihre erfolgreiche Mutter selbst nie bereit gewesen wäre. Als dann auch noch Lilys exzentrische Tante Evie aus Australien hereinplatzt, ist das Durcheinander perfekt. Doch schnell zeigt sich, dass drei Frauen gemeinsam – fast – alles meistern können: die Liebe, den Beruf und das Leben ...

Mit ihren turbulent-witzigen Geschichten über die Liebe, Freundschaft, Familie und die kleinen Tücken des Alltags erobert SPIEGEL-Bestsellerautorin Maeve Haran die Herzen ihrer Leser im Sturm!

»Maeve Haran erweist sich immer wieder als Spezialistin für locker-amüsante Geschichten mit Tiefgang!« Freundin

Maeve Haran hat in Oxford Jura studiert, arbeitete als Journalistin und in der Fernsehbranche, bevor sie ihren ersten Roman veröffentlichte. »Alles ist nicht genug« wurde zu einem weltweiten Bestseller, der in 26 Sprachen übersetzt wurde. Weitere erfolgreiche Romane folgten. Maeve Haran hat drei Kinder und lebt mit ihrem Mann in London.

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1. Kapitel


Lily Brandon ließ sich vom Beifall überfluten, der süß wie Honig war und für den sie hart gearbeitet hatte. Das Ensemble wurde fünfmal zurück auf die Bühne gerufen, und das Klatschen schien nicht abnehmen zu wollen. Hier war nichts von jener halbherzigen Anerkennung zu spüren, die alle Schauspieler fürchten, da sie wissen, dass während der letzten fünfzehn Minuten die Gedanken des Publikums nicht beim Höhepunkt des Stückes sind, sondern beim Abendessen und wie man auf schnellstem Weg dazu kommt. Dieses Publikum war wie Wachs in ihren Händen gewesen. Und das Herrlichste, so musste Lily zugeben, war, dass der lauteste Beifall ihr gegolten hatte.

Sie winkte dem Publikum zu und verbeugte sich tief. Alle Wesenszüge der ernsthaften und nüchternen Figur, die sie soeben gespielt hatte, waren verschwunden. Sie hatte ihr Herz und ihre Seele in diese Rolle gelegt, und es hatte sich ausgezahlt.

»Wenn das nicht im West End gespielt wird«, zischte Ray, der männliche Hauptdarsteller, als das Klatschen allmählich nachließ und die Zuschauer nach ihren Mänteln zu greifen begannen, »mache ich einen Antiquitätenstand in Brighton auf.«

Lily drückte seine Hand. Es ging das Gerücht um, dass Londons einflussreichster Theaterkritiker in der dritten Reihe gesessen und wie ein Irrer geklatscht hatte.

Wie sie alle wussten, konnte das Stück eventuell, nur eventuell – wenn die Kritiken gut und die Kartennachfrage heftig genug war –, nach der Spielzeit hier ins West End aufsteigen. Lily gestattete sich nicht, daran zu denken. Was auch immer geschehen mochte, heute war der beste Abend ihrer Laufbahn. Wenn auch noch Ben hätte hier sein können, wäre alles perfekt gewesen.

Aber Ben hatte sich schon vor Monaten zur Preisverleihung in einer Schauspielschule verpflichtet und konnte dort nicht mehr absagen. Ben Winter war der faszinierendste Schauspieler auf Londons Bühnen, der bereits Fernsehangebote hatte und kurz vor Beginn einer Filmkarriere stand. Aber wenigstens würde er zu ihrer Premierenfeier in das italienische Restaurant um die Ecke kommen. Wie jedes Mal durchzuckte Lily beim Gedanken daran, Ben zu sehen, ein Anflug von Erregung, den auch die sechs Monate ihrer Bekanntschaft nicht im Geringsten dämpfen konnten. Sie fühlte sich immer noch wie das dicke Mädchen auf der Party, verblüfft, dass der Herzensbrecher es zum Tanzen auffordert.

Zurück in ihrer Garderobe – Kabuff wäre eine treffendere Bezeichnung gewesen –, kostete Lily ihre Freude ganz für sich allein aus. Wenn sie in diesem winzigen Kämmerchen hätte herumtanzen können, hätte sie es getan, aber hier war nicht einmal Platz genug für ein paar Schritte, geschweige denn einen Freudentanz, und die ohnehin geringe Fläche wurde durch die riesigen Blumensträuße und Glückwunschkarten noch weiter eingeengt.

Ray steckte den Kopf zur Tür herein. »Wir sehen uns in zehn Minuten drüben. Wenn du zu spät kommst, esse ich dein Antipasto auf. Kommt unser Goldjunge auch?«

Alle wussten von Ben. Sie nickte.

»Das wird den Regisseur auf die Palme bringen. Er hasst es, wenn ihm jemand die Schau stiehlt. Spitze. Übrigens, Herzchen, du warst phantastisch.«

Lily schlüpfte aus ihrem Kostüm und hängte es sorgfältig auf, während sich ihre Gefühle in die Lüfte schwangen wie eine Lerche an einem Sommermorgen. Sie wusste, dass sie gut gewesen war, das hatte sie im Innersten gespürt. Vor dem heutigen Abend hatte sie nicht gewagt, über ihren Auftritt nachzudenken, es wäre ihr wie eine Herausforderung des Schicksals vorgekommen, aber jetzt hatten alle gesehen, wie großartig sie war.

Es war ein herrliches, schamlos wundervolles Gefühl.

Na komm, warnte sie ihr nacktes Spiegelbild, verwandle dich bloß nicht nach einem einzigen guten Auftritt in eine selbstgefällige alte Kuh. In sechs Wochen kannst du arbeitslos sein.

Sie schob die Realität, mit der jeder Schauspieler leben musste, beiseite und griff nach einem herrlichen schwarzen Kleid, kurz und enganliegend, das sie gewählt hatte, da es ihr üppiges Dekolleté, in das sich Männer gern vertieften, gut zur Geltung brachte und die Aufmerksamkeit von ihren etwas schweren Beinen ablenkte, auf die Frauen sich gern gegenseitig hinwiesen. Es hatte sie die gesamte Gage der ersten Woche gekostet, aber ein Premierenabend schrie einfach nach etwas Aufsehenerregendem. Vielleicht würde sie es in ein paar Monaten, wenn sie ins West End umzogen, wieder tragen, dann aber im Ivy, wo die oberste Schauspielergarde Premieren feierte. Doch für den heutigen Abend war Romeo und Giulio’s in der High Street von Wingfield unübertrefflich.

Sie zog das Kleid an und befreite ihr langes rotes Haar aus der komplizierten Vierziger-Jahre-Frisur, die das Stück verlangt hatte. Es fiel ihr in ungezähmten Wellen über die cremeweißen Schultern. Das blasse Bühnen-Make-up stand ihr, und so entfernte sie lediglich einen Teil der dick aufgetragenen Schicht mit einem weichen Papiertüchlein. Vielleicht sah sie ein wenig übertrieben aufgemacht aus, aber das war Abend, und sie wollte ihn genießen. Das Tüpfelchen auf dem i waren ein paar bronzene Ohrringe, die perfekt zu ihren Augen passten.

Ihr Blick fiel auf das Foto von Ben, das neben ihren Schminksachen stand, und sie drückte einen Kuss darauf. Es zeigte ihn in der Rolle, in der er berühmt geworden war; er spielte einen Politiker, der versucht, undurchsichtige Nukleargeschäfte aufzudecken. Der Film hatte dermaßen eingeschlagen, dass realpolitische Parteien sich bemüht hatten, Ben als Mitglied zu gewinnen, da sie hofften, sein erstaunliches Charisma ausschlachten zu können. Ben hatte gelacht und darauf hingewiesen, dass es nur eine Rolle war, doch Lily wusste es besser. Eines der Dinge, das sie an Ben liebte, war sein Engagement für andere, insbesondere junge Schauspieler, die um ihre ersten Erfolge kämpften. Deshalb, so rief sie sich ins Gedächtnis und trat das Fünkchen Ärger aus, das sich an die Oberfläche drängen wollte, war er heute Abend auch in der Sanders School of Dramatic Art, anstatt hier zu sein und ihren Triumph mitzuerleben. Sie zwang sich dazu, ihre überschäumende Freude wieder aufleben zu lassen, und machte sich auf den Weg in das Restaurant.

Romeo, der den passenden Namen für seinen extravaganten Stil hatte, stand in der Tür der freundlichen, einladenden Trattoria und erwartete sie mit einer roten Rose zwischen den Zähnen. Romeo spielte den Clown des Etablissements, schwenkte schüchternen weiblichen Gästen stets vielsagend eine riesige Pfeffermühle entgegen und überredete sie dazu, eine »Spezialität« zu bestellen, die sich als ein Dessert aus zwei Kugeln Eis entpuppte, zwischen denen eine riesige Banane wie ein erigierter Penis aufragte.

Er reichte Lily die Rose. »Per la diva«, verkündete er, als sei sie Kiri Te Kanawa vom Covent Garden, und nicht Lily Brandon vom Wingfield Theatre. Lily nahm die Rose entgegen, als wäre sie Erstere, und hoffte, er würde sie nicht über die Schwelle tragen.

Glücklicherweise kannte Romeo seine Grenzen und machte lediglich einen Kratzfuß. »Ihre Freunde sind schon da.«

Als Lily das Restaurant betrat, ertönte Applaus, diesmal vom Rest des Ensembles, der auch die anderen Gäste veranlasste, in ihre Richtung zu sehen. Lily straffte sich und schwebte mit vorgerecktem Busen an den vollbesetzten Tischen vorüber.

Einer der Kellner zückte eine Kamera und verewigte sie, je mit einem Arm von Romeo und Giulio um die Schultern, während ihr Giulio in den Ausschnitt starrte. Mit ihrer Unterschrift versehen, würde das Foto mit den anderen »Berühmtheiten« an eine Wand des Restaurants gehängt werden, damit zukünftige Essensgäste sie beäugen und sich fragen konnten, wer um alles in der Welt sie waren.

Schließlich schaffte sie es bis an ihren reservierten Tisch, wo sie sogleich von alten Freunden umringt wurde, die ihr gratulierten, bis sie von den Lobeshymnen beinahe berauscht war. Als sie die letzte Umarmung hinter sich gebracht hatte, suchte sie den Tisch mit Blicken nach Ben ab und musste ihre Enttäuschung hinunterschlucken, als keine Spur von ihm zu sehen war. Lily nahm Platz und sagte sich, dass er bei der Preisverleihung aufgehalten worden sein musste. Sie bestellte sich ihren geliebten Tomaten-Mozzarella-Salat und – wobei sie mit ihrem Gewissen rang, die Bestellung aber trotzdem aufgab – eine Portion butterzarte Kalbsleber.

Als ihr Hauptgericht kam, war er immer noch nicht eingetroffen. Wie lang konnte denn eine Preisverleihung dauern? Für Liebeskranke gibt es immer eine Million Entschuldigungen, und Lily ging sie auf der Suche nach der passenden allesamt durch. Vielleicht hatten ihn die Organisatoren bestürmt, hinterher noch kurz etwas trinken zu gehen, und er war zu höflich gewesen, um Nein zu sagen. Mechanisch verspeiste sie das wunderbare, von Giulio mit Liebe zubereitete Essen und ging anschließend auf die Toilette, um über mögliche Erklärungen nachzudenken und die Lippen nachzuziehen. Er konnte das Datum nicht verwechselt haben, da sie erst am selben Morgen noch mit ihm telefoniert hatte.

Lily schloss sich in ein Toilettenabteil ein und zwang sich, nicht zu weinen. Vor der Tür hörte sie zwei der anderen Schauspielerinnen, beide in kleineren Rollen, reden. Keine von beiden hatte sich den warmen Lobesworten angeschlossen, die über Lily gesagt worden waren. Sie überlegte, ob sie sie auf sich aufmerksam machen sollte, doch ihre Worte unterbrachen diese Überlegung.

»Er ist also nicht da?«

»Wer?«

»Wer wohl? Der Olivier unserer Generation.«

»Vermutlich weiß er nicht, wo Wingfield ist. Oder vielleicht ist...


Haran, Maeve
Maeve Haran hat in Oxford Jura studiert, arbeitete als Journalistin und in der Fernsehbranche, bevor sie ihren ersten Roman veröffentlichte. »Alles ist nicht genug« wurde zu einem weltweiten Bestseller, der in 26 Sprachen übersetzt wurde. Weitere erfolgreiche Romane folgten. Maeve Haran hat drei Kinder und lebt mit ihrem Mann in London.



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